Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.806/2007
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007


Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_806/2007/sst

Urteil vom 13. Juni 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Briw.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Otmar Kurath,

gegen

Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Ivan Pérez,
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Mehrfache Gefährdung des Lebens, mehrfache Nötigung; Notwehr; Strafzumessung,
Busse,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 30. Januar 2007 des Obergerichts des Kantons
Thurgau.

Sachverhalt:

A.
X.________ und Y.________ hatten sich im September 2003 getrennt. Diese wollte
am 3. Oktober 2003 (nach 00.30 Uhr) ihr gehörende Sachen in dessen Wohnung
abholen. Vor Bundesgericht sind in einem Anklagepunkt ein Teil der
Schuldsprüche (mehrfache Lebensgefährdung und mehrfache Nötigung) im Rahmen
dieses Sachverhalts angefochten, der vom Obergericht wie folgt festgestellt
wurde: Die unter Alkohol- und Kokaineinfluss stehende Y.________ gelangte mit
Hilfe ihrer zwei Begleiter A.________ und B.________ in die Wohnung von
X.________. Während diese vor der Wohnungstür warteten, begab sie sich in das
Schlafzimmer und suchte ihre Agenda. Als X.________ sie aufforderte, die
Wohnung zu verlassen, reagierte sie nicht. Daraufhin ergriff er das im
Schlafzimmer aufbewahrte Gewehr (eine Jagdwaffe mit Zielfernrohr), zielte auf
sie, machte eine Ladebewegung, richtete die Waffe auf den Boden und drückte ab.
Die Kugel schlug ungefähr einen halben Meter neben ihr in den Teppichboden ein.
Sie begab sich unbeeindruckt in das Wohnzimmer, wo sich auch zwei Kollegen von
X.________ aufhielten, und suchte dort ihre CDs. Er folgte ihr und forderte sie
erneut auf, die Wohnung zu verlassen, wobei er die Waffe auf sie richtete.
A.________ und B.________ betraten die Wohnung (den Korridor), nachdem sie die
Schussabgabe gehört hatten. X.________ begab sich in den Korridor und forderte
sie zum Verlassen der Wohnung auf. Dabei richtete er die Waffe auf sie.
A.________ verliess die Wohnung sofort. Als sich B.________ abdrehte und
hinausgehen wollte, schoss er ihm gezielt in den Oberschenkel (angefochtenes
Urteil S. 19). B.________ starb am 5. Oktober 2003 an den Folgen dieser
Verletzung.

B.
Das Obergericht des Kantons Thurgau fand im Berufungsverfahren am 30. Januar
2007 X.________ (in diesem und weiteren Anklagepunkten) der
eventualvorsätzlichen schweren Körperverletzung, der fahrlässigen Tötung, der
mehrfachen Gefährdung des Lebens, der mehrfachen Nötigung, der
Körperverletzung, der Tätlichkeit, der mehrfachen Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz (Handel und Konsum) sowie der mehrfachen Widerhandlung
gegen das Waffengesetz schuldig, nicht schuldig dagegen der Nötigung zum
Nachteil von Y.________ und der mehrfachen Zuwiderhandlung gegen das
Jagdgesetz. Es verurteilte ihn zu 4 Jahren Freiheitsstrafe (unter Anrechnung
von 568 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft).

C.
X.________ erhebt in demselben Rechtsmittel Beschwerde in Strafsachen und
Verfassungsbeschwerde mit den Anträgen, (1) ihn von der mehrfachen Gefährdung
des Lebens sowie der mehrfachen Nötigung freizusprechen und im Übrigen die
Schuld- und Freisprüche zu bestätigen, (2) ihn unter Anrechnung der 568
Hafttage mit einer Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr zu bestrafen,
eventuell mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von höchstens 18 Monaten,
verbunden mit einer bedingten Geldstrafe von höchstens 160 Tagessätzen zu Fr.
40.-- und einer Busse von Fr. 1'200.--, (3) eventualiter das Urteil im Schuld-
und Strafpunkt ganz oder teilweise nach Massgabe dieser Anträge aufzuheben und
die Sache an die Erst- oder Vorinstanz zu neuer Beurteilung zurückzuweisen, (4)
unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. (5) Weiter stellt er den
Verfahrensantrag, die Polizeiakten über einen Vorfall vom 19. August 2006 aus
den Akten zu weisen.

D.
In der Vernehmlassung bezeichnet das Obergericht sein Urteil als insofern
fehlerhaft, als es die Übertretungen nicht strafschärfend bei der
Freiheitsstrafe hätte berücksichtigen dürfen, sondern dafür eine Busse hätte
aussprechen müssen. Allerdings seien die Übertretungen von untergeordneter
Bedeutung gewesen. Wäre die Busse zwingend, würde dies zu einer Reduktion der
Freiheitsstrafe von etwa einem Monat führen.

Die Staatsanwaltschaft führt in diesem Zusammenhang ebenfalls aus, Bussen für
Übertretungen seien keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1
StGB und daher zusätzlich auszusprechen. Sie beantragt deshalb eventualiter,
eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 11 Monaten zuzüglich einer Busse von
1'500 Franken mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen (Umwandlungssatz von
50 Franken) bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse auszusprechen.

Erwägungen:

1.
Hinsichtlich der Vernehmlassung ist darauf hinzuweisen, dass die neuen
tatsächlichen Vorbringen der Staatsanwaltschaft nicht berücksichtigt werden
können.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer teilt seine Beschwerdeschrift unter den Titeln
Verfassungsbeschwerde bzw. Beschwerde in Strafsachen in getrennte Abschnitte
auf. Dies ist wegen der für Tat- und Rechtsfragen unterschiedlichen Kognition
und Begründungsanforderungen grundsätzlich zutreffend (vgl. Art. 106 BGG). Im
Übrigen ist aber zu beachten, dass die Beschwerde in Strafsachen gegen
"Entscheide in Strafsachen" offensteht. Dieser Begriff umfasst sämtliche
Entscheide, denen materielles Strafrecht oder Strafprozessrecht zugrundeliegt
(Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl
2001 4313). Nach der Konzeption der Einheitsbeschwerde soll der Rechtsmittelweg
an das Bundesgericht vom Rechtsgebiet abhängen, auf welches die Streitsache
letztlich zurückgeht (Botschaft a.a.O., S. 4235). Damit ist vorliegend die
Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG das zutreffende
Einheitsrechtsmittel. Mit ihr können die Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich des Verfassungsrechts sowie Völkerrecht (Art. 95 lit. a und b
BGG) und die unrichtige Feststellung des Sachverhalts (Art. 97 BGG) gerügt
werden. Ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 95 lit. c bis e BGG bilden
ferner Verletzungen des kantonalen Rechts einen zulässigen Beschwerdegrund,
wenn sie einen Verstoss gegen Bundesrecht einschliesslich des Verfassungsrechts
oder gegen Völkerrecht darstellen (Art. 95 lit. a und b BGG; vgl. BGE 133 II
249 E. 1.2.1). Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist damit ausgeschlossen.

2.2 Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem
Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Rüge muss präzise (BGE 133 III
439 E. 3.2) und damit entsprechend den Anforderungen der früheren Bestimmung
von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG begründet werden (BGE 134 I 23 E. 5.2; 133 IV 286
E. 1.4).

Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 BGG). Dabei bedeutet "offensichtlich unrichtig" willkürlich (BGE 133
II 249 E. 1.2.2). Es gilt auch hier eine qualifizierte Rügepflicht im Sinne der
früheren Vorschrift von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG (BGE 133 II 249 E. 1.4.2).

2.3 Zum Verfahrensantrag bringt der Beschwerdeführer vor, er sei am 19. August
2006 in eine tätliche Auseinandersetzung geraten. Diese Akten habe die
Staatsanwaltschaft kurz vor der Berufungsverhandlung eingereicht. Sie
zeichneten von ihm ein schlechtes Bild und liessen glauben, "er habe jemanden
mit einem Glas geschlagen und gefährlich am Gesicht geschnitten". Diese Akten
seien entgegen seinem Antrag im Verfahren verblieben. Das verletze Art. 29 Abs.
2 BV, Art. 32 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 6 EMRK. Vielleicht sei die massiv
höhere Strafe "mitunter diesem Negativmaterial" geschuldet.

Die Vorinstanz hält fest, hinsichtlich des Vorfalls vom 19. August 2006 sei die
Unschuldsvermutung zu beachten. Dieses Verhalten, sofern es tatsächlich
strafbar wäre, sei in diesem Verfahren nicht zu seinen Ungunsten zu würdigen
(angefochtenes Urteil S. 32). Dennoch nimmt sie bei der Beurteilung des
Sachverhalts vom 3. Oktober 2003 (oben Bst. A) an, gegen seine Glaubwürdigkeit
spreche, dass er bisher in sämtlichen Verfahren Notwehr geltend gemacht habe,
nämlich für den Vorfall vom 14. September 2003 sowie die Auseinandersetzung vom
10. August 2003 (nicht angefochtene Schuldsprüche wegen Tätlichkeit bzw.
einfacher Körperverletzung in weiteren Anklagepunkten) und den fraglichen
Vorfall vom 19. August 2006 (angefochtenes Urteil S. 26).

Die Akten vom 19. August 2006 sind nicht zu berücksichtigen. Wie die Vorinstanz
festhält, gilt die Unschuldsvermutung. Dass diese Akten die Erhöhung der
Freiheitsstrafe gegenüber der Erstinstanz um ein Jahr bewirkt haben sollten,
ist aber nicht ersichtlich.

3.
Beschwerdegegenstand bilden die Schuldsprüche wegen mehrfacher Gefährdung des
Lebens und mehrfacher Nötigung im Rahmen des Vorfalls vom 3. Oktober 2003 (oben
Bst. A). In diesem Umfang beantragt der Beschwerdeführer einen Freispruch. Er
begründet dies im Wesentlichen mit einer fehlenden Tatbestandsmässigkeit und
einer Rechtfertigung aufgrund einer Notwehrsituation.

3.1 Die Schuldsprüche wegen mehrfacher Gefährdung des Lebens betreffen das
Verhalten gegenüber Y.________ und A.________ Sie sind nicht zu beanstanden.
3.1.1 Gemäss Art. 129 StGB wird wegen Gefährdung des Lebens bestraft, wer einen
Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt. Dies setzt
eine Gefahr für das Leben voraus. Diese Gefahr ist unmittelbar, wenn sich aus
dem Verhalten des Täters direkt die Wahrscheinlichkeit oder nahe Möglichkeit
der Todesfolge ergibt. Skrupellos ist ein in schwerem Grade vorwerfbares, ein
rücksichts- oder hemmungsloses Verhalten. Subjektiv ist direkter Vorsatz
bezüglich der unmittelbaren Lebensgefahr erforderlich (BGE 133 IV 1 E. 5).
Tatbestandsmässig handelt bereits, wer wissentlich eine schussbereite Waffe so
hält, dass ein sich unerwartet lösender Schuss in der Nähe eines Menschen
einschlagen kann, und um so mehr, wer in dieser Weise auf einen Menschen zielt
("de menacer sa victime d'un danger imminent en braquant son arme chargèe et
désassurée en sa direction"; BGE 100 IV 215 E. 2 und 3).
3.1.2 Der Beschwerdeführer schoss rund einen halben Meter vor den Füssen von
Y.________ in den Boden des Schlafzimmers. Er bestreitet, dass dies als
skrupellos zu qualifizieren sei. Indem die Vorinstanz annehme, dieses Verhalten
erscheine "sittlich und moralisch als gewissenlos und damit auch als
skrupellos", verkenne sie, dass der Tatbestand ein vorwerfbares, rücksichts-
und hemmungsloses Verhalten voraussetze. Die vorinstanzliche Wortwahl ändert
indessen nichts daran, dass die Tat als skrupellos zu qualifizieren ist.

Dass er in der Wohnstube die Waffe erneut auf die Frau gerichtet hatte, führte
nicht zu einem Schuldspruch wegen Gefährdung des Lebens, weil die Vorinstanz in
dubio pro reo auf seine Aussage abstellte, in diesem Zeitpunkt sei die Waffe
gesichert gewesen.
3.1.3 Der Beschwerdeführer trat A.________ im Korridor mit einem geladenen und
entsicherten Gewehr entgegen. Die Vorinstanz geht davon aus, dass sich der
Beschwerdeführer in einer aufgebrachten Verfassung befand, so dass sich
jederzeit ein Schuss hätte lösen und A.________ lebensgefährlich hätte
verletzen können. Sie qualifiziert auch dieses Verhalten zutreffend als
Lebensgefährdung. Bezüglich B.________ entfiel dieser Tatbestand wegen des
Verletzungsdelikts.

3.2 Die Schuldsprüche wegen Nötigung sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Wegen
Nötigung wird bestraft, wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher
Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfähigkeit nötigt,
etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden (Art. 181 StGB).

Die Vorinstanz verneint eine Nötigung von Y.________, weil diese gegen den
Willen des Beschwerdeführers und damit rechtswidrig in dessen Wohnung
eingedrungen war. Gegenüber A.________ und B.________ jedoch, die der
Beschwerdeführer mit der Jagdwaffe aus seiner Wohnung vertrieb, bejaht sie eine
Nötigung zu Recht, da deren Eintreten in die Wohnung gerechtfertigt war (unten
E. 3.3.2).

3.3 Der Beschwerdeführer macht in umfangreichen Ausführungen Notwehr und in
diesem Rahmen Schuldminderungs- bzw. Schuldausschliessungsgründe geltend
(rechtfertigende, allenfalls entschuldbare Notwehr und Notwehrexzess,
Putativnotwehr und Putativnotwehrexzess). Diese Argumentation ist konstruiert
und erscheint als Schutzbehauptung.
3.3.1 Es ist zutreffend, und davon geht auch die Vorinstanz aus, dass
Y.________ gegen den Willen des Beschwerdeführers und damit unrechtmässig in
seine Wohnung eindrang. Ihre beiden Begleiter hatten nämlich gegen den
Widerstand des Beschwerdeführers die Wohnungstür aufgedrückt, so dass sie in
die Wohnung gelangen konnte. Dies geschah, weil er ihr die ihr gehörende Agenda
und ihre CDs auf ihr Verlangen nicht hatte herausgeben wollen. Die Vorinstanz
nimmt dazu an, er habe seiner ehemaligen Freundin und Mitbewohnerin nicht zur
Verhinderung der Selbsthilfe mit einem geladenen Gewehr entgegentreten und sie
mit einem Schuss vor ihre Füsse bedrohen dürfen. Da nur ein Hausfriedensbruch
zum Abholen ihrer Sachen vorgelegen habe, sei dieses Abwehrmittel in keinem
Verhältnis zur Rechtsgutsverletzung gestanden.

Der Hausfrieden im Sinne von Art. 186 StGB ist notwehrfähig (BGE 102 IV 1 E.
2a). Die zu beurteilenden Taten ereigneten sich vor dem Inkraftreten des neuen
Allgemeinen Teils des StGB (Art. 15 und 16 StGB). Gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB
bleibt das frühere Recht (Art. 33 aStGB) anwendbar, da das neue Recht für den
Beschwerdeführer nicht das mildere ist (vgl. Urteil 6B_674/2007 vom 27. Februar
2008, E. 3.1). Nach der Rechtsprechung zu Art. 33 Abs. 1 aStGB muss der
Angegriffene nicht zuwarten, bis es zu spät ist, sich zu wehren, doch verlangt
die Unmittelbarkeit der Bedrohung, dass jedenfalls Anzeichen einer Gefahr
vorhanden sind, die eine Verteidigung nahelegen, mit anderen Worten, dass
objektiv eine Notwehrlage besteht. Handlungen, die nicht zur Abwehr eines
Angriffs unternommen werden, sondern blosser Rache oder Vergeltung entspringen,
fallen nicht unter den Begriff der Notwehr (BGE 93 IV 81 S. 83).

Y.________ verletzte zwar das Hausrecht. Von ihr ging aber keine Gefahr für den
Beschwerdeführer oder seine weiteren Rechtsgüter aus, und er war ihr körperlich
offenkundig klar überlegen. So hatte er sie am 14. September 2003 kurzerhand
ergriffen und vor die Tür gestellt (angefochtenes Urteil S. 12). Sie kümmerte
sich zudem überhaupt nicht um ihn, sondern suchte ihre Sachen zusammen. Weiter
ist darauf hinzuweisen, dass sich zwei Kollegen des Beschwerdeführers in der
Wohnstube aufhielten. Der Beschwerdeführer durfte den Angriff (den blossen
Hausfriedensbruch) nur in einer den Umständen angemessenen Weise abwehren (Art.
33 Abs. 1 aStGB; vgl. BGE 107 IV 12 E. 3a und b). Davon kann vorliegend, wo er
mit einer Jagdwaffe auf die Frau losging, nicht die Rede sein. Der
Notwehrberechtigte ist zu einem gewissen Mass an Rücksichten verpflichtet
(Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 3.
Auflage, Bern 2005, S. 241). Zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer
die Hausrechtsverletzung dadurch veranlasst hat, dass er die Sachen auf
Verlangen nicht herausgegeben hatte und dass es sich um seine frühere Freundin
und Mitbewohnerin handelte, so dass er sich ein höheres Mass an Zurückhaltung
hätte auferlegen müssen (vgl. Stratenwerth, a.a.O., S. 243 und 244). Es besteht
ein derart krasses Missverhältnis zwischen Hausrechtsverletzung und
Rechtsgutsverteidigung, dass dem Beschwerdeführer die Berufung auf das
Notwehrrecht zu versagen ist. Der Waffeneinsatz erscheint als reine Aggression
gegen die frühere Freundin. Wie erwähnt, fallen Handlungen, die nicht zur
Abwehr eines Angriffes unternommen werden, sondern blosser Rache oder
Vergeltung entspringen, nicht unter den Begriff der Notwehr.

Die behauptete Putativnotwehrlage könnte angenommen werden, wenn der Täter über
das Vorliegen eines rechtswidrigen Angriffs geirrt hätte. Dieser Irrtum wäre
als Sachverhaltsirrtum gemäss Art. 19 aStGB zu behandeln (BGE 129 IV 6 E. 3.2;
93 IV 81 S. 83; vgl. BGE 134 II 33 E. 5.3). Es war indessen für den
Beschwerdeführer klar erkennbar, dass seine frühere Freundin seine Wohnung nur
betreten hatte, um ihre Agenda und ihre CDs zu holen (angefochtenes Urteil S.
24). Damit erweist sich auch die geltend gemachte Irrtumsalternative als
Schutzbehauptung. Es kann weder rechtfertigende (vgl. BGE 102 IV 1 E. 3a) noch
entschuldigende Notwehr angenommen werden.
3.3.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, das Eindringen von A.________ und
B.________ in die Wohnung stelle entgegen der vorinstanzlichen Annahme deshalb
keine Notwehrhilfe dar, weil sie angenommen hätten, Y.________ sei "erschossen"
worden:

Richtigerweise kann "erschossen" nur "getötet" bedeuten. Glaubten die zwei
Männer nach dem Schussgeräusch, er habe Y.________ getötet, wäre ihr nicht mehr
zu helfen gewesen. Es fehlte nach ihrer Annahme am zu verteidigenden Rechtsgut.
Der erforderliche Wille zur Notwehrhilfe war bei diesem Glauben nicht mehr
möglich. Also zog die Vorinstanz mit ihrer Annahme, die beiden Männer seien
rechtmässig als Notwehrhelfer in seine Wohnung gekommen, aus den vorhandenen
Elementen einen offensichtlich unhaltbaren Schluss und verletzte das
Willkürverbot von Art. 9 BV (Beschwerde S. 10).

Diese nicht den Handlungszusammenhang berücksichtigende, sondern sich einzig
auf den Begriff "erschossen" stützende Argumentation geht an der Sache vorbei.
Die beiden Männer hatten Y.________ begleitet. Als sie den Schuss in der
Wohnung hörten, dachten sie, "dass er Y.________ erschossen hat", und wollten
in die Wohnung gehen, "um zu schauen" (Einvernahme von A.________, kantonale
Akten, act. 1317 und 1062). Wenn die Vorinstanz annimmt, diese Handlungsweise
mache nur im Zusammenhang mit einer Hilfeleistung einen Sinn, erscheint dies
keineswegs unhaltbar. A.________ hatte denn auch in diesem Zusammenhang
ausgesagt, "wenn er mit Y.________ rausgekommen wäre und sie geschlagen hätte,
hätten wir ihn gepackt" (a.a.O., act. 1062). Sie fühlten sich als Begleiter von
Y.________ für diese verantwortlich. Die Vorinstanz nimmt zutreffend an, dass
sie infolge der Schussabgabe davon hätten ausgehen müssen, dass sich Y.________
in äusserster Not befand (angefochtenes Urteil S. 24). Damit war ihr Eindringen
in die Wohnung gerechtfertigt. Nachdem sie eingetreten waren, hatten sie den
Beschwerdeführer weder angegriffen noch bedroht, sondern auf seine Aufforderung
hin die Wohnung wieder verlassen (wobei dieser dem knapp zwanzigjährigen
B.________ gezielt seitlich in den linken Oberschenkel schoss). War aber ihr
Einschreiten Notwehrhilfe, gab es dagegen keine Notwehr seitens des
Beschwerdeführers (vgl. BGE 93 IV 81 E. a). Es kann angemerkt werden, dass der
Angreifer beim Exzess des Notwehrberechtigten Notwehr üben dürfte, da der
Exzess rechtswidrig bleibt.

Auch beim vermeintlich Angegriffenen oder Bedrohten müssten Umstände
nachgewiesen sein, die bei ihm den Glauben erwecken konnten, er befinde sich in
einer Notwehrlage. Die blosse Vorstellung von der Möglichkeit eines Angriffs
oder einer unmittelbaren Bedrohung genügt nicht zur Annahme, in Putativnotwehr
gehandelt zu haben (BGE 93 IV 81 E. b).
3.3.3 In keinem Fall kommen demnach rechtfertigende oder entschuldigende
Notwehr mit Strafmilderung (Art. 33 Abs. 2 Satz 1 aStGB) oder Straflosigkeit
(Art. 33 Abs. 2 Satz 2 aStGB) in Betracht.

3.4 Der Beschwerdeführer beantragt ohne weitere Begründung, im Übrigen die
Schuld- und Freisprüche zu bestätigen (oben Bst. C). Er begründet weder eine
Rechtsverletzung (Art. 42 Abs. 2 BGG) noch ein Rechtsschutzinteresse (Art. 81
Abs. 1 lit. b BGG), so dass darauf nicht einzutreten ist.

4.
Bei der Strafzumessung geht die Vorinstanz zutreffend von der Anwendbarkeit des
neuen Rechts aus (vgl. BGE 134 IV 17 E. 2). Der am 1. Januar 2007 in Kraft
getretene Allgemeine Teil des Strafgesetzbuchs hat die bisher geltenden
Strafzumessungsgrundsätze in Art. 47 StGB beibehalten. Es liegt im Ermessen der
Vorinstanz, in welchem Umfang sie die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren
berücksichtigt. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur in die
Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder
unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien
ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen
beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat.

Die nunmehr in Art. 50 StGB festgeschriebene Begründungspflicht entspricht der
Rechtsprechung zum bisherigen Recht, wonach die Vorinstanz die Überlegungen,
die sie bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen
wiedergeben muss, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Besonders
hohe Anforderungen werden an die Begründung gestellt, wenn die ausgesprochene
Strafe ungewöhnlich hoch oder auffallend milde ist (BGE 134 IV 17 E. 2.1). Das
ist hier nicht der Fall.

4.1 Die Vorinstanz nimmt ausgehend von der eventualvorsätzlichen schweren
Körperverletzung, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder mit
Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen zu bestrafen ist (Art. 122 StGB),
angesichts der Konkurrenz (Art. 49 Abs. 1 StGB) einen Strafrahmen bis zu 15
Jahren Freiheitsstrafe an. Sie war von Bundesrechts wegen nicht verpflichtet,
ziffernmässig eine "Einsatzstrafe" festzusetzen oder die einzelnen Schritte der
Strafzumessung ziffernmässig zu begründen. Sie beurteilt das Verschulden zu
Recht als schwer (angefochtenes Urteil S. 32). Dabei ist ihr Hinweis nicht zu
beanstanden, dass der Beschwerdeführer die Eskalation mit der Herausgabe der
Sachen an die frühere Freundin hätte vermeiden können. Entgegen der Beschwerde
stellt sich nicht die Frage, ob Recht dem Unrecht weichen müsse. Der Einwand,
wer Eigentum behaupte und dieses vom Besitzer zurück wolle, müsse das auf dem
Rechtsweg durchsetzten (Beschwerde S. 25 f.), geht an der Sache vorbei. Es
lässt sich in der konkreten Situation unter keinem Titel rechtfertigen, mit
einem - wegen der verwendeten Munitionsart besonders gefährlichen - Jagdgewehr
das Ansinnen der früheren Freundin zu verhindern. Der Beschwerdeführer hat für
sein Verhalten einzustehen. Das Strafrecht kennt keine
Verschuldenskompensation. Entgegen der Beschwerde kann ihm das Verhalten seiner
früheren Freundin daher auch nicht strafmindernd angerechnet werden.

Massiv strafschärfend beurteilt die Vorinstanz die Deliktskonkurrenz. Auch das
ist nicht zu beanstanden. Dabei betont sie richtigerweise, dass für den Vorfall
vom 19. August 2006 (oben E. 1.3) die Unschuldsvermutung gilt und dieser
Vorfall nicht zu seinen Ungunsten zu würdigen ist. Nach dem Gutachten vom 9.
Januar 2004 könnte aus psychiatrischer Sicht eine leichte bis allenfalls
mittelgradige Zurechnungsfähigkeitsverminderung angenommen werden (act. 495).
Es ist indessen nicht zu verkennen, dass die Verminderung nach den
gutachterlichen Ausführungen näher bei der leichten als bei der mittelgradigen
liegt (vgl. act. 494, 496). Die Vorinstanz übernimmt die gutachterliche
Diagnose und betont gleichzeitig, dass diese Milderung die Strafschärfung nicht
annähernd zu kompensieren vermag. Diese Erwägung ist nachvollziehbar, wenn auch
dem Beschwerdeführer zuzugestehen ist, dass dies differenzierter hätte
begründet werden können. Weil die Taten nicht als Notwehrhandlungen
qualifiziert werden können, kommt insoweit eine Strafmilderung nicht in
Betracht (oben E. 3.3.3).

Straferhöhend gewichtet sie die massiven Kollusionshandlungen. Insbesondere
hatte der Beschwerdeführer versucht, mit Briefen aus der Untersuchungshaft
heraus zu erreichen, dass "von den Adressaten entlastende Fakten bezeugt"
werden (Beschwerde S. 24). Er wirft der Vorinstanz vor, damit würden straflose
Selbstbegünstigung doch bestraft und der nemo-tenetur-Grundsatz verletzt. Das
ist nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung ist das Verhalten nach der Tat und
im Strafverfahren im Rahmen der persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen.
Dieses Verhalten kann auf fehlende Reue und Einsicht schliessen lassen, wie im
Gegenteil ein kooperatives Verhalten zu einer erheblichen Strafreduktion führen
kann (vgl. BGE 121 IV 202 E. 2d/cc). Allerdings nimmt die Vorinstanz trotz der
Aussage im Schlusswort, dass er immer noch tief erschüttert sei und alles
machen würde, um dies ungeschehen zu machen (angefochtenes Urteil S. 7), an,
dass entgegen der Erstinstanz von einer offensichtlichen Reue über seine Taten
nicht gesprochen werden könne (angefochtenes Urteil S. 33). Das Gegenteil lässt
sich nicht lediglich mit dem Schlusswort begründen, da die Vorinstanz festhält,
dass er nach seinen Ausführungen an der Berufungsverhandlung die Schuld immer
noch bei den Opfern suchte. Das Nachtatverhalten ist insgesamt zu
berücksichtigen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass Vorstrafenlosigkeit, guter
Leumund und das Bestreben, sein Leben beruflich und persönlich wieder in
geordnete Bahnen zu lenken, strafmindernd gewürdigt werden. Die Vorinstanz
wertet die persönlichen Verhältnisse somit differenziert, wobei sie auch
erwähnt, dass er den Tod von B.________ bedauert. Dabei hält sie fest, der
Tatsache, dass der Beschwerdeführer den Tod nicht gewollt habe, sei dadurch
Rechnung getragen worden, dass nicht auf vorsätzliche Tötung gemäss Art. 111
StGB erkannt worden sei. Das ist keine unzulässige Doppelverwertung, sondern
die Klarstellung, dass der fehlende Vorsatz zu einem Schuldspruch wegen
fahrlässiger Tötung geführt hatte. Weiter geht die Vorinstanz ausdrücklich von
der ihm sehr günstigen Annahme einer lediglich eventualvorsätzlichen schweren
Körperverletzung aus.

Schliesslich ist für die Vorinstanz eine Reduktion auch nicht hinsichtlich Art.
43 Abs. 1 StGB angezeigt, selbst wenn eine teilbedingte Strafe der Integration
in das Berufsleben dienen könnte. Folgenorientierte Überlegungen können zwar
durchaus in die Strafzumessung einfliessen. Bei Freiheitsstrafen von mehr als
drei Jahren kommt aber nur der vollständige Vollzug in Frage (ausführlich BGE
134 IV 17 E. 3). Das Strafmass liegt im unteren Drittel des Strafrahmens und
erscheint keineswegs als auffallend hoch.

4.2 Art. 117, 122, 123 Ziff. 1, 129 und 181 StGB sowie Art. 19 Ziff. 1 BetmG
drohen Freiheitsstrafe und Geldstrafe, der Vergehenstatbestand von Art. 33 Abs.
1 lit. a WG Gefängnis oder Busse und Art. 126 Abs. 1 StGB sowie Art. 19a Ziff.
1 BetmG Busse an.
4.3
Aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip folgt, dass bei alternativ zur Verfügung
stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden soll, die weniger
stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am
wenigsten hart trifft. Bei der Wahl der Sanktionsart ist als wichtiges
Kriterium die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf
den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu
berücksichtigen (134 IV 82 E. 4.1, 97 E. 4.2.2). Ein teilbedingter Vollzug
kommt nur bei Freiheitsstrafen bis höchstens drei Jahren in Betracht (Art. 43
Abs. 1 StGB; dazu BGE 134 IV 1). Für Strafen von sechs Monaten bis zu einem
Jahr sieht das Gesetz Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor (Art. 34 Abs. 1 und
Art. 40 StGB).

Der Beschwerdeführer wendet mit Recht ein, dass Bussen keine "gleichartigen
Strafen" im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB und gesondert neben einer
Freiheitsstrafe auszusprechen sind (BGE 102 IV 242 E. 5). Dies wird denn auch
in der Vernehmlassung anerkannt (oben Bst. D). Ausserdem begründet die
Vorinstanz nicht, weshalb sie bei den Straftaten, die alternativ mit
Freiheitsstrafe oder Geldstrafe zu ahnden sind, auf eine Freiheitsstrafe
erkennt. Insoweit erweist sich die Strafzumessung als bundesrechtswidrig. Bei
der Neubeurteilung wird die Vorinstanz die Wahl der Strafart zu begründen, die
Strafen entsprechend festzusetzen und jedenfalls für die beiden reinen
Übertretungstatbestände (Art. 126 Abs. 1 StGB und Art. 19a Ziff. 1 BetmG) eine
Busse auszufällen haben.

5.
Die Beschwerde ist in einem Punkt (E. 4.2) gutzuheissen und im Übrigen
abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Sache ist an die Vorinstanz zu
neuer Entscheidung zurückzuweisen (Art. 107 BGG). Der Beschwerdeführer
unterliegt in tatsächlicher und überwiegend auch in rechtlicher Hinsicht und
hat die entsprechenden Gerichtskosten zu tragen. Er obsiegt in einem Punkt,
weshalb insoweit keine Kosten zu erheben sind und der Kanton Thurgau ihn zu
entschädigen hat (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Das Bundesgericht erkennt:

1.
Die Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, teilweise gutgeheissen, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 30. Januar 2007 aufgehoben und
die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen
wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Kanton Thurgau hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr.
800.- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. Juni 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Briw