Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.565/2007
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6B_565/2007

Urteil vom 3. Dezember 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Thommen.

X. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Manuel Rohrer,

gegen

Generalprokurator des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern,
Beschwerdegegner.

Mehrfache Veruntreuung; mehrfache Urkundenfälschung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, vom 3. Juli 2007.
Sachverhalt:

A.
X. ________ war als Schalterangestellte bei der Bank A.________ in Bern unter
anderem verantwortlich für den An- und Verkauf von Gold. Schmuck und
Goldbarren wurden den Bankkunden abgekauft und der B.________ SA in
Balerna/TI zum Einschmelzen weiterverkauft.

Bei dieser Tätigkeit soll X.________ Gold und/oder Bargeld für sich
veruntreut haben. Im Einzelnen wird ihr vorgeworfen, im Zeitraum vom Februar
2002 bis Januar 2003 in vier Fällen jeweils nach Eingang der Abrechnungen der
B.________ SA über die Schmelzgoldlieferungen höhere als die ursprünglich
gelieferten Grammbeträge "ausgebucht" und die entsprechende Goldmenge für
sich abgezweigt zu haben. Sodann soll sie von März bis Juli 2003 bei drei
Goldankäufen zu hohe, bei zwei Goldverkäufen zu tiefe Preise verbucht und die
Differenzbeträge für sich eingenommen haben. Schliesslich habe sie im Juni
2004 insgesamt 1,6 kg Gold im Wert von rund Fr. 25'725.-- veruntreut. In
Bezug auf die Vertuschung der Veruntreuungen durch Belege wird ihr
Urkundenfälschung vorgeworfen (vgl. Überweisungsbeschluss vom 8./31. Mai
2006).

B.
Am 17. November 2006 befand das Kreisgericht VIII Bern-Laupen X.________ der
mehrfachen Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) und Urkundenfälschung
(Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) für schuldig und bestrafte sie mit zehn
Monaten Gefängnis bedingt. Dieser Schuldspruch wurde vom Obergericht des
Kantons Bern mit Urteil vom 3. Juli 2007 vollumfänglich bestätigt und eine
bedingte Geldstrafe von 300 Tagessätzen à Fr. 130.-- sowie Fr. 1000.-- Busse
ausgefällt.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt die Aufhebung des
obergerichtlichen Urteils, die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an
die Vorinstanz sowie die unentgeltliche Rechtspflege. Nach Aufforderung zum
Nachweis der Bedürftigkeit (act. 5) wurde das Armenrechtsgesuch mit Schreiben
vom 11. Oktober 2007 zurückgezogen (act. 8). Vernehmlassungen wurden keine
eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht sowie behauptete Mängel in der Sachverhaltsfeststellung
nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
substantiiert begründet worden ist. Die Entscheidrelevanz des Mangels ist zu
belegen (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 286 E. 1).

1.2 Diesen Begründungsanforderungen genügt die Beschwerdeschrift nur
teilweise. Soweit moniert wird, dass die Angelegenheit nicht durch mit
Wirtschaftsstrafsachen vertraute Behörden untersucht und beurteilt worden sei
(Beschwerde S. 11-12), wird sinngemäss eine nicht weiter begründete
Verletzung kantonalen Strafprozessrechts geltend gemacht. Dass die
Untersuchungsbehörde an ihrer Schuld gezweifelt und daher bloss aus
Legalitätserwägungen ("in dubio pro duriore") überwiesen habe, bleibt eine
Behauptung, die insbesondere im Überweisungsbeschluss keine Stütze findet.
Darauf ist nicht einzugehen.

2.
Die Beschwerdeführerin wendet sich im Übrigen ausschliesslich gegen die
Beweiswürdigung und die Tatsachenfeststellung der Vorinstanz. Sie macht eine
Verletzung des "in dubio pro reo"-Grundsatzes geltend. Sie sei ohne genügende
Beweise verurteilt, und die mögliche Täterschaft anderer Bankmitarbeiter sei
nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen worden.

2.1 Als Beweiswürdigungsregel besagt der in Art. 32 Abs. 1 BV verankerte "in
dubio pro reo"-Grundsatz, dass sich der Strafrichter nicht von der Existenz
eines für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären darf,
wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende
Zweifel bestehen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Inwiefern
dieser Grundsatz verletzt sein sollte, prüft das Bundesgericht unter dem
Gesichtspunkt der Willkür. Als Beweislastregel bedeutet sie, dass es Sache
des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen, und nicht dieser
seine Unschuld nachweisen muss (BGE 127 I 38 E. 2a; 120 Ia 31 E. 2c).

2.2
2.2.1 In Bezug auf den ersten Anklagevorwurf kommen beide Instanzen zum
Schluss, dass die Beschwerdeführerin die eingeklagten Goldmengen nicht an die
B.________ SA lieferte, sondern für sich behielt und dies durch Anpassung der
Buchungsbelege vertuschte. Eine versehentliche Fehlbuchung könne
ausgeschlossen werden, zumal dies der Beschwerdeführerin spätestens beim
Nachzählen der physischen Goldbestände am Ende der jeweiligen Woche
aufgefallen wäre. Ebenso unwahrscheinlich sei eine Fehlbuchung durch
Drittpersonen, da zum Buchungszeitpunkt die Beschwerdeführerin eingeloggt
gewesen sei. Zwar sei es bei kurzen Abwesenheiten vorgekommen, dass Dritte
unter dem Namen der Beschwerdeführerin Buchungen vorgenommen hätten, doch
hätten sich diese Pausenablösungen auf alltägliche Schaltergeschäfte
beschränkt (vgl. kreisgerichtliches Urteil S. 5-11; angefochtenes Urteil S.
8-11).

2.2.2 Beim zweiten Anklagevorwurf der Verbuchung falscher Kaufpreise
verwerfen beide Vorinstanzen den Erklärungsversuch der Beschwerdeführerin,
wonach gelegentlich zwischen den verschiedenen Bankschaltern Gold verschoben
und diese Übertragungen buchhalterisch zu fiktiven Preisen verbucht worden
seien. Zwar hätten solche internen Verschiebungen tatsächlich stattgefunden,
doch fehlten in den angeklagten Fällen entsprechende Gegenbuchungen bei den
anderen Kassen. Manipulationen durch Dritte könnten ausgeschlossen werden, da
die Beschwerdeführerin im System eingeloggt gewesen sei (angefochtenes Urteil
S. 11 f.; erstinstanzliches Urteil S. 11-13).

2.2.3 In Bezug auf den Vorwurf der Veruntreuung von 1,6 kg Goldschmuck wird
ausgeführt, dass sich ein solches Manko nicht mit den Rundungsungenauigkeiten
im Goldgeschäft erklären lasse. Für die Täterschaft der Beschwerdeführerin
spreche, dass sie C.________, welche das Manko entdeckte, um Stillschweigen
gegenüber den Vorgesetzten gebeten und in der Folge versuchte habe, das
Fehlen des Schmucks mit einer von ihr angefertigten Quittung eines
Goldschmieds zu erklären (angefochtenes Urteil S. 12-14; erstinstanzliches
Urteil S. 13-15).

2.3
Soweit die Einwände der Beschwerdeführerin überhaupt genügend begründet sind,
gehen sie fehl. Die Vorinstanz hat die für die Täterschaft der
Beschwerdeführerin sprechenden Indizien eingehend und nachvollziehbar
gewürdigt. Sie hat insbesondere klar dargelegt, weshalb nur die
Beschwerdeführerin die angeklagten Taten begangen haben kann und weshalb die
übrigen Mitarbeiter als mögliche Täter ausschieden. Ebenso eindeutig geht aus
dem angefochtenen Entscheid hervor, dass die Fehlbuchungen nicht
versehentlich erfolgt sein können. Was die Beschwerdeführerin hiergegen
vorbringt, ist bloss ihre eigene Sicht der Vorfälle. Dass die von ihr der
Veruntreuung bezichtigten Arbeitskollegen im Gegensatz zu ihr finanzielle
Motive zur Tat gehabt hätten, bleibt eine reine Behauptung (Beschwerde
S. 9 f. und 19). Wie bereits die erste Instanz zutreffend festhielt, ist von
den als Beweise beantragten Ferienplänen kein weiterer Aufschluss zu
erwarten. Die Anwesenheit der Beschwerdeführerin geht bereits aus ihrem
"Log-in" an der Kasse hervor. Dass die Mitarbeiter sich unter ihrem Namen
eingeloggt haben sollen, ist ein neuer und deshalb unzulässiger Einwand (Art.
99 Abs. 1 BGG). Entgegen der Beschwerdeführerin (Beschwerde S. 10) wurde das
Fehlen von 1,6 kg Gold nicht mit den B.________ SA-Rechnungen in Verbindung
gebracht. Ebenso wenig wurde der Suizidversuch als Schuldeingeständnis
gewertet. Er wurde lediglich in zulässiger Weise in die Gesamtbetrachtung
miteinbezogen. Soweit sie bestreitet, dass das Kurzzeichen auf dem Beleg vom
4. Februar 2002 von ihr stamme, verkennt sie, dass bereits die erste Instanz
eine diesbezügliche Dritttäterschaft willkürfrei ausgeschlossen hatte. Auch
die Vorinstanz wertete die bestrittene Urheberschaft des Kurzzeichens als
Schutzbehauptung. Aus dem Umstand, dass das vermisste Gold bei ihr nicht
gefunden wurde, kann die Beschwerdefüherin nichts zu ihren Gunsten ableiten.
Es erklärt insbesondere nicht, weshalb sie das Verschwinden des Golds mit
einer gefälschten Quittung zu rechtfertigen versuchte. Mit dem Vorwurf, für
gewisse Ungereimtheiten keine Erklärung liefern zu können, wurde ihr nicht
die Beweislast auferlegt, sondern lediglich festgehalten, dass sie zu den für
sie ungünstigen Beweisergebnissen keine plausiblen entlastenden Umstände
vorzubringen vermochte.

3.
Ihre Einwände gegen die Verurteilung wegen Urkundenfälschung leitet die
Beschwerdeführerin unmittelbar aus dem ihrer Ansicht nach fehlenden Nachweis
der Veruntreuungstäterschaft ab. Sie bestreitet ohne weitere Begründung, die
als Urkunden qualifizierten Belege (vorsätzlich) falsch ausgefüllt zu haben.
Es kann daher auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

4.
Zusammenfassend ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Die Beschwerdeführerin wird für ihr Unterliegen kostenpflichtig (Art. 66
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Der Beschwerdeführerin wird eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Dezember 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Thommen