Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.109/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_109/2007 /bri

Urteil vom 17. März 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari, Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiber Briw.

Parteien
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
8090 Zürich, Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Dorrit Freund,

Gegenstand
Strafzumessung gemäss Art. 42 Abs. 4 StGB, Bestimmung des milderen Rechts,
Sanktionierung im Rahmen der sog. Schnittstellenproblematik,

Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich,
II. Strafkammer, vom 19. Januar 2007 (SB060476/U/ss).

Sachverhalt:

A.
Die Autobahn A1 weist vor der Einfahrt Winterthur-Töss Richtung Zürich nur zwei
Fahrstreifen auf. Der Einfahrstreifen wird in der Folge weitergeführt, so dass
die A1 mit diesem Einfahrstreifen nachher drei Fahrstreifen umfasst. Der
Einfahrstreifen ist auf den ersten 180 m mit einer Sicherheitslinie abgetrennt.
Als X.________ am 30. Juni 2004 mit seinem Sattelschlepper ungefähr 470 m nach
dem Beginn des Einfahrstreifens vom mittleren auf den rechten Fahrstreifen
wechseln wollte, kollidierte er mit einem aus der Einfahrt heranfahrenden
Personenwagen, der im Begriffe war, ihn (verbotenerweise) rechts zu überholen.
Er hätte indessen damit rechnen müssen, dass sich ein Fahrzeug im sichttoten
Winkel befinden kann. Die Lenkerin des Personenwagens wurde bei der Kollision
verletzt. Das Bezirksgericht Winterthur bestrafte ihn deshalb am 15. Mai 2006
wegen fahrlässiger Körperverletzung mit 1'500 Franken Busse.

B.
Auf seine Berufung hin fand ihn das Obergericht des Kantons Zürich am 19.
Januar 2007 ebenfalls der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125
Abs. 1 StGB schuldig. Es verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 8 Tagessätzen
zu Fr. 100.- (Ziff. 2 des Dispositivs) und schob den Vollzug der Geldstrafe mit
einer Probezeit von zwei Jahren auf (Ziff. 3). Die von der Staatsanwaltschaft
zusätzlich beantragte Busse von 500 Franken sprach es nicht aus.

C.
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Beschwerde in Strafsachen
mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts in Ziff. 2 des Dispositivs wegen
Verletzung von Art. 42 Abs. 4 und Art. 47 StGB sowie Art. 8 Abs. 1 BV
aufzuheben und den Beschwerdegegner mit einer Geldstrafe von 8 Tagessätzen zu
Fr. 100.- und einer Busse von Fr. 500.- zu bestrafen, eventualiter die Sache zu
neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

In der Vernehmlassung beantragt der Beschwerdegegner die Abweisung der
Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine
Stellungnahme.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Unter der neuen Verfahrensordnung wird der Staatsanwaltschaft das
Beschwerderecht in Strafsachen ausdrücklich und dem Wortlaut nach ohne
Einschränkung zuerkannt (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG).

Systematisch getrennt vom Legitimationserfordernis (Art. 81 BGG) vereinigt das
Gesetz die Beschwerdegründe der bisherigen Rechtsmittel zur Einheitsbeschwerde
(Art. 95 - 98 BGG). Wer zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert ist, kann
grundsätzlich jede Rechtsverletzung geltend machen, die bei der Anwendung von
materiellem Strafrecht oder Strafprozessrecht begangen wird, mithin auch eine
Verletzung von Bundesverfassungsrecht als Teil des Bundesrechts. Für die
Staatsanwaltschaft gilt das gleichermassen wie für die anderen
beschwerdeberechtigten Parteien. Es entspricht der klaren Absicht des
Gesetzgebers, dass Verfassungsrügen der Staatsanwaltschaft nicht mehr von der
Hand gewiesen werden können mit der Begründung, diese stünden nur Privaten als
Trägern verfassungsmässiger Rechte zu (BGE 134 IV 36 E. 1.4.3).

Es ist daher auch auf die Rüge der beschwerdeführenden Staatsanwaltschaft
einzutreten, die vorinstanzliche Strafzumessung im Bereich der sogenannten
Schnittstellenproblematik verletze Art. 8 Abs. 1 BV, weil sie zu einer
rechtsungleichen Behandlung führe, indem das Vergehen milder bestraft werde als
die Übertretung. Dabei versteht es sich von selbst, dass es hier nur um eine
verfassungskonforme Anwendung von Bundesrecht gehen kann. Bundesgesetze sind
für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend
(Art. 190 BV). Insoweit die Verfassungsmässigkeit von Art. 42 Abs. 4 StGB in
Frage gestellt wird, wäre auf die Beschwerde daher nicht einzutreten (BGE 131
II 562 E. 3.2), und soweit geltend gemacht wird, die Vorinstanz hätte gemäss
Art. 42 Abs. 4 StGB neben der Geldstrafe zusätzlich eine Busse ausfällen
müssen, handelt es sich um die (verfassungskonforme) Anwendung dieser
Bestimmung.

1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann
eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1; 133 III 545 E. 2.2).

2.
Die Änderungen vom 13. Dezember 2002 (AS 2006 3459) sowie die Korrekturen am
Sanktions- und Strafregisterrecht vom 24. März 2006 (AS 2006 3539) des
Schweizerischen Strafgesetzbuches wurden vom Bundesrat auf den 1. Januar 2007
in Kraft gesetzt. Der Beschwerdegegner hat die zu beurteilende Tat am 30. Juni
2004 begangen. Die Vorinstanz kommt zum Ergebnis, nach dem im Urteilszeitpunkt
anwendbaren neuen Recht sei eine bedingte Geldstrafe festzusetzen, und diese
erweise sich als mildere Sanktion als die vom Bezirksgericht gemäss dem
bisherigen Recht ausgefällte Busse. Daher sei das neue Recht anwendbar.

Der vorliegende Fall bietet Anlass, die Anwendung des milderen Rechts im neuen
Sanktionensystem klarzustellen.

3.
Wie erwähnt, sind am 1. Januar 2007 der revidierte Allgemeine Teil des
Strafgesetzbuches (erstes Buch) und die revidierten Bestimmungen über die
Einführung und Anwendung des Gesetzes (drittes Buch) vom 13. Dezember 2002 in
Kraft getreten. Die Revision brachte eine grundlegende Neuordnung des
Sanktionensystems. Zentrales Anliegen waren die Zurückdrängung der kurzen
Freiheitsstrafe, die Einführung der Geldstrafe und der gemeinnützigen Arbeit
als Alternativsanktionen zur Freiheitsstrafe sowie allgemein die Erhöhung der
Flexibilität des Richters bei der Auswahl und Individualisierung der Sanktion
(Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches
vom 21. September 1998 [Botschaft 1998], BBl 1999 1979 S. 1984 ff., 2017 ff.,
2024 ff.). Daneben wurde das Rechtsinstitut des bedingten Strafvollzuges
angepasst, ausgebaut und ihm das neue Rechtsinstitut der teilbedingten Strafe
zur Seite gestellt (Botschaft 1998, a.a.O., S. 2048 ff.). Schliesslich führte
der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang nachträglich die kombinierte Strafe ein,
die es erlaubt, eine bedingte Strafe mit einer unbedingten Geldstrafe oder
Busse zu verbinden (Art. 42 Abs. 4 StGB; Botschaft zur Änderung des
Strafgesetzbuches in der Fassung vom 13. Dezember 2002 und des
Militärstrafgesetzes in der Fassung vom 21. März 2003 vom 29. Juni 2005
[Botschaft 2005], BBl 2005 4689, S. 4695, 4699 ff.).

4.
4.1 Der Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches (erstes Buch) sieht für den
Bereich der leichteren Kriminalität als Regelsanktion neu Geldstrafe (Art. 34
StGB) und gemeinnützige Arbeit (Art. 37 StGB), für den Bereich der mittleren
Kriminalität Geldstrafe und Freiheitsstrafe (Art. 40 StGB) vor. Eine unbedingte
Freiheitsstrafe unter sechs Monaten kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Sie
ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen für eine bedingte Strafe im Sinne von
Art. 42 StGB nicht gegeben sind und gleichzeitig zu erwarten ist, dass eine
Geldstrafe oder gemeinnützige Arbeit nicht vollzogen werden können (Art. 41
StGB). Mit der Bestimmung von Art. 41 StGB hat der Gesetzgeber für Strafen bis
zu sechs Monaten mithin eine gesetzliche Prioritätsordnung zugunsten nicht
freiheitsentziehender Sanktionen eingeführt (Goran Mazzucchelli, Basler
Kommentar, Strafgesetzbuch I, 2. Aufl., Basel 2007 [zit. Basler Kommentar],
Art. 41 N 11/38).

Für Strafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr sieht das Gesetz
Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor (vgl. Art. 34 Abs. 1 und Art. 40 Satz 1
StGB). Im Vordergrund steht dabei die Geldstrafe. Das ergibt sich aus dem
Prinzip der Verhältnismässigkeit, wonach bei alternativ zur Verfügung stehenden
Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden soll, die weniger stark in die
persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart
trifft. Bei der Wahl der Sanktionsart ist als wichtiges Kriterium die
Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und
sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (Franz
Riklin, Neue Sanktionen und ihre Stellung im Sanktionensystem, in: Reform der
strafrechtlichen Sanktionen, Hrsg.: Stefan Bauhofer/Pierre-Henri Bolle, Zürich
1994, S. 168; Ders., Zur Revision des Systems der Hauptstrafen, ZStrR 117/1999
S. 259).

4.2 Alle Arten von Sanktionen können unter den gegebenen Voraussetzungen
nunmehr bedingt (Art. 42 StGB), teilbedingt (Art. 43 StGB) oder unbedingt
ausgesprochen werden. Es ist Grundvoraussetzung für den - ganz oder teilweise -
gewährten Strafaufschub, dass nicht befürchtet werden muss, der Täter werde
sich in Zukunft nicht bewähren. Der Grund für den Aufschub der (Freiheits-)
Strafe liegt darin, dass auf die Vollstreckung der Strafe (vorerst) verzichtet
werden soll, wenn dies unter spezialpräventiven Gesichtspunkten als sinnvoll
erscheint (Botschaft 1998, a.a.O., S. 2048; Günter Stratenwerth,
Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, 2. Aufl., Bern 2006, § 5 Rz.
19 S. 129). Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges für Freiheitsstrafen bis
zu zwei Jahren ist die Regel (Art. 42 Abs. 1 StGB), von der grundsätzlich nur
bei ungünstiger Legalprognose abgewichen werden darf. Im breiten Mittelfeld der
Ungewissheit hat der Strafaufschub den Vorrang. Bleiben indes ganz erhebliche
Bedenken an der Legalbewährung des Täters, ist zu prüfen, ob es
spezialpräventiv ausreichend ist, die bedingte Strafe mit einer
Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse (Art. 42 Abs. 4 StGB) zu kombinieren. Erst
wenn die Strafenkombination nicht ausreicht und der teilweise Vollzug
unumgänglich erscheint, ist die teilbedingte Strafe zulässig. Denn der blosse
Teilaufschub (Art. 43 StGB) setzt voraus, dass der Aufschub wenigstens eines
Teils der Strafe aus spezialpräventiver Sicht erfordert, dass der andere
Strafteil unbedingt ausgesprochen wird (BGE 134 IV 1 E 4.5 und 5.5.2).

5.
Die Strafdrohungen im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches (zweites Buch)
wurden an das revidierte Sanktionensystem angepasst. Von einer Ausnahme
abgesehen (Art. 294 StGB) hat der Gesetzgeber die Strafdrohungen der
Tatbestände lediglich neu umschrieben, ohne dass der damit verbundene Vorwurf
erschwert bzw. der Strafrahmen erweitert worden wäre (Botschaft 1998, a.a.O.,
S. 2148 f.; siehe die Übersicht der Anpassungen in Ziff. II/1 Abs. 1-16 und
Abs. 17 des Bundesgesetzes über die Änderung des Strafgesetzbuches vom 13.
Dezember 2002, AS 2006 S. 3502 ff.). So wurden die Sanktionen Zuchthaus (für
Verbrechen) und Gefängnis (für Vergehen) terminologisch vereinheitlicht und
durch Freiheitsstrafe ersetzt (Botschaft 1998, a.a.O., S. 2000 f.). Die
Freiheitsstrafe Haft (für Übertretungen) wurde in allen Strafdrohungen
ersatzlos gestrichen. Die übrigen Anpassungen betreffen zur Hauptsache die
Einführung der Geldstrafe, die sich nach dem Tagessatzsystem bemisst. Für die
leichtere und mittlere Kriminalität steht die Geldstrafe neu überall dort zur
Verfügung, wo die frühere Strafdrohung eine Freiheitsstrafe (bis zu drei
Jahren) vorsah. Eine Minimal- oder Maximaldauer der Gefängnisstrafe wurde in
eine minimale oder maximale Anzahl Tagessätze überführt nach dem festen
Umrechnungsschlüssel, wonach ein Tag Freiheitsstrafe einem Tagessatz entspricht
(z.B. Art. 139 Ziff. 3 StGB, Art. 226 Abs. 2 und 3 StGB; vgl. auch Art. 36 Abs.
1 StGB). Konsequenterweise ergaben sich zwei Einschränkungen. Wenn die
Höchststrafe auf sechs Monate Gefängnis lautete, droht neu nur noch Geldstrafe
bis zu 180 Tagessätzen (z.B. Art. 173 Ziff. 1 StGB), weil die kurze
Freiheitsstrafe zurückgedrängt werden soll (Art. 41 StGB). Umgekehrt wird
allein Freiheitsstrafe angedroht (z.B. Art. 140 Ziff. 2 StGB), wenn früher die
Mindeststrafe auf ein Jahr Gefängnis lautete, weil die Geldstrafe von höchstens
360 Tagessätzen (Art. 34 Abs. 1 StGB) nicht an die Stelle einer Freiheitsstrafe
von längerer Dauer treten kann. Die Geldstrafe ersetzt sodann die Busse für
Vergehen und Verbrechen in all jenen Strafdrohungen, die vorsahen, dass neben
der Freiheitsstrafe (alternativ oder kumulativ) eine Busse verhängt werden
konnte bzw. musste, sowie - teilweise - in der Form als Verbindungsgeldstrafe
(Art. 42 Abs. 4 StGB; Art. 172bis StGB).

6.
6.1 Der "zeitliche Geltungsbereich" des Strafgesetzbuches in seiner revidierten
Fassung bestimmt sich nach Art. 2 StGB, soweit nicht besondere Anordnungen in
den Übergangsbestimmungen (drittes Buch) bestehen. Die Vorschrift lautet:
1 Nach diesem Gesetz wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein
Verbrechen oder Vergehen begeht.
2 Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes
begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dieses Gesetz
anzuwenden, wenn es für ihn das mildere ist.
Art. 2 StGB ist eine Regel des intertemporalen Kollisionsrechts, die bestimmt,
welches Gesetz zur Anwendung kommt, wenn das zur Tatzeit geltende Gesetz im
Zeitpunkt der Entscheidung formell ausser Geltung steht. In solchen Fällen
entsteht die Kollision des alten und des neuen Gesetzes und für den Richter die
Frage, ob dem alten Gesetz fortwirkende Kraft oder dem neuen Gesetz
rückwirkende Kraft innewohnt (Peter Halter, Das zeitliche Geltungsgebiet des
Schweizerischen Strafgesetzbuches, Luzern 1942, S. 5). Die Kollisionsregel ist
auch auf altrechtliche Übertretungen anwendbar (Art. 104 StGB).

Die rückwirkende Anwendung der Gesetzesänderung ist unzulässig, wenn sie sich
zu Lasten des Täters auswirken würde (Art. 2 Abs. 1 StGB). Daraus leitet sich
ab, dass grundsätzlich jenes Gesetz anwendbar ist, das im Zeitpunkt der
verübten Tat galt, es sei denn, dass das neue Gesetz das mildere ist (Art. 2
Abs. 2 StGB; BGE 129 IV 49 E. 5.1 S. 51). Die Rückwirkung des milderen Gesetzes
(lex mitior) folgt dem Gedanken, dass nicht mehr oder milder bestraft werden
soll, weil die Tat zufolge Änderung der Rechtsanschauung nicht mehr bzw.
weniger strafwürdig erscheint (BGE 89 IV 113 E. I/1a S. 116).

6.2 Das Anknüpfungskriterium der lex mitior erfordert einen Vergleich der
konkurrierenden Strafgesetze, der anhand der von der Rechtsprechung und Lehre
entwickelten Grundsätze vorzunehmen ist.
6.2.1 Ob das neue im Vergleich zum alten Gesetz milder ist, beurteilt sich
nicht nach einer abstrakten Betrachtungsweise, sondern in Bezug auf den
konkreten Fall (Grundsatz der konkreten Vergleichsmethode). Der Richter hat die
Tat sowohl nach altem als auch nach neuem Recht (hypothetisch) zu prüfen und
durch Vergleich der Ergebnisse festzustellen, nach welchem der beiden Rechte
der Täter besser wegkommt (BGE 126 IV 5 E. 2c S. 8 mit Hinweisen; Günter
Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 3. Aufl., Bern
2005, § 4 Rz. 13 S. 84; Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch,
Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 2 N 11; Alfred von Overbeck, Der
zeitliche Geltungsbereich des Schweizerischen Strafgesetzbuches und die
Behandlung der Übergangsfälle, ZStrR 56/1942 S. 359 ff.; Halter, a.a.O., S. 32
f.).

Erst aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Vorschriften des Besonderen und
Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches bestimmt sich, welches Recht anwendbar
ist (Overbeck, a.a.O., S. 359; Halter, a.a.O., S. 32; Gerhard Dannecker, Das
intertemporale Strafrecht, Tübingen 1993, S. 501). Die in Frage stehende Tat
kann nämlich sowohl hinsichtlich der Strafbarkeit im Allgemeinen wie auch
hinsichtlich der einschlägigen Strafnorm von einer Gesetzesänderung betroffen
sein. Für Änderungen der Verjährungsvorschriften (vgl. dazu BGE 129 IV 49 E.
5.1 S. 51 mit Hinweisen) und nunmehr auch des Strafantragserfordernisses wird
dies durch besondere Übergangsbestimmungen (Art. 389 und Art. 390 StGB)
klargestellt. Steht einmal fest, dass die Strafbarkeit des fraglichen
Verhaltens unter neuem Recht fortbesteht, sind die gesetzlichen Strafrahmen
bzw. Sanktionen zu vergleichen (siehe Dannecker, a.a.O., S. 501).

Schwierigkeiten kann der Vergleich bereiten, wenn das Gesetz in mehrfacher
Hinsicht geändert hat und sich im Ergebnis unterschiedliche Sanktionen
gegenüberstehen. Die Unterschiede in den Rechtsfolgen sind alsdann nach
Massgabe der gesetzlichen Bewertung in eine Rangfolge zu bringen, um die
mildere Sanktion zu bestimmen. Nur in Grenzfällen ist es dem Richter gestattet,
die Sanktionen in ihrer Gesamtheit einander gegenüberzustellen und für den
Einzelfall eine Wertentscheidung zu treffen, welches Gesetz milder ist.
6.2.2 Der Gesetzesvergleich hat sich ausschliesslich nach einem objektiven
Massstab zu richten (Grundsatz der Objektivität). Massgebend ist, welches die
nach dem Gesetz gefundene, objektiv günstigere Rechtslage darstellt, nicht etwa
der subjektive Gesichtspunkt, welche Sanktion dem Täter persönlich als
vorteilhafter erscheint (Halter, a.a.O., S. 33). Da die Schwere der
Rechtsfolgen und der damit verbundene Vorwurf entscheiden, kann es bei der
Bestimmung des anwendbaren Rechts nicht auf die tatsächlichen Auswirkungen auf
den Täter ankommen (siehe Dannecker, a.a.O., S. 528).
6.2.3 Anzuwenden ist in Bezug auf ein und dieselbe Tat nur entweder das alte
oder das neue Recht (Grundsatz der Alternativität). Eine kombinierte Anwendung
der beiden Rechte ist ausgeschlossen (BGE 119 IV 145 E. 2c S. 151; 114 IV 1 E.
2a S. 4 f., je mit Hinweisen), weil ein Gesetz, das nicht gilt und zu keiner
Zeit gegolten hat, nicht anwendbar sein kann (Halter, a.a.O., S. 334). Hat der
Täter indessen mehrere selbständige strafbare Handlungen begangen, so ist in
Bezug auf jede einzelne Handlung gesondert zu prüfen, ob das alte oder das neue
Recht milder ist (BGE 102 IV 196). Gegebenenfalls ist eine Gesamtstrafe zu
bilden (Trechsel, a.a.O., Art. 2 N 5).

7.
7.1 Im Zusammenhang mit der Revision vom 13. Dezember 2002 beschränkt sich die
Frage nach dem milderen Recht im Wesentlichen auf einen Vergleich der konkret
ermittelten Sanktionen. Wie sich aus der Gesetzesystematik ergibt, können sie
sich in Strafart (Art. 34 - 41 StGB), Strafvollzugsmodalität (Art. 42 - 46
StGB) und Strafmass (Art. 47 - 48a StGB) unterscheiden. In der Abstufung der
Strafarten (Geldstrafe, gemeinnützige Arbeit, Freiheitsstrafe) wie auch der
Strafvollzugsmodalitäten (bedingte, teilbedingte, unbedingte Strafe) kommt eine
Rangfolge zum Ausdruck (E. 4.1 und 4.2). Darin liegt eine Bewertung des
Gesetzgebers, die dem Vergleich zwischen altem und neuem Recht als
verbindlicher Massstab zu Grunde zu legen ist. Auszugehen ist daher von einer
eigentlichen Kaskadenanknüpfung: (1.) Die Sanktionen (Hauptstrafen) sind nach
der Qualität der Strafart zu vergleichen. (2.) Bei gleicher Strafart
entscheidet sich der Vergleich aufgrund der Strafvollzugsmodalität. (3.) Bei
gleicher Strafart und Strafvollzugsmodalität kommt es auf das Strafmass an.
(4.) Bei Gleichheit der Hauptstrafe sind allfällige Nebenstrafen zu
berücksichtigen (BGE 114 IV 81 E. 3b S. 82 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 118 IV
122 E. 2a). Erst wenn sich die Entscheidung auf einer Stufe nicht herbeiführen
lässt, weil sich im konkreten Fall keine Veränderung der Rechtsfolgen ergibt,
ist der Vergleich auf der nächsten Stufe fortzusetzen. Diese Grundregel ist
nachfolgend zu konkretisieren.

7.2 Bei der Beurteilung altrechtlicher Vergehen oder Verbrechen können sich
verschiedene Sanktionen oder Kombinationen einzelner Sanktionen
gegenüberstehen. Im Einzelnen gilt, was folgt:
7.2.1 Freiheitsentziehende Strafen des bisherigen Rechts (Gefängnis oder
Zuchthaus) und des neuen Rechts (Freiheitsstrafe) sind gleichwertig, soweit sie
unbedingt ausgesprochen werden. Das neue Recht ist für den Täter aber insofern
günstiger, als kurze unbedingte Freiheitsstrafen von weniger als sechs Monaten
nur noch ausnahmsweise und unter besonderen restriktiven Voraussetzungen (Art.
41 StGB) verhängt werden können (Franz Riklin, Revision des Allgemeinen Teils
des Strafgesetzbuches: Fragen des Übergangsrechts, AJP 2006 S. 1473). Im
Übrigen entscheidet die Frage nach der Gewährung des bedingten Strafvollzuges
über das anzuwendende Gesetz, wobei die Neuregelung der subjektiven und
objektiven Voraussetzungen (Art. 42 StGB) für den Täter generell günstiger ist
(BGE 134 IV 1 E. 4.2 - 4.4; Laurent Moreillon, De l'ancien au nouveau droit des
sanctions: Quelle lex mitior?, in: André Kuhn/Laurent Moreillon/Baptiste
Viredaz/Aline Willi-Jayet [éds], Droit des sanctions, De l'ancien au nouveau
droit, Bern 2004, S. 307 und 309 oben). Eine Milderung des neuen Rechts liegt
darin, dass eine früher unbedingt auszufällende Freiheitsstrafe teilweise
aufgeschoben werden kann. Auf Freiheitsstrafen zwischen zwölf und achtzehn
Monaten trifft das zu, wenn die Legalprognose nicht gerade günstig ist, aber
noch keine eigentliche Schlechtprognose vorliegt.
7.2.2 Gegenüber Freiheitsstrafe ist Geldstrafe milder. Das ergibt sich aus der
Qualität der Strafe, weil die Geldstrafe als Vermögenssanktion prinzipiell
weniger schwer wiegt als ein Eingriff in die persönliche Freiheit. Dabei kann
es für die Bestimmung der milderen Rechtslage nicht mehr auf die Dauer der
Freiheitsstrafe bzw. die Höhe des Geldstrafenbetrages ankommen. Ebenso wenig
vermag die Frage nach der Strafvollzugsmodalität den Ausschlag zu geben, weil
die Geldstrafe unter den gleichen Voraussetzungen wie die Freiheitsstrafe
(teil-)bedingt anzuordnen ist, die unter neuem Recht tiefer liegen. Die
Geldstrafe ist deshalb stets milder als eine freiheitsentziehende Strafe
(Halter, a.a.O., S. 36 f.; Dannecker, a.a.O., S. 529; Schönke/Schröder/ Eser,
Strafgesetzbuch, Kommentar, 27. Aufl., München 2006, § 2 N. 33).
7.2.3 Gegenüber Freiheitsstrafe ist gemeinnützige Arbeit milder. Nach der
gesetzlichen Rangordnung kann die gemeinnützige Arbeit nur an Stelle einer
Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen angeordnet werden und ist daher mit dieser
Sanktion zu vergleichen. Die Anordnung bedarf der Zustimmung des Täters (Art.
37 Abs. 1 StGB), was dafür spricht, dass das Gesetz die gemeinnützige Arbeit
auch im Vergleich zur Busse des alten Rechts als mildere Sanktion wertet.
7.2.4 Busse (im Geldsummensystem) und Geldstrafe (im Tagessatzsystem) sind
qualitativ gleichwertig. Beide Sanktionen treffen den Täter im Rechtsgut
Vermögen. Sie unterscheiden sich jedoch im System ihrer Bemessung sowie
dadurch, dass nur die Geldstrafe, nicht aber die Busse, bedingt oder
teilbedingt verhängt werden kann.

Die Geldstrafenbemessung soll nicht etwa eine strengere Sanktion ermöglichen,
sondern das bereits unter dem früheren Recht geltende Prinzip, dass der
wirtschaftlich Starke nicht minder hart getroffen wird als der wirtschaftlich
Schwache, besser verwirklichen (Botschaft 1998, a.a.O., S. 2019 unter Hinweis
auf BGE 92 IV 4 E. 1; 101 IV 16 E. 3c). Im Tagessatzsystem wird dies dadurch
erreicht, dass in einem ersten Akt die Anzahl der Tagessätze nach dem Kriterium
des Verschuldens des Täters (Art. 34 Abs. 1 StGB) und in einem zweiten Akt die
Höhe der Tagessätze nach dem Kriterium seiner wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit zu bestimmen ist (Art. 34 Abs. 2 StGB). Die Geldstrafe
errechnet sich als Multiplikation von Zahl und Höhe der Tagessätze. Sie kann
höchstens 1'080'000 Franken betragen (Art. 34 Abs. 1 und 2 StGB; vgl. auch Art.
333 Abs. 5 StGB), während früher der Höchstbetrag der Busse für Vergehen und
Verbrechen im Regelfall 40'000 Franken betrug (Art. 48 Ziff. 1 aStGB). Der
Systemwechsel kann also bewirken, dass die Bemessung der beiden
Vermögenssanktionen trotz ihrer Gleichwertigkeit zu sehr ungleichen
Geldbeträgen führt.

Wenn eine unbedingt auszufällende Geldstrafe mit einer (unbedingten) Busse zu
vergleichen ist, so entscheidet die konkret ermittelte Höhe des Geldbetrages.
Ist die Geldstrafe jedoch bedingt auszusprechen (Art. 42 StGB), ist sie die
mildere, weil weniger eingriffsintensive Sanktion. Dies gilt grundsätzlich
unabhängig davon, ob der ermittelte Geldstrafenbetrag höher liegt als der
Bussenbetrag, denn eine bedingte Strafe ist gegenüber einer gleichartigen
unbedingten Strafe immer die mildere Sanktion. Nur ausnahmsweise, wenn die
aufgeschobene Geldstrafe die Busse um ein Vielfaches übersteigt, kann die Busse
im Einzelfall als mildere Sanktion erscheinen (ähnlich Riklin, a.a.O., S.
1474). Wenn die Geldstrafe aus spezialpräventiven Gründen nur, aber immerhin
teilweise aufzuschieben ist (Art. 43 StGB), was das alte Recht nicht zulässt,
ist die teilbedingte Geldstrafe milder, wenn und soweit der unbedingt
vollziehbare Teil der Geldstrafe niedriger als der Bussenbetrag ist.
7.2.5 Die obligatorische Verbindung von Freiheitsstrafe und pekuniärer Strafe
(Kumulation) wird unter altem und neuem Recht nur in besonderen Strafdrohungen
vorgesehen (z.B. Art. 182 Abs. 3 StGB [Menschenhandel], Art. 235 Ziff. 1 StGB
[gewerbsmässiges Herstellen von gesundheitsschädlichem Futter], Art. 305bis
Ziff. 2 StGB [qualifizierte Geldwäscherei], Art. 314 StGB [ungetreue
Amtsführung]). Die kumulativ zu verhängende Vermögenssanktion - die
altrechtliche Busse bzw. die neurechtliche Geldstrafe - tritt hier selbständig
neben die Freiheitsstrafe. Soweit nicht bereits diese über die mildere
Rechtslage entscheidet (E. 7.2.1), sind für den Entscheid die Grundsätze für
den Vergleich zwischen Busse und Geldstrafe heranzuziehen (E. 7.2.4).
7.2.6 Die fakultative Verbindung einer bedingten Freiheitsstrafe mit einer
pekuniären Strafe (Kombination) ist unter den Voraussetzungen des bisherigen
Art. 50 Abs. 2 StGB und des neuen Art. 42 Abs. 4 StGB gegeben. Nach beiden
Rechten soll die Strafenkombination nicht zu einer Straferhöhung führen oder
eine zusätzliche Strafe ermöglichen, sondern lediglich innerhalb der
schuldangemessenen Strafe eine täter- und tatangemessene Strafartenreaktion
ermöglichen (BGE 134 IV 1 E. 4.5; BGE 124 IV 134 E. 2c/bb S. 136).

Die Verbindung der bedingten Freiheitsstrafe mit einer Busse nach Art. 106 StGB
(Übertretungsbusse) ist unter neuem Recht jedoch aus zwei Gründen milder: Zum
einen ist der Bussenhöchstbetrag im Regelfall neu auf 10'000 Franken (bisher
40'000 Franken, Art. 48 Ziff. 1 aStGB) beschränkt, woraus folgt, dass der
Bussenbetrag (und die schuldangemessene Strafe insgesamt) vergleichsweise
tiefer ausfallen muss. Zum anderen kann die Verbindungsbusse im Einzelfall eine
bedingte Freiheitsstrafe ermöglichen, die sonst - ohne die spezialpräventive
Denkzettelfunktion der Busse - teilbedingt bzw. unter altem Recht unbedingt
auszusprechen wäre (BGE 134 IV 1 E. 4.5.2 und 5.5.2).

Art. 42 Abs. 4 StGB sieht an erster Stelle allerdings vor, dass die bedingte
Freiheitsstrafe mit einer unbedingten Geldstrafe verbunden werden kann. Die
Verbindungsgeldstrafe hat zwar dieselbe Funktion wie die Busse, doch richtet
sich die Bemessung nach dem Tagessatzsystem (Art. 34 StGB), das sogar zu einem
höheren Geldbetrag führen kann. Das neue Recht ist insoweit nicht milder.

Art. 50 Abs. 2 aStGB sah die Möglichkeit einer kombinierten Strafe einzig für
Strafbestimmungen vor, die wahlweise Freiheitsstrafe oder Busse androhten. Das
revidierte Gesetz verzichtet auf diese Voraussetzung, so dass die
Strafenkombination neu auch für Tatbestände in Betracht kommt, die
ausschliesslich Freiheitsstrafe androhen (z.B. Art. 113 StGB). Bei einer
entsprechenden Vergleichskonstellation ist das neue Recht nur milder, wenn
gerade erst die Berücksichtigung der Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse eine
bedingte Freiheitsstrafe ermöglicht, die unter altem Recht unbedingt
auszusprechen wäre.
7.2.7 Die Verbindung einer unbedingten Freiheitsstrafe mit einer Busse
(Kombination) sah das alte Recht auch für den Fall vor, dass die
Freiheitsstrafe unbedingt ausgesprochen wird (Art. 50 Abs. 2 aStGB: "in jedem
Fall"). Fehlt der Zusammenhang zur Gewährung des bedingten Strafvollzuges,
bekommt die mit der Freiheitsstrafe verbundene Busse den Charakter einer
zusätzlichen Strafe. Unter neuem Recht ist diese Verbindungsmöglichkeit -
ausserhalb des Vermögensstrafrechts - unzulässig, weshalb es das mildere ist.

Gestützt auf Art. 172bis StGB ist jedoch die Kombination einer unbedingten
Freiheitsstrafe mit einer unbedingten pekuniären Strafe für Tatbestände des
Vermögensstrafrechts, die ausschliesslich Freiheitsstrafe androhen, - wie
bisher - zulässig. Die Freiheitsstrafe kann neu mit einer Geldstrafe (Art.
172bis StGB) oder einer Busse (Art. 172bis StGB i.V.m. Art. 42 Abs. 4 StGB)
verbunden werden (Botschaft 2005, a.a.O., S. 4707; Philippe Weissenberger,
Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 172bis N. 6). Stehen sich eine
unbedingte Freiheitsstrafe mit einer neurechtlichen Geldstrafe bzw. einer
altrechtlichen Busse gegenüber, ergibt sich das anwendbare Recht aus der Höhe
des konkret ermittelten Geldbetrages. Wird die Freiheitsstrafe mit einer Busse
kombiniert, so ist das neue Recht als Folge des herabgesetzten Bussenrahmens
(oben E. 7.2.6) das mildere.

7.3 Für die Vergleichsanordnung altrechtlicher Übertretungen ist entscheidend,
dass mit der Revision Haft als freiheitsentziehende (Übertretungs-)Sanktion
wegfiel, der Bussenhöchstbetrag von bisher 5'000 Franken (Art. 106 Abs. 1
aStGB) auf 10'000 Franken (Art. 106 Abs. 1 nStGB) angehoben und die Möglichkeit
geschaffen wurde, mit Zustimmung des Täters an Stelle der ausgesprochenen Busse
gemeinnützige Arbeit anzuordnen (Art. 107 nStGB). Wenn nach altem Recht auf
eine (bedingte oder unbedingte) Haftstrafe zu erkennen wäre, stellt die Busse
nach neuem Recht stets die mildere Sanktion dar (Riklin, a.a.O., S. 1474). Wenn
dagegen auch unter altem Recht eine Busse zu verhängen ist, ist das revidierte
Recht wegen der Erweiterung des gesetzlichen Bussenrahmens strenger. Denn
daraus folgt, dass die konkrete Bussenbemessung innerhalb des erweiterten
Strafrahmens vergleichsweise zu einer - wenn auch nur minimal - höheren Busse
führt. Sind allerdings die Voraussetzungen für die Anordnung von gemeinnütziger
Arbeit gegeben, so ist das neue Recht milder.

Eine Besonderheit ist für den Tatbestand von Art. 294 StGB (Übertretung eines
Berufsverbotes) zu vermerken. Früher wurde die Tat mit Haft (bis zu drei
Monaten, Art. 39 Ziff. 1 aStGB) oder Busse bedroht, neu mit Freiheitsstrafe bis
zu einem Jahr oder Geldstrafe. Art. 294 StGB ist die einzige Bestimmung, die
der Gesetzgeber anlässlich der Revision mit Absicht von einer blossen
Übertretung zu einem Vergehen heraufstufte. Weil die Vergehensstrafe und der
damit verbundene Vorwurf neu schwerer wiegen, liegt darin eine Verschärfung,
die dem Rückwirkungsverbot untersteht (vgl. BGE 114 IV 1 E. 2a S. 4), es sei
denn, im konkreten Fall stünden sich eine Busse und eine bedingte Geldstrafe
gegenüber.

7.4 Mit der Gesetzesrevision wurden die Nebenstrafen des bisherigen Rechts
(Art. 51 - 56 aStGB) aufgehoben. Einzig das Berufsverbot besteht fort (Art. 67
StGB), das zusammen mit den übrigen Nebenfolgen der Straftat neu als "andere
Massnahme" qualifiziert wird (Art. 66 - 73 StGB). Das neurechtliche
Berufsverbot (Art. 67 StGB) ist gegenüber dem altrechtlichen Berufsverbot (Art.
54 aStGB) strenger gefasst. Der Verschärfung kommt bei der Ermittlung des
anwendbaren Rechts nach dem Gesagten jedoch erst Bedeutung zu, wenn sich das
mildere Gesetz nicht auf dem Gebiet der Hauptstrafe bestimmen lässt. Gleiches
gilt für die übrigen Nebenfolgen, soweit die Anordnung einer "anderen
Massnahme" im Sinne von Art. 66 - 73 StGB überhaupt zur Diskussion steht.

7.5 Vorliegend stehen sich altrechtlich eine Busse von 1'500 Franken und
neurechtlich eine bedingte Geldstrafe in Kombination mit einer Verbindungsbusse
gegenüber. Aus dem Dargelegten (insbesondere E. 7.2.4) folgt, dass die nach
neuem Recht auszufällende Sanktion die mildere ist, wie Vorinstanz und
Staatsanwaltschaft zutreffend annehmen.

8.
8.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz begründe die
Fahrlässigkeit damit, dass der Beschwerdegegner gemäss Art. 34 Abs. 3 SVG bei
einem Spurwechsel verpflichtet gewesen wäre, auf nachfolgende Fahrzeuge
Rücksicht zu nehmen, und dass er als Vortrittsbelasteter gemäss Art. 44 Abs. 1
SVG seinen Fahrstreifen nur hätte verlassen dürfen, wenn er den übrigen Verkehr
nicht gefährde. Das seien Verkehrsregelverletzungen im Sinne von Art. 90 Ziff.
1 und allenfalls von Art. 90 Ziff. 2 SVG gewesen, welche vorliegend durch das
Verletzungsdelikt von Art. 125 Abs. 1 StGB konsumiert würden (BGE 91 IV 211 E.
4). Die blosse Verletzung von Verkehrsregeln würde aber gemäss Art. 90 Ziff. 1
SVG mindestens mit einer (unbedingten) Übertretungsbusse bestraft, während der
Täter bei einem mit einer bedingten Geldstrafe geahndeten Vergehen eine weniger
spürbare Strafe erfahre. Diesem Ergebnis habe der Gesetzgeber mit Art. 42 Abs.
4 StGB entgegen treten wollen. Die Vorinstanz verletze Bundesrecht, indem sie
diese Problematik mit dem weder vom Gesetz noch von der Botschaft 2005
genannten sachfremden Verschuldenskriterium ausblende. Art. 42 Abs. 4 StGB
bestimme nach seiner systematischen Stellung nur den Strafrahmen. Wäre die
Busse hingegen nach dem Verschulden zuzumessen, hätte die Vorinstanz mit dem
Verzicht auf eine Busse ihr Ermessen verletzt und überdies das Urteil
ungenügend begründet.

8.2 Gemäss Art. 42 Abs. 4 StGB kann eine bedingte Strafe mit einer unbedingten
Geldstrafe oder mit einer Busse nach Art. 106 StGB verbunden werden. Das
Bundesgericht hat Voraussetzungen und Grundsätze der Bemessung von
Verbindungsgeldstrafe und Verbindungsbusse in einem gleichzeitig ergangenen
Entscheid dargelegt. Auf diese Entscheidung kann verwiesen werden (zur
Veröffentlichung vorgesehener BGE 6B_366/2007 vom 17. März 2008).

8.3 Gesondert zu prüfen ist die Anwendung von Art. 42 Abs. 4 StGB im
Sanktionsbereich der sogenannten Schnittstellenproblematik namentlich beim
Strassenverkehrsstrafrecht.

Diese Problematik besteht bei der gleichzeitigen Sanktionierung von
Übertretungs- und Vergehenstatbeständen, die in unechter Gesetzeskonkurrenz
stehen, wie das die vorliegende Fallkonstellation illustriert (oben E. 8.1). In
solchen Fällen, in denen die Strafe für ein Vergehen eine Übertretung
konsumiert, also sowohl ein Vergehen als auch eine Übertretung vorliegen,
letztere aber durch die Vergehensstrafe als abgegolten gilt, sprechen die
gesetzgeberische Zielsetzung, der Normzweck und die Rechtsgleichheit dafür,
einen Teil der schuldangemessenen Geldstrafe als unbedingte Geldstrafe oder als
Busse auszuscheiden und zu verhängen. Wer das Vergehen begeht, soll nicht
besser wegkommen als wer sich lediglich der konsumierten Übertretung strafbar
macht.

Ein zusätzlicher Gesichtspunkt ergibt sich aus der Konsequenz der unechten
Gesetzeskonkurrenz, dass nur die vorrangige Norm anzuwenden ist. Entspricht das
Verhältnis der Rechtsfolge jenem der Tatbestände nicht, sollte der verdrängten
Norm eine "Sperrwirkung des milderen Gesetzes" zugesprochen werden, um zu
verhindern, dass die Anwendung des vorrangigen Gesetzes den Täter ohne
sachlichen Grund begünstigt (Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht,
Allgemeiner Teil I, 3. Aufl., Bern 2005, S. 485 f.; vgl. BGE 117 IV 286 E. 4c).

Auch materiell erscheint es ungerecht, wenn im Ergebnis die Übertretung
strenger bestraft wird als das auch noch die Übertretung konsumierende und
damit enthaltende Vergehen. Angesichts der oben dargelegten konkreten
Betrachtungsweise zur Bestimmung des milderen Rechts lässt sich diese
Inkonsequenz auch nicht damit entkräften, dass die Geldstrafe (Art. 34 StGB)
nach dem sozialethischen Vorwurf und in abstrakter Betrachtungsweise mit bis zu
360 Tagessätzen zu 3'000 Franken als härtere Sanktion als die Busse mit einem
Höchstbetrag von 10'000 Franken (sofern es das Gesetz nicht anders bestimmt;
Art. 106 StGB) erscheinen mag. Da die Geldstrafe in der Regel aufzuschieben ist
(Art. 42 Abs. 1 StGB), kommt der Betroffene im Ergebnis besser weg, weil er sie
nicht bezahlen muss, wenn er sich bis zum Ablauf der Probezeit bewährt (Art. 45
StGB). In sein Vermögen wird weniger eingegriffen als mit einer Busse, weil die
Bestimmungen über die bedingte und die teilbedingte Strafe auf diese keine
Anwendung finden (Art. 105 Abs. 1 StGB). Es wird zwar eine Zielsetzung des
Gesetzes erreicht, wenn der Täter von der Begehung weiterer Straftaten
abgehalten wird. Materielle Strafgerechtigkeit ist damit aber nicht
gewährleistet. Die neben der Primärstrafe praxisgemässe Sanktionierung einer
zusätzlichen Übertretung mit einer Busse (BGE 102 IV 242 E. 5) gilt daher auch
im Anwendungsbereich von Art. 42 Abs. 4 StGB bei unechter Gesetzeskonkurrenz.
Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde.

9.
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und
die Sache zu neuer Beurteilung der Sanktion zurückzuweisen. Dabei wird die
Vorinstanz entgegen der in der Beschwerdeschrift vertretenen Rechtsauffassung
zu beachten haben, dass auch eine Kombinationsstrafe gemäss Art. 42 Abs. 4 StGB
insgesamt schuldangemessen sein muss und der Verbindungsbusse neben der
bedingten Geldstrafe eine nur akzessorische und damit quantitativ
untergeordnete Bedeutung zukommt (zur Veröffentlichung vorgesehener BGE 6B_366/
2007 vom 17. März 2008, E. 7.3.2 und 7.3.3).
10.
Für das bundesgerichtliche Verfahren sind der obsiegenden beschwerdeführenden
Staatsanwaltschaft (Art. 68 Abs. 3 BGG) und dem unterliegenden Beschwerdegegner
keine Parteientschädigungen auszurichten. Auf Gerichtskosten zulasten des
Beschwerdegegners ist aufgrund der Umstände zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 19. Januar 2007 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigungen ausgerichtet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. März 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Briw