Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.449/2007
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8C_449/2007

Urteil vom 26. Februar 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Firma K.________ AG, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt und Notar
Beat Gerber, Rötistrasse 22, 4500 Solothurn,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin,

W.________,
R.________,

Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons
Solothurn vom 28. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
Anlässlich einer Revision stellte die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA) unter anderem fest, die ihr
unterstellte Firma K.________ AG habe den Lohn ihrer Angestellten W.________
und R.________ in den Jahren 2001 bis 2004 nicht deklariert (Revisionsbericht
vom 2. Februar 2006). Am 10. Februar 2006 stellte die SUVA der Firma
K.________ AG Rechnung für die an W.________ und R.________ ausbezahlten
Löhne. Die Firma K.________ AG erhob Einsprache und machte geltend,
W.________ und R.________ würden in X.________ ein Büro für Buchhaltung und
Beratung betreiben (C.________), sodass deren Tätigkeit für sie auf
selbstständiger Basis erfolge. Mit Einspracheentscheid vom 1. Juni 2006 hielt
die SUVA an ihrer Beurteilung fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit Entscheid vom 28. Juni 2007 ab.

C.
Die Firma K.________ AG lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es seien der kantonale Entscheid
aufzuheben und festzustellen, dass W.________ und R.________ für die Jahre
2001 bis 2004 als Selbstständigerwerbende zu qualifizieren seien. Zudem
ersucht sie um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Die SUVA
schliesst auf Abweisung der Beschwerde und stimmt der Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung zu. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).
Vorliegend sind keine Geldleistungen der Unfallversicherung streitig, weshalb
die Ausnahmeregelung von Art. 97 Abs. 2 und 105 Abs. 3 BGG nicht anwendbar
ist.

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die obligatorische
Versicherung von Arbeitnehmern (Art. 1 Abs. 1 UVG in der bis 31. Dezember
2002 in Kraft gestandenen Fassung; Art. 1a Abs. 1 UVG in der ab 1. Januar
2003 geltenden Fassung) und die Abgrenzung von selbstständiger und
unselbstständiger Erwerbstätigkeit (Art. 1 UVV in Verbindung mit Art. 5 Abs.
2 und Art. 9 Abs. 1 AHVG; BGE 133 V 153 E. 3.1 S. 156, 123 V 161 E. 1 S. 162,
122 V 169 E. 3 S. 171, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.
Streitig ist, ob die Entgelte, die W.________ und R.________ von der
Beschwerdeführerin erhielten, als Einkommen aus selbstständiger oder
unselbstständiger Tätigkeit zu qualifizieren sind.

4.
4.1 Die Vorinstanz hat in verbindlicher Weise festgestellt, dass W.________ in
den Jahren 2001 bis 2004 als Verwaltungsrat sowie Geschäftsführer gearbeitet
und dafür ein Entgelt zuzüglich Spesenentschädigung und Geschäftsfahrzeug
(abzüglich jener Beträge, auf welche er verzichtet hat) bezogen hat.
Ebenfalls erstellt ist, dass W.________ Aktionär der Beschwerdeführerin ist,
in X.________ eine Einzelfirma (die C.________) betreibt und Arbeiten für die
Beschwerdeführerin in den Büroräumlichkeiten und mit der Infrastruktur in
X.________ ausgeführt hat sowie dass er keine weiteren Investitionen im
Rahmen seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin getätigt und insbesondere
kein Personal beschäftigt hat.

4.2 Die Entgelte, die W.________ für seine Tätigkeit als Verwaltungsrat
erhielt, stellen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BGE 133 V 498 E.
3.1.2 S. 500 mit Hinweisen) sowie gestützt auf Art. 7 lit. h AHVV
massgebenden Lohn dar. Bezüglich des ihm zugeflossenen Einkommens für seine
übrige Tätigkeit zu Gunsten der Beschwerdeführerin ist festzuhalten, dass er
nicht nur beratend, sondern als Geschäftsführer und damit operativ wirkte.
Demnach arbeitete er nicht bloss projektbezogen für die Beschwerdeführerin;
vielmehr übernahm er Führungsverantwortung. Die Einkünfte eines Beraters, der
die Eigenschaft eines geschäftsführenden Organs übernimmt, stellen aber
massgebenden Lohn dar (vgl. Urteile H 7/03 vom 30. April 2004, E. 4.3 und H
55/04 vom 5. November 2004, E. 4.1, je mit Hinweisen). Etwas anderes würde
nur gelten, wenn W.________ bloss vorübergehend eingesetzt worden wäre. Dem
ist angesichts der jahrelangen Tätigkeit nicht so, zumal er nicht im Rahmen
einer Restrukturierung oder Krisenbewältigung kurzfristig als externer
Dritter beigezogen worden war, sondern über Jahre hinweg bei der
Beschwerdeführerin und ihren Vorgängerinnen mitgewirkt hatte. Soweit er
geltend macht, er habe die Tätigkeiten in seinem Büro in X.________ mit der
dort vorhandenen Infrastruktur ausgeführt, kann er nicht gehört werden. Denn
wie die Vorinstanz zu Recht bemerkt, genügt dies unter den gegebenen
Umständen nicht, um seine Arbeiten als selbstständige Erwerbstätigkeit zu
qualifizieren, zumal nach der Rechtsprechung bei einem Wechsel von
unselbstständiger zu selbstständiger Erwerbstätigkeit bei weiterbestehender
Tätigkeit für die ehemalige Arbeitgeberin erhöhte Anforderungen an den
Statuswechsel zu stellen sind (vgl. Urteil H 396/00 vom 20. Januar 2003, E. 3
mit Hinweisen). Ebenfalls unbehelflich ist der Einwand, es liege kein
Arbeitsvertrag vor. Denn massgebend für die Abgrenzung von selbstständiger
und unselbstständiger Erwerbstätigkeit ist nicht die Rechtsnatur des
Vertragsverhältnisses; entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen
wirtschaftlichen Gegebenheiten (BGE 123 V 161 E. 1 S. 163 mit Hinweisen).
Auch vermag er aus dem Umstand, dass er auf Entgelte verzichtet hat, nichts
zu seinen Gunsten abzuleiten. Es ist nicht unüblich, dass Arbeitnehmer auf
einen Teil ihrer Lohnansprüche verzichten, wenn dadurch das Unternehmen
gerettet und ihr Arbeitsplatz gesichert wird. Schliesslich spielt es auch
keine Rolle, dass W.________ von der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn
als Selbstständigerwerbender erfasst wurde, da bei jedem Einkommensteil
separat geprüft wird, ob es sich dabei um Einkommen aus selbstständiger oder
unselbstständiger Tätigkeit handelt (BGE 123 V 161 E. 4a S. 167 mit Hinweis).
Analoges gilt für die geltend gemachte Unterstellung unter die
Mehrwertsteuer.

5.
5.1 Die Vorinstanz hat in verbindlicher Weise festgestellt, dass R.________ in
den Jahren 2001 bis 2004 für die Beschwerdeführerin Sekretariatsarbeiten
sowie die Buchhaltung erledigt hat, wofür sie die Infrastruktur und die
Büroräumlichkeiten in X.________ benutzte. Ebenfalls erstellt ist, dass sie
weder Investitionen zur Erledigung dieser Arbeiten getätigt noch hiefür
Personal angestellt hat.

5.2 Die Entschädigung an eine Einzelfirma für die Erledigung von
Verwaltungsarbeiten stellt gemäss Rechtsprechung massgebenden Lohn dar (ZAK
1982 S. 369 E. 2b). Somit ist das Einkommen, welches R.________ für die
Ausführung von Sekretariatsarbeiten, einschliesslich der Protokollführung
anlässlich der Verwaltungsratssitzungen, erhielt, als Einkommen aus
unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu qualifizieren. Dasselbe gilt auch für
die Führung der Buchhaltung der Beschwerdeführerin. Weil die von ihr
erledigten Arbeiten im Wesentlichen Verwaltungs- und Sekretariatsarbeiten
umfassen und keine wesentlichen Investitionen vorliegen, haben Vorinstanz und
Verwaltung ihre Tätigkeit für die Beschwerdeführerin zu Recht als
unselbstständig qualifiziert.

6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Kosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1200.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn, den mitbeteiligten W.________ und R.________ sowie dem Bundesamt
für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 26. Februar 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Riedi Hunold