Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.434/2007
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6B_434/2007/bri

Urteil vom 12. November 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Favre,
Gerichtsschreiber Stohner.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Reto Marbacher,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Aabachstrasse 1, 6301 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Verletzung von Verkehrsregeln,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug,
Justizkommission, vom 13. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 7. Juli 2006 sprach das Einzelrichteramt des Kantons Zug
X.________ insbesondere der Verletzung der Verkehrsregeln gemäss Art. 90
Ziff. 1 SVG schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 250.--.

B.
Die vom Verurteilten gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das
Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, am 13. Juni 2007 ab.

C.
X.________ führt subsidiäre Verfassungsbeschwerde mit den Anträgen, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission, vom 13. Juni 2007
sei aufzuheben, und er sei freizusprechen. Eventualiter beantragt er die
Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz.

Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art.
95 lit. a BGG, zu dem auch das Verfassungsrecht gehört. Die Eingabe ist
deshalb als Beschwerde in Strafsachen entgegenzunehmen.

Auf die Beschwerde ist einzutreten, da sie unter Einhaltung der gesetzlichen
Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der in ihren Anträgen
unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 BGG)
eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz
(Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG) in Strafsachen
(Art. 78 Abs. 1 BGG) richtet.

2.
Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer fuhr
am 13. November 2003 gegen 10.30 Uhr mit seinem Personenwagen auf der
Autobahn A4a Richtung Zürich und beabsichtigte, die Autobahn bei der Ausfahrt
Baar zu verlassen. Auf dem Verzögerungsstreifen prallte er in den von
A.________ gelenkten Personenwagen, der hinter einem Fahrzeug des
Strassenunterhaltsdiensts bis zum Stillstand abgebremst hatte.

3.
3.1 Das Bundesgericht ist an die Feststellung des Sachverhalts grundsätzlich
gebunden (Art. 105 BGG). Diese kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Bei der Rüge der
offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts handelt es sich
genau genommen ebenfalls um eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG,
nämlich um eine Verletzung des Willkürverbots. Hieraus folgt die Obliegenheit
des Beschwerdeführers, diese substantiiert und detailliert zu rügen (vgl.
Art. 106 Abs. 2 BGG).

Der Beschwerdeführer wiederholt in seiner Beschwerdeschrift über weite
Strecken einzig seine bereits im kantonalen Verfahren erhobenen
Tatsachenbehauptungen und stellt der Beweiswürdigung der kantonalen Behörden
lediglich seine eigene Sicht der Dinge gegenüber, ohne zu erörtern, inwiefern
der Entscheid (auch) im Ergebnis verfassungswidrig sein sollte (vgl. insb.
Beschwerde S. 10 f.). Seine Vorbringen erschöpfen sich mithin weitgehend in
einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und
genügen folglich den Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG
nicht. Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

3.2 Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine willkürliche
Beweiswürdigung und eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" vor,
weil sie den Schuldspruch im Wesentlichen auf die belastenden Aussagen des
Geschädigten A.________ und des Zeugen B.________, welcher an der
Unfallstelle Strassenunterhaltsarbeiten ausführte und die Kollision
beobachtete, abgestützt habe. Der Zeuge A.________ sei als Unfallbeteiligter
per se nicht glaubwürdig und der Augenzeuge B.________ sei zu weit vom
Unfallgeschehen entfernt gewesen, um verlässliche Angaben machen zu können.
Zudem habe die Vorinstanz das Unmittelbarkeitsprinzip missachtet, weil sie es
trotz der dürftigen Beweislage unterlassen habe, den rapportierenden
Polizisten als Zeugen einzuvernehmen (Beschwerde S. 12).

3.3 Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung einzig vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht
bzw. im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 173 E. 3.1 mit Hinweisen).

Als Beweiswürdigungsregel besagt der aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs.
1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleitete Grundsatz "in dubio pro reo", dass
sich das Strafgericht nicht von einem für die angeklagte Person ungünstigen
Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel
bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Inwiefern dieser
Grundsatz verletzt ist, prüft das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der
Willkür, d.h. es greift nur ein, wenn das Sachgericht die angeklagte Person
verurteilte, obgleich bei objektiver Würdigung des Beweisergebnisses
offensichtlich erhebliche bzw. schlechterdings nicht zu unterdrückende
Zweifel an deren Schuld fortbestanden (BGE 127 I 38 E. 2 und 4 mit
Hinweisen).

3.4 Da vorliegend ein Übertretungstatbestand in Frage steht, welcher mit
einer Busse von weniger als Fr. 500.-- geahndet wurde, konnte die Vorinstanz
gestützt auf § 80 Ziff. 10 StPO/ZG das erstinstanzliche Urteil nur auf die
Verletzung klaren materiellen Rechts, auf offensichtlich unrichtige Akten-
und Beweiswürdigung und auf die Verletzung bestimmter Prozessvorschriften
überprüfen.

Die Vorinstanz hat knapp, aber nicht unhaltbar kurz begründet, weshalb sie
die Ausführungen der ersten Instanz, wonach die Aussagen der Zeugen
A.________ und B.________ plausibel seien, im Kerngehalt übereinstimmten und
das Spurenbild bestätigten, als nicht offensichtlich unrichtig bewertet hat.
Die Vorinstanz ist mithin weder in eine willkürliche Beweiswürdigung
verfallen noch hat sie den Grundsatz "in dubio pro reo" missachtet.

Des Weiteren verletzt der Verzicht auf die Einvernahme des rapportierenden
Polizeibeamten das Unmittelbarkeitsprinzip nicht, statuiert doch § 82 Abs. 4
StPO/ZG ausdrücklich, dass die Justizkommission des Obergerichts im
Beschwerdeverfahren ohne weitere Verhandlung entscheidet. Entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers erlaubte es schliesslich der Grundsatz der
freien richterlichen Beweiswürdigung der Vorinstanz, den Polizeirapport als
Beweismittel einzubeziehen.

4.
Die Beschwerde ist daher vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Justizkommission, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. November 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: