Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.29/2007
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{T 0/2}
6B_29/2007 /hum

Urteil vom 20. April 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Stohner.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher        Hans Ulrich Kobel,

gegen

Eidgenössische Zollverwaltung Oberzolldirektion, Monbijoustrasse 40, 3003
Bern.

Widerhandlungen gegen das Zollgesetz

Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern,
1. Strafkammer,
vom 26. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, befand X.________ am 26.
Januar 2007 der Widerhandlungen gegen das Zollgesetz (ZG; SR 631.0) durch
Verkürzung des Zolls, begangen in der Zeit vom 27. Juli 1999 bis 28. Dezember
2001, für schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 12'000.--.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Bern, 1. Strafkammer, vom 26. Januar 2007 sei
aufzuheben, und er sei freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, subeventualiter sei die
Busse herabzusetzen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid ist nach dem 1. Januar 2007 und somit nach dem
Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG, SR
173.110) ergangen. Die Beschwerde untersteht daher dem neuen Recht (Art. 132
Abs. 1 BGG).

1.2 Auf die vorliegende Beschwerde kann grundsätzlich eingetreten werden, da
sie unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form
(Art. 42 BGG) von der in ihren Anträgen unterliegenden beschuldigten Person
(Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer
letzten kantonalen Instanz (Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG)
in Strafsachen (Art. 80 Abs. 1 BGG) richtet.

1.3 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer,
welcher die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss
substantiiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss
Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind. Andernfalls kann ein von dem im
angefochtenen Entscheid festgestellten abweichender Sachverhalt nicht
berücksichtigt werden (vgl. BGE 130 III 138 E. 1.4). Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.
Dem Schuldspruch wegen Widerhandlungen gegen das ZG durch Verkürzung des
Zolls liegt zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der Y.________ AG, welche in den
Jahren 1999, 2000 und 2001 insgesamt über 60'000 kg an Früchten und Gemüse
importiert hat. Diese wurden von der Y.________ AG zu Kontingentszollansätzen
deklariert, obwohl die Kontingentsmengen entweder bereits ausgeschöpft oder
der Y.________ AG gar keine Kontingentsanteile zugeteilt worden waren. Das
Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), welches aufgrund der ihm von der
Eidgenössischen Zollverwaltung Oberzolldirektion (EZV) übermittelten
Einfuhrdaten in der Lage ist, Abweichungen von den von ihm erteilten
Importrechten festzustellen, hat im vorliegenden Fall eine lückenlose
Kontrolle vorgenommen und die unrichtigen Angaben der Y.________ AG
aufgedeckt. Die Differenz zwischen dem von der Y.________ AG zum
Kontingentszollansatz deklarierten und dem zum Ausserkontingentszollansatz
geschuldeten Zoll beträgt Fr. 105'549.45. Diese Nachforderung wurde von der
Y.________ AG beglichen.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (einzig) die Verurteilung des
Beschwerdeführers zu einer Busse von Fr. 12'000.-- wegen Widerhandlungen
gegen das ZG durch Verkürzung des Zolls (Art. 74 Ziff. 6 ZG).

3.
3.1 Die Vorinstanz hat erwogen, der objektive Tatbestand von Art. 74 Ziff. 6
ZG, wonach eine Zollübertretung begeht, wer den Zoll dadurch verkürzt oder
gefährdet, dass er zollpflichtige Waren zu niedrig deklariert oder bei der
Zollrevision verheimlicht, sei erfüllt. Entscheidend sei, dass der
Beschwerdeführer die Waren fälschlicherweise zum Kontingentsansatz deklariert
habe. Die nachträgliche Kontrolle durch das BLW sei unerheblich, da das
Zollverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen und die Verkürzung
des Zolls damit bereits eingetreten gewesen seien.

Der Beschwerdeführer bringt hiergegen vor, eine fehlerhafte Deklaration könne
nur strafbar sein, wenn damit die Möglichkeit verbunden sei, dass die Abgabe
nicht bezahlt werde. Eine Täuschung der zuständigen Behörden sei
ausgeschlossen, wenn das BLW lückenlose Kontrollen durchführe und die sich
hieraus ergebenden Nachfakturen der EZV melde, welche anschliessend von den
Zollpflichtigen die Abgaben wegen Kontingentsüberschreitungen erhebe. In casu
sei deshalb die korrekte Verzollung trotz der unrichtigen Angaben nie
gefährdet gewesen; erst recht liege bei dieser Sachlage keine Zollverkürzung
vor.

3.2 Der Beschwerdeführer hat in den Jahren 1999 bis 2001 einen Teil seiner
Einfuhren an Früchten und Gemüse zu Unrecht zum günstigeren Kontingentszoll-
anstatt zum Ausserkontingentszollansatz deklariert. Hierin liegt objektiv
eine Zollübertretung, weshalb er den dabei eingesparten bzw. vorenthaltenen
Betrag auch nachzuentrichten hatte (Urteile 2A.82/2005 vom 23. August 2005,
E. 3.1; 2A.1/2004 vom 31. März 2004, E. 2.2).

Die Tatsache, dass das BLW im fraglichen Zeitraum eine lückenlose
Kontingentskontrolle durchgeführt hat, vermag hieran nichts Entscheidendes zu
ändern. Das Zollverfahren war entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers
zum Zeitpunkt der Kontrollen abgeschlossen (vgl. Art. 35, 37 und 38 ZG). Die
Höhe des Risikos, dass zu niedrige Deklarationen nachträglich entdeckt
werden, kann für die Frage der Erfüllung des objektiven Tatbestands nicht von
Bedeutung sein. Wer eine Ware zu niedrig deklariert, erfüllt den Tatbestand
der Zollübertretung - gleichgültig, ob es ihm dabei gelingt, die Zollorgane
zu täuschen und einen Zollbetrag zu hinterziehen oder nicht (Kurt Spitz, Das
schweizerische Zollstrafrecht, Diss. Zürich 1944, S. 60).

Die Vorinstanz hat deshalb vorliegend den objektiven Tatbestand von Art. 74
Ziff. 6 ZG zu Recht bejaht.

3.3 Die Vorinstanz hat in Bezug auf den subjektiven Tatbestand festgehalten,
der Beschwerdeführer habe teils fahrlässig, teils jedoch vorsätzlich
gehandelt. Fahrlässigkeit liege vor, soweit der Beschwerdeführer die Waren zu
Zollkontingentsansätzen deklariert habe, obschon die Y.________ AG die ihr
für die fragliche Periode bewilligte Kontingentsmenge bereits ausgeschöpft
hatte. Demgegenüber sei von vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen, soweit der
Beschwerdeführer die Waren zu Zollkontingentsansätzen deklariert habe, obwohl
der Y.________ AG gar keine Kontingentsanteile erteilt worden waren. Der
Beschwerdeführer bestreitet, vorsätzlich gehandelt zu haben. Vielmehr sei in
der Hektik des alltäglichen Einkaufs eine genaue Kontrolle unterblieben, ob
man für eine bestimmte Ware überhaupt ein Kontingent zur Verfügung habe. Da
er sich - wenn überhaupt - einzig der fahrlässigen Deliktsbegehung schuldig
gemacht habe, sei auch die verhängte Busse von Fr. 12'000.-- entsprechend zu
reduzieren.

3.4 Der Beschwerdeführer hat - wie die Vorinstanz zu Recht feststellt - in
der Einvernahme vom 11. September 2003 vor der Zollkreisdirektion Basel
ausdrücklich zu Protokoll gegeben, bei ihnen sei der Kunde die Hauptsache,
und wenn dieser eine Ware möchte, dann müssten sie ihm diese sofort liefern,
selbst wenn sie über kein Zollkontingent verfügten. Deshalb hätten sie auch
bewusst Waren ohne Kontingent zum Kontingentszollansatz eingeführt
(Einvernahme des Beschwerdeführers vom 11. September 2003; angefochtenes
Urteil S. 12 mit Hinweis auf die Akten der EZV act. 11/3). Es ist nicht
ersichtlich, weshalb nicht auf diese Aussage abgestellt werden kann.

Der Beschwerdeführer hat somit vorsätzlich gehandelt. Sein späteres Dementi
wie auch sein Hinweis auf die Hektik des Alltags sind als blosse
Schutzbehauptungen zu qualifizieren.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei einem Rechtsirrtum unterlegen,
da er davon ausgegangen sei, dass falsche Kontingentsangaben nicht zu einer
Gefährdung oder Verkürzung des Zolls und damit auch nicht zu einer
Strafbarkeit nach Art. 74 Ziff. 6 ZG führen könnten. Überdies hätten die
Behörden in der fraglichen Zeitspanne von 1999 bis Ende 2001
Kontingentsüberschreitungen strafrechtlich nicht oder jedenfalls nicht
konsequent geahndet, wodurch er in seinem Rechtsirrtum bestärkt worden sei.
Aufgrund dieses systematischen behördlichen Duldens rechtswidriger Handlungen
stünden seiner Bestrafung auch das Prinzip der Rechtsgleichheit und der
Grundsatz von Treu und Glauben entgegen.

4.2 Wer bei Begehung der Tat nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich
rechtswidrig verhält, handelt nicht schuldhaft. War der Irrtum über die
Rechtswidrigkeit vermeidbar, so mildert das Gericht die Strafe (Art. 21
StGB). Im Irrtum über die Rechtswidrigkeit befindet sich nur diejenige
Person, die zureichende Gründe zur Annahme hatte, sie tue überhaupt nichts
Unrechtes; eine blosse behördliche Duldung erlaubt keine Rückschlüsse auf die
Rechtmässigkeit des Verhaltens (BGE 128 IV 201 E. 2; 114 IV 44 E. 3b; 99 IV
185 E. 3a; 81 IV 107 E. 3; Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht,
Allgemeiner Teil I, 3. Auflage, Bern 2005, § 11 N. 56; Guido Jenny, Basler
Kommentar, Strafgesetzbuch I, Art. 20 N. 21).

4.3 Die Vorinstanz hat zutreffend erwogen, dass der Beschwerdeführer als
Verantwortlicher der Y.________ AG, welche als Grossistin im Handel mit
Früchten und Gemüse tätig ist, wusste bzw. wissen konnte, welche Waren zu
welchem Zollansatz zu deklarieren sind. Folgerichtig ist auch das
Unrechtsbewusstsein des Beschwerdeführers zu bejahen.

Das Vorliegen einer ständigen behördlichen Praxis,
Kontingentsüberschreitungen strafrechtlich nicht zu ahnden, hat die
Vorinstanz insbesondere unter Hinweis auf die Aussagen von A.________ von der
EZV und von B.________ von der Zollkreisdirektion Basel verneint. Diese gaben
übereinstimmend zu Protokoll, gegen die Mehrheit der Importeure, welche in
den Jahren 1999 bis 2001 ihre Kontingente überschritten hätten, seien
ebenfalls Strafbescheide erlassen worden (angefochtenes Urteil S. 15 mit
Hinweis auf die vorinstanzlichen Akten act. 92 und 94). Die
Schlussfolgerungen der Vorinstanz, es bestünden vor diesem Hintergrund weder
Hinweise auf eine systematische behördliche Duldung rechtswidrigen Verhaltens
noch auf eine rechtsungleiche Behandlung, so dass sich weitere
Beweismassnahmen erübrigten, halten der bundesgerichtlichen Überprüfung
stand.

Der Beschwerdeführer kann sich deshalb im Ergebnis nicht mit Erfolg auf Art.
21 StGB berufen.

5.
Die Beschwerde ist folglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Eidgenössischen Zollverwaltung
Oberzolldirektion und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. April 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: