Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.191/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_191/2007

Urteil vom 14. April 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Parteien
K.________, 1964, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Pablo
Blöchlinger, Lutherstrasse 4, 8004 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 28. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
K.________ (Jg. 1964) arbeitete seit dem 1. März 2000 als angelernter
Hilfsarbeiter in der Unternehmung N.________. Am 3. September 2003 traf ihn ein
an einem Kranseil hängender Betonkübel von hinten am linken Knie. In der
Notfallstation der Chirurgischen Klinik am Spital T.________ wurde eine
Kontusion des linken Knies und Oberschenkels festgestellt. Bei protrahiertem
Heilungsverlauf mit anhaltenden Schmerzen kam es am 27. Februar 2004 zu einer
diagnostischen Kniearthroskopie, einer vorderen Kreuzbandersatzplastik und
einer postero-lateralen Meniskusteilresektion, vorgenommen von Dr. med.
R.________. Im Austrittsbericht der Klinik B.________ vom 13. Dezember 2004, wo
sich K.________ ab 2. November bis 7. Dezember 2004 aufgehalten hatte, ist
nebst der körperlichen Problematik - namentlich belastungsabhängige Schmerzen
im linken Knie, Schwellungstendenz nach Anstrengung im linken Knie und
eingeschränkte Gehfähigkeit - von einer Anpassungsstörung mit Angst,
depressiver Reaktion und Somatisierungstendenz bei psychosozialer Belastung
nach Stellenverlust die Rede.

Die SUVA, welche Taggelder ausgerichtet hatte und für die Heilungskosten
aufgekommen war, eröffnete ihrem Versicherten am 23. Februar 2005, sie werde
ihre Leistungen auf Ende Mai 2005 einstellen. Auf Einsprache hin, nahm die SUVA
weitere Abklärungen medizinischer und erwerblicher Art vor, wobei sie
insbesondere den Bericht des Dr. med. R.________ über eine am 19. August 2005
erneut durchgeführte Arthroskopie und die Stellungnahme des Kreisarztes Dr.
med. S.________ vom 16. Mai 2006 beizog. Mit Verfügung vom 21. September 2005
gewährte sie schliesslich für die Zeit ab 1. Oktober 2005 eine Invalidenrente
auf der Grundlage eines Invaliditätsgrades von 10 %; einen Anspruch auf eine
Integritätsentschädigung verneinte sie weiterhin. Diese Verfügung bestätigte
sie mit Einspracheentscheid vom 22. Mai 2006.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. Februar 2007 ab.

C.
K.________ lässt mit Beschwerde die Zusprache einer Invalidenrente auf der
Basis eines Invaliditätsgrades von 21 % beantragen.
Die SUVA schliesst auf Beschwerdeabweisung, während das Bundesamt für
Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den
übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1 BGG) - nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). Es darf im Übrigen weder zu Gunsten noch zu
Ungunsten der Parteien über deren Begehren hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG).
Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG).

2.
Gegen die vom kantonalen Gericht gestützt auf die medizinischen Unterlagen
angenommene Restarbeitsfähigkeit, welche einen ganztägigen Einsatz bei einer
knieschonenden mittelschweren Tätigkeit ermöglichen sollte, wird in der
Beschwerdeschrift nichts eingewendet. Ebenso wenig wird die Verweigerung einer
Integritätsentschädigung in Frage gestellt. Gerügt wird einzig die
vorinstanzliche Ermittlung des Invaliditätsgrades, wobei hier der auf Grund der
Angaben des früheren Arbeitgebers für das Jahr 2005 angenommene Verdienst von
Fr. 63'122.-, welchen der Beschwerdeführer ohne Gesundheitsschaden mutmasslich
erreichen würde (Valideneinkommen), ebenfalls unbestritten geblieben ist.

2.1 Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch gegenüber der
Unfallversicherung (18 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 ATSG) sowie
die gesetzlichen und von der Rechtsprechung weiterentwickelten Grundlagen für
die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) hat das kantonale Gericht zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen. Es betrifft dies insbesondere auch die
Voraussetzungen für das Abstellen auf die vom Bundesamt für Statistik
anlässlich der periodisch durchgeführten Lohnstrukturerhebung (LSE) auf dem
Arbeitsmarkt ermittelten und tabellarisch festgehaltenen Verdienste oder auf
die von der SUVA zusammengestellte Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP; vgl.
BGE 129 V 472).
2.2
2.2.1 Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, entgegen der
vorinstanzlichen Argumentation habe auch die Invalidenversicherung im Rahmen
ihrer mit rechtskräftig gewordener Verfügung vom 4. Januar 2007 abgeschlossenen
Invaliditätsbemessung ausschliesslich Folgen der unfallbedingten
gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu beurteilen gehabt. Für den
Unfallversicherer bestehe daher kein Grund für ein Abweichen von dem seitens
der Invalidenversicherung verfügten Invaliditätsgrad von 21 %.
2.2.2 In BGE 126 V 288 hat das damalige Eidgenössische Versicherungsgericht
(seit 1. Januar 2007: I. und II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts)
festgehalten, dass eine von einer rechtskräftigen Invaliditätsbemessung der
Unfallversicherung abweichende Festlegung des Invaliditätsgrades im
Invalidenversicherungsbereich nur ausnahmsweise und unter der Voraussetzung in
Frage komme, dass dafür triftige Gründe angeführt werden können; eine zwar auch
vertretbare - allenfalls sogar gleichwertige - unterschiedliche
Ermessensausübung genüge nicht (BGE 126 V 288 E. 2d S. 293 f., E. 3b S. 295 f.
und E. 4c S. 297 f.). Mit Blick auf das auf den 1. Januar 2003 in Kraft
getretene ATSG hat das Gericht in BGE 131 V 362 eine Bindungswirkung
rechtskräftiger Invaliditätsbemessungen der Invalidenversicherung für den
Unfallversicherer demgegenüber ausdrücklich verneint (BGE 131 V 362 E. 2.2.1 S.
366 f.). Damit hat es eine schon früher in AHI 2004 S. 181 publizierte
Rechtsprechung auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des ATSG bestätigt. In
dem in AHI 2004 S. 181 veröffentlichten Urteil vom 13. Januar 2004 (I 564/02)
ist das Gericht bereits zum Schluss gelangt, dass die Invaliditätsschätzung der
Invalidenversicherung gegenüber dem Unfallversicherer mangels rechtserheblichen
"Berührtseins" im Sinne des zum 1. Januar 2003 aufgehobenen Art. 129 Abs. 1 UVV
(vgl. nunmehr Art. 49 Abs. 4 ATSG) keinerlei Bindungswirkung entfaltet, auch
nicht im Sinne einer Richtigkeitsvermutung (AHI 2004 S. 181 E. 4.3 und 4.4).
2.2.3 Schon vor diesem Hintergrund ist die Argumentation des Beschwerdeführers,
wonach die SUVA den von der Invalidenversicherung ermittelten Invaliditätsgrad
hätte übernehmen müssen, unbegründet. Kommt hinzu, dass das Eidgenössische
Versicherungsgericht schon in BGE 126 V 288 zwar festgehalten hat, dass die
Bemessung der Invalidität für jeden Sozialversicherungszweig grundsätzlich
selbstständig vorzunehmen ist (BGE 126 V 288 E. 2a S. 291 f. mit Hinweisen),
mit Bezug auf den gleichen Gesundheitsschaden im Regelfall aber zum selben
Ergebnis führen sollte; gleichzeitig wurden indessen Abweichungen ausdrücklich
vorbehalten. Als Beispiel dazu führte das Gericht unter anderem aus, eine
präzise Bestimmung des Invaliditätsgrades sei für die Belange der
Invalidenversicherung nicht immer nötig, genüge es wegen der gröberen
Rentenabstufung (nur ganze, halbe und Viertelsrenten [heute zusätzlich
Dreiviertelsrente]) für die Leistungsfestsetzung unter Umständen doch auch,
dass das Erreichen der für die Höhe des Anspruches ausschlaggebenden Grenzwerte
von 40 %, 50 % oder 66 2/3 % (heute: 40 %, 50 %, 60 % und 70 %) eindeutig
feststeht oder aber ausgeschlossen werden kann (BGE 126 V 288 E. 2b S. 292 mit
Hinweis). Genau dies trifft auch bei der hier zur Diskussion stehenden
Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherung zu. Weil der Invaliditätsgrad
von 21 % klar weit unter der einen Rentenanspruch erst begründenden Grenze von
40 % liegt, verlor für die Invalidenversicherung die genaue Bestimmung etwa der
Höhe eines allfälligen behinderungsbedingten Abzuges von statistikmässig
ausgewiesenen Lohnwerten an Bedeutung (selbst unter der Annahme des
höchstzulässigen Abzuges von 25 % ergäbe sich keine rentenrelevante
Invalidität). Der SUVA kann daher ein exakteres Vorgehen, das allenfalls zu
einem anderen als dem von der Invalidenversicherung an-genommenen
Invaliditätsgrad führt, nicht verwehrt sein.
2.3
2.3.1 Des Weiteren beanstandet der Beschwerdeführer die Art der gestützt auf
die Arbeitsplatzdokumentation der SUVA (DAP) erfolgten Bestimmung des
Invalideneinkommens. Er anerkennt zwar, dass die in BGE 129 V 472 aufgestellten
Erfordernisse für eine Invaliditätsbemessung unter Bezugnahme auf sich aus den
DAP-Blättern ergebende Löhne erfüllt sind, erachtet aber die Auswahl der
konkret berücksichtigten DAP-Blätter insofern als willkürlich, als nur Stellen
mit den höchsten Löhnen ausgewählt worden seien.
2.3.2 In BGE 129 V 472 wird lediglich vorgesehen, dass ein Abstellen auf die
DAP mindestens fünf dokumentierte Arbeitsplatzbeschreibungen sowie Angaben über
die Gesamtzahl der in Betracht fallenden Stellen, über den dort angebotenen
Höchst- und den Mindestlohn und den daraus resultierenden Durchschnittswert
voraussetzt. Eine Kontrolle der Repräsentativität der konkret berücksichtigten
fünf DAP-Blätter sollte damit gewährleistet sein. Wie die SUVA schon in ihrem
Einspracheentscheid vom 22. Mai 2006 festgehalten hat, wurde nicht
vorausgesetzt, dass das Durchschnittseinkommen der ausgewählten fünf
DAP-Profile dem Durchschnittslohn der zum jeweiligen Behinderungsprofil
gehörenden Gruppe entspricht. Vielmehr kann auf die konkreten Umstände
Rücksicht genommen werden, wobei vorliegend ins Gewicht fällt, dass es sich bei
den von der SUVA ausgewählten DAP-Profilen um leichte bis sehr leichte
Tätigkeiten handelt, ärztlicherseits aber auch mittelschwere Arbeiten als
zumutbar bezeichnet wurden. Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, die SUVA
habe ihr Auswahlermessen überschritten, indem sie willkürlich nur Stellen mit
höheren Einkommen berücksichtigt habe, bleibt festzuhalten, dass es sich dabei
um konkret existente Stellen mit real ausgerichteten Löhnen handelt, die
durchaus für die Belange einer Invaliditätsbemessung nach der
Einkommensverleichsmethode beigezogen werden können. Dies muss umso mehr
gelten, als die Anwendung der LSE anstelle der DAP mit Fr. 57'751.- gegenüber
dem von der SUVA ermittelten Betrag von rund Fr. 57'000.- sogar zu einem
höheren Invalideneinkommen führt.
2.4
2.4.1 Unbegründet ist schliesslich der Einwand des Beschwerdeführers, wonach
die IV-Stelle von den Tabellenlöhnen gemäss LSE zu Recht einen
behinderungsbedingten Abzug von 10 % vorgenommen habe (vgl. BGE 126 V 75 E. 5b/
aa-cc S. 78 ff.).
2.4.2 Wollte man seiner Argumentation folgend statt auf die DAP-Blätter auf
Tabellenlöhne der LSE abstellen, würde für den von der Invalidenversicherung
noch zugebilligten behinderungsbedingten Abzug kein hinreichender Anlass
bestehen. Die im Wesentlichen das linke Knie betreffende gesundheitliche
Beeinträchtigung ist nicht derart schwerwiegend einzustufen, dass sie einen
Abzug rechtfertigen würde. Zudem wirkt sie sich bei Weitem nicht in sämtlichen
Tätigkeiten aus. Auch war der Beschwerdeführer im Unfallzeitpunkt erst seit
weniger als vier Jahren im Baubereich tätig, während er vorher vorwiegend im
Gastgewerbe arbeitete. Wegen der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit dürfte ihm
deshalb bei einem Stellenwechsel kaum eine nennenswerte Verdiensteinbusse
erwachsen. Andere Gründe für einen behinderungsbedingten Abzug von den
Tabellenlöhnen gemäss LSE sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend
gemacht.

3.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten vom Beschwerdeführer als
unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 14. April 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Krähenbühl