Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.205/2007
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007


6B_205/2007 /rom

Urteil vom 27. Oktober 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari, Favre, Zünd,
Gerichtsschreiber Thommen.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Gerhard Hofmann,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich,
Eidgenössische Spielbankenkommission, Postfach, 3003 Bern,
Schweizerische Bundesanwaltschaft, Taubenstrasse 16, 3003 Bern.

Widerhandlung gegen des Spielbankengesetz,

Beschwerde in Strafsachen gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich, II. Strafkammer, vom 11. April 2007.

Sachverhalt:

A.
Als Berufungsinstanz verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich
X.________ am 21. Oktober 2005 wegen Übertretung von Art. 56 Abs. 1 lit. a
sowie mehrfacher Übertretung von Art. 56 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom
18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz, SBG;
SR 935.52) zu 30 Tagen Gefängnis.

B.
Eine von X.________ dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde hiess das
Bundesgericht mit Urteil 6P.17/2006 vom 14. Dezember 2006 gut. Das
Bundesgericht entschied in diesem Urteil, dass die als Anklageschrift
geltende Überweisungsverfügung der eidgenössischen Spielbankenkommission
(ESBK) vom 23. April 2004 mangelhaft und das darauf beruhende
Obergerichtsurteil somit in Verletzung des Anklagegrundsatzes ergangen war.
Das Urteil wurde deshalb aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an
das Obergericht zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass die Anklagebehörde im
neuen Verfahren das Vorliegen von Glücksspiel werde behaupten und beweisen
müssen.

C.
Mit Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 11 April 2007 wurden
der ESBK die Akten überstellt "zur Fortsetzung der Untersuchung und zu
anschliessender Erstattung eines neuen Überweisungsberichts im Sinne einer
Anklageschrift oder zum Erlass einer Einstellungsverfügung".

D.
Gegen diesen Beschluss erhebt X.________ Beschwerde in Strafsachen. Er
verlangt dessen Aufhebung und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an
die Vorinstanz.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerde ist zulässig gegen letztinstanzliche Entscheide in Strafsachen
(Art. 78 Abs. 1 BGG; Art. 80 Abs. 1 BGG). Nach Art. 57 des Bundesgesetzes vom
18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz, SBG;
SR 935.52) ist für die darin geregelten Vergehens- und
Übertretungstatbestände (Art. 55 und 56 SBG) das Verwaltungsstrafrechtsgesetz
vom 22. März 1974 (VStrR; SR 313.0) anwendbar. Art. 2 VStrR erklärt die
allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs für anwendbar. Für die
gerichtliche Beurteilung von Verwaltungsstrafsachen sind in der Regel die
kantonalen Strafgerichte zuständig (Art. 21 und Art. 73 ff. VStrR). Dazu
überweist die beteiligte Verwaltung die Akten der kantonalen
Staatsanwaltschaft zuhanden des zuständigen Strafgerichtes (Art. 73 Abs. 1
VStrR). Diese Überweisung gilt als Anklage (Art. 73 Abs. 1 VStrR). Nach
Art. 83 Abs. 1 VStrR kann gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide in
Verwaltungsstrafsachen die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde an den
Kassationshof des Bundesgerichts ergriffen werden. Zwar ging der Gesetzgeber
davon aus, dass letztinstanzliche Entscheide im Verwaltungsstrafrecht mit
Beschwerde in Strafsachen anfechtbar sein sollen (Botschaft zur Totalrevision
der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001, S. 4256 und 4313).
Dennoch blieb Art. 83 Abs. 1 VStrR bei der Einführung des
Bundesgerichtsgesetzes unverändert (vgl. Ziff. 11 des Anhangs zum
Bundesgerichtsgesetz zur Änderung des bisherigen Rechts, wonach nur Art. 25
Abs. 4 VStrR geändert wurde. In der Botschaft gingen die Änderungen des
Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht vergessen, vgl. BBl 2001, S.
4398 ff.). Es darf deshalb davon ausgegangen werden, dass es sich es sich bei
der versäumten Nachführung von Art. 73 Abs. 1 VStrR um ein Versehen des
Gesetzgebers handelt (so nunmehr auch die Botschaft und der Gesetzesentwurf
zur formellen Bereinigung des Bundesrechts vom 22. August 2007, BBl 2007, S.
6151, 6173 und 6175). Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide in
Verwaltungsstrafsachen ist somit grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen
gegeben (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1 BGG).

2.
Art. 90 BGG bestimmt unter dem Randtitel 'Endentscheide', dass die Beschwerde
zulässig ist gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Entgegen dem
Beschwerdeführer schliesst der Rückweisungsentscheid des Obergerichts des
Kantons Zürich das Verfahren nicht ab (vgl. BGE 133 IV 121 E. 1.3).

3.
3.1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die
Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig (Art. 92
Abs. 1 BGG). Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden
(Art. 92 Abs. 2 BGG). Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und
Zwischenentscheide ist die Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig, wenn
sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder
wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen
und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Im Verfahren der Beschwerde in
Strafsachen entspricht der Begriff des nicht wieder gutzumachenden Nachteils
gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG demjenigen des früheren Art. 87 Abs. 2 OG.
Es handelt sich daher um einen Nachteil rechtlicher Natur (BGE 133 IV 139 E.
4).

3.2
3.2.1 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, dass ein
selbständig eröffneter Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a
BGG vorliege. Der Rückweisungsbeschluss bewirke einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil zu seinen Lasten. Würde der obergerichtliche
Beschluss nicht angefochten, so könnte die Strafuntersuchungsbehörde das
Verfahren völlig neu aufrollen und sowohl den Gegenstand als auch den Umfang
der Abklärungen neu bestimmen und ausdehnen. Die Strafuntersuchungsbehörde
wäre an bisherige "gerichtliche Klärungen" kaum mehr gebunden. Sie könnte
weitere Delikte untersuchen, auch solche, die bisher nicht Gegenstand des
Verfahrens waren.

3.2.2 Eventualiter bringt der Beschwerdeführer vor, dass die Gutheissung der
vorliegenden Beschwerde ohne weitere Abklärungen zu einem Freispruch durch
das Obergericht führen würde. Es könnte mithin sofort ein Endentscheid
herbeigeführt werden. Auch die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG
seien somit gegeben.

3.3
3.3.1 Der angefochtene Beschluss ordnet eine Rückweisung der Akten an die ESBK
"im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts" an. Im Urteil 6P.17/2006 vom
14. Dezember 2006 (E. 1.5.3) entschied das Bundesgericht, dass die
Anklagebehörde im neuerlichen Verfahren sowohl in Bezug auf lit. a als auch
hinsichtlich lit. c von Art. 56 Abs. 1 SBG das Vorliegen von Glücksspiel zu
behaupten und zu beweisen habe. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers
kann die Anklagebehörde das Verfahren weder völlig neu aufrollen noch Delikte
untersuchen, welche bisher nicht Verfahrensgegenstand waren. Vielmehr sind
die vom Bundesgericht festgestellten Mängel in der Anklageschrift zu beheben.
So ist insbesondere nachzuweisen, dass es sich bei den beschlagnahmten
Geräten um Glücksspiele handelt (vgl. Urteil 6P.17/2006 vom 14. Dezember
2006, E. 1.5.1). Es kann keine Rede davon sein, dass die
Strafuntersuchungsbehörde dabei nicht mehr an bisherige gerichtliche
Entscheide gebunden sei. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im geltend
gemachten Sinne ist deshalb nicht ersichtlich. Ein Zwischenentscheid nach
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG liegt nicht vor.

3.3.2 Mit der Behandlung der Beschwerde kann entgegen dem Beschwerdeführer
auch nicht unmittelbar ein Endentscheid herbeigeführt werden. Hiesse das
Bundesgericht die vorliegende Beschwerde gut, so würde lediglich der
obergerichtliche Beschluss, die Akten zur Anklageergänzung an die ESBK zurück
zu weisen, aufgehoben. Ein Entscheid in der Sache wäre damit noch nicht
vorgezeichnet. Die obergerichtliche Rückweisung ist somit auch kein
Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG.

4.
Mangels eines zulässigen Anfechtungsobjekts ist auf die Beschwerde nicht
einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Strafsachen wird nicht eingetreten.

2.
Dem Beschwerdeführer wird eine Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich, der Eidgenössischen Spielbankenkommission, der
Schweizerischen Bundesanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Zürich,
II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Oktober 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: