Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.39/2007
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8C_39/2007

Urteil vom 9. Januar 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiberin Heine.

K. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Hans Feldmann,
Moosstrasse 2, 3073 Gümligen,

gegen

beco Berner Wirtschaft, Arbeitslosenkasse, Zentrale Dienste, Lagerhausweg 10,
3018 Bern,
Beschwerdegegner.

Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom
26. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 16. Februar 2006 lehnte das beco Berner Wirtschaft (beco)
das Gesuch K.________ um Ausrichtung von Insolvenzentschädigung ab. Diese
Verfügung bestätigte die Kasse mit Einspracheentscheid vom 22. März 2006.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 26. Januar 2007 ab.

C.
K.________ lässt Beschwerde führen mit dem Antrag, es sei ihm, unter
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids, Insolvenzentschädigung
zuzusprechen.

Erwägungen:

1.
1.1 Weil die angefochtene Entscheidung nach dem Datum des Inkrafttretens des
Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 172.110), dem 1. Januar 2007
(AS 2006 1242), ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht (Art.
132 Abs. 1 BGG).

1.2 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art.82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Bestimmung zum Ausschluss
arbeitgeberähnlicher Personen vom Anspruch auf Insolvenzentschädigung (Art.
51 Abs. 2 AVIG) und die dazu ergangene Rechtsprechung (ARV 1996/97 Nr. 41 E.
1a S. 226) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.2 Ist die neue Kognitionsregelung (E. 1.1) anwendbar, ist aufgrund der
Vorbringen in der Beschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid
in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen
Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 95 BGG), einschliesslich einer
allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 BGG, E. 1.2).
Hingegen hat eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in
tatsächlicher Hinsicht (Art. 132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine
Prüfung der Ermessensbetätigung (Art. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur
Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch
besteht (entgegen Art. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge.

3.
Anfechtungs- und Streitgegenstand bildet der Anspruch auf
Insolvenzentschädigung (BGE 125 V 413 E. 2a S. 415 ff.). Es ist zunächst
klarzustellen, inwieweit frei überprüfbare Rechtsfragen (Art. 95 BGG) oder
aber vorinstanzliche Tatsachenfeststellungen, an die das Bundesgericht
grundsätzlich gebunden ist (Art. 97 BGG), vorliegen.

3.1 Als Rechtsfragen gelten die gesetzlichen und rechtsprechungsgemässen
Regeln über den Anspruch auf Insolvenzentschädigung (Art. 51 Abs. 2 AVIG). Zu
prüfen ist hierbei insbesondere die falsche Rechtsanwendung (Seiler/von
Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, Art. 95 N 9). Diese
basiert auf einer grundsätzlich verbindlichen Sachverhaltsfeststellung.

3.2 Im Lichte der kognitionsrechtlichen Grundsätze über die Abgrenzung von
Tat- und Rechtsfragen ergibt sich Folgendes: Als Ergebnis einer umfassenden,
sorgfältigen Beweiswürdigung und unbestrittenen Sachverhaltsfeststellung hat
das kantonale Gericht angesichts der im Handelsregister festgehaltenen
Funktion des Beschwerdeführers eine arbeitgeberähnliche Stellung angenommen.
Die gemäss Statuten und Pflichtenheft dem Beschwerdeführer zugewiesenen
Aufgaben und Pflichten würden dies verdeutlichen. Daran ändere auch nichts,
dass ein Kollektiv von Personen die Genossenschaft leiten würde. Somit habe
der Beschwerdeführer bis zu seiner Freistellung die massgebliche
Einflussmöglichkeit auf den Geschäftsgang wahrnehmen können. Selbst wenn ihm
nicht direkt die Verantwortung für die Insolvenz des Arbeitgebers zukomme, so
sei er im Sinne des Gesetzes vom Anspruch auf Insolvenzentschädigung
ausgeschlossen, denn er habe bis kurz vor dem Konkurs (Dezember 2005)
Einfluss auf die Entscheidungen des Arbeitgebers (BGE 126 V 138 E. 5c S. 138)
und einen Überblick über das Geschehen im Unternehmen wie auch einen Einblick
in die Buchhaltung gehabt, weshalb er durch den Konkurs des Arbeitgebers
nicht überrascht worden sei.

3.3 Die Einwände des Beschwerdeführers, er sei in keiner Organstellung
gewesen, habe nicht zum obersten betrieblichen Entscheidungsgremium gehört
und nur über Verwaltungsfunktionen verfügt, führen zu keinem anderen
Ergebnis. Denn gemäss Statuten des Verbandes X.________ Art. 29 und des
Pflichtenhefts des Geschäftsführers oblag dem Beschwerdeführer das gesamte
operative Geschäft. Zusätzlich war er der einzige vollamtliche Exponent der
Genossenschaft, weshalb von einem massgeblichen Einfluss gemäss Art. 31 Abs.
3 lit. c AVIG auszugehen ist. Da er für das Rechnungswesen verantwortlich
war, wurde er durch den Konkurs des Arbeitgebers nicht überrascht, so dass
ihm anders als bei einem normalen Arbeitnehmer kein besonderer Schutz zukommt
(ARV 2004 Nr. 21 S. 196).

3.4 Im Lichte des nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig
festgestellten Sachverhalts durfte die Vorinstanz, ohne Bundesrecht zu
verletzen, von einer arbeitgeberähnlichen Stellung ausgehen, weshalb der
Versicherte keinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung hat.

4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 BGG). Die Gerichtskosten sind dem
Beschwerdeführer als der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem beco Berner Wirtschaft,
Abteilung Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, und dem Staatssekretariat für
Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. Januar 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

i.V. Lustenberger Heine