Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.711/2007
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8C_711/2007

Urteil vom 28. Februar 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiber Holzer.

Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst, Generaldirektion Schweiz,
Postfach, 8085 Zürich,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Kübler,
Stadthausstrasse 125, 8400 Winterthur,

gegen

Progrès Versicherungen AG, Postfach, 8081 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

betreffend J.________.

Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
12. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Die 1948 geborene J.________ war als Mitarbeiterin im Verkauf der X.________
AG, bei der Zürich Versicherungs-Gesellschaft (nachstehend: Zürich) gegen die
Folgen von Unfällen versichert, als sie am 26. August 2003 im Dunkeln stürzte
und sich Verletzungen an Stirn, Armen und Beinen zuzog. Die Zürich anerkannte
ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses. Mit Verfügung vom
10. März 2006 (berichtigt mit Verfügung vom 17. Mai 2006) stellte die Zürich
die Versicherungsleistungen mangels eines natürlichen Kausalzusammenhanges
zwischen dem Unfall und den weiterhin bestehenden Kniebeschwerden per 1. Juli
2004 ein. Mit Einspracheentscheid vom 19. September 2006 bestätigte die
Versicherung diese Leistungseinstellung.

B.
Die von der Progrès Versicherungen AG als Krankenversicherer der J.________
hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Schaffhausen
mit Entscheid vom 12. Oktober 2007 gut und verpflichtete die Zürich, die
gesetzlichen Leistungen über den 30. Juni 2004 hinaus zu erbringen.

C.
Mit Beschwerde beantragt die Zürich, es sei unter Aufhebung des kantonalen
Gerichtsentscheides der Einspracheentscheid vom 19. September 2006 und damit
die Leistungseinstellung per 1. Juli 2004 zu bestätigen.

Während die Progrès Versicherungen AG auf Abweisung der Beschwerde schliesst,
verzichten J.________ und das Bundesamt für Gesundheit auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend
gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann
eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es
kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht
prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten,
wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu
prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann
die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht
nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht
nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Im kantonalen Entscheid werden die nach der Rechtsprechung für den Anspruch
auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG)
geltenden Voraussetzungen des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs
zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (BGE 129 V 177 E.
3.1 u. 3.2 S. 181) zutreffend dargelegt. Das Gleiche gilt hinsichtlich der
vorinstanzlichen Ausführungen zu den Grundsätzen der Beweiswürdigung und zum
Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, 122
V 157 E. 1c S. 160). Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die nach dem 30. Juni 2004 anhaltenden
Kniebeschwerden mindestens teilweise auf das Unfallereignis vom 26. August
2003 zurückzuführen sind.

4.
4.1 Es steht fest und ist unbestritten, dass im linken Knie der
Beschwerdeführerin bereits vor dem Unfallereignis vom 26. August 2003 eine
Gonarthrose bestand. Allerdings war die Versicherte nach eigenen Angaben in
der Zeit vor dem Unfall beschwerdefrei.

4.2 Dr. med. V.________ (FMH für Chirurgie, Vertrauensarzt der
Beschwerdeführerin), hielt in seinem Schreiben vom 27. Mai 2004 fest, die
Kniebeschwerden seien teilweise auf den Unfall zurückzuführen. Die Fraktur
des Restknorpels, welche bei der Arthroskopie vom 3. Mai 2004 festgestellt
wurde, müsse durch ein Trauma entstanden sein. Als mitwirkende unfallfremde
Ursache erwähnte Dr. med. V.________ die Gonarthrose.

4.3 Die Vorinstanz kommt zum Schluss, dass das Unfallereignis vom 26. August
2003 die vorbestehende Gonarthrose richtungsweisend verschlimmert hat. Eine
solche Verschlimmerung würde bedeuten, dass ein Status quo sine - mithin ein
krankhafter Gesundheitszustand, wie er sich nach dem schicksalmässigen
Verlauf des Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt
hätte (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 326 [U 180/93]) - nie mehr erreicht werden
könnte. Die vorliegenden medizinischen Akten lassen indessen einen solchen
Schluss nicht zu. Keiner der beteiligten Ärzte ging von einer
richtungsweisenden Verschlimmerung aus. Dr. med. H.________ hat eine solche
ausdrücklich ausgeschlossen; in seiner zusätzlichen, von der
Beschwerdeführerin im letztinstanzlichen Verfahren eingereichten
Stellungnahme vom 8. November 2007 hat er seine Meinung auch einlässlich
begründet. Die vom kantonalen Gericht erwähnten Indizien und der Bericht des
Dr. med. L.________, wonach eine traumatisierte Gonarthrose vorliege, deuten
zwar auf eine Verschlimmerung der vorbestehenden Krankheit hin, die aber
nicht zwingend richtungsweisend gewesen sein muss.

4.4 Die Beschwerdeführerin hält eine vorübergehende Verschlimmerung der
vorbestehenden Gonarthrose für möglich, nicht jedoch für überwiegend
wahrscheinlich. Sie stützt sich dabei offensichtlich auf die Stellungnahme
ihres Vertrauensarztes Dr. med. H.________ vom 8. November 2007. Dieser
begründet seine Stellungnahme damit, dass sich die Versicherte erst vier
Monate nach dem Ereignis über Kniebeschwerden beklagt habe und verweist auf
das Vorliegen unfallfremder Risikofaktoren für eine Kniearthrose (starkes
Übergewicht [BMI 46], O-Beine). Damit begründet er seine Meinung nur kurz,
eine Auseinandersetzung mit den medizinischen Akten, insbesondere mit der
abweichenden Meinung von Dr. med. L.________ findet nicht statt. Ebenfalls
wird die gemäss Dr. med. V.________ unfallkausale Knorpelfraktur nicht in die
Beurteilung miteinbezogen. Ist die Fraktur des Restknorpels auf den Unfall
zurückzuführen, folgt daraus, dass das Knie durch den Unfall betroffen wurde.
Insofern erscheint die Darstellung der Versicherten, seit dem Unfall an
Kniebeschwerden gelitten zu haben, als glaubwürdig, zumal die erstbehandelnde
Ärztin, Dr. med. S.________ nicht ausschliesst, dass die Versicherte sich
bereits während der ersten Konsultation vom 28. August 2003 auch über
Kniebeschwerden beklagt habe.

4.5 Bezüglich der Frage, ob der Unfall die Gonarthrose vorübergehend
verschlimmert hat, kommt der Stellungnahme des Dr. med. H.________ somit nur
eingeschränkter Beweiswert zu; der Sachverhalt erweist sich diesbezüglich als
zu wenig abgeklärt. Der Einsprache- und der kantonale Gerichtsentscheid sind
deshalb aufzuheben und die Sache ist an die Beschwerdeführerin
zurückzuweisen. Diese wird abzuklären haben, ob das Ereignis vom 26. August
2003 zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der vorbestehenden Gonarthrose
geführt hat und, falls dies zu bejahen ist, in welchem Zeitpunkt der Status
quo sine im Knie tatsächlich erreicht wurde.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat
die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE
133 V 642 E. 5). Da sich zwei Versicherer gegenüberstehen, gilt für die
Gerichtsgebühr der ordentliche Rahmen nach Art. 65 Abs. 3 BGG, während
Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG keine Anwendung findet (Seiler/von Werdt/Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 223, Art. 65 N 28; Thomas Geiser,
Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, S. 575, Art. 65 N 20;
vgl. BGE 126 V 183 E. 6 S. 192). Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch
auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des
Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 12. Oktober 2007 und der
Einspracheentscheid der Zürich Versicherungs-Gesellschaft vom
19. September 2006 aufgehoben werden und die Sache an die Beschwerdeführerin
zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der
Erwägungen, über den Leistungsanspruch ab 1. Juli 2004 neu verfüge.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen,
dem Bundesamt für Gesundheit und J.________ schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Februar 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Holzer