Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.617/2007
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6B_617/2007/bri

Urteil vom 8. Januar 2008
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Stohner.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Hübner,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Aabachstrasse 1, 6301 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Geringfügige Sachbeschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil der Justizkommission des Obergerichts des Kantons
Zug vom 31. August 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 16. Januar 2007 befand das Einzelrichteramt Zug X.________ der
geringfügigen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB i.V.m. Art.
172ter StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 200.--.
X.________ wurde ferner verpflichtet, den Privatkläger C.________ mit Fr.
111.-- zu entschädigen.

B.
Die von X.________ gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde wies das
Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, mit Urteil vom 31. August 2007
ab.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission, vom 31. August 2007 sei
aufzuheben, und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Des Weiteren ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
Auf die Beschwerde ist einzutreten, da sie unter Einhaltung der gesetzlichen
Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der in ihren Anträgen
unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 BGG)
eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz
(Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG) in Strafsachen
(Art. 78 Abs. 1 BGG) richtet.

2.
2.1 Die Vorinstanz geht insbesondere gestützt auf die Aussagen der beiden
Augenzeugen A.________ und B.________ von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer stieg am 2. Dezember 2004, um ca. 9.45 Uhr, auf einem
öffentlichen Parkplatz vor einem Einkaufszentrum in Baar aus seinem Auto aus,
begab sich zu einem parkierten Personenwagen und zerstach mit einem spitzen
Gegenstand den rechten Vorderreifen dieses Fahrzeugs.

2.2 Das Bundesgericht ist an die Feststellung des Sachverhalts grundsätzlich
gebunden (Art. 105 BGG). Diese kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

Der Beschwerdeführer wiederholt in seiner Beschwerdeschrift über weite
Strecken einzig seine bereits im kantonalen Verfahren erhobenen
Tatsachenbehauptungen und stellt der Beweiswürdigung der kantonalen Behörden
lediglich seine eigene Sicht der Dinge gegenüber, ohne zu erörtern, inwiefern
der Entscheid (auch) im Ergebnis verfassungswidrig sein sollte. Seine
Vorbringen erschöpfen sich mithin weitgehend in einer unzulässigen
appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und genügen folglich den
Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Dies gilt
insbesondere hinsichtlich seiner Ausführungen zur Beschädigung der beiden
Hinterreifen, welche dem Beschwerdeführer nicht (mehr) angelastet wird
(Beschwerde S. 6 ff.).

Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

2.3 Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine willkürliche
Beweiswürdigung (Art. 9 BV) und eine Verletzung der Unschuldsvermutung (Art.
6 Ziff. 2 EMRK und Art. 32 Abs. 1 BV) vor:

Der Beschwerdeführer führt aus, es bestünden unüberwindbare Widersprüche und
Ungereimtheiten in der Beweiswürdigung der Vorinstanz. Namentlich stimme
seine zum Tatzeitpunkt getragene Bekleidung nicht mit der Täterbeschreibung
des Zeugen B.________ überein. Zudem sei er erwiesenermassen Linkshänder, die
Tat sei aber gemäss den übereinstimmenden Aussagen der beiden Zeugen mit der
rechten Hand ausgeführt worden. Da ein Autoreifen nur mit grossem
Kraftaufwand zerstochen werden könne, könne ein Linkshänder die Tat mit
rechts gar nicht ausführen (Beschwerde S. 12 f.). Des Weiteren seien die drei
Reifen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch ein und dieselbe
Person zerstochen worden. Deshalb gebiete es die reine Sachlogik, dass er
entweder der Sachbeschädigung an allen drei Reifen für schuldig befunden oder
aber gänzlich von Schuld und Strafe freigesprochen werde. Die von der
Vorinstanz favorisierte Beweiswürdigung entspreche einer Mittellösung
zwischen Schuld- und Freispruch und erweise sich folglich als willkürlich
(Beschwerde S. 17).

2.4 Dem Sachgericht steht bei der Würdigung der Beweise ein grosser
Ermessensspielraum zu. Willkür ist nur zu bejahen, wenn das Gericht
offensichtlich den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels verkannt, ohne
vernünftigen Grund ein wichtiges und erhebliches Beweismittel
unberücksichtigt gelassen oder aus den vorhandenen Elementen offensichtlich
unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 mit Hinweisen).

Als Beweiswürdigungsregel besagt der aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs.
1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleitete Grundsatz "in dubio pro reo", dass
sich das Strafgericht nicht von einem für die angeklagte Person ungünstigen
Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel
bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Inwiefern dieser
Grundsatz verletzt ist, prüft das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der
Willkür, d.h. es greift nur ein, wenn das Sachgericht die angeklagte Person
verurteilte, obgleich bei objektiver Würdigung des Beweisergebnisses
offensichtlich erhebliche bzw. schlechterdings nicht zu unterdrückende
Zweifel an deren Schuld fortbestanden (BGE 127 I 38 E. 2 und 4 mit
Hinweisen).

2.5 Da vorliegend ein Übertretungstatbestand in Frage steht, welcher mit
einer Busse von weniger als Fr. 500.-- geahndet wurde, konnte die Vorinstanz
gestützt auf § 80 Ziff. 10 StPO/ZG das erstinstanzliche Urteil nur auf die
Verletzung klaren materiellen Rechts, auf offensichtlich unrichtige Akten-
und Beweiswürdigung und auf die Verletzung bestimmter Prozessvorschriften
überprüfen.

2.6 Die Vorinstanz hat sich eingehend mit den Aussagen der beiden Augenzeugen
auseinandergesetzt. Sie hat erwogen, die Tatsache, dass sich deren
Schilderungen insofern unterschieden, als A.________ gesehen haben wolle, wie
der Beschwerdeführer mit einer Ahle auch in die beiden Hinterreifen gestochen
habe, während B.________ lediglich das Zerstechen des Vorderreifens
beobachtet habe, vermöge die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen nicht zu
schmälern, beträfen diese Abweichungen doch einzig Detailfragen
(angefochtenes Urteil S. 4). Insgesamt seien die Aussagen der beiden Zeugen
plausibel, widerspruchsfrei sowie frei von Über- und Untertreibungen. Zudem
bestätige der am rechten Vorderreifen festgestellte Schaden die Darstellung
der Zeugen. Aus dem Umstand schliesslich, dass der Einzelrichter den Vorwurf
der Sachbeschädigung bezüglich der beiden Hinterreifen mangels
rechtsgenüglicher Beweise fallen gelassen habe, könne der Beschwerdeführer
nichts zu seinen Gunsten ableiten (angefochtenes Urteil S. 5).

2.7 Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu
sein. Wie die Vorinstanz willkürfrei dargelegt hat, stimmen die Schilderungen
der beiden Augenzeugen in Bezug auf das beschädigte Auto, das Fahrzeug des
Täters, die von diesem getragene Kleidung, die Tatwaffe und den Tathergang
weitgehend überein. Insbesondere haben beide Zeugen den Beschwerdeführer
ausdrücklich als Täter identifiziert.

Vor diesem Hintergrund konnte die Vorinstanz, ohne in Willkür zu verfallen,
den Sachverhalt als erstellt ansehen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer
(mutmasslich) Linkshänder ist, die Tat aber mit der rechten Hand verübt
worden sein soll, vermag keine offensichtlich erheblichen bzw.
schlechterdings nicht zu unterdrückenden Zweifel an seiner Schuld zu
begründen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die Vorinstanz
im Übrigen nicht von mehreren, unabhängig voneinander agierenden Einzeltätern
ausgegangen, und es ist insoweit nicht willkürlich, sondern vielmehr geradezu
geboten, ihn nur wegen der Taten zu verurteilen, die ihm zweifelsfrei
nachgewiesen werden können

Zusammenfassend hat sich die Vorinstanz damit weder eine willkürliche
Beweiswürdigung zu Schulden kommen lassen noch hat sie den Grundsatz "in
dubio pro reo" missachtet.

2.8 Die Beschwerde ist demnach vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege. Da das Rechtsmittel von vornherein aussichtslos
war, kann dem Gesuch nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei der Festsetzung der
Gerichtsgebühr ist seinen finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Justizkommission des Obergerichts des
Kantons Zug schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Januar 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner