Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.47/2007
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{T 0/2}
6B_47/2007 /rom

Urteil vom 20. März 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari,
Gerichtsschreiber Monn.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

A.________,
B.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian Rathgeb,

Einstellungsverfügung (Verleumdung etc.),

Beschwerde in Strafsachen [BGG] gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von
Graubünden, Beschwerdekammer, vom 24. Januar 2007.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Kreispräsident Lumnezia/Lugnez stellte mit Verfügung vom 6. Dezember 2006
die Strafuntersuchung gegen A.________ und B.________ ein, die wegen
Verleumdung bzw. übler Nachrede zum Nachteil von X.________ geführt worden
war. X.________ wurde seinerseits mit Verfügung des Kreispräsidenten vom
gleichen Tag wegen Verleumdung, übler Nachrede sowie Beschimpfung in den
Anklagezustand versetzt. Gegen beide Verfügungen führte X.________ in einer
einzigen Eingabe Beschwerde. Das Kantonsgericht von Graubünden wies die
Beschwerde mit Entscheid vom 24. Januar 2007 ab, soweit darauf einzutreten
war.

X. ________ wendet sich mit strafrechtlicher Beschwerde ans Bundesgericht und
beantragt, die Einstellungsverfügung sei aufzuheben und die Strafuntersuchung
gegen B.________ und A.________ fortzusetzen. Die Untersuchung solle gegen
alle drei Beteiligten zusammen geführt werden. Es sei ihm die unentgeltliche
Prozessführung zu bewilligen.

2.
Soweit der Beschwerdeführer beantragt, die Untersuchung solle gegen alle drei
Beteiligten zusammen geführt werden (Antrag 2), könnte sie jedenfalls
sinngemäss auch seine alleinige Versetzung in den Anklagezustand betreffen.
Insoweit liegt jedoch kein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, aber auch
kein anfechtbarer Vor- und Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 oder 93 BGG
vor. Unter dem Gesichtswinkel des anfechtbaren Entscheids kann auf die
Beschwerde nur eingetreten werden, soweit sie die Verfahrenseinstellung gegen
A.________ und B.________ betrifft. Dies gilt gemäss Art. 117 BGG auch für
die subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne von Art. 113 ff. BGG (auf
welche Möglichkeit die Vorinstanz in ihrer Rechtsmittelbelehrung hinweist).

Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 BGG
unter anderem der Privatstrafkläger legitimiert, wenn er nach dem kantonalen
Recht die Anklage ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft vertreten hat. Im
Kanton Graubünden hat die Staatsanwaltschaft als öffentliche Anklägerin im
Verfahren bei Vergehen gegen die Ehre gemäss Art. 162 ff. der
Strafprozessordnung keine Mitwirkungsbefugnis (Willy Padrutt, Kommentar zur
Strafprozessordnung des Kantons Graubünden, 2. Aufl. 1996, S. 418 Rz 1). Der
Beschwerdeführer ist somit Privatstrafkläger im Sinne des BGG und, soweit es
um die Verfahrenseinstellung gegen A.________ und B.________ geht, zur
Beschwerde in Strafsachen legitimiert. Da auch Verfassungsverletzungen unter
die Bundesrechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 lit. a BGG fallen und
primär deshalb mit der Beschwerde in Strafsachen geltend zu machen sind,
steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde, auf die die Vorinstanz in ihrer
Rechtsmittelbelehrung hinweist, nicht zur Verfügung.

3.
Den nicht immer leicht verständlichen Ausführungen des Beschwerdeführers ist
zu entnehmen, dass er die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz
als unrichtig rügen will und überdies geltend macht, es seien seine
Verfahrensrechte verletzt worden.

Die Feststellung des Sachverhalts kann gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Verletzung von
schweizerischem Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht. Der Begriff
"offensichtlich unrichtig" ist gleichzusetzen mit "willkürlich" im Sinne von
Art. 9 BV (Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision
der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4338). Für die Rüge der offensichtlich
unrichtigen, d.h. willkürlichen Feststellung des Sachverhalts gilt Art. 106
Abs. 2 BGG. Danach prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten
nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist. Insoweit gelten die gleichen strengen
Begründungsanforderungen wie bisher nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG bei der
staatsrechtlichen Beschwerde. Auf appellatorische Kritik tritt das
Bundesgericht nicht ein.

Die Beschwerde enthält zur Hauptsache appellatorische Kritik. So macht der
Beschwerdeführer z.B. unter III/1/a geltend, die Vorinstanz habe sich nur auf
die Aussagen von B.________ gestützt, ohne dass er ausführt, welche dieser
Aussagen und weshalb sie offensichtlich unrichtig sein sollen. Unter III/1/b
macht er geltend, die Vorinstanz habe "nicht nach Fakten" gesucht, ohne dass
er sagt, nach welchen Fakten sie hätte suchen müssen. Unter III/1/c macht er
geltend, die Vorinstanz habe seine finanzielle Lage nicht berücksichtigt,
ohne dass er ausführt, in welchem Zusammenhang seine finanzielle Lage hätte
von Bedeutung sein sollen. Soweit sich die Beschwerde in derartigen
Vorbringen erschöpft, ist darauf nicht einzutreten.

Der Beschwerdeführer macht geltend, gemäss Art. 6 EMRK habe er als
Angeschuldigter das Recht, sich selber zu verteidigen (vor III/1/e). Darauf
ist nicht einzutreten, denn im vorliegenden Verfahren geht es, wie oben in E.
2 gesagt, nicht um die Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer.

Er rügt als Verletzung von Art. 6 EMRK, dass er an einer Befragung von
A.________ nicht habe teilnehmen können (III/1/f/1). Diese Rüge ist
unbegründet, weil es im vorliegenden Verfahren nur um die Einstellung des
Verfahrens gegen A.________ als Angeschuldigte geht. Das aus der EMRK
abgeleitete Recht auf Teilnahme an einer Einvernahme eines Zeugen gilt jedoch
nur für den Angeschuldigten und nicht für den Anzeigeerstatter. In diesem
Punkt ist die Beschwerde als offensichtlich unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerdeführer macht als Verletzung der BV und der EMRK geltend, es
hätten im kantonalen Verfahren ungerechte und nicht zuständige Richter
entschieden (III/4). Inwieweit jedoch unzulässige Freundschaften, andere
Abhängigkeiten oder eine ungesetzliche Besetzung der Richterbank vorgelegen
haben könnten, ergibt sich aus der Beschwerde nicht. Mangels hinreichender
Begründung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 BGG kann in diesem Punkt darauf nicht
eingetreten werden.

4.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege muss in Anwendung von Art. 64 Abs.
1 BGG abgewiesen werden, weil die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers von
vornherein aussichtslos erschienen. Die Gerichtskosten sind deshalb dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Lage
ist gemäss Art. 65 Abs. 2 BGG bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung
zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden,
Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. März 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: