Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.237/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_237/2007

Urteil vom 16. Mai 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Parteien
Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst,
Generaldirektion Schweiz, Postfach, 8085 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

R.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Stefan Hofer, Lange Gasse
90, 4052 Basel.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 10. April 2007.

Sachverhalt:

A.
R.________ (Jg. 1962) war als selbstständigerwerbender Tennislehrer tätig und
hatte am 15. Mai 1998 mit der "Zürich" Versicherungs-Gesellschaft (nachstehend
'Zürich') im Rahmen einer freiwilligen Unfallversicherung einen versicherten
Jahresverdienst von Fr. 86'400.- vereinbart. Am 22. Mai 2004 zog sich
R.________ bei einem Rückhandschlag (Backhand) eine Bänderverletzung am rechten
Handgelenk zu. Die 'Zürich' kam für Heilungskosten auf und richtete Taggelder
auf der Grundlage des vereinbarten versicherten Verdienstes aus. Mit Verfügung
vom 2. November 2005 eröffnete sie R.________, der versicherte Verdienst werde
angesichts der in den Jahren 1998 bis 2001 effektiv erzielten Erwerbseinkommen
auf jährlich Fr. 50'000.- herabgesetzt, woraus ein bis Ende April 2005 zu viel
ausgerichteter Betrag von Fr. 27'289.- resultiere, welcher zurückgefordert
werde. Mit Entscheid vom 9. Februar 2006 hiess sie die dagegen erhobene
Einsprache in dem Sinne gut, dass sie den versicherten Verdienst auf den für
die freiwillige Unfallversicherung gesetzlich vorgesehenen Mindestbetrag von
Fr. 53'400.- erhöhte und ihre Rückforderung entsprechend auf Fr. 24'737.90
reduzierte.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit Entscheid vom 10. April 2007 in dem Sinne gut, als es die
Verfügung vom 2. November 2005 und den Einspracheentscheid vom 9. Februar 2006
aufhob. Zudem verpflichtete es die 'Zürich' zur Bezahlung einer
Parteientschädigung von Fr. 1'500.-.

C.
Die 'Zürich' führt Beschwerde mit dem Begehren, den Entscheid des kantonalen
Gerichts insoweit aufzuheben, als der versicherte Verdienst auf Fr. 86'400.-
festgesetzt wurde, und diesen für allfällige künftige Geldleistungen auf Fr.
53'400.- festzulegen. Weiter stellt sie den Antrag, der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zu gewähren.

R.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen; "eventuell sei ab 2.
Mai 2005 eine Leistungskürzung gemäss einem versicherten Verdienst von
mindestens Fr. 65'000.- zuzulassen." Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet
auf eine Vernehmlassung.

D.
Nachdem R.________ dem Begehren der 'Zürich' um Erteilung der aufschiebenden
Beschwerdewirkung in seiner Beschwerdeantwort vom 9. Juli 2007 ausdrücklich
nicht opponiert hat, ist diesem verfahrensrechtlichen Antrag mit Verfügung vom
17. Juli 2007 entsprochen worden.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den
übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1 BGG) - nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
2.1 Die im Rahmen der freiwilligen Unfallversicherung für
Selbstständigerwerbende anwendbaren Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen
einschliesslich die dazu ergangene Rechtsprechung sind im kantonalen Entscheid
zutreffend wiedergegeben worden, worauf verwiesen wird. Es betrifft dies den
Begriff und die Ausgestaltung der freiwilligen Unfallversicherung (Art. 4 Abs.
1 und Art. 5 Abs. 1 und 2 UVG) sowie namentlich die Bemessung der Prämien und
Geldleistungen nach Massgabe des vereinbarten versicherten Verdienstes (Art.
138 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 und 2 UVV; RKUV 1998 Nr. U 315 S. 575 E.
2c/aa, 1994 Nr. U 183 S. 49 E. 5b) und die Voraussetzungen für eine
Leistungskürzung oder gar -verweigerung zwecks Vermeidung einer
Überversicherung (in analoger Anwendung des auf den 1. Januar 2003 aufgehobenen
[alt] Art. 40 UVG; RKUV 1998 Nr. U 315 S. 575 E. 3, 1994 Nr. U 183 S. 49 E.
6c).

2.2 Mit der Herabsetzung des versicherten Verdienstes von - wie ursprünglich
vereinbart - Fr. 86'400.- auf noch Fr. 53'400.- gemäss Einspracheentscheid vom
9. Februar 2006 beabsichtigte die 'Zürich' eine Reduktion sowohl der bereits
ausgerichteten als auch allfälliger in Zukunft noch anfallender Leistungen.
Bezüglich der bereits erfolgten Taggeldzahlungen hat das kantonale Gericht
erkannt, dass diese nicht
als zweifellos unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen Sinne betrachtet werden
könnten, sodass die Voraussetzungen für eine Rückforderung nicht erfüllt seien.
Dabei konnte es sich auf ein Urteil des früheren Eidgenössischen
Versicherungsgerichts (heute: I. und II. sozialrechtliche Abteilung des
Bundesgerichts) vom 18. April 2006 (U 105/04) stützen. In Kenntnis dieses
Urteils anerkennt die Beschwerdeführerin, welche in jenem Verfahren ebenfalls
Partei war, den diesbezüglichen Entscheid des kantonalen Gerichts. In ihrer
Rechtsschrift (Beschwerde) hält sie dementsprechend ausdrücklich fest, dass sie
den vorinstanzlichen Entscheid insoweit nicht anfechte, als die bereits
erbrachten Taggelder nicht zweifellos unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen
Sinne waren, weswegen keine Rückforderung erfolgen könne.

2.3 Das kantonale Gericht hat in seinem Entscheid erkannt, dass die für die
Zeit bis Ende April 2005 noch auf der Grundlage des ursprünglich vereinbarten
versicherten Verdienstes von Fr. 86'400.- berechneten und schon ausbezahlten
Taggelder mangels einer für eine Wiedererwägung erforderlichen zweifellosen
Unrichtigkeit nicht zurückgefordert werden können. Es hat sich jedoch nicht zur
Frage geäussert, welcher Betrag für die Zeit ab 1. Mai 2005 als versicherter
Verdienst zu gelten hat und dementsprechend Grundlage für die Bemessung
allfälliger späterer Leistungen bilden würde, auf der andern Seite aber auch
für die Bestimmung der Höhe der geschuldeten Prämien massgebend ist.
2.3.1 Die Beschwerdeführerin hatte ihre Taggeldzahlungen Ende April 2005
einstellen können, weil die Invalidenversicherung im Zusammenhang mit
beruflichen Massnahmen Taggelder ausrichtete. Nach einem allfälligen
Dahinfallen dieses Anspruches gegenüber der Invalidenversicherung könnte der
Beschwerdegegner, sofern er die übrigen Anspruchsvoraussetzungen noch erfüllt,
wiederum Leistungen der Unfallversicherung geltend machen. Der Eintritt eines
solchen neuen Versicherungsfalles war im Zeitpunkt des Erlasses des
angefochtenen Einspracheentscheids vom 9. Februar 2006 - welcher in zeitlicher
Hinsicht die Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 129 V
167 E. 1 S. 169 mit Hinweis) - von der äusserst unsicheren Verwirklichung
zahlreicher Faktoren abhängig und daher noch völlig ungewiss. Unter diesen
Umständen standen aber gar keine aktuellen Leistungen zur Diskussion, sodass
insoweit auch kein Anlass bestand, den für allfällige spätere Leistungen
massgebenden versicherten Verdienst festzulegen.
2.3.2 Dennoch ist über den versicherten Verdienst, welcher der Versicherung
zugrunde liegt, zu befinden, da der Beschwerdegegner davon abhängige Prämien zu
entrichten hat. Indem das kantonale Gericht indessen lediglich über die
Rechtmässigkeit der streitigen Rückerstattung befunden, nicht aber über den ab
1. Mai 2005 massgebenden versicherten Verdienst entschieden hat, wurden nicht
alle zum Streitgegenstand zählenden Fragen beantwortet. Nachdem die bis Ende
April 2005 erfolgte ungekürzte Taggeldauszahlung zwar nicht zweifellos
unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen Sinne war, eine weitere ungekürzte
Taggeldauszahlung indessen als unrichtig zu qualifizieren sein und eine
Anpassung des versicherten Verdienstes rechtfertigen könnte (vgl. Urteil U 105/
04 vom 18. April 2008, E. 7), ist die Sache daher antragsgemäss an die
Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese den angefochtenen Entscheid bezüglich
des ab 1. Mai 2005 massgebenden versicherten Verdienstes, nach welchem sich
künftige Prämien und auch allfällige weitere Leistungen bemessen, ergänze.

3.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten vom Beschwerdegegner
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird insoweit gutgeheissen, als die Sache an das
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn zurückgewiesen wird, damit es im
Sinne der Erwägungen verfahre.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 16. Mai 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V. Lustenberger Krähenbühl