Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.377/2007
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6B_377/2007 /rom

Urteil vom 6. Februar 2008
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Favre, Mathys,
Gerichtsschreiber Borner.

Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, 1700 Freiburg,
Beschwerdeführerin,

gegen

W.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Pierre-Henri
Gapany,

Grobe Verletzung der Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 2 SVG),

Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg,
Strafappellationshof, vom 11. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
W. ________ fuhr am 4. Oktober 2002 um ca. 18.00 Uhr auf der
Schwarzseemattstrasse von St. Ursen Richtung Tentlingen. In Giffers, auf der
Höhe der Obermatt-Garage, prallte sie mit der linken Front ihres
Personenwagens in die 79-jährige Fussgängerin V.________, welche den
Fussgängerstreifen aus der Sicht der Autofahrerin von links nach rechts
überquerte. V.________ erlitt Verletzungen, die einen zweimonatigen
Spitalaufenthalt erforderten.

B.
Der Vize-Polizeirichter des Bezirksgerichts der Sense büsste W.________ am
17. Juni 2004 wegen einfacher Verkehrsregelverletzung (nicht angepasste
Geschwindigkeit und Verletzung des Vortrittsrechts einer Fussgängerin auf
Fussgängerstreifen) mit Fr. 1'000.--.

Eine Berufung der Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg wies das
Kantonsgericht Freiburg am 14. März 2005 ab, soweit es darauf eintrat.

Das Bundesgericht hiess am 24. Juni 2005 eine Nichtigkeitsbeschwerde der
Staatsanwaltschaft gut. Es hob den kantonalen Entscheid in Anwendung von Art.
277 BStP auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück.

Das Kantonsgericht seinerseits wies die Sache am 13. September 2005 an die
erste Instanz zurück, damit diese weitere Abklärungen treffe und neu
entscheide.

C.
Der Vize-Polizeirichter stellte das Verfahren gegen W.________ am 20. Juni
2006 ein mit der Begründung, die Übertretungen seien verjährt.

Eine Berufung der Staatsanwaltschaft gegen diesen Entscheid wies das
Kantonsgericht am 11. Juni 2007 ab, soweit es darauf eintrat.

D.
Die Staatsanwaltschaft führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer ausführlichen Vernehmlassung, die
Beschwerde sei abzuweisen (act. 12). Die Vorinstanz hat auf eine
Stellungnahme verzichtet (act. 9).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe kantonales
Prozessrecht willkürlich angewandt, indem sie ihre Kognition zu Unrecht
eingeschränkt habe.

Ob der Vorwurf zutrifft, kann vorliegend offen bleiben, weil die Beschwerde
aus materiellen Gründen ohnehin gutzuheissen ist.

2.
Die Vorinstanz kam zum Schluss, die Beschwerdegegnerin habe durch ihre
Fahrweise keine schwere Verkehrsregelverletzung begangen, zumal sich auch das
Opfer regelwidrig verhalten habe.
Diese Beurteilung rügt die Beschwerdeführerin als Verletzung von Bundesrecht.
Die Vorinstanz hätte die Beschwerdegegnerin wegen schwerer
Verkehrsregelverletzung (Art. 90 Ziff. 2 SVG) schuldig sprechen müssen.

2.1 Nach Art. 90 Ziff. 2 SVG wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer
durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die
Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Der Tatbestand ist nach der
Rechtsprechung objektiv erfüllt, wenn der Täter eine wichtige
Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die
Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet. Eine ernstliche Gefahr für die
Sicherheit anderer im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG ist bereits beim
Vorliegen einer erhöhten abstrakten Gefährdung gegeben. Die erhöhte abstrakte
Gefahr setzt die nahe liegende Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder
Verletzung voraus.

Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses oder sonst
schwerwiegend regelwidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden,
mindestens grobe Fahrlässigkeit. Dies ist immer zu bejahen, wenn der Täter
sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner verkehrswidrigen Fahrweise bewusst
ist. Grobe Fahrlässigkeit kann aber auch vorliegen, wenn der Täter die
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer pflichtwidrig gar nicht in Betracht
zieht, also unbewusst fahrlässig handelt. In solchen Fällen bedarf jedoch die
Annahme grober Fahrlässigkeit einer sorgfältigen Prüfung (BGE 130 IV 32 E.
5.1 mit Hinweisen). Sie wird nur zu bejahen sein, wenn das Nichtbedenken der
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ebenfalls auf Rücksichtslosigkeit
beruht und daher besonders vorwerfbar ist (BGE 118 IV 285 E. 48). Mit dem
Begriff der Rücksichtslosigkeit wird eine besondere Gleichgültigkeit bzw. ein
bedenken- oder gewissenloses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern
umschrieben, das nicht nur im bewussten "Sich-Hinwegsetzen", sondern auch im
blossen Nichtbedenken der Gefährdung fremder Interessen liegen kann (Urteil
des Bundesgerichts 6S.56/1994 vom 11. April 1994, E. 2b).

2.2 In tatsächlicher Hinsicht ist von folgenden Gegebenheiten auszugehen:

Die Fussgängerin überquerte die Strasse von links nach rechts auf dem
Fussgängerstreifen. Als sie 4,4 m vom linken Fahrbahnrand entfernt war, wurde
sie von der linken Vorderseite des Personenwagens der Beschwerdegegnerin
angefahren. Angesichts der Länge der Bremsspuren von 16,7 bzw. 17,5 m, des
Gefälles der Strasse von 6 % und unter Annahme einer Reaktionszeit von 1
Sekunde betrug die Geschwindigkeit des Fahrzeugs ca. 50 km/h, der Anhalteweg
30 m und die Anhaltezeit 3,3 Sekunden. Im Unfallzeitpunkt waren die
Sichtverhältnisse gut. In Fahrrichtung der Beschwerdegegnerin ist der linke
Fahrbahnrand beim Fussgängerstreifen aus einer Distanz von 113 m sichtbar
bzw. der Fussgängerstreifen aus 85 m Entfernung über die ganze Länge
überschaubar. Der Fussgängerstreifen ist auf der rechten Strassenseite
ordnungsgemäss mit der Tafel "Standort eines Fussgängerstreifens" (SSV Anhang
2, 4.17) signalisiert (angefochtener Entscheid S. 3 f.; kantonale Akten, act.
24 und 116 S. 2).

2.3 Die Vorinstanz erachtet die Verkehrsregelverletzung der
Beschwerdegegnerin als nicht schwer insbesondere mit der Begründung, dass die
Fussgängerin unvermittelt, ohne anzuhalten und nach links und rechts zu
schauen auf die Strasse getreten sei.

Wie die Beschwerdeführerin zu Recht bemängelt, hat die Vorinstanz damit eine
unzulässige Schuldkompensation vorgenommen. Wie noch zu zeigen sein wird (E.
2.6 und 2.7), war das Verhalten der Fussgängerin für die Beschwerdegegnerin
keineswegs unvorhersehbar und damit auch nicht derart aussergewöhnlich, dass
deren Verschulden in einem günstigeren Licht erscheinen würde. Zunächst ist
jedoch zu prüfen, welche Vorsichtspflichten die Beschwerdegegnerin zu
beachten hatte, inwieweit sie diesen nachkam bzw. hätte nachkommen können.

2.4 Der Umfang der Sorgfalt, welche die Beschwerdegegnerin zu beachten hatte,
richtet sich nach den Bestimmungen des Strassenverkehrsgesetzes vom 19.
Dezember 1958 (SVG; SR 741.01) und der Verkehrsregelnverordnung vom 13.
November 1962 (VRV; SR 741.11).
Nach Art. 33 Abs. 1 und 2 SVG ist den Fussgängern das Überqueren der Fahrbahn
in angemessener Weise zu ermöglichen und hat der Fahrzeugführer vor
Fussgängerstreifen besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls
anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem
Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten. Diese Regelung wird
durch Art. 6 Abs. 1 VRV konkretisiert, wonach der Fahrzeugführer vor
Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung jedem Fussgänger den Vortritt
gewähren muss, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder davor wartet
und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will. Er muss die Geschwindigkeit
rechtzeitig mässigen und nötigenfalls anhalten, damit er dieser Pflicht
nachkommen kann.

Art. 6 Abs. 1 VRV verweist damit auf die nach den Umständen angemessene
Geschwindigkeit. Gemäss Art. 32 Abs. 1 SVG ist die Geschwindigkeit stets den
Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung,
sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Nach der
Rechtsprechung darf die in Ortschaften zulässige allgemeine
Höchstgeschwindigkeit (Art. 4a Abs. 1 VRV) nur bei günstigen Verhältnissen
ausgefahren werden.
Das Mass der Sorgfalt, die vom Fahrzeuglenker verlangt wird, richtet sich
nach den gesamten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen
Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen
(BGE 122 IV 225 E. 2b S. 228). Nach dem aus der Grundregel von Art. 26 Abs. 1
SVG abgeleiteten Vertrauensgrundsatz darf jeder Strassenbenützer darauf
vertrauen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer ordnungsgemäss verhalten.
Ein solches Vertrauen ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn Anzeichen dafür
bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird oder
wenn ein Fehlverhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers auf Grund einer
unklaren Verkehrssituation nach der allgemeinen Erfahrung unmittelbar in die
Nähe rückt. Das wird von Art. 26 Abs. 2 SVG dahingehend umschrieben, dass
besondere Vorsicht geboten ist gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten
Leuten, sowie wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer
nicht richtig verhalten wird (BGE 125 IV 83 E. 2b S. 87 f.; Urteil des
Bundesgerichts 6S.120/1998 vom 3.4.1998 E. 2b, veröffentlicht in Pra, 1998
125 692).

Die gegenüber den erwähnten Personen vorgeschriebene besondere Vorsicht
bedeutet, dass eine Berufung auf das Vertrauensprinzip grundsätzlich auch
versagt, wenn keine konkreten Anzeichen vorliegen, dass sich Kinder,
Gebrechliche oder alte Personen unkorrekt verhalten würden (BGE 104 IV 28 E.
3c; Raphael von Werra, Du principe de la confiance dans le droit de la
circulation routière ..., ZWR 4/1970, S. 200). Gegenüber den im Gesetz
aufgezählten Personen bedarf es umgekehrt besonderer Umstände, um ein
allenfalls begrenztes Vertrauen in das ordnungsgemässe Verhalten dieser
Strassenbenützer zu rechtfertigen (BGE 115 IV 239 mit Verweis auf
Schaffhauser, Grundriss des Schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band I,
S. 118, N. 314). Die Pflicht zu besonderer Vorsicht auch ohne konkrete
Anzeichen eines Fehlverhaltens geht nicht so weit, dass der Führer
beispielsweise beim Anblick eines Kindes in jedem Fall seine Fahrt
verlangsamen und Hupsignale geben müsste. Dies ist jedoch innerorts unter
anderem geboten, wenn das Kind sich auf der Fahrbahn oder am Strassenrand
befindet, nicht aber wo es auf dem Trottoir ruhig seines Weges geht (BGE 115
IV 239; 112 IV 87).

Bei Art. 32 Abs. 1 und 33 Abs. 1 und 2 SVG, Art. 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 VRV
handelt es sich um grundlegende Verkehrsregeln. Sie sind wesentlich für die
Gewährleistung der Sicherheit des Strassenverkehrs.

2.5 Im fraglichen Zeitpunkt war die Strasse nass. Sie weist vor der
Unfallstelle eine Neigung von 6 % auf. Da sich derartige Umstände auf das
Bremsverhalten eines Fahrzeugs negativ auswirken, hätte die
Beschwerdegegnerin ihre Geschwindigkeit von 50 km/h bereits grundsätzlich
mässigen müssen. Denn die in Ortschaften zulässige allgemeine
Höchstgeschwindigkeit darf nur bei günstigen Verhältnissen ausgefahren
werden.

2.6 Da gerade innerorts mit Fussgängern zu rechnen ist und der fragliche
Fussgängerstreifen ordentlich signalisiert war, hätte die Beschwerdegegnerin
ihre Aufmerksamkeit auf allfällige Fussgänger richten müssen. Der
Fussgängerstreifen war für sie bereits von weitem sichtbar. Aber auch dessen
linksseitiger Bereich war für sie von weitem einsehbar, weil die Strasse dort
eine leichte Rechtskurve beschreibt. Dreissig Meter vor dem
Fussgängerstreifen bemerkte die Beschwerdegegnerin die Fussgängerin zum
ersten Mal, als sich diese bereits auf dem Fussgängerstreifen befand. Das
bedeutet aber nichts anderes, als dass sie bis zu diesem Zeitpunkt und damit
während längerer Zeit ihre Pflicht, allfälligen Fussgängern erhöhte
Aufmerksamkeit zu schenken, völlig vernachlässigte.

Die Vorinstanz stellt nicht fest und auch aus den Akten ist nicht
ersichtlich, dass besondere Vorkommnisse im Verkehrsgeschehen die
Beschwerdegegnerin von der geforderten Aufmerksamkeit abgelenkt hätten.
Vielmehr hätte sie, die die Strecke nicht zum ersten Mal befuhr, ihr
Augenmerk auf allfällige Fussgänger auf dem linksseitigen Trottoir richten
müssen, weil dieses im Anschluss an den Fussgängerstreifen nicht mehr
weiterführt, und die Fussgänger dort die Strasse nach rechts überqueren
müssen (kantonale Akten, act. 24 untere Foto). Fussgänger, die in dieser
Richtung unterwegs sind, schicken sich somit stets an, den Fussgängerstreifen
zu betreten, weshalb die Beschwerdegegnerin der Fussgängerin gegenüber zu
besonderer Vorsicht verpflichtet war (René Schaffhauser, Grundriss des
schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band I, Bern 2002, S. 296 N 653).

2.7 Gemäss den Feststellungen der ersten Instanz war das Opfer im
Unfallzeitpunkt 79-jährig und maximal 160 cm gross (kantonale Akten, act.
110). Die Beschwerdegegnerin konnte sich nur noch daran erinnern, dass sie
(die Fussgängerin) beim Überqueren des Fussgängerstreifens den Kopf gesenkt
hatte (act. 88 S. 4 oben).

Ob es sich um alte Leute im Sinne von Art. 26 Abs. 2 SVG handelt, ist zwar
nicht immer leicht erkennbar. Angesichts der kleinen Körpergrösse, verbunden
mit der Kopfhaltung der Fussgängerin hätte die Beschwerdegegnerin aber bei
genügender Aufmerksamkeit erkennen können und müssen, dass es sich bei der
Fussgängerin um eine alte Person handelte. Auch deshalb war die
Beschwerdegegnerin ihr gegenüber zu besonderer Vorsicht verpflichtet. Als
Folge dieser Pflicht bleibt ihr eine Berufung auf das Vertrauensprinzip
grundsätzlich verwehrt, selbst wenn keine konkreten Anzeichen vorlagen, dass
sich die Fussgängerin nicht korrekt verhalten würde (E. 2.4 zweitletzter
Absatz).

Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz betrat die Fussgängerin
den Fussgängerstreifen ohne anzuhalten und ohne nach links und rechts zu
schauen. Damit gab es sogar konkrete Anzeichen für ein Fehlverhalten der
Fussgängerin, das die Beschwerdegegnerin bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit
hätte erkennen können. Auch von daher kann sie aus dem Fehlverhalten der
Fussgängerin nichts zu ihren Gunsten ableiten.

2.8 Unter Hinweis auf ein Kurzgutachten über Bewegungsgeschwindigkeiten von
Frauen im Alter zwischen 75 und 80 Jahren erwägt der Vize-Polizeirichter, "um
die Strecke bis zum Kollisionspunkt zurückzulegen, brauchte das Unfallopfer
gemäss Weg-Zeit-Diagramm 3,3 Sekunden, wenn es "schnell" ging und ohne vorher
angehalten zu haben" bzw. "benötigte die Fussgängerin 3,3 Sekunden vom Moment
an, als sie den Fussgängerstreifen betrat und bis sie zur Kollisionsstelle
gelangte" (kantonale Akten, act. 14 f.).

Letztere Feststellung ist offensichtlich unrichtig (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das
erwähnte Kurzgutachten schlüsselt die Bewegungsgeschwindigkeiten in "gehen",
"schnell gehen", "laufen" und "rennen" auf. Die 3,3 Sekunden entsprechen der
Zeitspanne vom Zeitpunkt, als die Beschwerdegegnerin die Fussgängerin
erblickte, bis zur Kollision (act. 14). Unbestrittenermassen sah die
Beschwerdegegnerin die Fussgängerin erst, als diese den Fussgängerstreifen
bereits betreten und damit einen Teil der 4,4 m vom linken Fahrbahnrand bis
zur Unfallstelle zurückgelegt hatte. Standen ihr aber 3,3 Sekunden zur
Verfügung, um weniger als 4,4 m zurückzulegen, lag ihre
Bewegungsgeschwindigkeit irgendwo zwischen "gehen" und "schnell gehen". Mit
anderen Worten ist die Bewegungsgeschwindigkeit der Fussgängerin im
langsameren Bereich anzusiedeln. Hinzu kommt, dass sich Frauen im Alter
zwischen 75 - 80 Jahren langsamer fortbewegen als jüngere Fussgänger.

Bei der soeben besprochenen Gehgeschwindigkeit der Fussgängerin ist
jedenfalls fraglich, ob sie den Fussgängerstreifen überraschend betreten und
damit Art. 49 Abs. 2 SVG verletzt hat. Diese Frage kann jedoch offen bleiben.
Für das vorliegende Verfahren entscheidend ist vielmehr, dass die
Fussgängerin auf dem Streifen nicht besonders schnell ging und dass sie für
die Beschwerdegegnerin bereits von weitem auf dem Trottoir sichtbar war.

2.9 Angesichts der nicht günstigen Strassenverhältnisse war die
Beschwerdegegnerin zu schnell unterwegs. Zudem verletzte sie ihre erhöhte
Vorsichtspflicht gleich doppelt (Art. 33 Abs. 2 und Art. 26 Abs. 2 SVG),
indem sie trotz guter Sicht und guter Einsehbarkeit der Örtlichkeiten während
längerer Zeit der alten Fussgängerin keine Aufmerksamkeit schenkte. Damit
missachtete sie elementare Sorgfaltsregeln und gefährdete die Fussgängerin in
hohem Masse, weshalb dieses Zusammenspiel mehrerer Fehlverhalten nicht anders
als rücksichtslos und damit als grob verkehrsregelwidrig eingestuft werden
kann. Denn gerade das Verkennen sich aufdrängender Risiken kann Ausdruck
besonderer Gleichgültigkeit oder Rücksichtslosigkeit sein (Guido Jenny,
Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Auflage, Art. 12 N 67 mit Hinweisen).

Der angefochtene Entscheid ist folglich aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird einen Schuldspruch wegen schwerer
Verkehrsregelverletzung (Art. 90 Ziff. 2 SVG) zu fällen und das angemessene
Strafmass festzulegen haben.

3.
Da die Beschwerdegegnerin mit ihren Begehren unterliegt, hat sie die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Entschädigung
der Beschwerdeführerin entfällt (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg
vom 11. Juni 2007 aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg,
Strafappellationshof, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Februar 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber:

Schneider  Borner