Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.670/2007
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6B_670/2007

Urteil vom 21. Januar 2008
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiber Störi.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Luzi Stamm,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 27. August 2007.

Sachverhalt:

A.
Der Statthalter des Bezirks Andelfingen büsste X.________ am 18. Mai 2006
wegen einer Verkehrsregelverletzung mit 200 Franken. Auf dessen Einsprache
hin verurteilte ihn der Einzelrichter des Bezirksgerichts Andelfingen am 6.
November 2006 wegen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff.
1 SVG i.V.m. Art. 34 Abs. 4 und Art. 40 SVG sowie Art. 12 Abs. 1 und Art. 29
Abs. 1 VRV zu einer Busse von 200 Franken. Er hielt für erwiesen, dass
X.________ am 6. September 2005, zwischen 14:30 und 15:00 Uhr, mit dem
Sattelschlepper ZH 41'200 auf der A4 zwischen Winterthur und Schaffhausen
unterwegs war, dabei zu nahe auf den von S.________ gelenkten Personenwagen
aufschloss und missbräuchlich Hupe und Lichthupe betätigte.

Auf Berufung X.________s hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich
das erstinstanzliche Urteil am 27. August 2007 vollumfänglich.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 26. Oktober 2007 beantragt X.________, den
Entscheid des Obergerichts aufzuheben und ihn von Schuld und Strafe
freizusprechen oder die Sache eventuell an die kantonalen Instanzen
zurückzuweisen.

Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Erwägungen:

1.
Die Verurteilung des Beschwerdeführers beruht ausschliesslich auf den
Aussagen S.________s, der sich durch die Fahrweise des Beschwerdeführers
bedroht gefühlt und diesen unmittelbar nach dem umstrittenen Vorfall bei der
Schaffhauser Polizei angezeigt hatte. Das Bezirks- und das Obergericht halten
dessen Aussage für glaubhaft, während sie die Bestreitungen des
Beschwerdeführers nicht überzeugten.

Der Beschwerdeführer macht geltend, der Schuldspruch beruhe letztlich auf der
Überlegung, wonach es nicht nachvollziehbar wäre, dass ein Automobilist sich
die Mühe machen würde, die Autobahn zu verlassen, um eine erfundene oder
wahrheitswidrige Anzeige zu erstatten. Die Überlegung sei zwar nahe liegend,
die Schlussfolgerung der kantonalen Gerichte aber unhaltbar. Wer trotz einer
klaren Ausgangsposition "Aussage gegen Aussage" gegen den Angeschuldigten
entscheide, verletze in willkürlicher Weise das Prinzip "in dubio pro reo".
Wer dies unter den vorliegenden Umständen tue, schaffe zudem eine Umkehr der
Beweislast. Dem Zeugen sei auf willkürliche Weise Glauben geschenkt worden.

2.
2.1 In Bezug auf die hier ausschliesslich umstrittene Beweiswürdigung geht das
Bundesgericht vom Sachverhalt aus, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat,
es sei denn, dieser erweise sich als offensichtlich unrichtig oder beruhe auf
einer Verletzung von Bundesrecht (Art. 105 Abs. 1 und Abs. 2 BGG).
"Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (Botschaft vom 28.
Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4338). Will
der Beschwerdeführer eine tatsächliche Feststellung der Vorinstanz angreifen,
muss er nachweisen, dass diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung beruht und die Behebung des Mangels geeignet ist, den
Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an, wobei es allerdings die
Verletzung von Grundrechten nur auf begründete Rüge hin prüft (Art. 106 BGG).

2.2 Was der Beschwerdeführer vorbringt, erschöpft sich in teilweise
offensichtlich unzutreffender und teilweise unzulässiger appellatorischer
Kritik an der obergerichtlichen Beweiswürdigung. So sind dem schweizerischen
Straf- bzw. Strafprozessrecht formale Beweisregeln unbekannt. Aus der
Tatsache, dass an Beweismitteln einzig die belastenden Aussagen S.________s
und die Bestreitungen des Beschwerdeführers vorliegen, ergibt sich
keineswegs, dass wegen der formalen Patt-Situation zweier sich
widersprechender Aussagen "im Zweifel für den Angeklagten" ein Freispruch
erfolgen müsste. Entscheidend ist vielmehr, ob nach einer willkürfreien
richterlichen Würdigung der Beweismittel ernsthafte Zweifel an der Schuld des
Beschwerdeführers bestehen bleiben. Das Obergericht und das Bezirksgericht,
auf dessen Urteil es verweist, haben nachvollziehbar und folgerichtig
begründet, weshalb sie die Aussagen S.________s überzeugend finden. Wie auch
der Beschwerdeführer einräumt, ist es bereits höchst unwahrscheinlich, dass
ein Automobilist die Autobahn verlässt und einen Polizeiposten aufsucht, um
einen ihm unbekannten Verkehrsteilnehmer wegen eines Verkehrsdelikts zu
verzeigen, ohne dass ein entsprechender, vom Anzeiger als bedrohlich
empfundener Vorfall stattgefunden hat. Die Darstellung S.________s ist zudem
derart detailreich und lebensnah, dass das Obergericht, entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers, ohne Willkür ausschliessen konnte, er habe
nicht ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben; es kann auf die bezirks- und
obergerichtliche Beweiswürdigung verwiesen werden. Der Beschwerdeführer kann
sich dagegen an den Vorfall nicht erinnern. Das erscheint zwar ohne weiteres
plausibel, da er diesen aus seiner Sicht wohl kaum als besonders dramatisch
einstufte und er erst ein gutes halbes Jahr später befragt wurde. Das ändert
indessen nichts daran, dass die obergerichtliche Einschätzung keineswegs
unhaltbar ist, wonach sein Einwand - der Vorwurf könne nicht stimmen, da dies
nicht seinem Fahrstil entspreche - nicht geeignet sei, die überzeugende
Darstellung S.________s in Frage zu stellen. Zu Unrecht zieht der
Beschwerdeführer daraus den Schluss, er sei verurteilt worden, weil er seine
Unschuld nicht bewiesen habe. Das Obergericht hat ihn nicht verurteilt, weil
sein Entlastungsbeweis scheiterte, sondern weil es an seiner Schuld auf Grund
der Aussagen S.________s keine vernünftige Zweifel mehr hegte. Unbegründet
ist schliesslich auch der Vorwurf, die Untersuchungsbehörden hätten es
unterlassen, den Fahrer des vor S.________ fahrenden Lieferwagens ausfindig
zu machen, welcher den Vorfall habe mitbekommen müssen.  Abgesehen davon,
dass der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine Verfassungsrüge erhebt
(Art. 106 BGG), steht keineswegs fest, dass dieser Lenker den sich hinter ihm
abspielenden Vorfall beobachtete. Es trifft zudem nicht zu, dass die Polizei
nicht versucht hätte, ihn zu ermitteln. Ihre Bemühungen blieben indessen
erfolglos, da zur fraglichen Zeit mehrere Lieferwagen der betreffenden
Sanitär-Firma auf der A4 in Richtung Schaffhausen unterwegs waren.

Zusammenfassend bringt der Beschwerdeführer nichts vor, was geeignet wäre,
die obergerichtliche Beweiswürdigung als verfassungswidrig erscheinen zu
lassen.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Januar 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Störi