Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.493/2007
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007


6B_493/2007 /rom

Urteil vom 22. November 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Ferrari, Zünd,
Gerichtsschreiber Störi.

X. ________,
Beschwerdeführer,

Honorar der amtlichen Verteidigung,

Beschwerde in Strafsachen gegen den Entscheid der Inspektionskommission des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 12. August 2007.

Sachverhalt:

A.
Die Inspektionskommission des Obergerichts des Kantons Aargau hiess am 12.
August 2007 die Beschwerde Fürsprecher X.________s gegen die Kürzung seines
Honorars für die amtliche Verteidigung von A.________ gut und wies das
Bezirksgericht Aarau an, dessen Restforderung zu begleichen, soweit dies
nicht schon geschehen sei (Dispositiv-Ziffer 1). Sie nahm die
Verfahrenskosten auf die Staatskasse (Dispositiv-Ziffer 2). Eine
Parteientschädigung sprach sie ihm nicht zu (Dispositiv-Ziffer 3).

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, diesen Entscheid der
Inspektionskommission aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Eventuell sei das Obergericht anzuweisen, ihm für
das kantonale Beschwerdeverfahren eine Entschädigung von Fr. 935.60
zuzusprechen.

C.
Die Inspektionskommission beantragt in ihrer Vernehmlassung, die Beschwerde
abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die
Entschädigung des Beschwerdeführers für eine amtliche Verteidigung. Das
Hauptverfahren, in welchem der Beschwerdeführer als amtlicher Verteidiger
tätig war, ist eine Strafsache im Sinn von Art. 78 Abs. 1 BGG. Die
Parteikosten - im Wesentlichen die Kosten für die private und/oder amtliche
Vertretung - sind untrennbar mit dem Strafverfahren verbunden und werden in
der Regel wie die Verfahrenskosten vom Strafrichter mit der Hauptsache oder
mit separatem Entscheid beurteilt. Rügen gegen ihre Festsetzung durch die
kantonale letzte Instanz sind dementsprechend mit Beschwerde in Strafsachen
zu erheben.

Der Beschwerdeführer beantragt zwar die Aufhebung des angefochtenen
Entscheids ohne Einschränkung. Wie sich aus der Begründung ergibt, wendet er
sich indessen nur gegen die Verweigerung einer Parteientschädigung durch die
Inspektionskommission. Angefochten ist damit einzig Dispositiv-Ziffer 3 des
angefochtenen Entscheids.

2.
Nach § 36 des unbestrittenermassen auf das Beschwerdeverfahren vor der
Inspektionskommission Anwendung findenden Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
9. Juli 1968 (VRPG) "ist dem Obsiegenden eine angemessene Entschädigung für
die Kosten der Vertretung, Verbeiständung oder Beratung durch Anwälte und
weitere Sachverständige zuzusprechen". Die Inspektionskommission hat diese
Bestimmung im angefochtenen Entscheid so ausgelegt, dass eine
Parteientschädigung nur bei anwaltlicher Vertretung zuzusprechen ist.
Dementsprechend hat es dem in eigener Sache prozessierenden Beschwerdeführer
eine Parteientschädigung verweigert.

Diese Auslegung kann sich auf den klaren Wortlaut der Bestimmung stützen.
Parteientschädigungen in der Regel anwaltlich vertretenen Parteien
vorzubehalten, entspricht zudem weit verbreiteter, auch vom Bundesgericht
angewandter Praxis (BGE 125 II 518). Es kann daher keine Rede davon sein, die
Inspektionskommission habe § 36 VRPG willkürlich angewandt, die Rüge ist
unbegründet.

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, aus Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 6 EMRK
ergebe sich ein verfassungsrechtlicher Anspruch des amtlichen Verteidigers
auf eine angemessene Parteientschädigung, wenn er seine
Entschädigungsansprüche auf dem Beschwerdeweg durchsetzen muss.

Der um sein Honorar streitende amtliche Rechtsvertreter nimmt nicht bloss
persönliche Interessen wahr, sondern vertritt seinen Anspruch auf eine
Entschädigung für die Erfüllung einer beruflichen Aufgabe, die er im Rahmen
eines öffentlichrechtlichen Auftragsverhältnisses wahrnimmt. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts steht ihm daher für diese Interessenwahrung
sowohl im bundesgerichtlichen (BGE 125 II 518) als auch im kantonalen
(Entscheid 1P.599/1999 vom 19. Januar 2000, E. 3c) Beschwerdeverfahren, im
Rahmen des erforderlichen Aufwandes und nach Massgabe seines Obsiegens, eine
Parteientschädigung zu. Die Rüge ist begründet.

4.
Damit ist die Beschwerde gutzuheissen, Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen
Entscheids aufzuheben und die Sache an die Inspektionskommission
zurückzuweisen. Eine direkte Festsetzung der Parteientschädigung für das
kantonale Verfahren, wie sie der Beschwerdeführer im Eventualantrag
zulässigerweise (Art. 107 Abs. 2 BGG) fordert, fällt ausser Betracht, da das
Bundesgericht nicht in der Lage ist, die Angemessenheit der Forderung des
Beschwerdeführers zu überprüfen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine
Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen hat der Beschwerdeführer,
wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, Anspruch auf eine
Parteientschädigung, für welche der Kanton Aargau aufzukommen hat (Art. 68
Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, Dispositiv-Ziffer 3 des Entscheids der
Inspektionskommission des Obergerichts des Kantons Aargau vom 12. August 2007
aufgehoben und die Sache an diese zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'200.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Inspektionskommission des
Obergerichts des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. November 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: