Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 5D.41/2007
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5D_41/2007/bnm

Urteil vom 27. November 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Schett.

X.________ (Ehefrau),
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Doris Farner-Schmidhauser,
8026 Zürich,

gegen

Y.________ (Ehemann),
Beschwerdegegner,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Peter Conrad,
Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht,
5. Kammer, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau.

Unentgeltliche Prozessführung (Eheschutz),

Subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, vom 5. März 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Mit Eingabe vom 27. Februar 2006 stellte X.________ (Ehefrau)
(nachfolgend: Gesuchstellerin oder Beschwerdeführerin) beim Gerichtspräsidium
Baden ein Eheschutzbegehren, in welchem sie um Bewilligung des
Getrenntlebens, um Zuweisung der Obhut über die Tochter Z.________ an sie, um
Zuweisung der ehelichen Wohnung an sie, um Zusprechung von
Unterhaltsbeiträgen an sie und an die Tochter, und schliesslich um Gewährung
der unentgeltlichen Prozessführung und Bestellung einer unentgeltlichen
Rechtsvertreterin ersuchte.

A.b Mit Entscheid vom 7. September 2006 entschied die Gerichtspräsidentin 4
von Baden über die gestellten Begehren, lehnte dabei aber das Gesuch der
Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ab.

B.
Die dagegen eingereichte Beschwerde vom 5. Oktober 2006 hiess das Obergericht
des Kantons Aargau (Zivilgericht, 5. Kammer) teilweise gut und gewährte der
Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege für die Gerichtskosten,
für die Parteikosten jedoch nur im Fr. 2'700.-- übersteigenden Betrag; als
unentgeltliche Rechtsvertreterin ernannte das Obergericht Rechtsanwältin
Doris Farner-Schmidhauser.

C.
X. ________ hat den obergerichtlichen Entscheid mit subsidiärer
Verfassungsbeschwerde weitergezogen. Sie beantragt dabei die uneingeschränkte
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das erstinstanzliche
Verfahren, eventuell die Rückweisung der Sache an das Obergericht zu neuer
Entscheidung. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
für das bundesgerichtliche Verfahren.

Es ist keine Vernehmlassung eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG; SR
173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der angefochtene Entscheid
ist nachher ergangen, so dass das neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1
BGG).

1.2 Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition die
Zulässigkeit der ihm unterbreiteten Beschwerden (BGE 133 III 439 E. 2; 132
III 747 E. 4 S. 748).

2.
2.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG), mit
dem die unentgeltliche Verbeiständung nur teilweise gewährt wurde. Dabei
handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht
wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE
129 I 129 E. 1.1), dessen ungeachtet, ob er während des Hauptverfahrens,
zusammen mit dessen Endentscheid - wie vorliegend - oder nach diesem ergangen
ist.

2.2 Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache. In
dieser ging es um Eheschutzmassnahmen. Bei entsprechenden Entscheiden handelt
es sich um Zivilsachen (Art. 72 Abs. 1 BGG). Insoweit unterliegt auch die
unentgeltliche Verbeiständung der Beschwerde in Zivilsachen. Dabei ist in
vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Beschwerde grundsätzlich nur
zulässig, wenn der erforderliche Streitwert von 30'000.-- erreicht ist (Art.
74 Abs. 1 lit. b BGG).

2.3 Wie schon unter der Herrschaft des Bundesrechtspflegegesetzes gelten
familienrechtliche Klagen mit den finanziellen Nebenfolgen als nicht
vermögensrechtliche Streitigkeiten, wenn die Regelung dieser Folgen
notwendiger Bestandteil des Entscheides über die nicht vermögensrechtliche
Streitigkeit ist (Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in
Zivilsachen, Zürich 1992, Ziff. 58, S. 80). Sind hingegen nur die
finanziellen Nebenfolgen umstritten, handelt es sich um eine
vermögensrechtliche Streitigkeit.

Gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. c BGG bestimmt sich der Streitwert bei Beschwerden
gegen Vor- und Zwischenentscheide nach den Begehren, welche vor der Instanz
streitig sind, wo die Hauptsache hängig ist. Bei dieser Regelung wird
offensichtlich davon ausgegangen, dass die Hauptsache zum Zeitpunkt der
Erledigung der Zwischenfrage noch hängig ist; von dieser Fiktion ist auch in
jenen Fällen - wie dem vorliegenden - auszugehen, da die Hauptsache bereits
erledigt und nur noch die Frage der unentgeltlichen Verbeiständung offen ist
(E. 2.1 vorne). Es rechtfertigt sich aber, dem Grundgedanken von Art. 51
Abs. 1 lit. c BGG nicht nur bei der Bestimmung des Streitwertes, sondern auch
hinsichtlich der Frage Rechnung zu tragen, ob überhaupt eine
vermögensrechtliche Angelegenheit vorliegt. In der Hauptsache waren vor
erster Instanz neben der Zusprechung von Unterhaltsbeiträgen und der
Wohnungszuweisung auch noch die Zuteilung der Obhut über die Tochter
Z.________ streitig (E. A. vorne); von der Beantwortung der letztgenannten
Frage hingen wohl auch die Wohnungszuteilung und die Bemessung der
Unterhaltsbeiträge ab. Vorliegend ist deshalb, in Anwendung der erläuterten
Grundsätze, von einer nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit auszugehen.

2.4 Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Rügen können mit keinem
kantonalen Rechtsmittel erhoben werden (vgl. §§ 335 ff. der Aargauer
Zivilprozessordnung [ZPO]), so dass die Beschwerde in Zivilsachen auch aus
der Sicht von Art. 75 Abs. 1 BGG offen steht (BGE 133 III 393 E. 2).

2.5 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin ihr
Rechtsmittel zu Unrecht als Verfassungsbeschwerde bezeichnet hat. Dies
hindert dessen Entgegennahme als Beschwerde in Zivilsachen nicht (E. 1.2
vorne).

3.
3.1 Vorliegend beschlägt das Hauptverfahren Eheschutzmassnahmen (E. 2.2
vorne). Eheschutzmassnahmen sind gleich zu behandeln wie vorsorgliche
Massnahmen und unterstehen deshalb Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 Erw. 5.1 und
5.2 ).

3.2 Der Gesetzgeber hat Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen neu als
dringliche Streitsachen anerkannt (anders Art. 34 Abs. 2 aOG) und deshalb vom
Friststillstand während der sogenannten Gerichtsferien ausgenommen (Art. 46
Abs. 1 und 2 BGG). Entscheide über vorsorgliche Massnahmen sollen ohne
Aufschub angefochten werden. Der Begriff der vorsorglichen Massnahme gemäss
Art. 46 Abs. 2 BGG stimmt mit demjenigen in Art. 98 BGG überein (Urteil
5A_177/2007 vom 1. Juni 2007, E. 1.3).

3.3 Die Beschwerdeführerin hat den angefochtenen Entscheid nach eigenen
Angaben am 28. März 2007 in Empfang genommen. Sie hat die Beschwerdefrist von
dreissig Tagen (Art. 100 Abs. 1 BGG) ab dem auf die Mitteilung folgenden Tag
(Art. 44 Abs. 1 BGG) unter Berücksichtigung des Friststillstandes vom
siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach Ostern (Art. 46
Abs. 1 lit. a BGG) berechnet und ihre Eingabe am 10. Mai 2007, d.h. - nach
ihrer Berechnungsart - noch innerhalb der Beschwerdefrist, zu Handen des
Bundesgerichts der Schweizerischen Post übergeben (Art. 48 Abs. 1 BGG). Da
der angefochtene Zwischenentscheid dem Schicksal der Hauptsache folgt (E. 2.2
vorne), Letztere als vorsorgliche Massnahme zu betrachten (E. 3.1 vorne) und
deshalb vom Friststillstand während der Gerichtsferien ausgenommen ist (E.
3.2 hiervor), erweist sich die Eingabe als verspätet.

3.4 Auf die Beschwerde kann nicht eingetreten werden.

4.
Die Gerichtsgebühr ist der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Die Beschwerde hatte von Anfang an keine ernsthafte Aussicht auf
Erfolg, weshalb der Beschwerdeführerin die anbegehrte unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren
verweigert werden muss, ungeachtet dessen, ob sie bedürftig ist (Art. 64 Abs.
1 BGG). Vom beklagten Ehegatten wurde keine Stellungnahme zur Beschwerde
eingeholt; ihm ist folglich keine Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 1
und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird als Beschwerde in Zivilsachen
entgegengenommen.

2.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege wird abgewiesen.

4.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. November 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Schett