Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.635/2007
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_635/2007

Urteil vom 27. August 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Lustenberger,
Gerichtsschreiberin Weber Peter.

Parteien
G.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Thomas Tribolet, Advo Complex,
Zinggstrasse 16, 3007 Bern,

gegen

Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst, Generaldirektion Schweiz,
Postfach, 8085 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungs-gerichts des Kantons Bern,
Sozialversicherungs-rechtliche Abteilung, vom 17. September 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1966 geborene G.________ war seit 1. Juli 1999 im Reinigungsdienst des
Psychiatriezentrums M.________ angestellt und dadurch bei der Zürich
Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Zürich) obligatorisch gegen die Folgen
von Unfällen versichert, als er am 18. Oktober 1999 einen Fahrradunfall erlitt,
bei dem er sich an der linken Hand eine Basisfraktur des Metacarpale V zuzog.
Die Zürich erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilungskosten sowie
Taggeldleistungen). Am 18. September 2000 wurde am Spital I.________ eine
Korrekturosteotomie mit Beckenspanplastik durchgeführt, nachdem die
Immobilisation zu einer Fehlstellung im Bereich des Handgelenks geführt hatte.
Wegen persistierenden neuropathischen Schmerzen liess der Versicherte am 27.
Mai 2002 an der Klinik S.________ eine Neurom-Entfernung durchführen. Die
Arbeitsfähigkeit wurde ab 1. August 2002 auf 50 % festgelegt. Im Juni 2003
erfolgte eine Begutachtung durch Dr. med. E.________, Facharzt FMH für
orthopädische Chirurgie, spez. Handchirurgie (Expertise vom 12. Juni 2003).
Aufgrund der chronischen persistierenden Belastungsschmerzen hielt sich der
Versicherte zur Abklärung und Behandlung vom 12. bis 28. November 2003
stationär in der medizinischen Abteilung am Spital I.________ auf (Bericht vom
23. Januar 2004). Nach einer Phase ohne spezifische Behandlungsmassnahmen
beauftragte die Zürich Dr. med. H.________, Facharzt FMH für Handchirurgie und
für orthopädische Chirurgie, mit der Begutachtung des Versicherten (Gutachten
vom 19. Januar 2006). Gestützt darauf sprach sie diesem mit Verfügung vom 26.
Mai 2006 eine Integritätsentschädigung auf der Basis einer Integritätseinbusse
von 10 % zu und verneinte einen Anspruch auf eine Invalidenrente. Daran hielt
sie mit Einspracheentscheid vom 14. März 2007 fest.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher ausschliesslich die verweigerte
Rentenzusprache beanstandet wurde, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
ab (Entscheid vom 17. September 2007).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt der Versicherte
beantragen, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides sei die Zürich zu
verpflichten, ihm eine Invalidenrente aus Unfallversicherung in richterlich zu
bestimmender Höhe zu entrichten, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung im
Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Während die Zürich auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III
136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge
in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf
eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 UVG), den Beginn des
Rentenanspruchs (Art. 19 Abs. 1 UVG), die allgemeine Methode der Bemessung des
Invaliditätsgrades nach dem Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG), insbesondere
bei Verwendung von sogenannten Tabellenlöhnen (BGE 126 V 75; siehe auch BGE 129
V 472 E. 4.2.1 S. 475) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die
vorinstanzlichen Ausführungen zum Beweiswert und zur Würdigung medizinischer
Berichte und Stellungnahmen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; E. 3b/ee S. 353).
Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente.

3.1 Nach eingehender und überzeugender Würdigung der medizinischen Aktenlage
gelangte die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass der
Beschwerdeführer in seiner bisherigen Tätigkeit als Reinigungsmitarbeiter
praktisch nicht mehr arbeitsfähig ist, dass aber in einer angepassten Tätigkeit
eine volle Arbeitsfähigkeit bestehe. Als angepasst bezeichnete sie Tätigkeiten,
die stark überwiegend mit der dominanten rechten Hand ausgeführt werden können,
bei denen die kompromittierte, adominante linke Hand lediglich in Halte- und
Zudienfunktion eingesetzt wird, das Heben von Gewichten nur beschränkt
erforderlich ist und keine Leitern oder Gerüste bestiegen werden müssen.
Hinsichtlich sitzender, gehender, stehender oder wechselbelastender Tätigkeit
bestehe keine Beeinträchtigung, ebensowenig bezüglich Lärmexposition oder
monotoner Bewegungsabläufe. Sie stützte sich dabei vor allem auf das aktuelle
Gutachten des Dr. med. H.________ (vom 19. Januar 2006), dem sie vollen
Beweiswert beimass. Dies ist nicht zu beanstanden, erfüllt es doch die von der
Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine beweistaugliche und
beweiskräftige Expertise (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352).

3.2 Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag nicht zu einem anderen
Ergebnis zu führen. So gilt festzustellen, dass sich die Aussage des Dr. med.
H.________ in seinem Gutachten, wonach von einer zumindest initial lediglich
halbtägigen Arbeitsbelastung oder evtl. stündlich notwendigen Pausen von
jeweils 10 Minuten ausgegangen werden müsse, auf die konkrete Frage der Zürich
nach der vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit während der Behandlungsphase bis
zum Erreichen des Endzustandes bezieht. Überdies hält der Gutachter in diesem
Zusammenhang fest, dass dem Versicherten behinderungsangepasste Tätigkeiten
seit 1. August 2002 zumutbar seien. Somit lässt sich daraus, entgegen dem
Beschwerdeführer, nichts bezüglich der Leistungsfähigkeit zu Beginn des
Rentenanspruchs ableiten. Insbesondere kann daraus nicht geschlossen werden,
dass er bei körperlich nicht belastenden Tätigkeiten dauernd vermehrt Pausen
benötigt und folglich nur reduziert leistungsfähig ist. Die Interpretation der
Vorinstanz, wonach die anfänglich reduzierte Leistungsfähigkeit auf eine lange
Abwesenheit vom Erwerbsleben und eine gewisse Dekonditionierung zurückzuführen
ist, ist in diesem Kontext nicht von der Hand zu weisen. Überdies wurde der
verminderten Leistungsfähigkeit bzw. dem dadurch beschränkten Leistungsprofil
im Rahmen des behinderungsbedingten Abzuges vom Tabellenlohn von 10 % gebührend
Rechnung getragen.

4.
4.1 In erwerblicher Hinsicht ging die Vorinstanz von einem um die Sozialzulagen
reduzierten Valideneinkommen des Versicherten von Fr. 55'937.70 im Jahre 2006
aus, was zu Recht nicht bestritten wird. Zwar fällt das Invalideneinkommen
(ohne Abzug) diesfalls tatsächlich höher aus als das Valideneinkommen. Da der
Beschwerdeführer bei der bisherigen Tätigkeit als Reinigungsmitarbeiter jedoch,
wie die Vorinstanz zutreffend erwog, kein unterdurchschnittliches
Erwerbseinkommen erzielte, bestand kein Grund, die Vergleichseinkommen zu
parallelisieren (BGE 8C_255/2007 vom 12. Juni 2008 mit Hinweisen).

4.2 Was das Invalideneinkommen betrifft, wurde dieses im angefochtenen
Entscheid zu Recht aufgrund der Tabellenlöhne des vom Bundesamt für Statistik
herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebungen (LSE) ermittelt (BGE 129
V 472, 126 V 76f.). Die Vorinstanz stellte dabei auf den durchschnittlichen
monatlichen Bruttolohn (Total) für Männer bei einfachen und repetitiven
Tätigkeiten (Anforderungsniveau 4) im privaten Sektor (LSE 2004, Tabelle TA1)
ab, was Fr. 4'588.-- entspricht. Nach Anpassung an die betriebsübliche
Arbeitszeit von durchschnittlich 41,7 Stunden pro Woche und unter Aufrechnung
der Nominallohnentwicklung (2004: 113,3, 2006: 115,5) errechnete sie unter
Berücksichtigung eines behinderungsbedingten Abzuges vom Tabellenlohn von 10 %
ein Invalideneinkommen von Fr. 52'659.30 pro Jahr, bzw. ca. Fr. 4'388.- pro
Monat. Dies ist nicht zu beanstanden.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers vermögen daran nichts zu ändern.
Insbesondere besteht vorliegend kein Grund, vom Grundsatz abzuweichen, wonach
für die Bestimmung des Invalideneinkommens aufgrund der A-Tabellen im Anhang
der LSE bei Versicherten, die nach Eintritt des Gesundheitsschadens lediglich
noch leichte und intellektuell nicht anspruchsvolle Arbeiten verrichten können,
in der Regel vom durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn ("Total") im
privaten Sektor für Männer und Frauen bei einfachen und repetitiven Tätigkeiten
(Anforderungsniveau 4) ausgegangen wird. Aus dem vom Beschwerdeführer zitierten
Bundesgerichtsurteil (SVR 2002 UV Nr. 15 S. 47) lässt sich für den konkreten
Fall nichts Abweichendes entnehmen. Die darin geschilderte Ausgangslage ist
nicht vergleichbar. Beim Beschwerdeführer ist nicht die dominante rechte Hand
beeinträchtigt, zudem kann seine kompromittierte linke Hand auch in Zukunft
noch als Hilfshand eingesetzt werden. Überdies gilt zu beachten, dass auf dem
für die Invaliditätsbemessung massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt durchaus
auch Stellen vorhanden sind, die einhändig ausgeführt werden können. Zu denken
ist etwa an einfache Überwachungs-, Prüf- und Kontrolltätigkeiten sowie an die
Bedienung und Überwachung von (halb-)automatischen Maschinen oder
Produktionseinheiten, die keinen Einsatz von rechtem Arm und rechter Hand
voraussetzen (vgl. Urteil U 303/06 vom 22. November 2006, E. 7 mit Hinweisen).
Es besteht somit kein Grund, vorliegend lediglich den Wert des
Dienstleistungssektors (Sektor 3 von TA1) zu berücksichtigen, wie geltend
gemacht wird. Vielmehr sind in allen Bereichen der LSE dem ärztlicherseits
formulierten Zumutbarkeitsprofil entsprechende Tätigkeiten vorhanden, weshalb
korrekterweise vom Totalwert ausgegangen wurde.

4.3 In Gegenüberstellung der beiden Vergleichseinkommen errechnete die
Vorinstanz einen Invaliditätsgrad von 5,8 % und verneinte den Anspruch auf eine
Invalidenrente mithin zu Recht.

5.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. August 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Weber Peter