Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 114/2007
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9C_114/2007

Urteil vom 20. Juli 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Kernen,
Gerichtsschreiber Maillard.

P. ________, 1958, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alfred Dätwyler,
Bielstrasse 3, 4500 Solothurn,

gegen

IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons
Solothurn
vom 21. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
P. ________, geboren 1958, meldete sich am 16. Dezember 2002 unter Hinweis
auf eine im Jahre 1991 erlittene Kniekontusion sowie einen Verkehrsunfall vom
17. November 1998 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach
medizinischen und beruflichen Abklärungen lehnte die IV-Stelle des Kantons
Solothurn mit Verfügung vom 24. November 2003 einen Rentenanspruch mangels
leistungsbegründender Invalidität ab. Im Rahmen des Einspracheverfahrens
erstattete das Ärztliche Begutachtungs-Institut X.________ am 31. Januar 2005
ein multidisziplinäres Gutachten, worauf die IV-Stelle die Einsprache am
19. April 2005 abwies.

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wies die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 21. Februar 2007 ab.

C.
P.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des
angefochtenen Entscheids sei ihr eine halbe, eventuell eine Viertelsrente der
Invalidenversicherung zuzusprechen. Eventualiter wird beantragt, die Sache
sei zur weiteren Abklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt
für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann nach
Art. 95 lit. a BGG die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Streitig und zu prüfen ist als Voraussetzung des Rentenanspruchs (Art. 28
IVG) der Invaliditätsgrad und in diesem Rahmen die Frage, ob und in welchem
Ausmass die Beschwerdeführerin arbeitsunfähig ist. Das kantonale Gericht hat
die zur Beurteilung des Leistungsanspruchs einschlägigen Rechtsgrundlagen
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Die Vorinstanz hat in einlässlicher Würdigung der medizinischen Akten,
insbesondere des Gutachtens des Ärztlichen Begutachtungs-Instituts X.________
vom 31. Januar 2005 sowie der Berichte der behandelnden Ärzte, festgestellt,
dass die an multiplen Beschwerden vor allem psychischer Natur leidende
Beschwerdeführerin für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, ohne
längerdauernde Zwangshaltungen des Kopfes oder repetitive Bewegungen im
Schultergürtelbereich zu 70 % arbeitsfähig ist, wobei sie von einer
ganztägigen Präsenz mit einer um 30 % reduzierten Leistung ausgegangen ist.
Diese Feststellungen sind tatsächlicher Natur und für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (E. 1; vgl. zu Art. 105 Abs. 2 OG BGE 132 V 393).

3.2 Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringen lässt, dringt nicht durch:
3.2.1 Das Gutachten des Ärztlichen Begutachtungs-Instituts X.________ erfüllt
klarerweise die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine
beweistaugliche und beweiskräftige Expertise (BGE 125 V 351 E. 3a S. 252).
Daran vermag nichts zu ändern, dass - was auch der Vorinstanz nicht entgangen
ist - das Gutachten des Ärztlichen Begutachtungs-Instituts X.________
hinsichtlich der Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer
Sicht einen scheinbaren Widerspruch aufweist: Während im Teilgutachten
Psychiatrie zunächst ausgeführt wird, dass der Explorandin durchaus zugemutet
werden könne, während etwa eines halben Tages ihrer bisherigen, wie auch
alternativen Tätigkeit nachzugehen (was rechnerisch zu einer
Arbeitsunfähigkeit von 50 % führen würde), kommt der Gutachter dieses Teiles
zum Schluss, aus psychiatrischer Sicht sei von einer 30%igen
Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Das kantonale Gericht legt aber durchaus
plausibel dar, dass im Rahmen der Gesamtbeurteilung, an der sämtliche
Gutachter teilgenommen haben, der Grad der Arbeitsunfähigkeit auf 30 %
festgelegt worden ist.

