Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.678/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_678/2007/bri

Urteil vom 14. April 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Ferrari, Mathys,
Gerichtsschreiberin Binz.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Niederberger,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Aabachstrasse 1, 6301 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache Gefährdung des Lebens; teilbedingte Freiheitsstrafe,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Strafrechtliche
Abteilung, vom 25. September 2007.

Sachverhalt:

A.
X.________ lenkte am 22. Juni 2000 einen Personenwagen trotz
Führerausweisentzugs auf unbestimmte Zeit. Als er in der Stadt Zug in eine
Polizeikontrolle geriet, versuchte er sich dieser durch Flucht zu entziehen. In
der Folge wurde ihm vorgeworfen, mehrfach Verkehrsregeln grob verletzt und das
Leben von Menschen in unmittelbare Gefahr gebracht zu haben. Das Strafgericht
des Kantons Zug sprach X.________ mit Urteil vom 22. Januar 2007 unter anderem
der mehrfachen Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB) schuldig und bestrafte ihn
mit 20 Monaten Freiheitsstrafe, als Zusatzstrafe zu Urteilen des
Amtsstatthalteramtes und teilweise als Zusatzstrafe zu einem Urteil des
Einzelrichteramtes. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es im Umfang von 10
Monaten auf.

B.
Gegen dieses Urteil erklärte die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug die
Berufung. Das Obergericht des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung, bestrafte
X.________ mit Urteil vom 25. September 2007 in Abänderung des
erstinstanzlichen Urteils mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zug sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Am 1. Januar 2007 ist der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches in
Kraft getreten. Dieses neue Recht gelangt jedoch auf Taten, welche noch unter
Geltung des alten Rechts begangen wurden, nur zur Anwendung, wenn es für den
Täter das mildere ist (Art. 2 Abs. 2 StGB). Im vorliegenden Fall ist das neue
Recht das mildere, womit dieses anwendbar ist (vgl. angefochtenes Urteil E. 5.1
S. 11).

2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch wegen Gefährdung des
Lebens (Art. 129 StGB). Er bringt vor, trotz Presseaufruf habe sich kein
einziges Opfer ermitteln lassen und die einzige Polizeiaussage bezüglich der
Gefährdung von Fussgängern sei unbestimmt. Die Beweiswürdigung der Vorinstanz
hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale sei deshalb willkürlich und
verletze den Grundsatz "in dubio pro reo".

2.1 Betreffend die Sachverhaltsfeststellung hat die Vorinstanz auf die
Ausführungen des Strafgerichts verwiesen (angefochtenes Urteil E. 3 S. 8). Das
Strafgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung auf die Zeugenaussage des
Polizeibeamten, welcher den Beschwerdeführer zunächst kontrollierte und
anschliessend als Beifahrer im verfolgenden Fahrzeug sass, abgestellt. Die
Aussagen würden sich mit der Darstellung in dem von ihm und dem Lenker des
Patrouillenfahrzeuges unmittelbar nach dem Vorfall verfassten Bericht decken.
Es bestehe kein Grund, an den detaillierten und realitätsnahen Schilderungen
des Polizeibeamten zu zweifeln. Der in der Anklageschrift wiedergegebene
Sachverhalt sei aufgrund der Aussagen erwiesen (erstinstanzliches Urteil S.
12). Die Anklageschrift schildert die Fluchtfahrt folgendermassen:
Der Beschwerdeführer lenkte am 22. Juni 2000 in der Stadt Zug kurz nach
Mitternacht einen Personenwagen trotz Führerausweisentzugs auf unbestimmte
Zeit. Zudem wies er eine Blutalkoholkonzentration von 0.49 Promille auf. Als er
ein Nachtfahrverbot missachtete, geriet er im Bereich der St. Antonsgasse in
eine Polizeikontrolle. Ein uniformierter Polizeibeamte hielt ihn an und
forderte ihn auf, Führer- und Fahrzeugausweis vorzulegen. Der Beschwerdeführer
fuhr plötzlich unkontrolliert und mit hoher Geschwindigkeit rückwärts über die
Zeughausgasse und den Hirschenplatz in die Neuengasse und weiter in Richtung
Postplatz davon. Mehrere Passanten mussten zur Seite springen, um nicht von
seinem Fahrzeug erfasst zu werden. Beim Einbiegen in die Neuengasse missachtete
er das Stoppsignal und geriet rückwärts fahrend auf die Gegenfahrbahn, wo eine
Automobilistin eine Vollbremsung durchführen musste, um eine Kollision mit ihm
zu vermeiden. Die Stadtpolizei Zug nahm mit einem Patrouillenfahrzeug die
Verfolgung des Beschwerdeführers auf. Um dem Polizeiauto zu entkommen
missachtete dieser das Lichtsignal bei der Postplatzkreuzung und fuhr die
Bahnhofstrasse entlang, wo er mehrere Fahrzeuge überholte. Danach fuhr er mit
einer Geschwindigkeit von über 100 km/h via Bundesplatz die Vorstadt entlang.
Dabei nahm er keinerlei Rücksicht auf die anderen Verkehrsteilnehmer. Mehrere
Passanten, welche vortrittsberechtigt die Fussgängerstreifen Höhe Rigistrasse
und Höhe Restaurant Juanitos überschritten, mussten fluchtartig wegrennen, um
nicht von ihm überfahren zu werden.

2.2 Der Beschwerdeführer macht eine unhaltbare Beweiswürdigung geltend, soweit
sich die Vorinstanz für seine Verurteilung auf die Zeugenaussage des
Polizeibeamten abstütze. Dieser habe ausgesagt, er könne sich nicht mehr an die
genauen Ereignisse erinnern und habe auf seinen damaligen Polizeibericht und
die bei der Kantonspolizei eingegangenen Strafanzeigen verwiesen. Er habe
jedenfalls Leute davonrennen sehen und beim Überholmanöver auf der Höhe
Hirschenplatz seien andere Verkehrsteilnehmer gefährdet worden. Der
Beschwerdeführer bringt vor, aus dieser unpräzisen Aussage lasse nicht auf eine
unmittelbare Lebensgefahr für einen oder mehrere Passanten schliessen. Die bei
der Kantonspolizei eingegangenen Anzeigen würden ausschliesslich sein Verhalten
beim Start der Amokfahrt betreffen. Diesbezüglich habe aber bereits das
Strafgericht festgehalten, dass ihm keine Gefährdung angelastet werden könne,
weil er die gefährdeteten Personen nicht konkret wahrgenommen habe. Dem
Polizeibericht sei lediglich zu entnehmen, dass er sein Fahrzeug so massiv
beschleunigt habe, dass Passanten den Fussgängerstreifen fluchtartig hätten
verlassen müssen, nicht jedoch, dass er diese Passanten in eine unmittelbare
Lebensgefahr gebracht habe. Die Vorinstanz habe einseitig auf eine unbestimmte
Polizeiaussage abgestellt und dabei die zeitlichen und örtlichen Verhältnisse,
insbesondere die späte Nachtstunde, sowie den Umstand, dass sich trotz eines
Presseaufrufs kein Opfer gemeldet habe, vernachlässigt. Die Beweiswürdigung
erweise sich als willkürlich und dem Grundsatz "in dubio pro reo" widerlaufend
(Beschwerde Ziff. 7.4 S. 6 ff.).

2.3 Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen
ohne Willkür behandelt zu werden. Dem Sachgericht steht bei der Würdigung der
Beweise ein grosser Ermessensspielraum zu. Willkür ist hier nur zu bejahen,
wenn das Gericht offensichtlich den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels
verkannt, ohne vernünftigen Grund ein wichtiges und erhebliches Beweismittel
unberücksichtigt gelassen oder aus den vorhandenen Elementen offensichtlich
unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9, mit Hinweisen).
Gemäss Art. 105 Abs. 1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG). Soweit es um die Frage geht, ob der Sachverhalt
willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung einer kantonalen
Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge Anforderungen an die
Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt. Entsprechende Beanstandungen
sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen. Demzufolge
genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift
nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen darzulegen, inwiefern diese
Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen
Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Andernfalls können Vorbringen mit
Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen
Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 245
f., mit Hinweis).

2.4 Der Beschwerdeführer legt nicht substantiiert dar, inwiefern die Vorinstanz
aus den Aussagen des Polizeibeamten und dessen Bericht offensichtlich
unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Die Beweiswürdigung der Vorinstanz hält
vielmehr der bundesgerichtlichen Willkürprüfung stand. Eine Verletzung des
Grundsatzes "in dubio pro reo" ist weder ersichtlich noch rechtsgenügend
dargetan. Der in der Anklage erhobene Sachverhalt ist mithin erstellt. Die
weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers betreffen die rechtliche Würdigung
des objektiven Tatbestandes.

2.5 Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr
bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft
(Art. 129 StGB). Objektiv ist eine konkrete Lebensgefahr erforderlich. Nach der
Rechtsprechung ist eine unmittelbare Lebensgefahr anzunehmen, wenn nach dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge die Wahrscheinlichkeit oder nahe Möglichkeit der
Verletzung des Lebens besteht. Diese liegt nicht erst vor, wenn die
Wahrscheinlichkeit des Todes grösser ist als die Wahrscheinlichkeit seiner
Vermeidung, sondern schon bei einer nahen Möglichkeit des Todeseintritts. Das
Element der Unmittelbarkeit beinhaltet neben der ernsthaften Wahrscheinlichkeit
der Verwirklichung der Gefahr, dass die unvermittelte, akute Gefahr direkt dem
Verhalten des Täters zuzuschreiben ist (BGE 121 IV 67 E. 2b S. 70; 111 IV 51 E.
2 S. 55, je mit Hinweisen).

2.6 In tatsächlicher Hinsicht ist erstellt, dass Passanten fluchtartig die
Fussgängerstreifen verlassen mussten, um nicht vom Fahrzeug des
Beschwerdeführers erfasst zu werden. Die Vorinstanz bringt deshalb zu Recht
vor, auch wenn die betreffenden Passanten im Nachhinein nicht von der Polizei
ermittelt werden konnten, handle es sich bei ihnen um Opfer. Nicht massgeblich
sei, dass sich die Passanten in Sicherheit bringen konnten. Sie seien trotzdem
einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt gewesen (angefochtenes Urteil E. 3.2.1 S.
9). Unbeachtlich ist weiter, dass dem Polizeibericht lediglich zu entnehmen
ist, die Passanten hätten den Fussgängerstreifen fluchtartig verlassen müssen.
Der Beschwerdeführer ist mit einer Geschwindigkeit von über 100 km/h die
Vorstadt entlang gefahren. Bei dieser hohen Geschwindigkeit war eine Kollision
mit einem vortrittsberechtigten Passanten mit tödlichen Verletzungsfolgen in
erhöhtem Masse wahrscheinlich. Dem Polizeibericht ist demnach sinngemäss zu
entnehmen, dass die Passanten einer unmittelbaren Lebensgefahr ausgesetzt
waren. Die Vorinstanz hat durch die Bejahung des objektiven Tatbestandes von
Art. 129 StGB kein Bundesrecht verletzt.

3.
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, selbst bei Bejahung des objektiven
Tatbestandes von Art. 129 StGB sei aus subjektiven Gründen von einer
Verurteilung abzusehen.

3.1 In subjektiver Hinsicht führt die Vorinstanz aus, der Beschwerdeführer habe
die von ihm gefährdeten Passanten wahrnehmen müssen, da sich diese in seinem
Blickfeld bzw. in Fahrtrichtung befunden hätten. Er habe wissen müssen, dass
bei einer Fahrt mit einer Geschwindigkeit von rund 100 km/h durch die Vorstadt
ein Zusammenstoss mit einem Fussgänger sehr wahrscheinlich war. Er habe nicht
darauf vertrauen dürfen, zu dieser nächtlichen Stunde keine Drittperson zu
gefährden. Die Gefährdung von Passanten habe er als notwendige Nebenfolge
seiner halsbrecherischen Fahrt einkalkuliert, weshalb er mit direktem Vorsatz
und in skrupelloser Weise gehandelt habe (angefochtenes Urteil E. 3.2.2 S. 10).

3.2 Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, beim Entziehen aus der nächtlichen
Polizeikontrolle und der anschliessenden Fluchtfahrt handle es sich um eine
tatbeständliche Handlungseinheit. Sei von einer logischen Handlungseinheit und
von einem einheitlichen Willensentschluss auszugehen, lasse sich nicht
behaupten, er habe sich die Passanten im Vorstadtbereich bereits gedanklich
vorgestellt, als er sich unmittelbar vorher im Bereich St. Antonsgasse zur
Fluchtfahrt entschlossen hatte. Selbst wenn er sich tatsächlich eine mögliche
Gefährdung von Passanten vorgestellt hätte, wäre zu seinen Gunsten anzunehmen,
dass er auf das Ausbleiben einer lebensbedrohenden Situation vertraut und
deshalb höchstens mit bewusster Fahrlässigkeit gehandelt habe. Ein direkter
Vorsatz lasse sich in Bezug auf den Gefährdungstatbestand nicht nachweisen.
Nach Ansicht der ersten Instanz sei kein Gefährdungsvorsatz bezüglich des
ersten Teils der Fluchtfahrt gegeben, so dass nicht ersichtlich sei, inwiefern
ein solcher Vorsatz bezüglich des weiteren Verlaufs der Fluchtfahrt anzunehmen
wäre. Skrupellosigkeit erscheine unter der grossen seelischen Belastung,
welcher er zum Tatzeitpunkt ausgesetzt gewesen sei, ebenfalls ausgeschlossen
(Beschwerde Ziff. 7.5 S. 8 f.).

3.3 Für die Gefährdung des Lebens ist in subjektiver Hinsicht direkter Vorsatz
in Bezug auf die unmittelbare Lebensgefahr erforderlich; Eventualvorsatz genügt
nicht (BGE 133 IV 1 E. 5.1 S. 8, mit Hinweisen). Direkter Vorsatz ist nach der
Rechtsprechung gegeben, wenn der Täter den deliktischen Erfolg, mag ihm dieser
auch gleichgültig oder sogar unerwünscht sein, als notwendige Folge oder als
Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks in seinen Entschluss miteinbezogen
hat. Er braucht nicht das vom Täter erstrebte Ziel zu sein; es genügt, dass er
mitgewollt ist (BGE 119 IV 193 E. 2b/cc S. 194, mit Hinweisen). Demgegenüber
liegt Eventualvorsatz vor, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs bzw. die
Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den
Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt (BGE 133 IV 222 E. 5.3 S.
225, mit Hinweisen). Sicheres Wissen um die unmittelbare Lebensgefahr, also um
die Möglichkeit des Erfolgseintritts (Tod), ist mit sicherem Wissen um den
Erfolgseintritt gerade nicht identisch, kann also sowohl mit (eventuellem)
Tötungsvorsatz wie mit bewusster Fahrlässigkeit bezüglich der Todesfolge
einhergehen. Art. 129 StGB erlangt aber nur in diesem zweiten Fall praktische
Bedeutung, denn bei Tötungsvorsatz greifen Art. 111 ff. StGB ein. Art. 129 StGB
kommt somit die Funktion eines Auffangtatbestands zu, wenn der Tötungsvorsatz
nicht nachzuweisen ist (Günter Stratenwerth/Guido Jenny, Schweizerisches
Strafrecht, Besonderer Teil I, 6. Auflage Bern 2003, § 4 N 2 und 12). Im
Gegensatz zum Eventualvorsatz auf Tötung vertraut der Täter beim
Gefährdungsvorsatz darauf, der Tod des Opfers werde nicht eintreten. Das setzt
voraus, dass er annimmt, die drohende Gefahr werde durch sein eigenes Verhalten
(z.B. gezielter Schuss am Opfer vorbei) oder durch eine Reaktion der
gefährdeten Person (z.B. Sprung zur Seite vor dem vorannahenden Auto)
abgewendet werden (Peter Aebersold, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, 2.
Aufl. Basel 2007, Art. 129 StGB N 28).
Des Weiteren verlangt der subjektive Tatbestand von Art. 129 StGB, dass die
Möglichkeit des Todeseintritts so wahrscheinlich erscheint, dass sich
wissentlich darüber hinwegzusetzen als skrupellos erscheint (BGE 121 IV 67 E.
2b/aa S. 70, mit Hinweisen). Gemeint ist damit ein qualifizierter Grad der
Vorwerfbarkeit, eine besondere Hemmungs- oder Rücksichtslosigkeit des Täters
(Stratenwerth/Jenny, a.a.O., § 4 N 13). Zu berücksichtigen sind die Tatmittel,
die Tatmotive sowie die konkrete Tatsituation. Die Skrupellosigkeit muss sich
mithin als Qualifikation der Tat ergeben (Peter Aebersold, Basler Kommentar,
a.a.O., Art. 129 StGB N 33).

3.4 Beim Tatbestand von Art. 129 StGB handelt es sich um ein konkretes
Gefährdungsdelikt, welches das Rechtsgut Leben schützt (Peter Aebersold, Basler
Kommentar, a.a.O., Art. 129 StGB N 1). Der Beschwerdeführer hat mehrere
Personen an unterschiedlichen Orten gefährdet und die Tat somit mehrfach
begangen. Eine tatbestandliche oder natürliche Handlungseinheit kommt nicht in
Betracht. Der Einwand des Beschwerdeführers, die erste Instanz habe den
Gefährdungsvorsatz bereits im ersten Teil der Fluchtfahrt verneint, weshalb ein
solcher erst recht nicht für den zweiten Teil gegeben sei, ist unbegründet. In
der ersten Phase war die Aufmerksamkeit des Beschwerdeführers nicht in
Fahrtrichtung konzentriert (s. erstinstanzliches Urteil E. 7 S. 16). Wie die
Vorinstanz festgestellt hat, nahm der Beschwerdeführer in der anschliessenden
Phase die sich in seinem Blickfeld befindlichen Fussgänger wahr und wusste,
dass er diese bei einer Fahrt mit einer Geschwindigkeit von rund 100 km/h durch
die Vorstadt in Lebensgefahr brachte (angefochtenes Urteil E. 3.2.2 S. 10).
Diese Gefahr hat er in seinen Entschluss einbezogen, so dass der direkte
Vorsatz zu bejahen ist. Der Beschwerdeführer hat die Passanten in Lebensgefahr
gebracht, um sich der Polizei zu entziehen und mithin aus egoistischen Gründe
gehandelt. Die Lebensgefahr steht dabei in keinem vernünftigen Missverhältnis
zur befürchteten Sanktion. Daran vermöchte auch die geltend gemachte grosse
seelische Belastung des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Die Vorinstanz hat
den Beschwerdeführer zu Recht wegen Gefährdung des Lebens verurteilt.

4.
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer die falsche Anwendung von Art. 43 Abs. 1
StGB und somit eine Verletzung von Bundesrecht, wenn die Vorinstanz die
Voraussetzungen des teilbedingten Strafvollzuges nicht als gegeben erachte.

4.1 Gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer
Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren in der
Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter
von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten. Wurde der Täter
innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder
unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder zu einer
Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt, so ist der Aufschub nur
zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB). Das
Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und
höchstens drei Jahren nur teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um
dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen (Art. 43 Abs. 1 StGB).

4.2 Die Vorinstanz führt aus, es widerspreche der ratio legis, wenn einzig das
Verschulden Voraussetzung für den teilweisen Aufschub des Vollzuges sei. Könnte
eine teilbedingte Strafe ohne straffreie Zeit, ohne Schadenregelung und ohne
positive Prognose gewährt werden, würde dies unter Umständen zu einer
unlogischen Privilegierung führen, weil nach Art. 43 StGB länger dauernde
bedingte Strafteile möglich wären als beim vollbedingten Strafvollzug. Deshalb
müssten auch für eine teilbedingte Strafe die Voraussetzungen von Art. 42 StGB
erfüllt sein. Die Wortwahl "nur teilweise aufschieben" zeige, dass die Basis
der bedingte Vollzug und dessen Voraussetzungen bilde. Aufgrund der
Verurteilungen des Beschwerdeführers im Jahre 1998 könne deshalb der
teilbedingte Vollzug nur gewährt werden, wenn besonders günstige Verhältnisse
vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB). Angesichts der einschlägigen Vorstrafen des
Beschwerdeführers und seiner erneuten Delinquenz könne diesem keine günstige
Prognose gestellt werden, weshalb er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe zu
verurteilen sei (angefochtenes Urteil E. 5.2.1 ff. S. 13 f.).

4.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, ein teilbedingt Verurteilter werde nicht
privilegiert da bei der teilbedingten Freiheitsstrafe der zu vollziehende Teil
der Strafe mindestens sechs Monate betragen müsse. Es würde keinen Sinn machen,
den Zeitrahmen für bedingte und teilbedingte Strafen im Bereich von 1 bis 2
Jahren überschneidend vorzusehen, wenn für beide Vollzugsarten die gleichen
Voraussetzungen gelten würden. Die Vorinstanz wende die Kann-Bestimmung von
Art. 43 Abs. 1 StGB falsch an. Es sei nicht relevant, dass das Gesetz in Art.
43 StGB grammatikalisch an die vorstehende Bestimmung anknüpfe. Entscheidend
sei, dass der Richter bei der Anordnung des teilbedingten Strafvollzuges über
ein weites Ermessen verfüge (Beschwerde Ziff. 8.1 ff. S. 10 f.).

4.4 Grundvoraussetzung für die teilbedingte Strafe im Sinne von Art. 43 StGB
ist, dass eine begründete Aussicht auf Bewährung besteht. Zwar fehlt ein
entsprechender Verweis auf Art. 42 StGB, doch ergibt sich dies aus Sinn und
Zweck von Art. 43 StGB. Wenn und soweit die Legalprognose des Täters nicht
schlecht ausfällt, verlangt die Bestimmung, dass zumindest ein Teil der Strafe
auf Bewährung ausgesetzt wird. Umgekehrt gilt, dass bei einer Schlechtprognose
auch ein bloss teilweiser Aufschub der Strafe nicht gerechtfertigt ist. Denn wo
keinerlei Aussicht besteht, der Täter werde sich in irgendeiner Weise durch den
- ganz oder teilweise - gewährten Strafaufschub beeinflussen lassen, muss die
Strafe in voller Länge vollzogen werden. Die Auffassung, dass die subjektiven
Voraussetzungen von Art. 42 StGB auch für die Anwendung von Art. 43 StGB gelten
müssen, entspricht ganz überwiegender Lehrmeinung (BGE 134 IV 1 E. 5.3.1 S. 10,
mit Hinweisen). Gestützt darauf hat die Vorinstanz zu Recht die Gewährung des
teilbedingten Strafvollzuges verweigert. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist
sich als unbegründet.

5.
Demgemäss ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. April 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Schneider Binz