Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.485/2007
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6B_485/2007 /hum

Urteil vom 8. Januar 2008
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
nebenamtlicher Bundesrichter Greiner,
Gerichtsschreiber Willisegger.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Hans Werner Meier,

gegen

A.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Carola Gruenberg,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Versuchte Vergewaltigung, Strafzumessung; Schadenersatz und Genugtuung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 22. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Zürich sprach X.________ mit Urteil vom 3. Oktober 2006
schuldig der versuchten Vergewaltigung, der versuchten Nötigung, der
Freiheitsberaubung sowie der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
und verurteilte ihn zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren. Ferner befand
das Bezirksgericht über die Zivilansprüche der Geschädigten.

B.
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte mit Urteil vom 22. Mai 2007 den
Schuldspruch wegen versuchter Vergewaltigung und Nötigung, nachdem es zuvor
festgestellt hatte, dass das erstinstanzliche Urteil in den übrigen Punkten
in Rechtskraft erwachsen ist. Das Obergericht bestrafte X.________ mit einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren, schob den Vollzug der Freiheitsstrafe im
Umfang von zwölf Monaten auf und setzte die Probezeit auf fünf Jahre fest. Im
Zivilpunkt bestätigte das Obergericht das erstinstanzliche Urteil.

C.
Gegen das Urteil des Obergerichts vom 22. Mai 2007 führt X.________
Beschwerde mit dem Antrag, er sei vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung
freizusprechen und für die weiteren Verurteilungen mit einer Geldstrafe von
120 Tagessätzen zu Fr. 20.--, eventualiter zu einer Freiheitsstrafe von vier
Monaten zu verurteilen. Die Strafe sei bedingt mit einer Probezeit von drei
Jahren auszusprechen. Ferner beantragt er die Aufhebung des angefochtenen
Urteils im Zivilpunkt sowie im Kosten- und Entschädigungspunkt.

Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde an das Bundesgericht kann wegen Rechtsverletzungen im Sinne
der Art. 95 und 96 BGG geführt werden. Die Feststellung des Sachverhalts
durch die Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig, d.h. willkürlich ist oder auf einer Verletzung von schweizerischem
Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für
den Ausgang des Verfahrens von entscheidender Bedeutung sein kann (Art. 97
Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 2 BGG).
Die Beschwerde ist gemäss Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG hinreichend zu
begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b
BGG). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem
Recht prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der
Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die
Begründungsanforderungen im Anwendungsbereich dieser Norm entsprechen
denjenigen, die im früheren staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren galten (BGE
133 IV 286 E. 1.4). Das Bundesgericht prüft hier nur klar und detailliert
erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen
und bloss allgemein gehaltene, rein appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid tritt es nicht ein. Den gesetzlichen Begründungsanforderungen wird
nicht Genüge getan, wenn der Beschwerdeführer im Rahmen pauschaler Vorbringen
einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei verfassungswidrig, und er
seine Sicht der Dinge derjenigen der letzten kantonalen Instanz bloss
gegenüberstellt. Vielmehr muss in Auseinandersetzung mit der Begründung des
angefochtenen Entscheids dargetan werden, inwiefern dieser gegen ein
konkretes verfassungsmässiges Recht verstossen soll (grundlegend: BGE 110 Ia
1 E. 2a; 125 I 492 E. 1b S. 495, mit Hinweisen; vgl. ferner BGE 127 I 38 E.
3c und 4 S. 43 mit weiteren Hinweisen).

2.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers verstösst die Beweiswürdigung der
Vorinstanz gegen Art. 29 BV (Allgemeine Verfahrensgarantien), doch begründet
er mit keinem Wort, inwiefern die Verfassungsnorm durch den angefochtenen
Entscheid verletzt sein soll. Den gesetzlichen Begründungsanforderungen wird
damit nicht ansatzweise Genüge getan. Auf die Rüge ist nicht einzutreten.

3.
Der Beschwerdeführer rügt, die vorinstanzliche Beweiswürdigung verstosse
gegen Art. 9 BV. Er macht geltend, die Geschädigte habe anlässlich der
Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft einen "grundlegend anderen
Tatablauf" geschildert als ursprünglich in der polizeilichen Befragung. Die
spätere Schilderung laufe auf zwei aufeinander folgende Attacken hinaus. Da
die Geschädigte die einzige Tatzeugin gewesen sei, müsse eine wirklich
griffige Erklärung für die veränderte Darstellung vorliegen, wenn auf ihre
Aussagen allein abgestellt werden solle. Die kantonalen Gerichtsinstanzen
hätten den vier Zeugenaussagen eine viel zu grosse Bedeutung beigemessen.
Sachdienlich seien einzig die Aussagen des Ehepaars J.________, das von einem
"einmaligen Scharr- oder Schubsgeräusch" berichtete, worauf die Geschädigte
unverzüglich erschienen sei. Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend,
die körperliche Untersuchung sowie die übrigen sachlichen Beweismittel
liessen auch keinen "direkten und zwingenden Schluss" auf einen
Vergewaltigungsversuch zu.

3.1 Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen
Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Willkür in der Beweiswürdigung
liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit
der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem
offenkundigen Fehler beruhen oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen. Dabei genügt es nicht, wenn der
angefochtene Entscheid sich nur in der Begründung als unhaltbar erweist; eine
Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig
ist (BGE 127 I 38 E. 2a mit Hinweisen).

3.2
3.2.1 Die Vorinstanz führt aus, die Geschädigte habe als Zeugin den Tatablauf
realitätsnah geschildert und die beiden Attacken klar auseinandergehalten.
Die Darstellung sei in sich schlüssig. Nach der ersten Attacke habe sie das
Zimmer verlassen, um zu telefonieren, wobei ihr der Beschwerdeführer gefolgt
sei und ihr das Telefon weggenommen habe. Dann sei sie zurück in ihr Zimmer
gegangen und habe versucht, die Schlafzimmertür zu verriegeln, worauf der
Beschwerdeführer die Türe aufdrückte und die zweite Attacke erfolgte. Die
Vorinstanz hält sodann fest, es sei sehr gut denkbar, dass die Geschädigte
anlässlich der polizeilichen Befragung unmittelbar nach dem Vorfall um zwei
Uhr morgens die genaue Abfolge der Ereignisse nicht ordnen konnte und ihr
erst nachher bewusst wurde, dass sie Hose und Unterhose zwischenzeitlich
wieder angezogen und der Beschwerdeführer sie dann ein zweites Mal ausgezogen
hatte. Dass die Geschädigte den Tatablauf erst als Zeugin in zwei Phasen
schildere, zeige gerade, dass ihre Darstellung der Ereignisse nicht angelernt
sei (angefochtener Entscheid, Ziff. 2.3.11 S. 21 f.).

Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag Willkür nicht zu
begründen. Indem er behauptet, die Geschädigte hätte vor der
Staatsanwaltschaft einen "grundlegend anderen Tatablauf" geschildert,
erneuert er lediglich seine bereits im kantonalen Verfahren erhobene Rüge.
Mit der Begründung des angefochtenen Entscheids setzt er sich jedoch nicht
auseinander und zeigt nicht auf, inwiefern die Annahme eines Übergriffs in
zwei Phasen für den Ausgang des Verfahrens von entscheidender Bedeutung sein
könnte und gegen das Willkürverbot verstossen sollte. Auf die appellatorisch
begründete Rüge ist nicht einzutreten.

3.2.2 Die Vorinstanz hält an anderer Stelle fest, die Nachbarn J.________
hätten ein Rumpeln gehört, was ebenfalls die Aussagen der Geschädigten
stütze, wonach der Beschwerdeführer an ihre Türe gehämmert habe
(angefochtener Entscheid, Ziff. 2.3.6 S. 20). Inwiefern das vom
Beschwerdeführer behauptete "einmalige Scharr- und Schubsgeräusche" geeignet
sein könnte, die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Geschädigten zum sexuellen
Übergriff in Zweifel zu ziehen, ist nicht ersichtlich und wird in der
Beschwerde auch nicht näher begründet.

3.2.3 Die Vorinstanz misst dem Ergebnis der körperlichen Untersuchung
Indizwert zu. Der Umstand, dass die Geschädigte frische Verletzungen nicht
nur am Arm, sondern auch am Oberschenkel sowie an der Innenseite des
Unterschenkels aufweise, stütze die Aussagen der Geschädigten und
widerspreche der Behauptung des Beschwerdeführers, dass er sie nur von hinten
habe umarmen und festhalten wollen, um sie zu küssen (angefochtener
Entscheid, Ziff. 2.3.5 S. 19 f.). Die Vorinstanz zieht demnach mitnichten
einen "direkten und zwingenden Schluss" vom Verletzungsbild auf eine
versuchte Vergewaltigung, wie in der Beschwerde vorgebracht wird.

3.2.4 Mit den übrigen Vorbringen vermag der Beschwerdeführer ebenfalls nicht
darzutun, dass und inwiefern die Beweiswürdigung der Vorinstanz (auch) im
Ergebnis unhaltbar sein sollte. Die Vorbringen erschöpfen sich in einer
blossen appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid, was unzulässig
ist.

4.
Die Beschwerde erweist sich im Hauptantrag als unbegründet und ist
abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Die übrigen
Anträge (zum Strafmass, zum bedingten Strafvollzug, im Zivilpunkt sowie zum
Kosten- und Entschädigungspunkt) leitet der Beschwerdeführer aus dem
Hauptantrag ab, weshalb es sich erübrigt, diese zu behandeln.

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Antrag, es sei ihm
keine "Kaution" aufzuerlegen, ist sinngemäss als Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG entgegenzunehmen. Das Gesuch ist
wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen. Den angespannten
finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist mit einer reduzierten
Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Januar 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Willisegger