Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.212/2007
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6B_212/2007 /rom

Urteil vom 27. Oktober 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiber Borner.

D. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Gian Andrea Danuser,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.

Verletzung von Verkehrsregeln,

Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich, II. Strafkammer, vom 21. März 2007.
Sachverhalt:

A.
Am 5. Januar 2005, um 08.56 Uhr, wurde der Personenwagen ZH xxxx.________ auf
der Europabrücke in Zürich in Fahrtrichtung Höngg von einem stationären
Radargerät der Stadtpolizei Zürich erfasst. Die Auswertung ergab, dass das
Fahrzeug die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 17 km/h
überschritten hatte. Formelle Halterin des Fahrzeugs ist die D.________ AG,
doch befindet es sich unter der Verfügungsgewalt und Obhut von D.________.

B.
Das Bezirksgericht Zürich büsste D.________ am 27. Februar 2006 wegen
Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit Fr. 330.--.
Auf Berufung des Gebüssten bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am
21. März 2007 den erstinstanzlichen Entscheid.

C.
D.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene
Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bezirksgericht hatte den Beschwerdeführer als Halter des fraglichen
Fahrzeugs verurteilt, weil er keine erheblichen Indizien gegen seine
Täterschaft namhaft machen konnte. Die Vorinstanz verneinte sowohl
Verfahrensfehler als auch erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der
Tatsachenfeststellung gemäss § 412 Abs. 2 Ziff. 1 und 3 StPO/ZH.

Der Beschwerdeführer beanstandet, die Vorinstanz habe zwei Entlastungszeugen
nicht befragt und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Zudem sei die Feststellung willkürlich, mit der Nennung von zwei Mitarbeitern
habe der Beschwerdeführer den möglichen Täterkreis nicht wesentlich
konkretisiert.

2.
Aus dem Gebot der Gewährung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 29 Abs.
2 BV folgt der Anspruch der Parteien, mit rechtzeitig und formgültig
angebotenen Beweisanträgen und Vorbringen gehört zu werden, soweit diese
erhebliche Tatsachen betreffen und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind
(BGE 127 I 54 E. 2b S. 56; 120 Ib 379 E. 3b S. 383; 106 la 161 E. 2b S. 162,
je mit Hinweisen). Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn
eine Behörde auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil sie
auf Grund der bereits abgenommenen Beweise ihre Überzeugung gebildet hat und
ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass ihre
Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 124 I
208 E. 4a S. 211; 122 II 464 E. 4a S. 469, je mit Hinweisen).

Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid
von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch stehen, auf einem offenkundigen Fehler beruhen oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen. Eine materielle
Rechtsverweigerung ist nicht schon gegeben, wenn eine andere Lösung ebenfalls
vertretbar oder gar zutreffender erschiene, sondern nur, wenn das Ergebnis
schlechterdings mit vernünftigen Gründen nicht zu vertreten ist (BGE 127 I 38
E. 2a; 123 I 1 E. 4a S. 5 je mit Hinweisen).

3.
3.1 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe einen praktisch
unbestimmt grossen möglichen Täterkreis für das zu schnelle Fahren angegeben:
Neben Geschäftsfreunden, Kollegen, Angestellten, "sehr vielen" ausländischen
Besuchern, die am Flughafen angekommen seien, habe er im Februar 2006 quasi
beispielhaft zwei Personen genannt, die das fragliche Fahrzeug mehr zu fahren
pflegten als er. Er habe jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, es gebe
keinerlei konkrete Anzeichen dafür, dass eine der namentlich erwähnten
Personen zur relevanten Zeit tatsächlich gefahren sei. Er könne auch nicht
ausschliessen, dass er selbst das Fahrzeug gelenkt habe.

Zudem erwähnt die Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer kein Alibi habe, dass
seine Aussage, er habe "keine Ahnung", wo er sich am fraglichen 5. Januar
2005 aufgehalten habe, unrealistisch sei und dass seine Angabe gegenüber der
ersten Instanz, drei Monate nach dem Vorfall habe für ihn keine Veranlassung
bestanden, sich zu erinnern, ob er am 5. Januar 2005 ausländische Besucher
gehabt habe, als Ausflucht erscheine.

Überdies verweist die Vorinstanz auf die erstinstanzliche
Sachverhaltswürdigung. Danach wurde die Geschwindigkeitsüberschreitung auf
einer geeigneten Verbindung zwischen Bäch/SZ, einem Domizil des
Beschwerdeführers, und Regensdorf, seinem Arbeitsort, begangen, wohingegen
die Route über die Europabrücke offensichtlich einen Umweg darstelle, um das
Fahrzeug allfälligen ausländischen Besuchern am Flughafen zur Verfügung zu
stellen. Die D.________ AG habe bereits Mitte Februar 2005 von der
Geschwindigkeitsüberschreitung Kenntnis erhalten. Es sei schwer
nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in Anbetracht der kurzen
Zeitspanne zwischen Ereignis und Kenntnisnahme desselben überhaupt nicht in
der Lage sei, irgendwelche sachdienliche Angaben zum Vorfall zu machen. Zudem
sei wenig realistisch, dass er als erfolgreicher Unternehmer bis anhin stets
ohne Agenda ausgekommen sein soll. Allein schon die grosse
Besucherfluktuation lasse das Vorhandensein einer gewissen minimalen
Organisationsstruktur erwarten, woraus zumindest zu entnehmen wäre, welche
Personen wann und wie lange zu Besuch kommen und welche Infrastruktur (u.a.
auch Autos) diesen zur Verfügung gestellt werden. Nichts anderes gelte für
Mitarbeiter, wenn sie Firmenfahrzeuge benutzten.

3.2 Hält man sich all diese Erwägungen vor Augen und berücksichtigt man
insbesondere auch den ausdrücklichen Hinweis des Beschwerdeführers, es gebe
keinerlei konkrete Anzeichen dafür, dass eine der namentlich erwähnten
Personen zur relevanten Zeit tatsächlich gefahren sei, durfte die Vorinstanz
willkürfrei annehmen, die Einvernahme der beiden werde ihre Überzeugung nicht
mehr ändern. Damit erweist sich der Vorwurf, die Vorinstanz habe den Anspruch
des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt, als unbegründet.

3.3 Der Beschwerdeführer rügt die vorinstanzliche Feststellung als
willkürlich, mit der Nennung von zwei Mitarbeitern habe er den möglichen
Täterkreis nicht entscheidend einzuschränken vermocht.

Im vorinstanzlichen Verfahren betonte der Beschwerdeführer, die beiden
Mitarbeiter hätten das fragliche Fahrzeug mehr benutzt als er selbst. Nachdem
er aber ausdrücklich zu Protokoll gegeben hatte, es gebe keinerlei konkrete
Anzeichen dafür, dass eine dieser Personen zur relevanten Zeit tatsächlich
gefahren sei, und zudem Geschäftsfreunde, Kollegen, Angestellte sowie auch
"sehr viele" ausländische Besucher grundsätzlich als Täter in Frage kamen,
erscheint die beanstandete Feststellung nicht als willkürlich.

3.4 Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, der Grundsatz "in dubio pro reo"
sei verletzt.
Da er nicht darlegt, inwiefern die Rüge über die beurteilten Vorwürfe einer
Verletzung des rechtlichen Gehörs und der willkürlichen Beweiswürdigung
hinausgehen soll, ist darauf nicht einzutreten.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Strafsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Oktober 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: