Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.435/2007
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8C_435/2007

Urteil vom 19. November 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Heine.

V. ________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Unia Arbeitslosenkasse, Zentralverwaltung, Strassburgstrasse 11, 8004 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St.
Gallen
vom 12. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 1. Juni und Einspracheentscheid vom 9. Juni 2006 verneinte
die Arbeitslosenkasse Unia einen Taggeldanspruch der V.________ auf
Arbeitslosenentschädigung ab 11. August 2005 wegen Nichterfüllung der
Beitragszeit und mangels Vorliegen eines Befreiungstatbestands. Mit Verfügung
vom 13. Juli 2006 forderte die Unia die ausgerichtete
Arbeitslosenentschädigung zurück. Am 25. Oktober 2006 sistierte sie die
Rückforderung, da V.________ Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 9.
Juni 2006 erhoben hatte. Nachdem das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 14. November 2006 die Sache zur Entscheidung an die
Kasse zurückwies, verneinte diese die Anspruchsberechtigung ab Antragstellung
und forderte die ausbezahlte Arbeitslosenentschädigung in Höhe von Fr.
10'231.40 zurück (Einspracheentscheid vom 1. Februar 2007).

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die gegen den
Einspracheentscheid vom 9. Juni 2006 und gegen den Einspracheentscheid vom 1.
Februar 2007 erhobenen Beschwerden mit Entscheid vom 12. Juli 2007 ab.

C.
V.________ führt Beschwerde mit dem sinngemässen Antrag, es sei ihr ab 11.
August 2005 Arbeitslosenentschädigung zuzusprechen und auf eine Rückforderung
zu verzichten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der
Arbeitslosenversicherung. Gemäss Art. 95 in Verbindung mit Art. 97 BGG prüft
das Bundesgericht daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht
verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder
ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig
oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde.

1.2 Nach Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG hat Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung, wer die Beitragszeit erfüllt hat oder von der
Erfüllung der Beitragszeit befreit ist.

1.3 Zu ergänzen sind die Bestimmungen über die Rückforderung unrechtmässig
bezogener Leistungen der Arbeitslosenversicherung (Art. 95 Abs. 1 AVIG [in
der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung], BGE 122 V 367 E. 3 S.
368 mit Hinweisen; Art. 25 ATSG [in Kraft seit 1. Januar 2003]) und die dazu
nach der Rechtsprechung notwendigen Voraussetzungen für ein wiedererwägungs-
oder revisionsweises Zurückkommen auf die formell rechtskräftig verfügte oder
formlos erfolgte Leistungszusprechung (Art. 53 ATSG; BGE 129 V 110 E. 1.1 S.
110 mit Hinweisen).

2.
Streitig sind der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 11. August 2005,
namentlich die Erfüllung der Beitragszeit, und die Frage, ob die Verwaltung
auf die formlos erfolgte Leistungszusprechung wiedererwägungs- oder
revisionsweise zurückkommen durfte.

2.1 Die Beschwerdeführerin war zuletzt bis 28. Februar 2001 bei der Bäckerei
X.________ angestellt gewesen. Es ist unbestritten, dass sie während der
Rahmenfrist für die Beitragszeit keine Beitragszeit erworben hat. In den zwei
der Anmeldung vorangegangen Jahren befand sich die Versicherte in ärztlicher
Behandlung und in IV-Abklärungen, da sie im angestammten Beruf aus
gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten konnte.

2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei in den vergangenen Jahren
immer in ärztlicher Behandlung gewesen. Schliesslich habe sie den IV-Bescheid
erhalten, der ihr einen Invaliditätsgrad von 33 % attestiere. Sie suche
weiterhin eine 100%-Stelle. Ferner erhalte ihr Mann eine ganze IV-Rente, was
für die gesamte Familie nicht ausreiche.

2.3 Als Ergebnis einer umfassenden, sorgfältigen Beweiswürdigung und
unbestrittenen Sachverhaltsfeststellung hat das kantonale Gericht einen
Befreiungsgrund nach Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG verneint, da die Versicherte
nur im angestammten Beruf arbeitsunfähig ist. Ferner hat die Versicherte auf
Grund der IV-Abklärungen davon ausgehen müssen, dass sie zum Teil
arbeitsfähig ist, so dass sie die erfordliche Mindestbeitragszeit auch mit
einer Teilzeitstelle hätte erwerben können. Die Aussage in der Beschwerde,
sie sei in den vergangen Jahren immer in ärztlicher Abklärung gewesen, vermag
zu keinem anderen Resultat zu führen. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt,
ist der Zusammenhang zwischen Krankheit und Abklärungen für die Begründung
der Kausalität zwischen Krankheit und fehlender Beitragszeit nicht
ausreichend, weil sich aus dem Sachverhalt keine Hinweise ergeben, die
Abklärungen hätten die Ausübung einer Beschäftigung verunmöglicht.

Im Lichte des offensichtlich nicht unrichtig oder unvollständig
festgestellten Sachverhalts durfte die Vorinstanz einen Befreiungsgrund nach
Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG verneinen, weshalb die Versicherte keinen Anspruch
auf Arbeitslosenentschädigung ab 11. August 2005 hat.

2.4 Schliesslich war die Auszahlung zweifellos unrichtig und somit die
Rückforderung zulässig, weshalb das kantonale Gericht auch diesbezüglich kein
Bundesrecht verletzt hat (vgl. Seiler/von Werth/Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 400 N 9).

3.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 BGG). Die Gerichtskosten sind der
Beschwerdeführerin als der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 68 BGG).

erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, dem Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen und dem Staatssekretariat
für Wirtschaft zugestellt.

Luzern, 19. November 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Heine