Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.591/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_591/2007

Urteil vom 14. Mai 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.

Parteien
J.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer,
Schützengasse 7, 8001 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
15. August 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1953 geborene J.________, seit März 1990 als Tunnelbaumineur bei der Firma
X.________ AG angestellt, erlitt am 27. November 2003, als er Spritzbeton auf
die Tunneldecke aufgebracht, sich abgedreht und an der seitlichen Wand
weitergearbeitet hatte, durch das Herunterfallen eines Stückes nassen Betons
ein leichtes Schädel-Hirntrauma (mit Bewusstseinsverlust) sowie Kontusionen im
Hals- und rechten Kniebereich. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) als obligatorischer Unfallversicherer richtete Taggelder aus und kam für
die Heilbehandlung auf. Zudem holte sie regelmässig Berichte der behandelnden
Ärzte ein, veranlasste weitere medizinische Abklärungen (Aufenthalt in der
Rehaklinik Y.________ vom 30. Juni bis 25. August 2004 und vom 19. Januar bis
23. Februar 2005) und liess den Versicherten kreisärztlich untersuchen.
Gestützt darauf stellte sie die Versicherungsleistungen mit Verfügung vom 5.
Dezember 2005 mangels adäquaten Kausalzusammenhangs auf Ende Dezember 2005 ein.
Daran wurde auf Einsprache hin festgehalten (Einspracheentscheid vom 10. April
2006).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 15. August 2007 ab.

C.
J.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die SUVA zu
verpflichten, die ihm zustehenden Versicherungsleistungen zu erbringen,
insbesondere sei die Frage der Rente sowie der Integritätsentschädigung zu
prüfen.

D.
Mit Verfügungen vom 25. März und 15. April 2008 erhielten die Parteien
letztinstanzlich Gelegenheit, ihre Vorbringen in Anbetracht des
zwischenzeitlich ergangenen, die so genannte Schleudertrauma-Praxis bei
organisch nicht objektiv ausgewiesenen Beschwerden präzisierenden Urteils BGE U
394/06 vom 19. Februar 2008 zu ergänzen. Davon wurde mit Vernehmlassungen vom
11. April 2008 (J.________) und 5. Mai 2008 (SUVA) Gebrauch gemacht.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf
Leistungen der Unfallversicherung im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 1 UVG [in
Verbindung mit Art. 4 ATSG]) und die einzelnen Leistungsarten im Besonderen
(Art. 10 Abs. 1 UVG [zweckmässige Heilbehandlung], Art. 16 Abs. 1 UVG
[Taggeld], Art. 18 Abs. 1 UVG [Invalidenrente]) sowie die Rechtsprechung zu dem
für die Leistungspflicht vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod;
BGE 129 V 177 E. 3.1 [mit Hinweisen] S. 181) und zur im Weiteren erforderlichen
Adäquanz des Kausalzusammenhangs im Allgemeinen (BGE 129 V 177 E. 3.2 [mit
Hinweisen] S. 181) sowie bei psychischen Unfallfolgen bzw. Beschwerdebildern,
in denen die psychische Seite klar im Vordergrund steht (BGE 123 V 98 E. 2a
[mit Hinweisen] S. 99, 115 V 133), bei Folgen eines Unfalls mit Schleudertrauma
der Halswirbelsäule (HWS; BGE 117 V 359; vgl. auch BGE U 394/06 vom 19. Februar
2008) oder Schädel-Hirntrauma (BGE 117 V 369; vgl. auch BGE U 394/06 vom 19.
Februar 2008) ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle im Besonderen
richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Gleiches gilt für die Erwägungen zu
dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 [mit Hinweisen] S. 181) sowie zum
Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE
125 V 351 E. 3a [mit Hinweis] S. 352).

3.
3.1 Mit ausführlicher Begründung, auf welche ebenfalls verwiesen werden kann
(Art. 109 Abs. 3 BGG), hat das kantonale Gericht nach umfassender Prüfung und
sorgfältiger Würdigung der ärztlichen Unterlagen zutreffend festgestellt, dass
im Zeitpunkt der Leistungseinstellung auf 31. Dezember 2005 insbesondere aus
orthopädischer sowie neurologischer Sicht keine objektivierbaren somatischen
Unfallfolgen mehr ausgewiesen waren, welche weiterer Heilbehandlungsmassnahmen
bedurft oder zu fortgesetzter Arbeitsunfähigkeit geführt hätten. Ferner wurde
korrekt erkannt, dass zwar keine Anzeichen für ein anlässlich des Unfalles vom
27. November 2003 erlittenes HWS-Schleudertrauma bestehen, der Beschwerdeführer
sich dabei aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein mildes
Schädel-Hirntrauma zugezogen hat. Die daraus resultierenden gesundheitlichen
Auswirkungen wurden indessen zusehends durch das psychische Beschwerdebild im
Sinne einer somatisierten (larvierten) Depression (in Form einer mit Angst und
depressiver Reaktion einhergehenden Anpassungsstörung [gemäss ICD-10: F41.2])
geprägt und zwischenzeitlich, jedenfalls aber seit Ende Dezember 2005,
überlagert, wobei das psychische Geschehen, wie insbesondere aus den Berichten
der Rehaklinik Y.________ vom 13. Juli 2004 und 23. Februar 2005 hervorgeht,
die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Folgen des erlittenen
Schädel-Hirntraumas mitgetragen bzw. diese eigentlich unter- und damit
aufrechterhalten hat. Die Feststellung der Vorinstanz in E. 3.5 ihres
Entscheides, wonach die - auf das Schädel-Hirntrauma zurückzuführenden -
"physischen Beschwerden im Verlaufe der ganzen Entwicklung vom Unfall bis zum
Beurteilungszeitpunkt" eine nicht nur untergeordnete Rolle gespielt hätten,
hält vor diesem Hintergrund nicht stand und ist entsprechend zu berichtigen.
Auf Grund des doch eigenständigen Charakters des psychischen Leidens - es
handelt sich zwar um eine Unterform der Depression, bei welcher aber vegetative
und vielfältige funktionelle Organbeschwerden im Vordergrund stehen (vgl. Gerd
Laux, Depressive Episode und rezidivierende depressive Störung, in: Möller/Laux
/Kapfhammer [Hrsg.], Psychiatrie und Psychotherapie, Berlin/Heidelberg/New York
2000, S. 1103 und 1115) - kann sodann nicht mehr nur von einem blossen
(Langzeit-)Symptom des erlittenen Traumas (vgl. dazu BGE U 394/06 vom 19.
Februar 2008, E. 9.5, 117 V 369 E. 4b S. 382 f.) ausgegangen werden, sondern
ist darin, in Bestätigung wiederum der Ausführungen im angefochtenen Entscheid,
eine eigenständige Gesundheitsschädigung zu erblicken. Deren - nach den in BGE
115 V 133 festgehaltenen Grundsätzen zu prüfender - adäquater
Kausalzusammenhang zum als mittelschwer einzustufenden Unfallereignis (siehe
u.a. das sachverhaltsmässig ähnlich gelagerte Urteil U 115/03 vom 16. September
2003) ist schliesslich mit dem kantonalen Gericht zu verneinen, da die
unmittelbaren Unfallfolgen weder geeignet waren, eine psychische
Fehlentwicklung herbeizuführen, noch die in casu heranzuziehenden Kriterien
(BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140) kumuliert oder in besonderer Schwere vorliegen.

3.2 Die in der Beschwerde erhobenen Einwände vermögen an diesem Ergebnis nichts
zu ändern. Soweit der Beschwerdeführer darin die bereits im vorinstanzlichen
Verfahren entkräfteten Rügen wiederholt, ist vollumfänglich auf die
zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Gerichtsentscheid zu verweisen.
Namentlich sind nach Lage der Akten (vgl. insbesondere Unfall- und
Berufskrankheitsmeldung UVG vom 4. Dezember 2003; Austrittsbericht der
Rehaklinik Y.________ vom 13. September 2004, S. 4 [samt neuropsychologischem
und psychopathologischem Konsiliarbericht vom 13. Juli 2004, S. 1]) keine
Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem Versicherten Beton mit einem Gewicht
von "ca. 100 kg" auf den Kopf geprallt ist, zumal diesfalls wohl
schwerwiegendere körperliche Verletzungen die Folge gewesen wären. Ferner wird
nicht bestritten, dass die psychiatrische Behandlung noch andauert und eine auf
das psychische Leiden zurückzuführende Einbusse des Leistungsvermögens besteht.
Diesem Aspekt ist im vorliegend zu prüfenden Kontext (vgl. dazu E. 1.2.2 in
fine des kantonalen Entscheides) jedoch keine entscheidrelevante Bedeutung
beizumessen. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers durfte die
Vorinstanz alsdann von einem hinreichend abgeklärten Sachverhalt ausgehen und
daher von weiteren Beweismassnahmen - etwa im Sinne der zusätzlich geforderten
ärztlichen Erhebungen (vgl. dazu auch Urteil I 655/05 vom 20. März 2006, E.
5.4) - absehen (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 131 I 153 E. 3 [mit
Hinweisen] S. 157, 124 V 90 E. 4b S. 94).

4.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 14. Mai 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

i.V. Leuzinger Fleischanderl