Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.127/2007
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8C_127/2007

Urteil vom 11. März 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichterin Widmer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Kernen
und Frésard,
Gerichtsschreiber Hochuli.

S. ________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kurt Fricker, Sorenbühlweg 13, 5610 Wohlen,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 23. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
S. ________, geboren 1970, arbeitet seit 1. März 2000 als Anwalt und Notar
und leidet an den Folgen eines am 16. Juli 2004 operierten lumbosakralen
Osteosarkoms. Im Oktober/November 2005 schaffte er sich auf eigene Kosten den
Büro-Sitz- und Liegestuhl "Parma" zum Preis von Fr. 3'610.- an, wodurch er
seine Arbeitsfähigkeit von zuvor 10 % bis 20 % auf danach 40 % bis 50 %
erhöhen konnte. Mit Verfügung vom 6. Dezember 2005, bestätigt durch
Einspracheentscheid vom 31. Januar 2006, verneinte die IV-Stelle des Kantons
Aargau (nachfolgend: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) den Anspruch auf
Übernahme des Büro-Sitz- und Liegestuhles "Parma" als Hilfsmittel zu Lasten
der Invalidenversicherung.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde des S.________ wies das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau ab (Entscheid vom 23. Januar 2007).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt S.________
beantragen, die Beschwerdegegnerin sei unter Aufhebung des angefochtenen
Gerichtsentscheides anzuweisen, ihm die Mehrkosten für das beantragte
Hilfsmittel zu ersetzen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von
Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105
Abs. 1 und 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch
an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem
anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit
einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen
(Urteil 9C_294/2007 vom 10. Oktober 2007 E. 2 mit Hinweis; vgl. BGE 130 III
136 E. 1.4 S. 140). Im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen prüft das
Bundesgericht frei, ob der vorinstanzliche Entscheid von einem richtigen
Verständnis der Rechtsbegriffe ausgeht und auf der korrekten Subsumtion des
Sachverhalts unter die einschlägigen Rechtsnormen beruht (Urteile 9C_552/2007
E. 2 vom 17. Januar 2008 E. 2 in fine und 9C_68/2007 vom 19. Oktober 2007
E. 2.2; Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG],
Bern 2007, N 13 zu Art. 97; Ulrich Meyer, Basler Kommentar zum
Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 4 zu Art. 97 BGG).

2.
2.1 Der Bundesrat hat in Art. 14 IVV die ihm durch Art. 21 Abs. 2 und 4 IVG
übertragene Befugnis, einschliesslich derjenigen zum Erlass näherer
Bestimmungen über Beiträge an die Kosten invaliditätsbedingter Anpassungen
von Geräten und Immobilien, an das Eidgenössische Departement des Innern
subdelegiert, welches die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch
die Invalidenversicherung (HVI) erlassen hat. Gemäss deren Art. 2 besteht im
Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste Anspruch auf Hilfsmittel, soweit
diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder
für die Selbstsorge notwendig sind (Abs. 1). Anspruch auf die mit (*)
bezeichneten Hilfsmittel besteht nur, soweit diese für die Ausübung einer
Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die
Ausbildung, die funktionelle Angewöhnung oder für die in der zutreffenden
Ziffer des Anhangs ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind (Abs. 2).

2.2 Art. 21 IVG beschränkt den Leistungsanspruch ausdrücklich auf
Hilfsmittel, die in der entsprechenden Liste enthalten sind. Der Gesetzgeber
hat dem Bundesrat damit die Kompetenz übertragen, in der aufzustellenden
Liste aus der Vielzahl zweckmässiger Hilfsmittel eine Auswahl zu treffen.
Dabei nahm er in Kauf, dass mit einer solchen Aufzählung nicht sämtliche sich
stellenden Bedürfnisse gedeckt werden. Der Bundesrat oder das Departement
sind daher durch das Gesetz nicht verpflichtet, sämtliche Hilfsmittel, derer
ein Invalider zur Eingliederung bedarf, in die Hilfsmittelliste aufzunehmen.
Vielmehr kann der Verordnungsgeber eine Auswahl treffen und die Zahl der
Hilfsmittel beschränken; dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu,
da das Gesetz keine weiterführenden Auswahlkriterien enthält. Die Liste der
von der Invalidenversicherung abzugebenden Hilfsmittel ist insofern
abschliessend, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien aufzählt;
dagegen ist innerhalb der einzelnen Kategorien jeweils zu prüfen, ob die
Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel ebenfalls abschliessend oder bloss
exemplifikatorisch ist (BGE 131 V 107 E. 3.4.3 S. 114 mit Hinweisen). Lässt
sich ein Hilfsmittel keiner der im HVI Anhang aufgeführten Kategorien
zuordnen, ist es nicht zulässig, den Anspruch auf Kostenübernahme durch die
Invalidenversicherung direkt aus der Zielsetzung des Gesetzes abzuleiten, da
damit das dem Bundesrat bzw. dem Departement eingeräumte Auswahlermessen
durch dasjenige der Verwaltung und des Gerichts ersetzt würde (BGE 131 V 9
E. 3.4.2 S. 14 mit Hinweisen).

2.3 Wenn sich ein Versicherter, der Anspruch auf ein in der Liste des Anhangs
aufgeführtes Hilfsmittel hat, mit einem andern, kostengünstigeren Hilfsmittel
begnügt, das dem gleichen Zweck dient, so ist ihm dieses gemäss Art. 2 Abs. 5
HVI selbst dann abzugeben, wenn es in der Liste nicht aufgeführt ist. Das
Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) hat dazu folgenden Grundsatz
aufgestellt (zuletzt in BGE 127 V 121 E. 2b S. 123 und AHI-Praxis 2000 S. 73
E. 2a [I 22/99]; Urteil I 246/06 vom 13. April 2007 E. 3.4): Umfasst das vom
Versicherten selber angeschaffte Hilfsmittel auch die Funktion eines ihm an
sich zustehenden Hilfsmittels, so steht einer Gewährung von Amortisations-
und Kostenbeiträgen nichts entgegen; diese sind alsdann auf der Basis der
Anschaffungskosten des Hilfsmittels zu berechnen, auf das der Versicherte an
sich Anspruch hat (Austauschbefugnis; BGE 131 V 107 E. 3.2.3 S. 112 mit
Hinweisen).

3.
Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer nach der Beurteilung vom
15. Dezember 2005 des Prof. Dr. med. E.________ von der Klinik X.________ und
gemäss Bericht vom 10. Januar 2006 des Dr. med. G.________ von der Rehaklinik
Y.________ durch den Einsatz des kombinierten Büro-Sitz- und Liegestuhles
"Parma" ab Dezember 2005 seine Arbeitsfähigkeit als Anwalt und Notar in einem
erheblichen Ausmass von zuvor 20 % auf 40 % zu erhöhen vermochte. Zudem steht
fest, dass es sich bei dieser Sitz- und Liegevorrichtung "Parma" um einen
seriell gefertigten, dreh- und rollbaren Bürostuhl handelt, bei welchem sich
die Rückenlehne stufenlos bis in die liegende Position zurückneigen, das
Nackenpolster in der Tiefe anpassen und eine Beinstütze zur Beinhochlagerung
ausschwenken lässt. Dieser Spezial-Bürostuhl ermöglicht es dem Versicherten,
die Lendenwirbelsäule bei regelmässig nach einer sitzenden Phase auftretenden
lumbosakralen Schmerzen während der Arbeitszeit wiederholt in einer liegenden
Position zu entlasten, ohne sich hiefür von seinem Schreibtisch, den darauf
befindlichen Akten, dem Computer und dem Telefon entfernen zu müssen.

4.
Verwaltung und Vorinstanz verneinten den Anspruch auf Übernahme des
fraglichen Büro-Sitz- und Liegestuhles "Parma" als Hilfsmittel zu Lasten der
Invalidenversicherung mit der Begründung, es handle sich dabei um eine
"seriell gefertigte" und somit - entgegen von Ziff. 13.02* HVI-Anhang - nicht
um eine "individuell angepasste" Sitz- und Liegevorrichtung. Demgegenüber
argumentiert der Beschwerdeführer, die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft
Hilfsmittelberatung für Behinderte und Betagte (SAHB) in Oensingen habe
schriftlich bestätigt, dass dieser Beratungsstelle keine Alternative zum
Bürostuhl "Parma" bekannt sei, welche über dieselben Funktionen zur Einnahme
einer vollständig liegenden Position verfüge. Ein Betrieb, welcher eine mit
dem Bürostuhl "Parma" vergleichbare Sitz- und Liegevorrichtung individuell
herstellen könnte, sei der SAHB auch nicht bekannt. Weiter macht der
Versicherte geltend, die vorinstanzliche Auslegung von Ziff. 13.02*
HVI-Anhang verstosse gegen Sinn und Zweck dieser Bestimmung. "Der Behinderung
individuell angepasst" bedeute nicht, dass nur Einzelanfertigungen
Hilfsmittelcharakter zukommen könne.

5.
Strittig ist, ob der Beschwerdeführer - unter Anrechnung eines Selbstbehaltes
- Anspruch auf Übernahme des selber gekauften Bürostuhles "Parma" durch die
Invalidenversicherung hat.

5.1 Als Hilfsmittel am Arbeitsplatz, im Aufgabenbereich, zur Schulung und
Ausbildung sowie im Sinne von baulichen Vorkehren zur Überwindung des
Arbeitsweges sind gemäss Ziff. 13.02* HVI-Anhang vergütungsfähig: "der
Behinderung individuell angepasste" ("[...] adaptés à l'infirmité de manière
individuelle" / "[...] adattati individualmente alla menomazione") Sitz-,
Liege- und Stehvorrichtungen. Bei der Abgabe von Geräten, die auch ein
Gesunder in gewöhnlicher Ausführung benötigt, ist dem Versicherten eine
Kostenbeteiligung aufzuerlegen, wobei Hilfsmittel, deren Anschaffungskosten
geringfügig sind, zu Lasten des Versicherten gehen. Bürostühle sind Geräte,
deren auch gesunde Personen bedürfen. Diesbezüglich hat das EVG im Urteil
I 528/99 vom 23. August 2000 (E. 3) mit Blick auf Ziff. 13.02* HVI-Anhang (in
der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung) erkannt, dass diese
Verordnungsbestimmung, welche bei der Abgabe solcher Geräte durch die
Invalidenversicherung im Grundsatz einen Selbstbehalt vorsieht, verfassungs-
und gesetzeskonform ist. Gleichzeitig hielt das Gericht fest, dass die
Bestimmung des Richtwertes von Fr. 600.- für einen normalen, einfachen und
zweckmässigen Bürostuhl, welchen auch ein Gesunder benötigt, nach
Rz. 13.02.1* des vom BSV herausgegebenen Kreisschreibens über die Abgabe von
Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI) in Verbindung mit Rz. 58
des IV-Rundschreibens Nr. 9 vom 7. Dezember 1994 gesetzmässig ist, weshalb
die IV-Stelle der versicherten Person zu Recht einen Selbstbehalt von
Fr. 600.- in Rechnung stellte. Der Grenzwert für die Geringfügigkeit der
Anschaffungskosten beträgt gemäss Rz. 13.02.1* in Verbindung mit Rz. 13.01.1*
KHMI sowie Ziff. 6.5 von Anhang 1 KHMI in der vom 1. April 2004 bis
31. Dezember 2007 gültig gewesenen - hier in zeitlicher Hinsicht massgebenden
(BGE 129 V 1 E. 1.2 S. 4) - Fassung Fr. 400.- und ist ebenfalls
gesetzeskonform (erwähntes Urteil I 528/99 vom 23. August 2000, E. 6c).
Dieser Selbstbehalt ist gemäss der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung in
Rz. 13.02* KHMI integriert worden, wonach nunmehr "Hilfsmittel, deren
Anschaffungskosten den Betrag von 400 Franken nicht übersteigen", zu Lasten
der versicherten Person gehen.

5.2 Vorweg zu prüfen ist, ob die serienmässige Herstellung einer Sitz-,
Liege- und Stehvorrichtung deren Übernahme als Hilfsmittel im Rahmen von
Ziff. 13.02* HVI-Anhang ausschliesst, wie dies von Seiten des kantonalen
Gerichts und der IV-Stelle geltend gemacht wird.

5.2.1 Weder im Urteil I 393/99 vom 17. März 1999 (E. 2) noch im Urteil
I 181/03 vom 28. Mai 2003 (E. 4) hat das EVG zum Ausdruck gebracht, dass
allein das Kriterium der Herstellungsart (Einzelanfertigung oder
Serienfabrikation) ausschlaggebend dafür sei, ob das Gerät die Voraussetzung
der individuellen Anpassung im Sinne von Ziff. 13.02* HVI-Anhang erfüllt und
somit von der Invalidenversicherung als Hilfsmittel übernommen werden kann
oder nicht. Soweit Verwaltung und Vorinstanz aus den genannten Entscheiden
sowie aus dem Urteil I 844/02 vom 12. März 2004 des EVG die Schlussfolgerung
zogen, serienmässig hergestellte Bürostühle könnten nicht als Hilfsmittel
übernommen werden, weil solche Stühle das Erfordernis der individuellen
Anpassung nicht erfüllen würden, findet diese Auffassung in der erwähnten
Rechtsprechung keine Stütze.

5.2.2 Nach Rz. 13.02.2* KHMI können konventionelle, auch von Nichtbehinderten
benutzte Büro- und Arbeitsstühle nicht als Hilfsmittel von der
Invalidenversicherung übernommen werden. Soweit jedoch der Gesetzgeber in
Ziff. 13.02* HVI-Anhang verfassungs- und gesetzeskonform bestimmt hat, dass
"bei der Abgabe von Geräten, die auch ein Gesunder in gewöhnlicher Ausführung
benötigt, [...] dem Versicherten eine Kostenbeteiligung aufzuerlegen [ist]",
und das EVG die betragliche Festsetzung des Selbstbehaltes in Bezug auf
Bürostühle auf Fr. 600.- als gesetzmässig erkannt hat (Urteil I 528/99 vom
23. August 2000, E. 4 und 5), steht fest, dass die Invalidenversicherung an
solche Büro- und Arbeitsstühle - unter Abzug der Kostenbeteiligung durch die
versicherte Person - bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen einen
Beitrag zu leisten hat.

5.2.3 Im Urteil I 528/99 vom 23. August 2000 (E. 4) führte das EVG
diesbezüglich aus:
Nun ist zu beachten, dass es sich bei dem erwähnten Selbstbehalt
notwendigerweise um einen blossen Annäherungswert handelt, der nicht
ausschliesst, dass es auf dem gesamten Angebotsmarkt Bürostühle gibt, deren
Preise unter diesem Richtwert liegen. Auf der andern Seite gibt es auch
solche, die über Fr. 600.- kosten. Dabei dürften die Preise von
Fachgeschäften höher liegen als diejenigen von Grossverteilern mit breitem
Warenangebot. Insofern ist der beigelegte Prospekt nicht geeignet, den vom
BSV festgesetzten Betrag als willkürlich erscheinen zu lassen. Vielmehr
bewegt sich die entsprechende Weisung im Rahmen der von Gesetz und Verordnung
zugestandenen administrativen Gestaltungsfreiheit. Es besteht daher für das
Gericht kein Anlass, korrigierend einzuschreiten.
Diese Ausführungen lassen keinen Zweifel daran, dass sich der - im Übrigen
hier zu Recht von keiner Seite in Frage gestellte - Richtwert von Fr. 600.-
nach Massgabe der Angebotssituation von auf dem Markt erhältlichen, seriell
hergestellten Bürostühlen bestimmt. Wenn der technologische Fortschritt, die
Rationalisierung des Produktionsaufwandes auch mit Blick auf die Herstellung
von Kleinserien, die gestiegene Nachfrage nach individualisierten
Massenprodukten und weitere marktwirtschaftliche Einflussfaktoren dazu
geführt haben, dass heute serienmässig für besondere Bedürfnisse gefertigte,
individuell äusserst anpassungsfähige Geräte auf dem globalisierten Markt
erhältlich sind, so steht fest, dass der Entscheid, ob eine Vorrichtung im
Sinne von Ziff. 13.02* HVI-Anhang in Einzelanfertigung oder in
Serienfabrikation hergestellt wird, insbesondere von der Nachfrage abhängt.
Folgt die Wahl der Herstellungsart marktwirtschaftlichen Überlegungen, wonach
sich eine serielle Produktion eines bestimmten Hilfsmittels erst dann lohnen
kann, wenn viele Menschen an einer entsprechenden Behinderung leiden, wäre es
sachfremd und willkürlich, die Erfüllung des Kriteriums der individuellen
Anpassung an die Behinderung im Sinne von Ziff. 13.02* HVI-Anhang und somit
den Anspruch auf Übernahme einer Sitz-, Liege- und Stehvorrichtung als
Hilfsmittel ausschlaggebend davon abhängig zu machen, ob die Vorrichtung in
Einzelanfertigung oder in Serienfabrikation hergestellt worden ist.

5.2.4 Im Rahmen von Ziff. 13.02* HVI-Anhang ist bei der Abgabe von Geräten,
die auch ein Gesunder in gewöhnlicher Ausführung benötigt, in erster Linie
massgebend, dass die - gegebenenfalls auch serienmässig hergestellte - Sitz-,
Liege- oder Stehvorrichtung hinsichtlich Funktion und Zweckdienung auf die
Behinderung der versicherten Person zugeschnitten und entsprechend
individuell angepasst oder anpassbar ist. Erfüllt ein seriell hergestelltes
Gerät diese Voraussetzungen und ist es in einfacher und zweckmässiger
Ausführung (Art. 2 Abs. 4 HVI) als kostengünstigste Alternative zu einer
individuellen Einzelanfertigung eines Hilfsmittels mit derselben Funktion und
Zweckdienung angeschafft worden, hat die versicherte Person gegenüber der
Invalidenversicherung einen Anspruch auf Übernahme der Mehrkosten im
Vergleich zu handelsüblichen und in entsprechenden Betrieben benutzten
Geräten (Rz. 13.02.1* in Verbindung mit Rz. 13.01.2* KHMI). Im Falle von
Bürostühlen beträgt die Kostenbeteiligung zu Lasten der versicherten Person
Fr. 600.- (Urteil des EVG I 528/99 vom 23. August 2000). Die serielle
Herstellung einer Sitz-, Liege- oder Stehvorrichtung im Sinne von
Ziff. 13.02* HVI-Anhang schliesst demnach - entgegen Verwaltung und
Vorinstanz - deren Übernahme durch die Invalidenversicherung grundsätzlich
nicht aus.

5.3 Bei dem vom Beschwerdeführer auf eigene Kosten zum Preis von Fr. 3'610.-
angeschafften, seriell gefertigten Büro-Sitz- und Liegestuhl "Parma" mit den
genannten Funktionen (E. 3 hievor) handelt es sich nicht um einen
konventionellen Bürostuhl (vgl. hievor E. 5.2.2), da sich ein solcher nicht
bis in eine vollständig liegende Position verstellen lässt. Es ist
unbestritten, dass der Versicherte durch den Einsatz dieses besonderen
Bürostuhles die Arbeitsfähigkeit in erheblichem Ausmass um mindestens 20 %
erhöhen konnte. Dass der Beschwerdeführer denselben Eingliederungszweck durch
Verwendung einer kostengünstigeren Alternative hätte erreichen können, wird
zu Recht von keiner Seite geltend gemacht. Unter den gegebenen Umständen ist
daher der Anspruch des Versicherten auf Übernahme der Mehrkosten von
Fr. 3'010.- des zum Preis von Fr. 3'610.- selber angeschafften Bürostuhles
unter Anrechnung eines Selbstbehaltes von Fr. 600.- (hievor E. 5.2.4) zu
bejahen.

6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). Die
Gerichtskosten sind der Beschwerdegegnerin als der unterliegenden Partei
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Ausnahmeregelung von Art. 66 Abs. 4
BGG ist nicht anwendbar, da die IV-Stelle in ihrem Vermögensinteresse handelt
(Urteil 8C_67/2007 vom 25. September 2007, E. 6). Dem obsiegenden, anwaltlich
vertretenen Beschwerdeführer steht eine Parteientschädigung zu (Art. 68
Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons Aargau vom 23. Januar 2007 und die Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Aargau vom 31. Januar 2006 werden aufgehoben. Es wird festgestellt,
dass der Beschwerdeführer gegenüber der Invalidenversicherung Anspruch auf
Übernahme der Mehrkosten von Fr. 3'010.- an den selber angeschafften
Büro-Sitz- und Liegestuhl "Parma" hat.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2500.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der Ausgleichskasse des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 11. März 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Widmer i.V. Lanz