Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.648/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_648/2007

Urteil vom 2. Juli 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Parteien
Unfallversicherung Stadt Zürich, Stadelhoferstrasse 33, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

V.________, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom
19. September 2007.

Sachverhalt:

A.
Die 1978 geborene V.________ arbeitete als Hauspflegerin bei der Spitex
X.________ und war in dieser Eigenschaft bei der Unfallversicherung Stadt
Zürich gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 30.
November 2006 erlitt sie bei einer Übung der Feuerwehr Y.________ einen Unfall
und zog sich dabei ein Hyperdorsalextensionstrauma des rechten oberen
Sprunggelenkes mit einer Avulationsfraktur an der Tibiaspitze rechts zu. Die
Unfallversicherung anerkannte ihre generelle Leistungspflicht und richtete
Heilbehandlung und Taggelder aus. Letztere berechnete sie nach dem im November
2006 verdienten Lohn nebst Anteil des 13. Monatslohnes. Daran hielt sie mit
Verfügung vom 8. Januar 2007 fest, nachdem V.________ geltend gemacht hatte,
der Novemberlohn sei ausserordentlich niedrig gewesen, da sie während zwei
Wochen unbezahlten Urlaub bezogen habe. Auch auf Einsprache hin bestätigte die
Unfallversicherung der Stadt Zürich ihre Taggeldberechnung (Entscheid vom 10.
Mai 2007).

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz hiess die dagegen geführte Beschwerde
gut und verpflichtete die Unfallversicherung zur Ausrichtung von Taggeldern
unter Berücksichtigung eines höheren versicherten Verdienstes (Entscheid vom
19. September 2007).

C.
Die Unfallversicherung Stadt Zürich führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten und stellt den Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheides sei ihr Einspracheentscheid vom 10. Mai 2007 zu bestätigen.

V.________ beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Gemäss Art. 15 Abs. 1 UVG werden Taggelder und Renten nach dem versicherten
Verdienst bemessen. Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der
Taggelder der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn, für die Bemessung der Renten
der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Art. 15 Abs. 2 UVG).
Als versicherter Verdienst gilt im Regelfall der nach dem Bundesgesetz über die
AHV massgebende Lohn (Art. 22 Abs. 2 UVV). Gestützt auf die in Art. 15 Abs. 3
UVG eingeräumte Delegationskompetenz hat der Bundesrat unter dem Titel
"versicherter Verdienst" in Art. 22 Abs. 2 - 4 UVV Sonderregeln erlassen, nach
denen bei bestimmten Sachverhalten von der Grundregel der Bemessung des
versicherten Verdienstes nach dem AHV-rechtlich massgebenden Lohn abzuweichen
ist. Diese Sonderregeln bezwecken, die Versicherten vor unbilligen Nachteilen
zu schützen, die sich aus der Anwendung der Grundregel bei bestimmten
arbeitsrechtlichen Konstellationen ergeben würden (Alfred Maurer,
Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 326).

3.
3.1 Streitig und zu prüfen ist einzig die Bemessung des versicherten
Verdienstes für Taggeldleistungen. Während die Beschwerde führende
Unfallversicherung argumentiert, dieser bemesse sich nach dem zuletzt bezogenen
Lohn, halten das kantonale Gericht und die Versicherte dafür, es sei zu
berücksichtigen, dass sie in jenem Monat - ausnahmsweise - weniger verdient
habe, da sie während zwei Wochen unbezahlten Urlaub bezogen hatte.

3.2 Massgebend für die nach der abstrakten Methode erfolgende Berechnung des
Taggeldes ist nicht der mutmasslich entgangene Verdienst, sondern jener, den
die versicherte Person vor dem Unfall bezogen hat. Das gilt grundsätzlich auch
für die in Art. 23 UVV geregelten Sonderfälle. Mit Ausnahme von Abs. 7 (lang
andauernde Taggeldberechtigung) und Abs. 8 (Rückfall) knüpfen die Regeln des
Art. 23 UVV allesamt an Tatsachen an, die sich vor dem Unfall verwirklicht
haben. Art. 23 Abs. 3 UVV zielt darauf, dort einen Ausgleich zu schaffen, wo
eine versicherte Person einen Unfall zufälligerweise in einer Tief- oder
eventuell gar einer Nichtlohnphase im Rahmen der bislang ausgeübten
Erwerbstätigkeit erleidet (BGE 128 V 298 E. 2b/aa S. 300). Ereignet sich ein
Unfall während eines seit längerer Zeit dauernden Arbeitsverhältnisses, birgt
die Beurteilung, ob der Lohn starken Schwankungen gemäss Art. 23 Abs. 3 UVV
unterliegt, keine grösseren Probleme. Anzuknüpfen ist an die in der
Vergangenheit erzielten Entgelte (BGE 128 V 298 E. 2b/bb S. 301).

3.3 Das Eidgenössische Versicherungsgericht (heute: Bundesgericht) hat bereits
im Jahre 1988 hinsichtlich der Bemessung des versicherten Verdienstes für
Renten festgehalten, dass ein Versicherter, der innerhalb eines Jahres vor dem
Unfall unbezahlten Urlaub bezog, Anspruch auf Umrechnung auf einen vollen
Jahreslohn hat (BGE 114 V 113). Dasselbe hat auch für die Bemessung des
Taggeldes zu gelten. Das ergibt sich unter anderem auch aus Sicht des
Äquivalenzprinzips, wonach sich Nettoprämien und Versicherungsleistungen die
Waage halten sollen (vgl. Franz Fischer, Problemfälle des versicherten
Verdienstes gemäss UVG, in Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.],
Sozialversicherungsrechtstagung 2006, S. 153, mit Hinweisen). Es handelt sich
um einen typischen Fall, bei dem die versicherte Person zufälligerweise in
einer Tieflohnphase einen Unfall erleidet.

Der vorliegende Sachverhalt zeigt dies exemplarisch. Wäre die Versicherte vor
der Lohnzahlung des Monats November verunfallt, wäre der "letzte vor dem Unfall
bezogene Lohn" (Art. 22 Abs. 3 UVV) derjenige des Monats Oktober gewesen, in
dem sie den ordentlichen Lohn bezogen hatte. Der Umstand allein, dass der
Unfall nach dem 25. des Monats erfolgte (an welchem Tag üblicherweise
Lohnzahlungen erfolgen), darf keinen Einfluss auf die Höhe des Taggeldes
während der ganzen Bezugsdauer haben. Die beschwerdeführerische Sicht hätte gar
zur Folge, dass einem Versicherten, der einen Monat vor dem Unfall unbezahlten
Urlaub und daher keinen Lohn bezogen hatte, kein Taggeldanspruch zukommt. Die
offensichtliche Fehlinterpretation rührt aus dem Missverständnis von Art. 23
Abs. 3 UVV. Die in dieser Bestimmung verwendete Formulierung "Lohn mit starken
Schwankungen" umfasst auch eine einmalige "Schwankung" oder eben einmalige
tiefere, aber auch höhere Lohnzahlungen - beispielsweise Dienstaltersgeschenke,
Geburts- und Heiratszulagen und Ähnliches -, als sie üblicherweise erfolgen.

Zusammenfassend hat das kantonale Gericht den versicherten Verdienst für den
Taggeldanspruch zu Recht auf Fr. 67'640.- und damit die Höhe des Taggeldes auf
Fr. 148.25 festgesetzt. Daran vermögen die Ausführungen in der
Beschwerdeschrift nichts zu ändern.

4.
Als unterliegende Partei hat die Unfallversicherung Stadt Zürich die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 2. Juli 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Schüpfer