Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.38/2007
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6B_38/2007 /hum

Urteil vom 23. August 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiber Borner.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Leila Roussianos,

gegen

Generalprokurator des Kantons Bern, Postfach 7475, 3001 Bern.

Nichteröffnung einer Strafverfolgung (Betrug etc.),

Beschwerde in Strafsachen gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Bern, Anklagekammer,
vom 22. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
X. ________ war Verkaufsleiter für ein Verkaufsgebiet einer Unternehmung, die
in der Kältetechnik tätig ist. Sein Anstellungsvertrag sicherte ihm einen
Bonus (Jahresleistungsprämie) zu, der sich auf effektiv erzielte und
bereinigte Verkaufszahlen für ein Geschäftsjahr bezog.
In diesem Zusammenhang reichte X.________ mehrere Strafanzeigen ein gegen die
Verantwortlichen der Unternehmung, unter anderem wegen unkorrekter
Buchführung. Aufgrund falscher Einträge auf verschiedenen Listen in den
Jahren 1997 und 1998 sei er geschädigt worden.

B.
Am 27. August 2004 reichte X.________ erneut Strafanzeige ein wegen
unkorrekter Buchführung.

Nachdem die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern dem Nichteintretensantrag der
Untersuchungsbehörde nicht zugestimmt und Abklärungen gefordert hatte,
eröffnete letztere am 1. Dezember 2004 die Voruntersuchung gegen unbekannte
Täterschaft wegen Betrugs und eventuell Veruntreuung.

Der Untersuchungsbericht vom 28. Juli 2006 wurde dem Strafkläger unterbreitet
mit der Mitteilung, er könne sich zum Bericht äussern,
Untersuchungshandlungen beantragen und Anträge zum Ausgang des Verfahrens
stellen. Am 23. August 2006 wies die Untersuchungsrichterin die Beweisanträge
von X.________ ab. Dessen Rekurs wies das Obergericht des Kantons Bern am 17.
Oktober 2006 ab, soweit es darauf eintrat.

Mit Beschluss der Untersuchungsrichterin und des Staatsanwalts vom 24./26.
Oktober 2006 wurde die Strafverfolgung aufgehoben. Einen Rekurs von
X.________ gegen diesen Entscheid wies das Obergericht am 22. Januar 2007 ab,
soweit es darauf eintrat.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen bzw. subsidiäre
Verfassungsbeschwerde und beantragt, der angefochtene Entscheid sei
aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz und
eventualiter an die Untersuchungsbehörde zurückzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) in Kraft getreten. Der
angefochtene Entscheid erging nach dem 1. Januar 2007. Gemäss Art. 132 Abs. 1
BGG ist hier deshalb das Bundesgerichtsgesetz anwendbar.

2.
Zur Legitimationsfrage beruft sich der Beschwerdeführer auf Art. 81 Abs. 1
lit. a und b Ziff. 5 und 6 BGG. Wenn der angefochtene Entscheid aufgehoben
werde, müsse die kantonale Behörde zusätzliche Untersuchungen anordnen, was
sich auf seine Zivilforderung auswirken könne. Darin liege sein rechtlich
geschütztes Interesse.

2.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 OHG ist Opfer, wer durch eine Straftat in seiner
körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar
beeinträchtigt worden ist.

Der Beschwerdeführer macht lediglich geltend, er habe durch die beanzeigten
Handlungen finanzielle Einbussen erlitten. Derartige Beeinträchtigungen
räumen ihm aber keine Opferstellung ein (BGE 131 I 455 E. 1.2.2). Als
einfacher Geschädigter kann er sich somit nicht auf  Art. 81 Abs. 1 lit. b
Ziff. 5 BGG berufen.
Soweit er sich auf Ziff. 6 dieser Bestimmung stützt, verwechselt er den
Begriff Strafanzeiger mit demjenigen des Strafantragstellers. Er macht denn
auch nirgends geltend, die Vorinstanz habe Art. 30 ff. StGB, die das
Strafantragsrecht regeln, verletzt.

2.2 Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG enthält eine nicht abschliessende Aufzählung
der beschwerdebefugten Personen. Weil die Eintretensvoraussetzungen von Amtes
wegen zu prüfen sind, stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer als
einfacher Geschädigter zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert ist.

Im zur Veröffentlichung bestimmten Leiturteil 6B_12/2007 vom 5. Juli 2007 hat
die strafrechtliche Abteilung diese Frage verneint, unter anderem mit der
Begründung, dass der Strafanspruch nicht dem Geschädigten, sondern allein dem
Staat zusteht. Dies würde vereitelt, wollte man dem Beschwerdeführer die
Beschwerdebefugnis einräumen. Es kann auf Erwägung 2 des zitierten Urteils
verwiesen werden.

3.
Der Beschwerdeführer möchte seine Eingabe als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde behandelt wissen, falls sie nicht als Beschwerde in
Strafsachen zulässig ist.

Der Entwurf zum Bundesgerichtsgesetz (BBl 2001, 4480 ff.) sah in Art. 74 vor,
dass unter anderem bei Verurteilungen unter 30 Tagessätzen Geldstrafe, unter
120 Stunden gemeinnütziger Arbeit und unter Fr. 500.-- Busse für eine
natürliche Person die Beschwerde in Strafsachen nicht zulässig ist. In diesen
Fällen sollte die subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben werden können.
Weil der Gesetzgeber auf die erwähnten Streitwertgrenzen verzichtete,
bestehen nicht dieselben Rechtsschutzlücken wie im Zivil- und öffentlichen
Recht. Da somit im Strafrecht alle kantonalen Entscheide mit dem ordentlichen
Rechtsmittel anfechtbar sind, besteht für die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde kein Raum (Seiler/von Werdt/Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz, Handkommentar, Bern 2007, S. 283 f. und 485 je N 14).

4.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen
Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Strafsachen/subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht
eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Generalprokurator des Kantons
Bern und dem Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 23. August 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: