Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.497/2007
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6B_497/2007 /rom

Urteil vom 13. November 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Stohner.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt J. Martin Pulver,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Postfach 760, 6301 Zug.

Kosten- und Entschädigungsregelungen,

Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug,
Justizkommission, vom 22. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 24. August 2006 sprach das Strafgericht des Kantons Zug
X.________ vom Vorwurf der mehrfachen qualifizierten Veruntreuung, des
Betrugs und der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung frei und
entschädigte seinen amtlichen Verteidiger mit Fr. 50'000.--. X.________ wurde
des Weiteren eine Entschädigung von Fr. 5'000.-- an die Kosten seiner
privaten Verteidigung zugesprochen.

B.
Die von X.________ gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde hiess das
Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, am 22. Juni 2007 teilweise gut
und erhöhte die X.________ an die Kosten seiner privaten Verteidigung
ausgerichtete Entschädigung um Fr. 1'000.-- auf Fr. 6'000.--.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, vom 22. Juni 2007 sei
aufzuheben, und es sei ihm eine Entschädigung von insgesamt Fr. 22'592.55 an
die Kosten seiner privaten Verteidigung auszurichten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Auf die Beschwerde ist einzutreten, da sie unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der in
ihren Anträgen unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b
Ziff. 1 BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG)
in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG) richtet.

1.2 Mit Beschwerde in Strafsachen geltend gemacht werden kann die Verletzung
von Bundesrecht, Völkerrecht, interkantonalem Recht, kantonalen
verfassungsmässigen Rechten und kantonalen Bestimmungen in
Stimmrechtsangelegenheiten (Art. 95 BGG), schliesslich die nicht richtige
Anwendung ausländischen Privatrechts, wenn keine vermögensrechtliche Sache
betroffen ist (Art. 96 BGG). Die Verletzung kantonalen Rechts kann dagegen
nur so weit gerügt werden, als damit ein Verstoss gegen das Willkürverbot
(Art. 9 BV) verbunden ist.

2.
Streitig ist einzig die Höhe der dem Beschwerdeführer an die Kosten seiner
privaten Verteidigung für die Zeit vom 18. Juli 2000 bis zum 13. Mai 2002
ausgerichteten Entschädigung.

2.1 Unbestritten ist, dass sich die einschlägigen Rechtsgrundlagen im
kantonalen Strafprozessrecht und in der Verordnung des Obergerichts des
Kantons Zug über den Anwaltstarif (AnwT; BGS 163.4) finden:

Gemäss § 57 Abs. 1 StPO/ZG ist der freigesprochenen Person, wenn ihr durch
das Strafverfahren wesentliche Kosten und Umtriebe erwachsen sind, eine
Entschädigung zulasten des Staates auszurichten.
Gestützt auf § 2 AnwT sind die Honorare der Rechtsanwälte und
Rechtsanwältinnen innerhalb der in diesem Tarif festgelegten Grenzen nach der
Schwierigkeit des Falls sowie nach dem Umfang und der Art der angemessenen
Bemühungen festzulegen. Für den Bereich der Strafsachen wird in § 15 AnwT
präzisiert, das Honorar bemesse sich nach dem angemessenen Zeitaufwand des
Rechtsanwalts oder der Rechtsanwältin (Abs. 1), wobei der Stundenansatz Fr.
180.-- bis Fr. 300.-- betrage (Abs. 2).

2.2
2.2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers
habe für die massgebliche Zeitspanne auf seinem Klientenblatt einen
Zeitaufwand von 57,75 Stunden (respektive 3'465 Minuten) und Barauslagen von
Fr. 784.30 ausgewiesen.

Die Vorinstanz führt aus, die Aufwendungen des Verteidigers hätten im
Wesentlichen darin bestanden, zusammen mit seinem Mandanten an drei
Befragungen vor dem Untersuchungsrichteramt in Zug teilzunehmen. Hierfür habe
er insgesamt 21 Stunden veranschlagt.26,83 Stunden der geltend gemachten
57,75 Stunden bezögen sich aufs Aktenstudium im Anschluss an die ersten
beiden Einvernahmen und hätten daher nicht deren Vorbereitung dienen können.
Anklage gegen den Beschwerdeführer sei erst Ende 2004 erhoben worden. Erst
nach diesem Zeitpunkt sei ein ausführliches Aktenstudium notwendig gewesen,
und der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers habe denn im Jahr 2005 gemäss
seiner Aufstellung auch über 70 Stunden Aktenstudium betrieben. Zwischen Juli
2000 und Mai 2002 sei ein Aktenstudium mit anderen Worten grösstenteils
überflüssig gewesen. Des Weiteren habe der Verteidiger verschiedene
Positionen im eingereichten Klientenblatt grosszügig berechnet, etwa indem er
für eine einfache Fristerstreckung 30 Minuten eingesetzt habe.

Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Aufwand von 57,75 Stunden erscheine
folglich als nicht angemessen und sei entsprechend zu kürzen. Sachgerecht
sei, den zeitlichen Aufwand mit insgesamt 30 Stunden in Anschlag zu bringen.

2.2.2 Betreffend des Stundenansatzes hat die Vorinstanz ausgeführt, § 15 Abs.
2 AnwT sei so zu verstehen, dass der Minimalansatz von Fr. 180.-- zur
Anwendung gelange, wenn der Fall keine besonderen Schwierigkeiten biete.
Obwohl es sich vorliegend um ein Verfahren im Bereich der
Wirtschaftskriminalität handle, sei der Fall weder besonders komplex noch
sehr anspruchsvoll. Zudem habe der Beschwerdeführer nicht als
Hauptbeschuldigter gegolten, sondern sei erst zu einem späten Zeitpunkt ins
Verfahren einbezogen worden. Anzurechnen sei demnach ein Stundenansatz von
Fr. 180.--.
2.2.3 Bei den vom Verteidiger des Beschwerdeführers ausgewiesenen Barauslagen
von Fr. 784.30 falle auf, dass beispielsweise für Telefonate pauschale
Beträge zwischen Fr. 5.-- und Fr. 20.-- veranschlagt würden, welche nicht den
effektiven Kosten entsprechen könnten. Überdies spezifiziere der Rechtsanwalt
Auslagen in der Höhe von Fr. 359.50 nicht näher.

2.2.4 Zusammenfassend folgert die Vorinstanz, ausgehend von einem Zeitaufwand
von 30 Stunden und einem Stundenansatz von Fr. 180.-- sei dem
Beschwerdeführer im Ergebnis eine Pauschalentschädigung von Fr. 6'000.--
(inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) zuzusprechen.

2.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, seine Entschädigungsforderung von Fr.
22'592.55 sei entgegen der Auffassung der Vorinstanz hinreichend belegt. Er
habe angesichts der Komplexität des Falls einen gerechtfertigten Aufwand von
57,75 Stunden betrieben und hierfür einen angemessenen Stundenansatz von Fr.
350.-- eingesetzt.

Indem die Vorinstanz ihn mit lediglich Fr. 6'000.-- entschädigt habe, habe
sie die massgeblichen kantonalen Bestimmungen von § 57 Abs. 1 StPO/ZG sowie §
2 und § 15 AnwT willkürlich angewendet und hierdurch gegen Art. 9 BV
verstossen. Insbesondere könne § 15 Abs. 2 AnwT einzig herangezogen werden,
wenn zwischen dem Rechtsvertreter und seinem Mandanten kein Honoraransatz
vereinbart worden sei, oder wenn es sich um ein amtliches Mandat handle.
Vorliegend sei es deshalb willkürlich, nicht auf den vereinbarten
Stundenansatz von Fr. 350.-- abzustellen. Falls § 15 Abs. 2 AnwT doch zur
Anwendung gelange, so sei es jedenfalls unhaltbar, den Fall nicht als sehr
komplex zu bewerten und ein Stundenhonorar von Fr. 180.-- statt von Fr.
300.-- zu verrechnen.

2.4 Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung einzig vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht
bzw. im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 173 E. 3.1 mit Hinweisen).
Dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht
übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint
oder gar vorzuziehen wäre, genügt praxisgemäss für die Begründung von Willkür
nicht (BGE 131 IV 100 nicht publ. E. 4.1; 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen).

2.5
2.5.1 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es nicht willkürlich,
§ 15 Abs. 2 AnwT auch auf Fälle privater Mandate mit vereinbartem
Honoraransatz anzuwenden (vgl. § 1 Abs. 2 und § 16 Abs. 1 AnwT).

2.5.2 Die Vorinstanz hat, wie dargelegt, einen Zeitaufwand von 21 Stunden für
die Teilnahmen an den drei Einvernahmen vor dem Untersuchungsrichteramt als
ausgewiesen eingestuft, jedoch gefolgert, der grösste Teil des Aktenstudiums
sei überflüssig gewesen. Insgesamt verdiene ein Zeitaufwand von 30 Stunden
Berücksichtigung.

Dieser Schluss ist sachlich begründet: Die Argumentation im angefochtenen
Urteil, in der massgeblichen Zeitspanne zwischen Juli 2000 und Mai 2002 sei
nur ein geringer Aufwand fürs Aktenstudium notwendig gewesen, weil die
Anklage erst Ende 2004 erhoben worden sei, ist nicht offensichtlich
unhaltbar.

2.5.3 Gemäss § 15 Abs. 2 AnwT beträgt der Stundenansatz des Rechtsanwalts
oder der Rechtsanwältin Fr. 180.-- bis Fr. 300.--. Diese Bestimmung eröffnet
der rechtsanwendenden Behörde mithin einen Ermessensspielraum. Die Auslegung,
§ 15 Abs. 2 AnwT erlaube es, nicht nur einfache Fälle, sondern auch solche
von durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad nach dem Minimalansatz von Fr.
180.-- zu entschädigen, stützt sich auf sachliche Gründe und ist auch im
Ergebnis nicht schlechterdings unhaltbar.

3.
Die Vorinstanz hat somit das kantonale Recht nicht willkürlich angewendet.
Der angefochtene Entscheid hält der bundesgerichtlichen Überprüfung stand.

Die Beschwerde ist daher vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Zug und dem Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 13. November 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: