Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.580/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_580/2007/bri

Urteil vom 11. April 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Ferrari, Mathys,
Gerichtsschreiber Borner.

Parteien
B.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Györffy,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Herrenacker 26, 8200 Schaffhausen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafzumessung; Verweigerung des bedingten Strafvollzugs; Widerruf
(Widerhandlung gegen das BetmG),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 24.
August 2007.

Sachverhalt:

A.
B.________ kam mit H.________ überein, für ihn Hanf anzupflanzen und ihm den
geernteten Hanf zu übergeben. Zu diesem Zweck pachtete er in Dörflingen von
einem Bauer 51 Aren Ackerland. An den jährlichen Pachtzins von Fr. 6'000.--
schoss ihm H.________ Fr. 4'000.-- vor. Ende Mai 2002 pflanzte er ca. 1800
Setzlinge THC-reicher Hanfsorten, die er zuvor von H.________ bezogen hatte.
Bevor B.________ den Hanf (THC-Gehalt 12,3 - 15 %) ernten konnte, wurde dieser
amtlich beschlagnahmt. Gemäss Übereinkunft hätte B.________ von H.________ Fr.
5'000.-- für den Anbau und die Aufzucht der Pflanzen erhalten sollen.

B.
Gestützt auf diesen Sachverhalt und weitere Anklagepunkte verurteilte das
Kantonsgericht Schaffhausen B.________ am 24. August 2004 wegen qualifizierter
und mehrfacher einfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie
mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes zu 16 Monaten Gefängnis als
Zusatzstrafe zu einem Strafbefehl vom 13. Januar 2003. Gleichzeitig widerrief
es den bedingten Strafvollzug jener Haftstrafe von 14 Tagen sowie einer
Gefängnisstrafe von 2 Monaten vom 16. Juni 2000.

Das Obergericht des Kantons Schaffhausen wies am 24. August 2007 eine Berufung
von B.________ ab und verurteilte ihn zu einer Gesamtstrafe von 18 Monaten
Freiheitsstrafe.

C.
B.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene
Entscheid sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft
des Kantons Schaffhausen beantragt Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe das Tatbestandsmerkmal der
Bandenmässigkeit zu Unrecht bejaht. Unter anderem habe es am Willen des
Beschwerdeführers gefehlt, zusammen mit H.________ weitere selbständige
Straftaten zu begehen.

1.1 Nach der Rechtsprechung ist Bandenmässigkeit gegeben, wenn zwei oder
mehrere Täter sich mit dem ausdrücklich oder konkludent geäusserten Willen
zusammenfinden, inskünftig zur Verübung mehrerer selbständiger, im Einzelnen
möglicherweise noch unbestimmter Straftaten zusammenzuwirken. Für die Bejahung
des Vorsatzes ist wesentlich, ob der Täter die Tatsachen kannte und wollte, aus
denen das Gericht den rechtlichen Schluss auf bandenmässige Tatbegehung zieht.
Bandenmässigkeit ist erst anzunehmen, wenn der Wille der Täter auf die
gemeinsame Verübung einer Mehrzahl von Delikten gerichtet ist (BGE 124 IV 86 E.
2b mit Hinweisen).

In einem nicht publizierten Entscheid vom 25. April 1997 (6S.734/ 1996, E. 2b)
hat sich das Bundesgericht gefragt, ob für den Begriff der Bande weniger auf
die Zahl der Beteiligten und stattdessen mehr auf den Organisationsgrad und die
Intensität der Zusammenarbeit der Täter abgestellt werden sollte. Bei dieser
Betrachtungsweise würde der Umstand, dass sich "nur" zwei Personen zur
fortgesetzten Begehung von Straftaten zusammengefunden haben, eine
bandenmässige Tatbegehung nicht ausschliessen, wenn nur gewisse Mindestansätze
einer Organisation (etwa einer Rollen- oder Arbeitsteilung) und die Intensität
des Zusammenwirkens ein derartiges Ausmass erreichten, dass von einem bis zu
einem gewissen Grade fest verbundenen und stabilen Team gesprochen werden kann,
auch wenn dieses allenfalls nur kurzlebig war (BGE 124 IV 286 E. 2 a).

