Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.159/2007
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8C_159/2007

Urteil vom 28. November 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiberin Heine.

B. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Schaffhauser,
Seidenhofstrasse 14, 6003 Luzern,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom
14. März 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1963 geborene B.________ war seit dem 17. Januar 2000 bei der Firma
X.________ als Verkaufsberater angestellt und damit bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Unfallfolgen versichert. Am 21.
November 2000 erlitt er bei einem Rollerunfall diverse Brüche an der linken
Körperseite. Nach der kreisärztlichen Untersuchung vom 7. April 2004 sprach
die SUVA mit Verfügung vom 22. Dezember 2004 dem Versicherten eine 25%ige
Integritätsentschädigung und ab 1. November 2004 eine auf einer 26%igen
Erwerbsunfähigkeit beruhende Invalidenrente zu. Daran hielt sie mit
Einspracheentscheid vom 27. April 2005 fest.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern ab (Entscheid vom 14. März 2007).

C.
Mit Beschwerde lässt B.________ beantragen, in Aufhebung des kantonalen
Gerichtsentscheids und des Einpracheentscheids sei die SUVA zu verpflichten,
weiterhin die gesetzmässigen Leistungen zu erbringen. Eventuell sei die Sache
zur ergänzenden Abklärung des Sachverhalts an die SUVA zurückzuweisen.
Subeventuell sei ihm eine Invalidenrente auf der Basis einer 50 %
übersteigenden Erwerbsunfähigkeit sowie eine Integritätsentschädigung auf der
Basis eines 70 % übersteigenden Integritätsschadens zuzusprechen.
Die SUVA beantragt Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für
Gesundheit auf Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Anspruch auf Heilbehandlung
(Art. 10 Abs. 1 UVG) und Taggelder (Art. 16 Abs. 1 und 2 UVG) sowie die
Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem
eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) zutreffend dargelegt (BGE
119 V 335 E. 1 S. 337). Entsprechendes gilt für die von der Judikatur
entwickelten Grundsätze zum Erfordernis des adäquaten Kausalzusammenhanges im
Allgemeinen (BGE 125 V 456 E. 5a S. 461) sowie bei psychischen Unfallfolgen
im Besonderen (BGE 115 V 133), zur Bemessung der Integritätsentschädigung
(BGE 116 V 156 E. 3a S. 157) und zum Beweiswert medizinischer Berichte und
Gutachten (BGE 122 V 157 E. 1c S. 160). Darauf wird verwiesen.

2.
Nach Lage der medizinischen Akten, worunter der voll beweiskräftige (BGE 125
V 351 E. 3 S. 352 mit Hinweisen) Bericht des Dr. med. A.________,
SUVA-Kreisarzt, vom 7. April 2004, ist mit allen Verfahrensbeteiligten davon
auszugehen, dass der Beschwerdeführer die vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit
als Verkaufsberater wegen verminderter Belastbarkeit der linken Körperhälfte
nicht mehr ausüben kann. Die Vorinstanz hält ferner fest, der
Beschwerdeführer könne eine leidensangepasste Erwerbstätigkeit, wie die
zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Administrativbereich der Firma X.________,
ganztags ausüben. Die psychischen Leiden seien medizinisch nicht schlüssig
belegt, sodann müsse die adäquate Kausalität verneint werden, zumal der
Versicherte bereits vor dem Unfall wegen Depressionen in regelmässiger
ärztlicher Behandlung gewesen sei.

2.1 Der Beschwerdeführer macht hingegen geltend, er sei in seiner Tätigkeit
im Admininistrativbereich mit einem Pensum von 50 % bereits an seine
Leistungsgrenzen gestossen. Die kreisärztlichen Berichte seien nicht
schlüssig, was sich schon aus der fehlerhaften Datierung der Akten ergebe.
Zudem sei auf die Berichte des Kantonsspitals Y.________ und das Protokoll
des Schadensinspektors abzustellen, woraus sich Hinweise für eine
Kopfverletzung ergeben würden. Insgesamt sei die massliche Einschätzung der
psychischen Arbeitsunfähigkeit ungenügend abgeklärt.

2.2 In der Unfallmeldung vom 5. Dezember 2000 wurden diverse Brüche an der
linken Körperhälfte festgestellt. Diese wurden gemäss Bericht über die
ambulante Behandlung vom 21. November 2000 am Kantons Spital C.________
versorgt. Am 22., 23. und 27. November 2000 wurde der Versicherte am
Kantonsspital Y.________ operiert. Im Austrittsbericht der Rehaklinik
Z.________ vom 12. Februar 2001 beschränkte sich die Diagnose auf
funktionelle Probleme. Physiotherapie, ambulante Nachbehandlungen sowie
Kontrollen ergaben, dass die Befunde somatische Folgen des Unfalls seien. Die
verbliebenen Schmerzen der Frakturen seien sodann auf ungeschickte spontane
Bewegungen und längere Belastungen zurückzuführen (Bericht ambulante
Behandlung Kantonsspital Y.________ vom 15. März 2002). In Übereinstimmung
mit den während über drei Jahren durchgeführten Kontrollen, hauptsächlich am
Kantonsspital Y.________, ging der Kreisarzt Dr. med. A.________ in seinem
Bericht vom 7. April 2004 ebenfalls von ausschliesslich somatischen
Beschwerden in Zusammenhang mit den Frakturen aus. Eine psychische
Fehlentwicklung wurde weder seitens der Ärzte in Betracht gezogen noch vom
Versicherten angedeutet. Entgegen der Auffassung in der Beschwerde vermag der
Bericht des Kantonsspitals Y.________ vom 2. März 2005 keine psychische
Fehlentwicklung zu belegen, zumal die kognitiven Defizite auf Schilderungen
des Versicherten basieren und apparativ nicht nachweisbar sind (vgl. auch
Bericht des Dr. med. H.________, Facharzt Neurochirurgie DMH, vom 23. Juni
2005). Zudem bringen die Ärzte Prof. Dr. med. M.________ und Dr. med.
I.________ des Kantonsspitals Y.________ die möglichen kognitiven Defizite
nur im Sinne eines Verdachts in Zusammenhang mit dem Unfall vom 21. November
2000. Sodann ist gestützt auf den Bericht des Personenschaden-Inspektors vom
21. November 2000 auch nicht auf eine Kopfverletzung zu schliessen, hingegen
ergibt sich, der Versicherte sei bis zum Unfallzeitpunkt in regelmässiger
Behandlung wegen Depressionen gewesen. Die vorinstanzlich geltend gemachte
Begutachtung, wonach Dr. med. U.________, Chefarzt des psychiatrischen und
psychologischen Dienstes Justizvollzug, eine psychische Fehlentwicklung
diagnostiziert habe, wurde in der Beschwerde nicht dargetan; ein Gutachten
ist denn auch nicht ins Recht gelegt worden.

Zwar ist richtig, dass die Beurteilung, ob ein natürlicher Kausalzusammenhang
zwischen einem Unfall und den eingetretenen Gesundheitsschädigungen besteht,
eine Tatfrage ist, über welche die Verwaltung und im Beschwerdefall das
Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit dem im Sozialversicherungsrecht
herrschenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu befinden
haben. Gestützt auf die medizinischen Unterlagen sind aber keine psychischen
Beschwerden belegt und entsprechend findet sich hinsichtlich der Kausalität
keine ärztliche Zuordnung. Von zuverlässigen ärztlichen Angaben, welche die
psychische gesundheitliche Beeinträchtigung auf den Unfall zurückführen
würden, kann nicht gesprochen werden.

Nach Lage der Akten und des Werdegangs des Versicherten - er war
offensichtlich bereits vor dem Unfall wegen Depressionen in ärztlicher
Behandlung - ist demnach nicht überwiegend wahrscheinlich, dass zwischen dem
versicherten Unfall und den behaupteten psychischen Beschwerden ein
natürlicher Kausalzusammenhang besteht. Unter Berücksichtung sämtlicher für
die Beurteilung massgebenden Faktoren kann der natürliche Kausalzusammenhang
zwischen den geltend gemachten Beschwerden und dem erlittenen Unfall nicht
als mehr denn eine blosse Möglichkeit erscheinen, was für die Begründung
einer Leistungspflicht der Unfallversicherung nicht genügt (Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts U 147/05 vom 8. Juni 2006 E. 5.3 und 5.5). Von weiteren
medizinischen Abklärungen kann deshalb in antizipierter Beweiswürdigung (BGE
122 V 157 E. 1d S. 162) abgesehen werden.

2.3 Auf Grund des Gesagten ist der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem
Unfall und den behaupteten psychischen Beschwerden zu verneinen, weshalb sich
Erwägungen zur adäquaten Kausalität erübrigen.

3.
3.1 Weder nach den Akten noch auf Grund der Parteivorbringen besteht Anlass,
das hypothetische Einkommen ohne gesundheitliche Beeinträchtigung
(Valideneinkommen) wie auch das Invalideneinkommen abweichend von der
Vorinstanz festzulegen, die für das Jahr 2004 einen Wert von Fr. 66'259.-
(Valideneinkommen) und von Fr. 48'903.- (Invalideneinkommen) ermittelt hat.

3.2 Hingegen lässt der Versicherte geltend machen, es sei ein Leidensabzug
von 25 % vorzunehmen, da er auf dem Arbeitsmarkt auf Grund seiner
leidensbedingten Einschränkungen benachteiligt sei. Nach der Rechtsprechung
gilt es zu beachten, dass gesundheitlich beeinträchtigte Personen, die bisher
körperliche Schwerarbeit verrichtet haben und nach Eintritt des
Gesundheitsschadens auch bei leichteren Arbeiten nicht uneingeschränkt
einsatzfähig sind, im Vergleich zu voll leistungsfähigen und entsprechend
einsetzbaren Arbeitnehmern lohnmässig häufig benachteiligt sind und deshalb
in der Regel mit unterdurchschnittlichen Löhnen rechnen müssen (BGE 124 V 321
E. 3b/bb S. 323). Der konkret angemessene Abzug vom Tabellenlohn ist in jedem
Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen festzulegen (BGE 126 V 75 E. 5b/bb
S. 80). Das kantonale Gericht hält zu Recht fest, dass bereits der DAP-Lohn
diese vom Beschwerdeführer geltend gemachten Einwendungen Rechnung trägt und
eine unterdurchschnittliche Entlöhnung berücksichtigt, weshalb kein weiterer
Abzug im vorliegenden Fall gerechtfertigt ist.

4.
Der kantonale Gerichtsentscheid ist bezüglich Integritätsentschädigung nicht
zu bemängeln. Es fehlt namentlich an triftigen Gründen, die eine abweichende
Ermessensausübung als naheliegender erscheinen liessen. Gemäss SUVA-Kreisarzt
Dr. med. A.________ (Bericht vom 8. April 2004) besteht eine
Funktionsbehinderung in den Sprunggelenken, wobei die Funktionsstörung
geringfügig sei, weshalb sich eine Integritätsentschädigung von 5 %
rechtfertige. Beim linken Knie wie auch beim linken Hüftgelenk sei von einer
mässigen Arthrose und einer zu erwartenden Progression auszugehen, weshalb je
10 % zu veranschlagen seien. Der Integritätsschaden wurde im Rahmen des
Funktionsverlustes bemessen und in Verhältnis zu den Beeinträchtigungen
gesetzt, weshalb mit der Vorinstanz von einem Integritätsschaden von 25 %
auszugehen ist.

5.
Mit der Vorinstanz besteht der Einspracheentscheid vom 27. April 2005, mit
welchem dem Beschwerdeführer eine Rente auf Grund eines Invaliditätsgrades
von 26 % und eine Integritätsentschädigung von 25 % zugesprochen wurde,
demnach zu Recht.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 28. November 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Heine