Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.131/2007
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6B_131/2007 /rom

Urteil vom 22. November 2007
Strafrechtliche Abteilung

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari, Favre, Mathys,
Gerichtsschreiber Näf.

X. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Ruth Dönni,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.

Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz; Strafzumessung,

Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich, I. Strafkammer, vom 26. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
Ende Januar 2006 übergab X.________ in ihrer Wohnung in Zürich 22 Gramm
reines Kokain gegen einen Barbetrag von Fr. 2'600.-- an A.________. Am
folgenden Tag war sie bei ihrer Verhaftung im Besitz von 940 Gramm Kokain
(Reinheitsgrad 55 % bzw. 60 %), welches sie wenige Tage zuvor im Hauptbahnhof
Zürich von einem Unbekannten übernommen hatte und für diesen gegen eine
Provision von maximal Fr. 20'000.-- zu verkaufen beabsichtigte.

B.
Das Bezirksgericht Zürich (8. Abteilung) sprach X.________ am 2. Juni 2006
der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19
Ziff. 1 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG) schuldig
und bestrafte sie mit 27 Monaten Gefängnis.

Dagegen erhob X.________ Berufung mit den Anträgen, sie sei mit einer
Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten zu bestrafen und der Vollzug der
Freiheitsstrafe sei unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit
aufzuschieben.

Das Obergericht des Kantons Zürich bestrafte X.________ mit Urteil vom
26. Februar 2007 in Anwendung des inzwischen in Kraft getretenen neuen Rechts
mit 27 Monaten Freiheitsstrafe. Es schob den Vollzug dieser Strafe im Umfang
von 15 Monaten unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren auf. Im
übrigen Umfang von 12 Monaten wurde die Strafe als vollziehbar erklärt.

C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Februar 2007 sei aufzuheben, sie sei
mit einer Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten zu bestrafen und der
Vollzug der Freiheitsstrafe sei unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit
aufzuschieben. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das angefochtene Urteil ist nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes
über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) am 1. Januar 2007 ergangen. Das
Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht bestimmt sich daher nach dem
Bundesgerichtsgesetz (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Am 1. Januar 2007 sind auch der revidierte Allgemeine Teil des
Strafgesetzbuches (Erstes Buch) und die revidierten Bestimmungen über die
Einführung und Anwendung des Gesetzes (Drittes Buch) gemäss Bundesgesetz vom
13. Dezember 2002 in Kraft getreten. Die Beschwerdeführerin hat die
beurteilten Taten vor diesem Zeitpunkt, zwischen dem 22. und 25. Januar 2006,
begangen, und das angefochtene Berufungsurteil ist nach dem 1. Januar 2007
ergangen. In dieser Konstellation ist gemäss Art. 2 StGB (alte und neue
Fassung) das neue Recht anwendbar, wenn es für die Beschwerdeführerin das
mildere ist.

2.
Die Beschwerdeführerin wendet sich ausschliesslich gegen die Strafzumessung.
Die Vorinstanz hat diese nach neuem Recht vorgenommen, weil es im
vorliegenden Fall den teilbedingten Strafvollzug erlaube und damit für die
Beschwerdeführerin milder sei. Diese Beurteilung ist zutreffend und wird von
der Beschwerdeführerin denn auch nicht beanstandet.

2.1 Der am 1. Januar 2007 in Kraft getretene neue Allgemeine Teil des
Strafgesetzbuches hat die bisher geltenden Strafzumessungsgrundsätze in Art.
47 Abs. 1 StGB beibehalten. Danach misst der Richter die Strafe nach dem
Verschulden des Täters zu. Er berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen
Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die
Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend
präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des
betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den
Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der
Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung
oder Verletzung zu vermeiden.

Es liegt im Ermessen des Sachrichters, in welchem Umfang er die verschiedenen
Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Die Strafrechtliche Abteilung des
Bundesgerichts greift auf Beschwerde in Strafsachen hin nur in die
Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über-
oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien
ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen
beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (vgl. BGE 129 IV 6 E. 6.1; 127 IV 101 E. 2; 124 IV 286 E. 4a).
Nach Art. 50 StGB hat der Richter, sofern er sein Urteil zu begründen hat,
die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung
festzuhalten. Diese nunmehr gesetzlich festgeschriebene Begründungspflicht
entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Recht, wonach der
Richter die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen
hat, in den Grundzügen wiedergeben muss, so dass die Strafzumessung
nachvollziehbar ist. Besonders hohe Anforderungen an die Begründung der
Strafzumessung werden unter anderem gestellt, wenn die ausgesprochene Strafe
ungewöhnlich hoch oder auffallend milde ist (BGE 127 IV 101 E. 2c; 121 IV 49
E. 2a/aa; 120 IV 136 E. 3a; 118 IV 337 E. 2a).

2.2 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil die Strafzumessung ausführlich
begründet. Sie hat zunächst die objektiven und subjektiven Tatkomponenten
gewichtet. Das Tatverschulden sei als erheblich einzustufen. Die
Beschwerdeführerin habe die grosse Menge von zirka 1 Kilogramm Kokain
entgegengenommen und sei bereit gewesen, diese wegen der in Aussicht
stehenden Provision von maximal Fr. 20'000.-- weiterzuveräussern. Sie habe
die Betäubungsmittelmenge gestreckt und portioniert und sich hiefür eine
Waage angeschafft. Sie habe im Zeitpunkt ihrer Verhaftung bereits Kokain für
Fr. 2'600.-- veräussert. Dass die Beschwerdeführerin die in Aussicht stehende
Provision für die ärztliche Behandlung ihres in den USA lebenden älteren
Sohnes verwenden wollte, ist gemäss den Ausführungen im angefochtenen Urteil
nur leicht strafmindernd zu berücksichtigen, da es nicht angehe, zu diesem
Zweck durch den Handel mit Betäubungsmitteln die Gesundheit von zahlreichen
anderen Menschen zu gefährden. Aufgrund der objektiven und subjektiven
Tatkomponenten erscheint der Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von 36 - 39
Monaten angemessen. Die Vorinstanz hat sodann die Täterkomponenten gewichtet.
Sie sieht keine aussergewöhnlichen Umstände, welche der Beschwerdeführerin
unter dem Titel der Strafempfindlichkeit beziehungsweise der Wirkung der
Strafe zu ihren Gunsten anzurechnen wären. Die Verbüssung einer
Freiheitsstrafe stelle an sich für jeden in ein familiäres oder soziales
Umfeld eingebetteten Verurteilten eine gewisse Härte dar. Die
Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt ihrer deliktischen Tätigkeit sehr genau
gewusst, dass sie für ihren jüngeren Sohn aufzukommen habe, der im Übrigen
nicht mehr bei seinem Vater, sondern nunmehr ebenfalls in der Familie ihrer
Tochter lebe. Die Vorinstanz gewichtet hingegen die Vorstrafenlosigkeit, das
Geständnis und das kooperative Verhalten der Beschwerdeführerin in der
Strafuntersuchung insgesamt klar strafmindernd. Unter Berücksichtigung dieser
Täterkomponenten erscheint ihr eine Freiheitsstrafe von 28 - 30 Monaten
angemessen. Wegen des Verbots der "reformatio in peius" bestimmt die
Vorinstanz die Strafe in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils auf
27 Monate.

2.3 Was die Beschwerdeführerin gegen diese Strafzumessungserwägungen der
Vorinstanz vorbringt, überzeugt nicht. Von einem bloss geringen Verschulden
kann keine Rede sein. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe mangels
Vergleichswerten nicht einschätzen können, wie viele Personen mit der
fraglichen Menge Kokain gefährdet werden könnten, ist unbehelflich. Bereits
aus der ihr zugesicherten Provision von maximal Fr. 20'000.-- konnte sie
ersehen, dass es sich um eine grosse Betäubungsmittelmenge und damit auch um
ein erhebliches Gefährdungspotential handelte. Dass die Beschwerdeführerin
eine relativ untergeordnete Stellung hatte, kann sich nicht weitergehend auf
die Verschuldensbewertung auswirken. Die Erwägung der Vorinstanz, von einer
"sehr" untergeordneten Funktion könne keine Rede sein, ist nicht zu
beanstanden. Die Feststellung der Vorinstanz, die deliktische Tätigkeit habe
sich zwar tatsächlich nur über eine kurze Zeit erstreckt, doch sei sie nicht
aus eigenem Antrieb, sondern durch die Verhaftung der Beschwerdeführerin
beendet worden, ist vertretbar, zumal die Beschwerdeführerin selbst
ausdrücklich erklärt hat, sie hätte auch noch weiteres Kokain verkauft. Dass
die Vorinstanz aus der kurzen Dauer der deliktischen Tätigkeit nichts zu
Gunsten der Beschwerdeführerin ableitete, ist deshalb nicht zu beanstanden.
Zu Recht hat die Vorinstanz den Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Tat
begangen hat, um die ärztliche Behandlung ihres nierenkranken älteren Sohnes
zu finanzieren, aus den im angefochtenen Urteil erwähnten Gründen nur leicht
strafmindernd berücksichtigt. Wenn die Vorinstanz aufgrund aller wesentlichen
Strafzumessungsfaktoren eine Freiheitsstrafe im Bereich zwischen
28-30 Monaten als angemessen erachtete und die Strafe mit Rücksicht auf das
Verschlechterungsverbot auf 27 Monate festlegte, hat sie ihr Ermessen nicht
überschritten.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen der Ansicht der Vorinstanz
seien auch nach dem neuen Recht bei der Strafzumessung die Grenzwerte zu
berücksichtigen, bei welchen noch der bedingte Strafvollzug (24 Monate)
beziehungsweise der teilbedingte Vollzug (36 Monate) möglich sei. Dabei könne
allerdings nicht weiterhin nur eine den Grenzwert um höchstens drei Monate
übersteigende Strafe auf den Grenzwert herabgesetzt werden. Denn ob eine
Strafe den Grenzwert nicht erheblich überschreite, bestimme sich nicht in
absoluten Zahlen, sondern in Prozenten des Grenzwerts. Daher könne nicht nur
eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten, sondern auch noch eine (an sich
angemessene) Freiheitsstrafe von 28-29 Monaten auf den Grenzwert von
24 Monaten herabgesetzt werden, bei welchem der vollbedingte Vollzug möglich
sei. Selbst eine (an sich angemessene) Freiheitsstrafe von 30 Monaten könne
unter diesem Gesichtspunkt auf 24 Monate herabgesetzt werden. Dies dränge
sich schon deshalb auf, weil der Richter bei der Strafzumessung zu oft wenig
wissenschaftlich und kaum begründet runde Zahlen bevorzuge, weshalb denn auch
selten eine Strafe beispielsweise von 29 Monaten ausgefällt werde. Somit sei
die von der Vorinstanz in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils
ausgefällte Freiheitsstrafe von 27 Monaten ohne weiteres auf 24 Monate
herabzusetzen und der Vollzug dieser Strafe unter Ansetzung einer
angemessenen Probezeit bedingt aufzuschieben, da die subjektiven
Voraussetzungen des bedingten Vollzugs unstreitig erfüllt seien. Dies müsse
auch gelten, wenn man eine von der Vorinstanz als angemessen erachtete, aber
wegen des Verbots der "reformatio in peius" nicht ausgefällte Freiheitsstrafe
von 28-30 Monaten als massgebenden Ausgangspunkt erachten wollte. Eine
Freiheitsstrafe von 28 Monaten überschreite den Grenzwert von 24 Monaten im
gleichen Prozentsatz wie eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten den
altrechtlichen Grenzwert von 18 Monaten.

3.2 Nach der Praxis des Bundesgerichts zum alten Recht war die Grenze von 18
Monaten für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs (Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
aStGB) bei der Strafzumessung mit zu berücksichtigen, wenn eine
Freiheitsstrafe von nicht erheblich längerer Dauer in Betracht fiel und die
Voraussetzungen des bedingten Vollzugs im Übrigen erfüllt waren (BGE 127 IV
97 E. 3 S. 101; 118 IV 337 E. 2c S. 339 ff.). Der Richter hat sich nach
dieser Rechtsprechung mit der Frage auseinander zu setzen, ob angesichts der
persönlichen Verhältnisse des Schuldigen der Vollzug einer Freiheitsstrafe
nicht dem Zweck der Verbrechensverhütung zuwiderlaufe. Bejaht er dies - etwa
weil sich der Täter im Urteilszeitpunkt in einer gefestigten beruflichen
Stellung befindet und in günstigen familiären Verhältnissen lebt und durch
den Strafvollzug aus diesem günstigen Umfeld oder einer vorteilhaften
Entwicklung herausgerissen würde und damit entsozialisiert werden könnte -,
hat er diesem Umstand gemäss Art. 63 aStGB unter dem Gesichtspunkt der
persönlichen Verhältnisse strafmindernd Rechnung zu tragen (BGE 118 IV 337 E.
2c S. 340 f. mit Hinweis). Im Nachgang zu diesem Grundsatzentscheid
präzisierte das Bundesgericht, es könne dabei allerdings nur um Fälle von
Freiheitsstrafen bis zu 21 Monaten gehen (BGE 127 IV 97 E. 3 S. 101, mit
Hinweisen; Urteil 6S.262/2003 vom 19. Oktober 2003, E. 5.3). Damit wurde die
gesetzliche Grenze für den bedingten Strafvollzug in bestimmten Fällen im
Ergebnis überschritten. Schon früher war jedoch ausdrücklich darauf
hingewiesen worden, es sei Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob er die
Möglichkeit des bedingten Strafvollzugs auch für längere Freiheitsstrafen
vorsehen will (BGE 118 IV 337 E. 2c S. 341).

3.3 Diese Möglichkeit besteht nach dem neuen Recht. Nunmehr können
Freiheitsstrafen von 6 bis zu 24 Monaten bedingt sowie Freiheitsstrafen von
12 bis zu 36 Monaten teilbedingt ausgesprochen werden (Art. 42 und 43 StGB).
Bedingte Strafen können mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit einer Busse
verbunden werden (Art. 42 Abs. 4 StGB). Damit wird das System des bedingten
Strafvollzugs flexibler und verliert der Grenzwert für den bedingten Vollzug
teilweise seine frühere einschneidende Bedeutung, welche der Rechtsprechung
zum alten Recht bei Strafen von nicht erheblich mehr als 18 Monaten zu Grunde
lag (siehe dazu bereits Urteil 6S.262/2003 vom 19. Oktober 2003, E. 5.3).
Ziel der Revision war, mit teilbedingten Strafen im Sinne von Art. 43 StGB
sowie mit der Strafenkombination nach Art. 42 Abs. 4 StGB die Sanktion in
erhöhtem Masse zu individualisieren und den Strafvollzug zu entlasten,
namentlich dort, wo früher eine unbedingte Freiheitsstrafe verhängt werden
musste. Das gilt ohne Einschränkungen für zwei Jahre übersteigende
Freiheitsstrafen, wobei die Möglichkeit zur Individualisierung durch die
Obergrenze des bedingten Strafvollzugs (Art. 42 Abs. 1 StGB) beziehungsweise
die Verschuldensklausel (Art. 43 Abs. 1 StGB) begrenzt wird. Solche
Freiheitsstrafen müssen zum Schuldausgleich teilweise vollstreckt werden,
selbst wenn ihr vollständiger Aufschub unter spezialpräventiven
Gesichtspunkten vorzuziehen wäre (zur Publikation bestimmte Urteile
6B_103/2007 vom 12. November 2007, E. 5.4.3, 6B_43/2007 vom 12. November
2007, E. 4.4.3; Urteil 6B_214/2007 vom 13. November 2007 E. 5.10.3). Bei
Freiheitsstrafen von mehr als drei Jahren kommt nur der vollständige Vollzug
in Frage. Auch die relativ flexible Regelung im neuen Sanktionensystem sieht
somit notwendigerweise objektive und starre Grenzen vor. Der Gesetzgeber hat
diese - teils nach eingehendem politischen Ringen - neu festgesetzt in der
offenkundigen Meinung, dass damit der Bereich des Vorranges
spezialpräventiver Gesichtspunkte klar umschrieben wird. Es bleibt kein Raum,
diese Grenzen auf dem Weg der Gesetzesauslegung wieder zu relativieren und
entgegen dem klaren Wortlaut einen erweiterten Grenzbereich offen zu halten,
um besonderen Anliegen eines Täters entgegenzukommen.

3.4 Damit wird nicht ausgeschlossen, die Folgen einer unbedingten
Freiheitsstrafe in die Würdigung mit einzubeziehen. Dies hat im normalen
Rahmen der Strafzumessung zu erfolgen. Art. 47 Abs. 1 StGB verlangt, bei der
Festlegung der Strafe deren Wirkung auf das Leben des Täters zu
berücksichtigen. Dass der Verurteilte durch die Verbüssung einer
Freiheitsstrafe aus einem günstigen Umfeld herausgerissen wird, kann sich
deshalb im einzelnen Fall nach wie vor strafmindernd auswirken und zur Folge
haben, dass die auszufällende Strafe unter der schuldangemessenen Strafe
liegt. Ob und wie weit dieser Strafminderungsgrund zum Tragen kommt, hängt
von den konkreten Umständen ab und ist an sich unabhängig von der Höhe der
Strafe.

3.5 Losgelöst davon hat der Richter bei der Strafzumessung angesichts der
einschneidenden Konsequenzen des unbedingten Vollzugs den Umstand mit zu
berücksichtigen, dass die subjektiven Voraussetzungen des Strafaufschubs im
Sinne einer günstigen beziehungsweise nicht ungünstigen Prognose im konkreten
Einzelfall an sich erfüllt sind. Diese folgenorientierte Überlegung kann
durchaus in die Strafzumessung einfliessen, bei welcher dem Richter ein
weites Ermessen zusteht. Liegt die ins Auge gefasste Sanktion in einem
Bereich, der die Grenze für den bedingten Vollzug (24 Monate) beziehungsweise
für den teilbedingten Vollzug (36 Monate) - wie übrigens auch für die
Halbgefangenschaft nach Art. 77b StGB (1 Jahr) - mit umfasst, so hat sich der
Richter die Frage zu stellen, ob eine Strafe, welche die Grenze nicht
überschreitet, noch vertretbar ist. Bejaht er sie, hat er diese Strafe zu
verhängen. Andernfalls ist es ihm unbenommen, auch eine nur unwesentlich über
dem Grenzwert liegende - angemessene und begründbare - Strafe auszufällen.
Mit der Festlegung einer Obergrenze hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben,
dass der Täter, gegen welchen eine Strafe jenseits dieses Grenzbereichs
auszusprechen ist, die nachteiligen Auswirkungen des Strafvollzugs auf sich
zu nehmen hat. Dies gilt für den Täter, dessen Strafe nur knapp über der
gesetzlichen Obergrenze liegt, genauso wie für denjenigen, welcher eine klar
darüber hinausgehende, langjährige Freiheitsstrafe zu verbüssen hat. Die
Praxis zum alten Recht hat teilweise dazu verleitet, eine Freiheitsstrafe von
22 oder gar 24 Monaten zu verhängen, obwohl eine kürzere, aber über 18 Monate
liegende Strafe auch angemessen gewesen wäre. Dass dies nicht im Interesse
des Täters lag, bedarf keiner weiteren Begründung. Erforderlich ist eine
Strafzumessung, die alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, wobei der
Richter sein pflichtgemässes Ermessen auszuüben und gleichzeitig die klaren
gesetzlichen Schranken zu beachten hat.

3.6 Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass die in BGE 118 IV 337
begründete Praxis nicht ins neue Recht übernommen werden kann. Führt die
Strafzumessung unter Würdigung aller wesentlichen Umstände zu einer
Freiheitsstrafe, welche im Bereich eines Grenzwertes liegt, hat sich der
Richter zu fragen, ob - zugunsten des Beschuldigten - eine Sanktion, welche
die Grenze nicht überschreitet, noch innerhalb des Ermessensspielraumes
liegt. Bejaht er die Frage, hat er die Strafe in dieser Höhe festzulegen.
Verneint er sie, ist es zulässig, auch eine nur unwesentlich über der Grenze
liegende Freiheitsstrafe auszufällen. In jedem Fall hat der Richter diesen
Entscheid im Urteil ausdrücklich zu begründen, andernfalls er seiner
Begründungspflicht nach Art. 50 StGB nicht nachkommt.

3.7 Die Vorinstanz führt in ihrem Urteil aus, es bestehe - auch und
insbesondere angesichts der neu geschaffenen Möglichkeit des teilbedingten
Strafvollzugs - keine Notwendigkeit, die Grenze von 24 Monaten für die
Gewährung des vollbedingten Strafvollzugs anzuheben beziehungsweise etwa eine
Freiheitsstrafe von 27 Monaten auf 24 Monate herabzusetzen, um der
Beschwerdeführerin dadurch den bedingten Strafvollzug zu ermöglichen. Hinzu
komme, dass vorliegend ohnehin eine Freiheitsstrafe von etwa 28 - 30 Monaten
schuldangemessen wäre. Die Ausfällung einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten
erfolge lediglich mit Rücksicht auf das Verschlechterungsverbot. Auch dies
spreche gegen eine weitere Reduktion. Mit diesen Erwägungen hat die
Vorinstanz dargelegt, dass eine Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten,
welche den vollbedingten Vollzug ermöglicht, nicht mehr angemessen ist.

4.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Damit würde die Beschwerdeführerin als
unterliegende Partei kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Angesichts der
grundsätzlichen Frage, welche sich im vorliegenden Fall stellte, war die
Beschwerde nicht aussichtslos, weshalb das Gesuch der mittellosen
Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege gutzuheissen ist. Daher
sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 BGG) und ist die
Vertreterin der Beschwerdeführerin aus der Bundesgerichtskasse zu
entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Strafsachen wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Der Vertreterin der Beschwerdeführerin, Rechtsanwältin Ruth Dönni, wird aus
der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. November 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber:

Schneider  Näf