1.2 Die Vorinstanz begründet die Bandenmässigkeit wie folgt:
Die Zusammenarbeit des Beschwerdeführers mit H.________ war intensiv. Gemäss
seinen Angaben musste er die Stecklinge pflanzen, pflegen, ernten und
H.________ zur weiteren Verwendung überlassen. Damit kann jedoch von einem
gemeinsamen Unternehmen ausgegangen werden. Indem der Beschwerdeführer das Land
pachtete und Hanfpflanzen mit einem THC-Gehalt von 12,3 - 15,0 % anbaute,
leistete er einen wesentlichen Beitrag und wurde so zum Mittäter. Vorliegend
sind die Mindestansätze einer Organisation ebenfalls gegeben. Die Intensität
des Zusammenwirkens hat ein derartiges Ausmass erreicht, dass von einem bis zu
einem gewissen Grade fest verbundenen und stabilen Team gesprochen werden kann.
Die weitere Rüge, dass Bandenmässigkeit mangels Vorsatz subjektiv nicht gegeben
sei, geht ebenfalls fehl. Für die Bejahung des Vorsatzes ist wesentlich, ob der
Täter die Tatsachen kannte und wollte, aus denen das Gericht den rechtlichen
Schluss auf bandenmässige Tatbegehung zieht. Entgegen der Ansicht des
Beschwerdeführers ist nicht notwendig, dass er wusste, wie der Hanf weiter
verwendet wird. Dabei gibt er selber an, das Hanföl wäre für Produkte im
Lebensmittel- und Kosmetikbereich verwendet worden, was doch eine Beteiligung
an der Entschlussfassung betreffend das weitere Vorgehen beweist. Seine
weiteren Ausführungen zu den abgeschlossenen Verträgen und mangelnden
Kenntnissen von Preisen und Qualität des Hanfes sind als Schutzbehauptungen zu
betrachten. In ihrem zum Zwecke des Hanfhandels gegründeten Betrieb wirkten der
Beschwerdeführer und H.________ wissentlich und willentlich zusammen.
Hinsichtlich des Qualifikationsmerkmals der Bandenmässigkeit handelte der
Beschwerdeführer somit direktvorsätzlich.

1.3 In diesen Ausführungen kommt die Vorinstanz zwar zum Schluss, der
Beschwerdeführer und H.________ hätten "in ihrem zum Zwecke des Hanfhandels
gegründeten Betrieb" wissentlich und willentlich zusammengewirkt. Wie der
Beschwerdeführer aber zu Recht einwendet, betrifft der gemeinsame Betrieb
lediglich die ca. 1'800 Setzlinge, die der Beschwerdeführer im Jahr 2002
pflanzte und nach der Ernte H.________ hätte übergeben sollen. Diese Tat ist
unbestritten.

Dass der subjektive Tatbestand der Bandenmässigkeit gegeben sei, begründet die
Vorinstanz ausschliesslich mit Kenntnissen des Beschwerdeführers im
Zusammenhang mit dem soeben erwähnten Hanfanbau im Jahre 2002. Sie macht aber
keinerlei Hinweise darauf, dass die beiden z.B. Abmachungen für die nächsten
Jahre oder für andere mit Hanf zu bebauende Felder getroffen hätten.
Ebensowenig führt sie Umstände an, woraus auf eine künftige gemeinsame
Drogenhanfproduktion geschlossen werden könnte. Der von der Vorinstanz
beschriebene Organisationsgrad und das arbeitsteilige Zusammenwirken der beiden
reicht jedenfalls nicht aus um anzunehmen, der Wille des Beschwerdeführers sei
auf die gemeinsame Verübung einer Mehrzahl von Delikten gerichtet gewesen.
Indem die Vorinstanz den Beschwerdeführer dennoch wegen Bandenmässigkeit
verurteilte, verletzte sie Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG.

Die Argumentation der Beschwerdegegnerin, dem Beschwerdeführer werde auch ein
zweiter Hanfanbau vorgeworfen, vermag am bisher Gesagten nichts zu ändern. Das
Kantonsgericht hatte den Beschwerdeführer nämlich von diesem Vorwurf
freigesprochen und insbesondere Bandenmässigkeit verneint, "zumal aus der
Anklageschrift ohnehin nicht ersichtlich ist, aus welchen Personen die Bande in
diesem Anklagepunkt bestanden haben soll" (kantonale Akten, act. 552 oben).

2.
Der Beschwerdeführer beanstandet auch die vorinstanzlichen Erwägungen zur
Strafzumessung, zum bedingten Strafvollzug und zum Widerruf des bedingten
Strafvollzugs der beiden früheren Strafen.

Nachdem eine Verletzung von Bundesrecht feststeht, ist der angefochtene
Entscheid aufzuheben. Die Vorinstanz wird den Beschwerdeführer vom Vorwurf der
bandenmässigen Begehung freisprechen. Als Folge davon wird sie die anderen
gerügten Punkte nach den Umständen im Urteilszeitpunkt neu beurteilen müssen.
Deshalb erübrigen sich hier weitere Erörterungen.

3.
Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen. Da dem obsiegenden Beschwerdeführer
keine Kosten aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG), wird sein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. Der Kanton Schaffhausen hat den
Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren
angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons
Schaffhausen vom 24. August 2007 aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an
die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als gegenstandslos
abgeschrieben.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Der Kanton Schaffhausen hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. April 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Borner