Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.166/2007
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2007


6B_166/2007 /hum

Urteil vom 24. Juli 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Störi.

Firma X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Viktor Kletzhändler,

gegen

A.________,
B.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Markus Dieth,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.

Falsche Zeugenaussage (Art. 307 Abs. 1 StGB), versuchter Betrug (Art. 146
Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 aStGB), Unterdrückung von Urkunden (Art.
254 Abs. 1 StGB),

Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich, II. Strafkammer, vom 26. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich sprach A.________ und B.________
am 6. März 2006 von den Vorwürfen des versuchten Betrugs, der Unterdrückung
von Urkunden und der falschen Zeugenaussage zum Nachteil der Firma X.________
frei.

Auf Berufung der Firma X.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons
Zürich die Freisprüche am 26. Januar 2007.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Firma X.________, dieses
obergerichtliche Urteil aufzuheben, A.________ und B.________ anklagegemäss
schuldig zu sprechen, festzustellen, dass diese der Firma X.________ im
Grundsatz schadenersatzpflichtig seien, A.________ und B.________ zu
verpflichten, der Firma X.________ den Schaden zu ersetzen, der kausale Folge
der Straftaten sei, wobei die Sache zur genauen Feststellung des Umfangs des
Schadenersatzanspruchs ins Zivilverfahren zu verweisen sei, oder eventualiter
die Sache ans Obergericht zur Neubeurteilung zurückzuweisen.

Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der angefochtene Entscheid des Obergerichts erging nach dem Inkrafttreten des
Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG), weshalb sich das Verfahren
nach dessen Bestimmungen richtet (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.1 Nach Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer
vor der Vorinstanz als Partei am Verfahren teilgenommen und ein rechtlich
geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen
Entscheids hat. Da der Strafanspruch dem Staat zusteht, hat der Geschädigte
kein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung eines Strafurteils im Strafpunkt
(Entscheid des Bundesgerichts 6B_12/2007 vom 5. Juli 2007). Dies entspricht
der bisherigen Rechtslage: Die Befugnis zur Erhebung einer staatsrechtlichen
Beschwerde setzte nach Art. 88 OG ebenfalls ein aktuelles
Rechtsschutzinteresse voraus. Zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde war
der Geschädigte grundsätzlich nicht befugt, Art. 270 BStP e contrario.

1.2 Wie bisher in der staatsrechtlichen Beschwerde kann unabhängig von der
Legitimation in der Sache selbst auch mit Beschwerde in Strafsachen die
Verletzung solcher Verfahrensgarantien gerügt werden, deren Missachtung eine
formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das erforderliche rechtlich geschützte
Interesse ergibt sich diesfalls aus der durch das kantonale Recht
eingeräumten Stellung als Verfahrenspartei (BGE 126 I 81 E. 3b S. 86; 125 II
86 E. 3b S. 94; 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.). Nicht zu hören sind dabei aber
Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen
Entscheides abzielen (BGE 118 Ia 232 E. 1c S. 236; 117 Ia 90 E. 4a S. 95; 114
Ia 307 E. 3c S. 313). Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer
kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren noch geltend machen, die
Begründung sei materiell unzutreffend (BGE 118 Ia 232 E. 1a S. 235, mit
Hinweisen).

2.
Die Beschwerdeführerin rügt, das Obergericht habe ihr rechtliches Gehör
verletzt, indem es sich mit einem erheblichen Einwand nicht
auseinandergesetzt habe. Zu dieser Rüge ist sie befugt, sofern sie nicht auf
eine unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung hinausläuft.

Aus dem aus Art. 29 Abs. 2 BV abgeleiteten Anspruch auf rechtliches Gehör
ergibt sich für den Richter die Pflicht, seinen Entscheid zu begründen. Er
muss wenigstens kurz die wesentlichen Überlegungen darlegen, von denen er
sich dabei hat leiten lassen, sodass der Betroffene den Entscheid in voller
Kenntnis der Sache anfechten kann. Dabei muss sich der Richter nicht mit
allen tatsächlichen Behauptungen und rechtlichen Einwänden auseinandersetzen.
Er kann sich vielmehr auf die für seinen Entscheid erheblichen Gesichtspunkte
beschränken (BGE 126 I 97 E. 2b; 123 I 31 E. 2c; 122 IV 8 E. 2c; 121 I 54 E.
2c je mit Hinweisen).

3.
3.1 Dem Beschwerdegegner B.________ wurde in der Anklageschrift vorgeworfen,
er habe zusammen mit dem heutigen Inhaber der Beschwerdeführerin, C.________,
und dem zweiten Beschwerdegegner, A.________, ein Lebensmittelgeschäft
betrieben. Nach Streitigkeiten seien im Januar 2001 die beiden
Beschwerdegegner aus dem Geschäft ausgestiegen. Dabei habe B.________ den
Ordner mit den quittierten Lohnabrechnungen gestohlen. In der Folge habe
B.________ beim Arbeitsgericht ein Zivilverfahren wegen ausstehender
Lohnzahlungen angestrengt und dabei wahrheitswidrig angegeben, die
Lohnbuchhaltung nicht geführt und den entsprechenden Ordner nicht mitgenommen
zu haben. Die Beschwerdeführerin habe den Zivilprozess aufgrund der fehlenden
bzw. abhanden gekommenen Lohnabrechnungen verloren.

3.2 Bei seiner Beweiswürdigung kam der Einzelrichter des Bezirksgerichts zum
Schluss, weder die Darstellung C.________s noch diejenigen der beiden
Beschwerdegegner vermöchten voll zu überzeugen. Da weitere Beweismittel
fehlten, verblieben Zweifel, ob sich der Anklagesachverhalt wie beschrieben
ereignet habe, weshalb die Beschwerdegegner "in dubio pro reo" freizusprechen
seien. Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid (S. 9) auf die
bezirksgerichtliche Beweiswürdigung verwiesen.

3.3 Die Beschwerdeführerin bringt vor (Beschwerde S. 3 Ziff. 6), sie habe mit
Bezug auf den Angeklagten B.________ bereits vor erster Instanz geltend
gemacht, der angeklagte Sachverhalt sei aufgrund der erstellten bzw.
unbestrittenen Umstände rechtsgenügend bewiesen. B.________ habe mit seiner
Klage beim Arbeitsgericht eine von ihm quittierte Lohnabrechnung für den
Oktoberlohn 2000 eingereicht. Diese Quittung sei ein Beleg der Arbeitgeberin,
weshalb sie sich bei ihr hätte befinden müssen, nicht bei B.________. Daraus
ergebe sich zwangsläufig, dass dieser sie bei seinem Austritt entwendet habe.
Mit diesem Vorbringen habe sich der Einzelrichter unter Verletzung seines
rechtlichen Gehörs nicht auseinandergesetzt. Das Obergericht habe dies auch
nicht getan, sondern auf die Ausführungen des Einzelrichters verwiesen.

3.4 Soweit die Beschwerdeführerin mit diesen Ausführungen die Beweiswürdigung
des Obergerichts bzw. des Einzelrichters des Bezirksgerichts, auf die es
verweist, kritisiert, ist darauf mangels Legitimation in der Sache nicht
einzutreten (E. 1.2). Von einer Gehörsverletzung kann keine Rede sein. Die
Abläufe um die Buchhaltung der Beschwerdeführerin im relevanten Zeitraum
blieben sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren weitgehend im Dunkeln.
Selbst wenn B.________ die für die Arbeitgeberin bestimmte Lohnquittung für
den Oktoberlohn 2000 in seinem Besitz gehabt haben sollte - bei den Akten
befindet sich lediglich eine wenig beweiskräftige Kopie -, könnte dies
ebensogut auf eine unprofessionelle Abwicklung des Lohn- bzw.
Lohnbuchhaltungswesens oder ein Versehen zurückzuführen sein und beweist
keineswegs, dass B.________ sie gestohlen hat. Und schon gar nicht beweist
es, dass er auch die Quittungen für die Monate November und Dezember 2000
sowie Januar 2001 gestohlen hat, mithin den Zeitraum, für den B.________ im
arbeitsrechtlichen Verfahren gegen die Beschwerdeführerin Lohnforderungen
stellte (und zugesprochen bekam). War aber somit der von der
Beschwerdeführerin behauptete Umstand, dass B.________ die ihr gehörende
Quittung für seinen Oktoberlohn 2000 besessen habe, für den Ausgang des
Verfahrens unerheblich, konnten Bezirks- und Obergericht ohne Verletzung
ihrer verfassungsrechtlichen Begründungspflicht stillschweigend darüber
hinweggehen. Die Gehörsverweigerungsrüge ist unbegründet.

3.5 Damit werden auch die langfädigen Ausführungen der Beschwerdeführerin,
wie das Bundesgericht den Fall nach einer Gutheissung der
Gehörsverweigerungsrüge selber (reformatorisch) entscheiden könnte,
gegenstandslos.

4.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten (Art.
66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie der Oberstaatsanwaltschaft und dem
Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Juli 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: