Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.209/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

8C_209/2007 {T 0/2}

Urteil vom 7. März 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Lustenberger,
Gerichtsschreiber Lanz.

Parteien
E.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller, Stapferstrasse
2, 5200 Brugg,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
14. März 2007.

Sachverhalt:
A.
Der 1961 geborene E.________ ist seit 1991 in der Firma X.________ angestellt
und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert. Am 22. Mai 1995 verunfallte er bei
der Arbeit, indem er mit dem Kopf gegen ein Rohr stiess. Die SUVA erbrachte die
gesetzlichen Leistungen und schloss den Fall mit Einspracheentscheid vom 30.
Juli 1998, welchen das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit
rechtskräftigem Beschwerdeentscheid vom 24. Februar 1999 bestätigte, folgenlos
ab. Am 4. Oktober 2001 und 31. Juli 2002 erlitt der Versicherte als Autolenker
Verkehrsunfälle (Heckauffahrunfall und seitliche Kollision mit anderem
Fahrzeug). Die SUVA gewährte Heilbehandlung und richtete ein Taggeld aus. Mit
Verfügung vom 9. September 2005 und Einspracheentscheid vom 23. Januar 2006
stellte sie die Leistungen auf den 30. September 2005 ein. Zugleich verneinte
sie einen Anspruch auf eine Invalidenrente und auf eine
Integritätsentschädigung. Zur Begründung wurde ausgeführt, die noch geklagten
Beschwerden stünden nicht in einem rechtserheblichen Zusammenhang zu einem
versicherten Ereignis.
B.
Die von E.________ gegen den Einspracheentscheid vom 23. Januar 2006 erhobene
Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom
14. März 2007 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt E.________
beantragen, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides sei die SUVA
anzuweisen, ergänzende Sachverhaltsabklärungen zu treffen und danach eine
Invalidenrente festzusetzen.

Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Mit Eingabe vom 31. Mai 2007 lässt E.________ Arztberichte nachreichen.

Erwägungen:
1.
Streitig ist der Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung
über den 30. September 2005 hinaus.
1.1 Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die Bestimmung über
die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers bei Berufsunfällen,
Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten (Art. 6 Abs. 1 UVG) richtig
wiedergegeben. Gleiches gilt für die Grundsätze über den für einen
Leistungsanspruch nebst anderem erforderlichen natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod;
BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen). Ebenfalls zutreffend dargelegt ist
die Rechtsprechung über den zusätzlich zum natürlichen Kausalzusammenhang
erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang. Danach spielt im
Sozialversicherungsrecht die Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich aus
dem natürlichen Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des Unfallversicherers im
Bereich organisch objektiv ausgewiesener Unfallfolgen praktisch keine Rolle, da
sich hier die adäquate weitgehend mit der natürlichen Kausalität deckt (BGE 127
V 102 E. 5b/bb S. 103 mit Hinweisen). Anders verhält es sich bei natürlich
unfallkausalen, aber organisch nicht objektiv ausgewiesenen Beschwerden. Hier
ist bei der Beurteilung der Adäquanz vom augenfälligen Geschehensablauf
auszugehen, und es sind je nachdem weitere unfallbezogene Kriterien
einzubeziehen (BGE 117 V 359 E. 6 S. 366 ff. und 369 E. 4 S. 382 ff., 115 V 133
E. 6 S. 138 ff.). Bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall werden diese
Adäquanzkriterien unter Ausschluss psychischer Aspekte geprüft (BGE 115 V 133
E. 6c/aa S. 140), während bei Schleudertraumen (BGE 117 V 359 E. 6a S. 367) und
äquivalenten Verletzungen der HWS (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 2) sowie
Schädel-Hirntraumen (BGE 117 V 369 E. 4b S. 383) auf eine Differenzierung
zwischen physischen und psychischen Komponenten verzichtet wird (vgl. zum
Ganzen auch BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103 und SVR 2007 UV Nr. 8 S. 27, E. 2
ff., U 277/04, je mit Hinweisen).
1.2 Anzufügen bleibt, dass das Bundesgericht jüngst die sog.
Schleudertrauma-Praxis in zweierlei Hinsicht präzisiert hat: Zum einen wurden
die Anforderungen an den Nachweis einer natürlich unfallkausalen Verletzung,
welche die Anwendung dieser Praxis bei der Prüfung des adäquaten
Kausalzusammenhangs rechtfertigt, erhöht. Zum anderen wurden die Kriterien,
welche abhängig von der Unfallschwere gegebenenfalls in die Adäquanzbeurteilung
einzubeziehen sind, teilweise modifiziert (noch nicht in der Amtlichen Sammlung
veröffentlichtes Urteil U 394/06 vom 19. Februar 2008, E. 9 und 10). Die bei
psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall geltenden Grundsätze liess das
Bundesgericht hingegen unverändert bestehen (E. 6.1 des erwähnten Urteils).
2.
Das kantonale Gericht hat zunächst erwogen, dass keine organisch objektiv
ausgewiesenen Unfallfolgen vorliegen, welche die persistierenden Beschwerden zu
erklären vermöchten. Diese Beurteilung ist nach Lage der medizinischen Akten,
welche verschiedene Arztberichte und die Ergebnisse bildgebender Untersuchungen
enthalten, richtig. In der Beschwerde wird ebenfalls davon ausgegangen, dass
keine nachweisbaren organischen Befunde vorliegen. Dennoch werden weitere
Sachverhaltsabklärungen verlangt. Dass sich daraus zuverlässige Anhaltspunkte
für eine organische Unfallschädigung ergeben könnten, ist indessen
unwahrscheinlich. Auf Beweisergänzungen ist daher mit der Vorinstanz zu
verzichten.

Der adäquate Kausalzusammenhang ist demnach, anders als bei organisch objektiv
ausgewiesenen Unfallfolgen (vgl. E. 1.1 hievor), besonders zu prüfen. Dabei
kann mit der Vorinstanz auf weitere Beweisvorkehren zur natürlichen Kausalität
verzichtet werden, wenn der adäquate Kausalzusammenhang ohnehin zu verneinen
ist (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 3c). Trifft dies zu, erübrigen sich
Weiterungen zu den die natürliche Kausalität und diesbezügliche Beweisfragen
betreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers.
3.
Die Vorinstanz hat eine unfallbedingte Verletzung, welche die Anwendung der
Schleudertrauma-Praxis bei der Prüfung des adäquaten Kausalzusammenhangs
rechtfertigen würde, ausgeschlossen. Zur Begründung wird im angefochtenen
Entscheid ausgeführt, es sei nicht das gemäss Rechtsprechung für derartige
Verletzungen typische Beschwerdebild aufgetreten. Die Adäquanz sei daher gemäss
den bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall geltenden Grundsätzen zu
prüfen.

Diese Beurteilung ist nach Lage der Akten und im Sinne der bisherigen
Rechtsprechung (BGE 117 V 359 E. 4b S. 360 und 369 E. 4b S. 382) zutreffend.
Die Beschwerde äussert sich hiezu einzig insofern, als auf Schmerzen im Bereich
der HWS, Parästhesien im Bereich der Finger beidseits und Verspannungen der
Schultermuskulatur verwiesen wird. Das typische Beschwerdebild für der
Schleudertrauma-Praxis unterliegende Verletzungen ist damit nicht dargetan.
Eine solcher Gesundheitsschaden ist sodann im Lichte der mit Urteil U 394/06
vom 19. Februar 2008 erhöhten Anforderungen an den Nachweis derartiger
Verletzungen erst recht zu verneinen.
4.
Bei der Adäquanzprüfung gelangte die Vorinstanz zum Ergebnis, die versicherten
Ereignisse seien (höchstens) bei den mittelschweren Unfällen im Grenzbereich zu
den leichten Unfällen einzuordnen. Sie beurteilte und verneinte sodann
sämtliche adäquanzrelevanten Kriterien.

Der angefochtene Entscheid ist eingehend begründet und entspricht hinsichtlich
der Einordnung der Unfallschwere und der dementsprechend erforderlichen
Beurteilung weiterer unfallbezogener Kriterien in allen Teilen Gesetz und
Praxis (BGE 115 V 133). Richtigzustellen ist einzig, dass entgegen der von der
Vorinstanz vertretenen Auffassung die erlittenen Verletzungen bei der Prüfung
der Unfallschwere nicht zu berücksichtigen sind (Urteil U 2, 3 und 4/07 vom 19.
November 2007, E. 5.3.1). Dies ändert aber hier im Ergebnis nichts.

In der Beschwerde wird lediglich und ohne weitere Begründung eingewendet, der
adäquate Kausalzusammenhang sei nach der allgemeinen Adäquanzformel zu
beurteilen, wie sie im privaten Haftpflichtrecht Anwendung findet. Gemäss
steter Praxis, von der abzuweichen kein Anlass besteht, dürfen indessen an den
adäquaten Kausalzusammenhang in der sozialen Unfallversicherung höhere
Anforderungen als im privaten Haftpflichtrecht gestellt werden und kann die
Abgrenzung adäquater Unfallfolgen von inadäquaten in beiden Rechtsgebieten
demnach unterschiedlich ausfallen (Urteil U 394/06 vom 19. Februar 2008, E. 8.1
mit Hinweisen). Dies gilt namentlich auch mit Blick auf die in der sozialen
Unfallversicherung geltenden Grundsätze zur Adäquanzbeurteilung bei psychischen
Fehlentwicklungen nach Unfall (BGE 123 V 98; in HAVE 2007 S. 272
zusammengefasstes Urteil 1A.230/2006 vom 5. Juni 2007, E. 3.2 mit weiteren
Hinweisen und E. 3.3.3).
5.
Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz eine weitere Leistungspflicht der SUVA
über den 30. September 2005 hinaus zu Recht mangels Adäquanz verneint.

Hieran vermöchten die vom Beschwerdeführer nachträglich aufgelegten
Arztberichte aus jüngerer Zeit nichts zu ändern. Diese begründen namentlich
keine Zweifel an der auf die echtzeitlichen medizinischen Akten gestützten
Beurteilung, wonach es an einer organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolge
und an einer Verletzung im Sinne der Schleudertrauma-Praxis fehlt.
Entsprechendes wird vom Versicherten auch nicht geltend gemacht. Es erübrigen
sich Weiterungen zur prozessualen Zulässigkeit der neu eingereichten
Beweismittel.
6.
Die Beschwerde ist somit offensichtlich unbegründet und im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG abzuweisen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 7. März 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Lanz