3.2.2 Nichts zu ihren Gunsten abzuleiten vermag die Beschwerdeführerin aus
der gestützt auf eine Fernsehsendung in allgemeiner Form vorgetragenen Kritik
am Ärztlichen Begutachtungs-Institut X.________. Dafür, dass die hier allein
zu beurteilende Expertise nicht korrekt zu Stande gekommen oder gar
manipuliert worden wäre, fehlen jegliche Anhaltspunkte.

3.2.3 Die Beschwerdeführerin wendet weiter ein, zwischen den Beurteilungen
der Arbeitsfähigkeit im Gutachten des Ärztlichen Begutachtungs-Instituts
X.________ einerseits und der Berichte der psychiatrischen Poliklinik des
Spitals Y.________ vom 2. November 2005 und des behandelnden Facharztes
anderseits bestehe eine derart grosse Diskrepanz, dass weitere Abklärungen
notwendig gewesen wären. Abgesehen davon, dass im Bericht der Poliklinik die
vollständige Arbeitsunfähigkeit und damit die markante Abweichung von der
Einschätzung im Gutachten des Ärztlichen Begutachtungs-Instituts X.________
nicht begründet wird, übersieht die Beschwerdeführerin, dass bei der
gerichtlichen Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum
Zeitpunkt des Einspracheentscheides eingetretenen Sachverhalt abgestellt wird
(siehe dazu BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243 mit Hinweisen). Dass zwischenzeitlich
offenbar die Diagnose einer mittelgradigen Depression (im Gutachten des
Ärztlichen Begutachtungs-Instituts X.________ noch leichten bis
mittelgradigen Ausmasses) sowie einer somatoformen Schmerzstörung (die aber
nach der Rechtsprechung als solche grundsätzlich keine invalidisierende
Arbeitsunfähigkeit zu bewirken vermag, siehe BGE 130 V 352 E. 2.2.3 S. 354)
gestellt worden ist, kann daher in diesem Verfahren nicht berücksichtigt
werden. Die vom Gutachten abweichende Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit
durch den behandelnden Facharzt vermag schliesslich auch nicht zu überzeugen.
Wegen der Verschiedenheit von Behandlungs- und Begutachtungsauftrag kann im
Streitfall regelmässig nicht auf die Sicht des behandelnden (Fach-) Arztes
abgestellt werden (vgl. statt vieler: Urteil K. vom 5. Januar 2007, I 701/05,
E. 2 in fine mit zahlreichen Hinweisen).

3.3 Die Kritik an der auf der genannten Expertise fussenden vorinstanzlichen
Feststellung zur Arbeitsfähigkeit führt nach dem Gesagten nicht zur Annahme
einer Bundesrechtsverletzung. Die Feststellung, die Beschwerdeführerin sei -
unter den genannten Einschränkungen - zu 70 % arbeitsfähig, ist daher für das
Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 1).

3.4 Angesichts der schlüssigen medizinischen Aktenlage bedarf es keiner
weiteren medizinischen Abklärungen, weshalb von der eventualiter beantragten
Rückweisung abzusehen ist (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 90 E. 4b
S. 94).

4.
Es bleibt zu prüfen, wie sich die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit erwerblich
auswirkt. Das kantonale Gericht hat anhand eines in allen Teilen
überzeugenden Einkommensvergleichs festgestellt, dass der Invaliditätsgrad
rentenausschliessende 37 % beträgt. Die Beschwerdeführerin beanstandet einzig
den von der Vorinstanz gewährten Leidensabzug von 10 % als zu niedrig. Die
Gewährung des leidensbedingten Abzuges (vgl. dazu BGE 126 V 75) ist indessen
eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur
nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen
rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder
-unterschreitung vorliegt (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Das trifft hier umso
weniger zu, als der Beschwerdeführerin nicht nur leichte, sondern gar
mittelschwere Tätigkeiten zumutbar sind und daher der Abzug von 10 % nicht
beanstandet werden kann.

5.
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 20. Juli 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V.