Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.809/2007
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6B_809/2007/bri

Urteil vom 28. Februar 2008
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Stohner.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Roland Schaub,

gegen

A.________,
Beschwerdegegnerin 1,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus,
5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin 2.

Diebstahl, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, versuchte Erpressung,
Veruntreuung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, vom 1. November 2007.

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Baden befand X.________ am 18. Mai 2006 des Diebstahls,
der Sachbeschädigung, des Hausfriedensbruchs, der versuchten Erpressung und
der Veruntreuung schuldig und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von 8
Monaten.

Die von X.________ gegen dieses Urteil erhobene Berufung wies das Obergericht
des Kantons Aargau mit Urteil vom 1. November 2007 ab.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 1. November 2007 sei aufzuheben, und die
Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Des Weiteren
ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
1.1 Auf die Beschwerde ist einzutreten, da sie unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der in
ihren Anträgen unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b
Ziff. 1 BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG)
in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG) richtet.

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhaltes durch die Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Verletzung von schweizerischem
Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105
Abs. 2 BGG). Die Wendung "offensichtlich unrichtig" entspricht dem
Willkürbegriff im Sinne von Art. 9 BV (Botschaft des Bundesrates vom 28.
Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4338). Die
Rüge der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts, mithin der
Verletzung des Willkürverbots, prüft das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2
BGG nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und
substantiiert begründet worden ist.

2.
Der Beschwerdeführer wendet sich, wie bereits im Verfahren vor der
Vorinstanz, gegen die Schuldsprüche wegen Diebstahls, Sachbeschädigung,
versuchter Erpressung und Veruntreuung; in Rechtskraft erwachsen ist dagegen
die Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs.

Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus:
2.1 Der Beschwerdeführer ist am 31. Mai / 1. Juni 2002 im Auftrag von
B.________ in das Geschäft von C.________ eingebrochen und hat insbesondere
einen Computer und mehrere Bundesordner entwendet. Zudem hat er bei seinem
gewaltsamen Eindringen in die Büroräumlichkeiten mit einem "Geissfuss" einen
Türrahmen beschädigt und hierdurch einen Sachschaden von Fr. 750.--
verursacht. Am 7. Juni 2002 hat der Beschwerdeführer schliesslich B.________
aufgesucht und diesem namentlich gedroht, er werde ihn wegen Anstiftung zum
Einbruchdiebstahl anzeigen, wenn er ihm nicht Fr. 45'000.-- bezahle.

Der Beschwerdeführer wurde hierfür wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und
versuchter Erpressung verurteilt.

2.2 Der Beschwerdeführer hat am 8. August 2003 von D.________ zuhanden der
Beschwerdegegnerin 1 einen Betrag von Fr. 350'000.-- in bar überreicht
bekommen. Vom erhaltenen Geld hat der Beschwerdeführer gleichentags der
Beschwerdegegnerin 1 den Betrag von Fr. 30'000.-- übergeben.

Der Beschwerdeführer wurde insoweit wegen Veruntreuung im Deliktsbetrag von
Fr. 320'000.-- schuldig befunden.

3.
Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung und eine
Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, da die Vorinstanz die
Abnahme der beantragten Beweise - den Beizug von Akten aus dem Strafverfahren
gegen B.________ und die Befragung weiterer Zeugen - abgelehnt habe
(Beschwerde S. 3 f.).
3.1
3.1.1 Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung einzig vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht
bzw. im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 173 E. 3.1 mit Hinweisen).
Dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht
übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint
oder gar vorzuziehen wäre, genügt praxisgemäss für die Begründung von Willkür
nicht (BGE 131 IV 100 nicht publ. E. 4.1; 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen).

3.1.2 Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet den Anspruch auf rechtliches Gehör.
Daraus ergibt sich der Anspruch der Parteien, mit rechtzeitig und formgültig
angebotenen Beweisanträgen und Vorbringen gehört zu werden, soweit diese
erhebliche Tatsachen betreffen und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind
(BGE 129 II 396 E. 2.1; 120 Ib 379 E. 3b, je mit Hinweisen). Keine Verletzung
des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn ein Gericht darauf verzichtet,
beantragte Beweise abzunehmen, weil es auf Grund der bereits abgenommenen
Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener
Beweiswürdigung annehmen kann, seine Überzeugung würde durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 129 II 396 E. 2.1; 124 I 49 E. 3a, 241
E. 2, je mit Hinweisen).

3.2
3.2.1 In Bezug auf die Verurteilung wegen Diebstahls bringt der
Beschwerdeführer vor, er sei der Überzeugung gewesen, die von ihm behändigten
Unterlagen gehörten seinem Auftraggeber B.________. Die gegenteilige
Behauptung der Vorinstanz fusse auf einer willkürlichen Beweiswürdigung
(Beschwerde S. 4 f.).
3.2.2 Die Vorinstanz hat erwogen, die Behauptung des Beschwerdeführers, er
habe gedacht, die von ihm entwendeten Ordner und der Computer stünden im
Eigentum von B.________, sei nicht glaubhaft. Die Ordner seien mit
"E.________ AG", "F.________ AG" und "G.________ GmbH" beschriftet gewesen.
Der Beschwerdeführer habe zudem gewusst, dass B.________ nicht in der Firma
von C.________ gearbeitet habe. Bei seiner Einvernahme durch die Polizei habe
er gar ausdrücklich eingeräumt, er sei davon ausgegangen, B.________ wolle
mit diesen Unterlagen C.________ erpressen (angefochtenes Urteil S. 13 mit
Hinweis auf die vorinstanzlichen Akten act. 289).

3.2.3 Der Beschwerdeführer substantiiert nicht näher, weshalb diese sich auf
die Indizienlage abstützende Beweiswürdigung der Vorinstanz willkürlich sein
sollte, sondern stellt der vorinstanzlichen Begründung einzig seine eigene
Sicht der Dinge gegenüber. Soweit seine Vorbringen den
Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG überhaupt genügen (vgl.
E. 1.2 hiervor), sind sie nicht stichhaltig. Die Beschwerde ist daher
insoweit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

3.3
3.3.1 Betreffend den Schuldspruch wegen Sachbeschädigung macht der
Beschwerdeführer geltend, der Schluss der Vorinstanz, es sei ein Schaden von
Fr. 750.-- entstanden, basiere auf einer willkürlichen Beweiswürdigung, denn
die angebliche Beschädigung des Türrahmens sei nicht hinreichend festgestellt
worden. Insbesondere mangle es an der ansonsten üblichen Fotodokumentation,
und die Verwendung eines "Geissfusses" führe nicht zwingend zu einem Schaden
im behaupteten Ausmass (Beschwerde S. 6 f.).
3.3.2 Die Vorinstanz hat dargelegt, der Beschwerdeführer habe ausdrücklich
eingestanden, die Tür mit einem "Geissfuss" geöffnet zu haben. Die Polizei
habe vor Ort am Türrahmen Spuren eines "35-mm-Geissfusses" mit zwei 12 mm
breiten "Zehen" gesichert und auf einen Sachschaden von rund Fr. 750.--
geschlossen. Damit sei der Sachverhalt erstellt (angefochtenes Urteil S. 14
mit Hinweis auf die vorinstanzlichen Akten act. 38/4, 230, 252, 308).

3.3.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist aus dem Fehlen einer
Fotodokumentation nicht zu folgern, die Sachbeschädigung sei nicht
hinreichend belegt. Vielmehr hat die Vorinstanz willkürfrei begründet,
weshalb sie gestützt auf die Aussagen des Beschwerdeführers und die
polizeilichen Feststellungen am Tatort einen Schaden von Fr. 750.-- als
rechtsgenüglich nachgewiesen erachtet hat. Die Beschwerde ist deshalb in
diesem Punkt abzuweisen.

3.4
3.4.1 Der Beschwerdeführer rügt bezüglich des Schuldspruchs wegen versuchter
Erpressung, dass die Vorinstanz bei der Erhebung des Sachverhalts unkritisch
einzig auf die Aussagen des angeblichen Opfers B.________ abgestellt habe.
Ein solches Vorgehen sei Ausdruck einer willkürlichen Beweiswürdigung.
Richtig sei vielmehr, dass er Provisionsansprüche gegenüber B.________ gehabt
habe (Beschwerde S. 7 f.).
3.4.2 Die Vorinstanz hat ausgeführt, B.________ habe glaubhaft ausgesagt, der
Beschwerdeführer habe von ihm Fr. 45'000.-- erpressen wollen. Die Darstellung
von B.________ werde zudem durch die Schilderungen der Auskunftsperson
H.________ bestätigt. Überdies habe der Beschwerdeführer ausdrücklich
zugegeben, gegenüber H.________ gesagt zu haben, er werde sein Geld von
B.________ erhalten, denn wenn dieser nicht bezahle, werde er Selbstanzeige
bei der Polizei erstatten (angefochtenes Urteil S. 15 f. mit Hinweis auf die
vorinstanzlichen Akten act. 376 i.V.m. act. 385). Dass demgegenüber
B.________ dem Beschwerdeführer eine Provision geschuldet habe, sei in keiner
Weise nachgewiesen. Der Beschwerdeführer habe mithin jedenfalls keine
rechtlich durchsetzbare Forderung gegenüber B.________ besessen
(angefochtenes Urteil S. 18).

3.4.3 Die Vorinstanz hat erörtert, weshalb sie die übereinstimmenden Aussagen
von B.________ und H.________ als glaubhaft eingestuft hat. Wie im
angefochtenen Urteil des Weiteren willkürfrei erwogen wird, wird diese
Beweiswürdigung auch durch die Aussagen des Beschwerdeführers gestützt. Nicht
unhaltbar ist ferner der Schluss der Vorinstanz, die vom Beschwerdeführer
behaupteten Provisionsansprüche seien nicht ausgewiesen. Vor diesem
Hintergrund konnte die Vorinstanz, ohne in Willkür zu verfallen, den
Sachverhalt als erstellt ansehen und von einer erneuten Befragung des bereits
im Untersuchungsverfahren als Auskunftsperson einvernommen C.________
absehen. Sie konnte mithin die Beweisanträge des Beschwerdeführers auf
weitere Zeugeneinvernahmen und auf den Beizug der Strafakten von B.________
ohne Verstoss gegen Art. 29 Abs. 2 BV in antizipierter Beweiswürdigung
abweisen, da diese Beweismassnahmen keinen Erkenntnisgewinn versprochen
hätten. Die Beschwerde ist somit insoweit abzuweisen.

3.5
3.5.1 Der Beschwerdeführer stellt sich betreffend den Vorhalt der Veruntreuung
auf den Standpunkt, er habe von der Rechtmässigkeit der von ihm getätigten
Abzüge von Fr. 50'000.-- zugunsten von D.________, von Fr. 70'000.--
zugunsten von I.________ und von Fr. 1'000.-- zugunsten der Notarin ausgehen
dürfen, weshalb sich ein allfälliger Veruntreuungsvorwurf von vornherein nur
auf eine entsprechend tiefere Deliktssumme beziehen könne. Zumindest im
Umfang dieser Beträge erscheine es willkürlich, den subjektiven Tatbestand
der Veruntreuung zu bejahen (Beschwerde S. 9 f.).
3.5.2 Die Vorinstanz hat festgehalten, die Schilderungen des
Beschwerdeführers seien widersprüchlich und daher nicht glaubhaft. Gestützt
auf die Aussagen von D.________ und I.________ bestünden keine Zweifel daran,
dass der Beschwerdeführer - wie von ihm quittiert - von D.________ Fr.
350'000.-- in Empfang genommen habe. Aus den glaubhaften Ausführungen der
Beschwerdegegnerin 1 sei weiter zu folgern, dass der Beschwerdeführer ihr den
gesamten Betrag hätte abliefern müssen und damit sämtliche Abzüge ohne ihre
Zustimmung vorgenommen habe. Insbesondere sei es nicht einsichtig, weshalb
der Beschwerdeführer den Erhalt von Fr. 350'000.-- hätte quittieren sollen,
wenn mit der Beschwerdegegnerin 1 vereinbart gewesen wäre, dass D.________
hiervon Fr. 50'000.-- hätte erhalten sollen bzw. behalten dürfen.
Naheliegenderweise wäre diesfalls eine Quittung über Fr. 300'000.--
ausgestellt und vom Beschwerdeführer unterzeichnet worden. Im Ergebnis sei
vorliegend belegt, dass der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin 1 nur Fr.
30'000.-- der geschuldeten Fr. 350'000.-- übergeben und damit Fr. 320'000.--
veruntreut habe (angefochtenes Urteil S. 24 f.).
3.5.3 Die Vorinstanz hat die Aussagen sämtlicher Beteiligter eingehend
gewürdigt und das widersprüchliche Aussageverhalten des Beschwerdeführers
ausführlich dargestellt (vgl. angefochtenes Urteil S. 19 - 22). Sie hat
begründet, weshalb sie die Schilderungen der Beschwerdegegnerin 1 als
glaubhaft bewertet hat, und weshalb die Folgerung, der Beschwerdeführer habe
insgesamt Fr. 320'000.-- veruntreut, auch durch die Aussagen von D.________
und I.________ sowie die vom Beschwerdeführer unterzeichnete Quittung
untermauert werde (angefochtenes Urteil S. 19 und S. 22 f.). Der angefochtene
Entscheid hält damit auch in diesem Punkt der bundesgerichtlichen
Rechtskontrolle Stand.

4.
Die Beschwerde ist folglich vollumfänglich abzuweisen, soweit auf sie
eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege. Da das Rechtsmittel von vornherein aussichtslos
war, kann dem Gesuch nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei der
Festsetzung der Gerichtskosten ist seinen finanziellen Verhältnissen Rechnung
zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Februar 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner