Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.223/2007
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6B_223/2007 /hum

Urteil vom 23. Juli 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Favre, Zünd,
Gerichtsschreiber Monn.

Firma X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Fritz Feldmann,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.

Einstellungsverfügung (Veruntreuung, Sachentziehung),

Beschwerde in Strafsachen gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Bülach,
Einzelrichterin in Strafsachen, vom 30. März 2007.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Firma X.________ erstattete im Oktober 2005 bei den Behörden des Kantons
Zürich Strafanzeige gegen A.________ wegen Veruntreuung und Sachentziehung
sowie unberechtigten Verwendens eines anvertrauten Fahrzeugs. Mit Verfügung
vom 7. September 2006 stellte die Untersuchungsbehörde die Strafuntersuchung
ein. Einen dagegen gerichteten Rekurs wies die Einzelrichterin in Strafsachen
des Bezirkes Bülach mit Verfügung vom 30. März 2007 ab.

Die Firma X.________ führt beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen und
beantragt, die Verfügung der Einzelrichterin sei aufzuheben. Die Sache sei an
die Staatsanwaltschaft zur Durchführung der Untersuchung gegen den
Beschwerdegegner, eventualiter zur Sistierung des Verfahrens bis zum
Vorliegen rechtskräftiger Zivilurteile zurückzuweisen.

A. ________ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Die Einzelrichterin
sowie die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich haben auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

Die Firma X.________, der eine Kopie der Vernehmlassung von A.________
zuging, hat repliziert, ohne dazu aufgefordert worden zu sein.

Eine Kopie der Replik wurde A.________ zur Kenntnis zugestellt.

2.
Die Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen ergibt sich aus Art. 81 Abs. 1
BGG. Die Beschwerdeführerin zitiert zu Unrecht nur dessen lit. a BGG
(Beschwerde S. 2 lit. C/3). Sie verkennt deshalb, dass gemäss lit. b der
genannten Bestimmung ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung
oder Änderung des angefochtenen Entscheids Legitimationsvoraussetzung ist.
Einer der in den Ziff. 1 bis 6 erwähnten Fälle liegt nicht vor. Inwieweit die
Beschwerdeführerin ansonsten ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids haben könnte, ist nicht
ersichtlich. Auf die Beschwerde ist zur Hauptsache mangels Legitimation der
Beschwerdeführerin nicht einzutreten.

3.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, sie habe im Verfahren vor der
Vorinstanz keine Gelegenheit erhalten, zu den Eingaben des Beschwerdegegners
Stellung zu nehmen (Beschwerde S. 2 lit. B, S. 6 lit. C/16-18), ist sie zur
Beschwerde legitimiert. Nach ständiger Rechtsprechung kann sie als
Geschädigte die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Gemäss Art. 29 Abs. 2
BV hat sie - abgesehen von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen zum
Schutz überwiegender Geheimhaltungsinteressen - Anspruch darauf, von jeder
dem Gericht eingereichten Stellungnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu
äussern zu können, unabhängig davon, ob diese neue Tatsachen oder Argumente
enthält und ob sie das Gericht tatsächlich zu beeinflussen vermag. Es obliegt
den Parteien zu entscheiden, ob sie zu einer Eingabe Bemerkungen anbringen
wollen oder nicht (BGE 133 I 100 E. 4.3 - 4.6).

Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe bis zur Eröffnung der
angefochtenen Verfügung keine Kenntnis davon gehabt, dass sich der
Beschwerdegegner im Rekursverfahren zweimal geäussert hatte (Beschwerde S. 6
lit. C/16 und 18). Vorinstanz, Oberstaatsanwaltschaft und Beschwerdegegner
bestreiten nicht, dass die Beschwerdeführerin von den beiden Rekurseingaben
keine Kenntnis erhalten hat. Was der Beschwerdegegner dazu vorbringt (vgl.
Vernehmlassung, act. 12, S.3/4 Ziff. 10), dringt nicht durch, weil der
Beschwerdeführerin als Rekurrentin im kantonalen Verfahren selbstverständlich
Parteirechte zustanden. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als
begründet. Sie ist im Verfahren nach Art. 109 BGG gutzuheissen, der
angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

4.
Da die Beschwerdeführerin obsiegt, sind ihr für das bundesgerichtliche
Verfahren keine Kosten aufzuerlegen. Da auf die Beschwerde indessen zur
Hauptsache nicht eingetreten werden konnte, hat ihr der Kanton Zürich nur
eine herabgesetzte Entschädigung zu bezahlen. Der Beschwerdegegner hat den
Verfahrensfehler der Vorinstanz nicht zu vertreten. Es sind ihm deshalb
ebenfalls keine Kosten aufzuerlegen. Da er unterliegt, steht ihm keine
Parteientschädigung zu.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, die
Verfügung der Einzelrichterin in Strafsachen des Bezirkes Bülach vom 30. März
2007 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons
Zürich und dem Bezirksgericht Bülach, Einzelrichterin in Strafsachen,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juli 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: