Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.729/2007
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6B_729/2007/bri

Urteil 6. Januar 2008
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Favre,
Gerichtsschreiber Stohner.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Ralph Wiedler Friedmann,

gegen

A.________,
Beschwerdegegnerin 1, vertreten durch Rechtsanwältin Jeanette Storrer,
Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Herrenacker 26, 8200
Schaffhausen,
Beschwerdegegnerin 2.

Mehrfache Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 StGB), Schändung (Art. 191 StGB),
mehrfache Nötigung (Art. 181 StGB), Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1
al. 1 StGB) etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
25. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen befand X.________ am 25. Juni 2007
zweitinstanzlich der mehrfachen Vergewaltigung, der Schändung, der mehrfachen
Tätlichkeiten, der Sachbeschädigung, der versuchten Sachbeschädigung, der
mehrfachen Drohung, der mehrfachen Nötigung, der versuchten Nötigung, der
Freiheitsberaubung, des Ungehorsams im Betreibungsverfahrens und der
Verletzung von Verkehrsregeln schuldig. Vom Vorwurf des Missbrauchs von
Ausweisen und Schildern sprach es ihn frei. Das Obergericht verurteilte
X.________ zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und verpflichtete ihn,
der Zivilklägerin A.________ eine Genugtuung von Fr. 10'000.-- zu bezahlen.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 25. Juni 2007 sei aufzuheben, und
er sei in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils des Kantonsgerichts
Schaffhausen vom 17. August 2006 vom Vorwurf der mehrfachen Vergewaltigung
und der Schändung freizusprechen und zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten
zu verurteilen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren. Des
Weiteren sei er zu verpflichten, der Zivilklägerin A.________ eine Genugtuung
von Fr. 1'000.-- zu bezahlen.

Erwägungen:

1.
Auf die Beschwerde ist einzutreten, da sie unter Einhaltung der gesetzlichen
Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der in ihren Anträgen
unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 BGG)
eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz
(Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG) in Strafsachen
(Art. 78 Abs. 1 BGG) richtet.

2.
Vom Beschwerdeführer angefochten werden die Schuldsprüche wegen mehrfacher
Vergewaltigung (nachfolgend E. 2.1) und wegen Schändung (nachfolgend E. 2.2).
2.1 Die Verurteilung wegen mehrfacher Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 StGB)
basiert auf folgendem Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegnerin 1 unterhielten von Anfang
September 2004 bis am 2. Januar 2005 eine Beziehung. Im Zeitraum von November
bis Dezember 2004 vollzog der Beschwerdeführer insgesamt mindestens vier Mal
den Geschlechtsverkehr mit der Beschwerdegegnerin 1, obwohl ihm diese
ausdrücklich erklärt hatte, sie wolle keinen Sex mit ihm, und er solle sie in
Ruhe lassen. Da der Beschwerdeführer ihr Gewalt androhte, falls sie nicht mit
ihm schlafe, liess die Beschwerdegegnerin 1 den Geschlechtsverkehr jeweils
über sich ergehen. In einem Fall versuchte sie, den Beschwerdeführer
erfolglos wegzustossen, und dieser erzwang den Geschlechtsakt mit Gewalt.

2.2 Der Schuldspruch wegen Schändung (Art. 191 StGB) stützt sich auf
folgenden Sachverhalt:

An einem Freitagabend im November 2004 schlief die Beschwerdegegnerin 1, die
sich nicht wohl fühlte und Fieber hatte, in der Wohnung des Beschwerdeführers
bekleidet auf dem Sofa ein. Dieser entblösste in der Folge den Unterleib der
Beschwerdegegnerin 1 und führte seinen Penis in die Scheide der Schlafenden
ein. Als diese darob erwachte, stiess sie den Beschwerdeführer - der in
diesem Moment zum Höhepunkt kam - von sich weg.

2.3 Das Bundesgericht ist an die Feststellung des Sachverhalts grundsätzlich
gebunden (Art. 105 BGG). Diese kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

Der Beschwerdeführer stellt über weite Strecken der Beweiswürdigung der
Vorinstanz lediglich seine eigene Sicht der Dinge gegenüber, ohne zu
erörtern, inwiefern der Entscheid (auch) im Ergebnis verfassungswidrig sein
sollte. Seine Vorbringen erschöpfen sich mithin weitgehend in einer
unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und genügen
folglich den Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nicht.
Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

2.4 Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die rechtliche Würdigung im
angefochtenen Urteil, sondern rügt einzig eine Missachtung des Grundsatzes
"in dubio pro reo" (Art. 32 Abs. 1 BV) und eine Verletzung der
Begründungspflicht (Art. 29 BV).

Der Beschwerdeführer führt aus, zwischen ihm und der Beschwerdegegnerin 1
habe eine echte, wenn auch etwas unglückliche und unbefriedigende Beziehung
bestanden. Die Tatsache, dass sie eine Beziehung unterhalten hätten,
widerspreche den erhobenen Vergewaltigungs- bzw. Schändungsvorwürfen und
lasse die Behauptungen der Beschwerdegegnerin 1 als retrospektive
Überinterpretation erscheinen. Zudem habe die Beschwerdegegnerin 1 die
angeblichen Vergewaltigungen ohne jegliche Details geschildert, was gegen die
Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen spreche. Bei dieser Sachlage wäre es geboten
gewesen, ihn gestützt auf den Grundsatz "in dubio pro reo" von den
Anschuldigungen der mehrfachen Vergewaltigung und der Schändung
freizusprechen. Zumindest aber hätte die Vorinstanz nähere Abklärungen zur
psychischen Verfassung der Beschwerdegegnerin 1 im gesamten Tatzeitraum
tätigen müssen.

2.5
2.5.1 Die Vorinstanz hat erwogen, die Aussage der Beschwerdegegnerin 1, wonach
sie vom Beschwerdeführer in eine durch Gewalt und Drohungen gekennzeichnete
Beziehung gedrängt worden sei, sei glaubhaft. Der Beschwerdeführer habe
ausdrücklich eingestanden, eifersüchtig gewesen zu sein, der
Beschwerdegegnerin 1 misstraut und diese ständig kontrolliert zu haben
(angefochtenes Urteil S. 18). Deren Schilderungen der Verfolgung,
Terrorisierung und Beraubung ihres Selbstbestimmungsrechts im privaten und
sexuellen Bereich durch den Beschwerdeführer wie auch ihre Beschreibungen der
konkreten Vergewaltigungsvorfälle seien überzeugend und nachvollziehbar
(angefochtenes Urteil S. 19). Der Beschwerdeführer habe gegenüber der
Beschwerdegegnerin 1 nicht nur Gewalt angewendet, indem er sie während ihrer
Beziehung geschlagen habe, sondern immer wieder ernst zu nehmende Drohungen
ausgesprochen. Durch den systematischen, zielgerichteten und planmässigen
Aufbau von psychischem Druck habe er sich eine Machtposition verschafft. Die
Beschwerdegegnerin 1 sei vom Beschwerdeführer dabei derart unter Druck
gesetzt worden, dass sie sich seinen sexuellen Übergriffen nicht mehr habe
widersetzen können. Der Tatbestand der Vergewaltigung sei damit zu bejahen
(angefochtenes Urteil S. 21).

2.5.2 Die Vorinstanz hat weiter ausgeführt, die Aussagen der
Beschwerdegegnerin 1 seien auch in Bezug auf den Schändungsvorfall schlüssig
und widerspruchsfrei. Glaubhaft sei insbesondere ihre Schilderung, wonach sie
den auf ihr liegenden Beschwerdeführer weggestossen und geschrieen habe.
Zudem sei es durchaus nachvollziehbar, dass sie den Beschwerdeführer aus
Angst vor Repressalien nicht sofort angezeigt, sondern die Beziehung
friedlich aufzulösen versucht habe (angefochtenes Urteil S. 23 f.).
Vorliegend hätten die Schläfrigkeit und die gesundheitlichen Probleme der
Beschwerdegegnerin 1 deren Widerstandsfähigkeit in der konkreten Situation
vollständig aufgehoben. Da die Geschlechtsorgane bereits vereint gewesen
seien, als die Beschwerdegegnerin 1 erwacht sei, sei der Tatbestand der
Schändung erfüllt (angefochtenes Urteil S. 25).

2.6 Als Beweiswürdigungsregel besagt der aus der Unschuldsvermutung (Art. 32
Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleitete Grundsatz "in dubio pro reo",
dass sich das Strafgericht nicht von einem für die angeklagte Person
ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver
Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat.
Inwiefern dieser Grundsatz verletzt ist, prüft das Bundesgericht unter dem
Gesichtspunkt der Willkür, d.h. es greift nur ein, wenn das Sachgericht die
angeklagte Person verurteilte, obgleich bei objektiver Würdigung des
Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche bzw. schlechterdings nicht zu
unterdrückende Zweifel an deren Schuld fortbestanden (BGE 127 I 38 E. 2 und 4
mit Hinweisen).

2.7 Die Vorinstanz hat, ohne in Willkür zu verfallen, dargelegt, weshalb sie
die Aussagen der Beschwerdegegnerin 1 als glaubhaft eingestuft hat. Die
Schlussfolgerung im angefochtenen Urteil, es bestünden keine offensichtlich
erheblichen bzw. schlechterdings nicht zu unterdrückenden Zweifel an der
Schuld des Beschwerdeführers, ist nicht unhaltbar. Nicht gefolgt werden kann
insbesondere der Argumentation des Beschwerdeführers, wonach die
Vergewaltigungs- und Schändungsvorwürfe deshalb nicht stichhaltig seien, weil
er eine Beziehung zum Opfer unterhalten habe. Die Tatsache, dass eine
Beziehung bestand, rechtfertigt es weder, die Partnerin zur Duldung des
Beischlafs zu nötigen noch deren Widerstandsunfähigkeit auszunützen und sie
zum Beischlaf zu missbrauchen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz den Grundsatz "in dubio
pro reo" nicht missachtet und ihre Begründungspflicht nicht verletzt hat.
Ebenso wenig war es aufgrund der Gesamtumstände geboten, weitere Abklärungen
zur psychischen Verfassung der Beschwerdegegnerin 1 zum Tatzeitpunkt
vorzunehmen.

2.8 Die Beschwerde ist demnach vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die
bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Januar 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner