Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 5D.139/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5D_139/2007/bnm

Sitzung vom 10. April 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Schett.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Treuhand Y.________,

gegen

Kanton Solothurn, 4500 Solothurn 1,
Beschwerdegegner,

Gegenstand
Definitive Rechtsöffnung,

Verfassungsbeschwerde gegen den Erledigungsbeschluss des Obergerichts des
Kantons Zürich, III. Zivilkammer, vom 19. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
In der vom Kanton Solothurn (im Folgenden: Beschwerdegegner) gegen X.________
(im Folgenden: Beschwerdeführer) eingeleiteten Betreibung Nr. 1 des
Betreibungsamtes A.________ erteilte der Einzelrichter im summarischen
Verfahren am Bezirksgericht Zürich mit Verfügung vom 15. August 2007 definitive
Rechtsöffnung für Fr. 8'348.05 nebst Zinsen und Kosten. Dagegen erhob der
Beschwerdeführer, vertreten durch die Treuhand Y.________, beim Obergericht des
Kantons Zürich (III. Zivilkammer) Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der
Beschwerdeführer sei "für das Jahr 2002 nur durch einen Kanton zu besteuern"
und "die Aufteilung der Steuerrechnung 2002 den Kantonen Solothurn und Zürich
zu überlassen". Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 wurde die
Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen, soweit auf sie einzutreten war.

B.
Der Beschwerdeführer, vertreten durch die Treuhand Y.________, hat mit Eingabe
vom 24. November 2007 die Sache an das Bundesgericht weitergezogen. Er
beantragt im Wesentlichen, der obergerichtliche Entscheid sei aufzuheben und es
sei festzustellen, dass die Besteuerung nur durch einen Kanton erfolgen könne.

Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdegegner
beantragt, auf die Beschwerde in Zivilsachen sei nicht einzutreten und die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 133 III 645 E. 2 mit
Hinweis).

1.1 Gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen
auch Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Beim vorliegenden
Entscheid über die definitive Rechtsöffnung handelt es sich um einen solchen
Entscheid (BGE 133 III 399 E. 1). In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist
die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens 30'000 Franken
beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG), es sei denn, dass ein vorliegend nicht
gegebener Ausnahmegrund nach Art. 74 Abs. 2 BGG besteht. Da die
Streitwertgrenze offensichtlich nicht erreicht wird, ist nur die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG zulässig.

1.2 Im vorliegenden Fall stellt sich vorab die Frage, ob ein Treuhandbüro den
Beschwerdeführer vor Bundesgericht gültig vertreten kann. Nach Art. 40 Abs. 1
BGG können in Zivil- und Strafsachen Parteien vor Bundesgericht nur von
Anwälten und Anwältinnen vertreten werden, die nach dem Anwaltsgesetz oder
einem Staatsvertrag berechtigt sind, Personen vor schweizerischen
Gerichtsbehörden zu vertreten. Es ist deshalb zu prüfen, in welchen Fällen im
Anwendungsbereich der subsidiären Verfassungsbeschwerde eine Zivil- oder
Strafsache vorliegt.
-:-
In der Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der
Bundesrechtspflege war dieses Rechtsmittel noch nicht vorgesehen. Auf Vorschlag
des Vorstehers des EJPD wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die anregte, die
drei ordentlichen Beschwerden (Beschwerde in Zivilsachen, die Beschwerde in
Strafsachen sowie die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
durch eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu ergänzen. Diese soll dort zur
Verfügung stehen, wo die ordentlichen Einheitsbeschwerden nach dem 3. Kapitel
(Art. 72 - 89 BGG) ausgeschlossen sind (Fälle unterhalb der Streitwertgrenze
bzw. im Ausschlussbereich). Diese Erweiterung des Rechtsmittelsystems wurde von
beiden Räten ohne Änderungen akzeptiert (AB N vom 5. Oktober 2004 S. 1614 f.
und AB S vom 8. März 2005 S. 139). In Art. 113 BGG wird als Grundsatz
festgehalten, dass dieser Rechtsmittelweg offen steht, soweit keine Beschwerde
nach Art. 72 - 89 BGG zulässig ist. Das heisst, dass die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde die Einheitsbeschwerde ersetzt, wenn eine für die
jeweilige Einheitsbeschwerde aufgestellte Voraussetzung nicht gegeben ist.
Daraus folgt, dass die subsidiäre Verfassungsbeschwerde auch ein Rechtsmittel
"in Zivilsachen" im Sinne von Art. 72 ff. BGG ist, wenn sie an Stelle der
Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden muss. Mit dem Begriff "subsidiäre
Verfassungsbeschwerde" werden lediglich die zulässigen Rügen thematisiert,
nämlich die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gemäss Art. 116 BGG.
Dies bedeutet, dass das Anwaltsmonopol im Anwendungsbereich der subsidiären
Verfassungsbeschwerde gleich weit reicht wie bei der Einheitsbeschwerde: In
Zivil- und Strafsachen ist es gegeben, in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nicht.

1.3 Gemäss Art. 72 Abs. 1 BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden in
Zivilsachen. Nach Art. 72 Abs. 2 BGG unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen
auch Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen (lit. a) und
öffentlich-rechtliche Entscheide, die in unmittelbarem Zusammenhang mit
Zivilrecht stehen (lit. b). Es ist daher zu prüfen, ob Art. 40 BGG nur die
Zivilsachen gemäss Art. 72 Abs. 1 BGG umfasst oder vielmehr verfahrensrechtlich
in dem Sinn zu verstehen ist, dass für sämtliche Materien, die der Beschwerde
in Zivilsachen unterliegen, das Anwaltsmonopol gemäss Art. 40 BGG gilt. Das
Bundesgericht hat sich in einem Registerstreit für Marken, welcher den
vorausgesetzten Streitwert erreichte und der gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff.
2 BGG der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt, dafür entschieden, dass das
Anwaltsmonopol für sämtliche Beschwerden in Zivilsachen, also auch für
diejenigen nach Art. 72 Abs. 2 BGG gilt (Urteil des Bundesgerichts vom 18. Juli
2007 [4A_161/2007], E. 3). An dieser Auffassung ist nach erneuter Prüfung auch
für die Schuldbetreibungs- und Konkurssachen festzuhalten.

1.4 Der Bundesrat sah in seinem Entwurf eine umfassende Geltung des
Anwaltsmonopols vor (Art. 37 Abs. 1 E-BGG; vgl. auch Botschaft zur
Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4293).
Absicht des Bundesrats war, mit dem Anwaltsmonopol den Zugang zum Bundesgericht
zu erschweren. Der Nationalrat lehnte in der Herbstsession 2004 diese
Ausweitung des Anwaltsmonopols auf die öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Bestreben deutlich ab, an der damals geltenden Rechtslage nichts zu
ändern: Zivil- und Strafsachen sollten vom Anwaltsmonpol erfasst und
öffentlichrechtliche Angelegenheiten nicht erfasst sein (AB N 2004 1589 ff.).
Die Frage, ob das Anwaltsmonopol auch auf SchKG-Belange ausgedehnt werden
solle, bildete nicht Gegenstand der Diskussionen in den beiden Räten. Dagegen
wurde wiederholt auf den bisherigen Art. 29 aOG (gelegentlich fälschlicherweise
als Art. 27 aOG bezeichnet) verwiesen. Auch der Ständerat, der vorher der
Ansicht des Bundesrats gefolgt war, schwenkte auf die Meinung des Nationalrats
um und stimmte für die Beibehaltung des Status quo (AB S 2005 122 ff.).

1.5 Nach Art. 29 aOG fiel das betreibungsrechtliche Beschwerdeverfahren nicht
unter die Zivilsachen; der Rechtsweg wurde durch Art. 19 aSchKG und Art. 76 ff.
aOG abgedeckt. Aber Art. 29 aOG wurde stets verfahrensrechtlich in dem Sinn
verstanden, dass auf die Art des vor Bundesgericht einzureichenden
Rechtsmittels abgestellt wurde: Zivilsachen im Sinne dieser Bestimmung waren
der direkte Prozess, die Berufung, die zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde
sowie die Revision und Erläuterung gegen diesbezügliche Entscheide (W.
Birchmeier, Bundesrechtspflege, S. 31; Jean-François Poudret, Commentaire de la
loi fédérale d'organisation judiciaire, N. 3.1 zu Art. 29 aOG, S. 161). Das
Gleiche gilt nach dem Gesagten für Art. 40 BGG. Da nach neuem Recht sämtliche
SchKG-Angelegenheiten nach Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG generell der Beschwerde in
Zivilsachen zugewiesen werden, gilt für sie auch das Anwaltsmonopol gemäss Art.
40 BGG.

1.6 Ist die Vertretung nicht zugelassen, so ist gemäss Art. 42 Abs. 5 BGG der
Partei eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels anzusetzen, mit der
Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt. Eine
Nachbesserungsfrist ist vorliegendenfalls jedoch nicht zu gewähren, da die
Eingabe gegen den Rechtsöffungsentscheid den Begründungsanforderungen für die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht genügt (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2
BGG; BGE 133 III 638 E. 2 S. 639/640) und darauf ohnehin nicht eingetreten
werden kann (nachfolgend E. 2).

2.
2.1 Das Obergericht führt - zusammengefasst - aus, der Beschwerdeführer habe an
der Rechtsöffnungsverhandlung nicht hinreichend belegt, für das Jahr 2002 habe
eine Doppelbesteuerung vorgelegen. Aus dem Verhandlungsprotokoll des
Bezirksgerichts gehe hervor, dass der Beschwerdeführer Folgendes vorgebracht
habe: Weil er sich damals wegen seiner Scheidung in einem Tief befunden habe,
habe er weder in Solothurn noch in Zürich eine Steuererklärung eingereicht und
sei dann trotz gehöriger Abmeldung an beiden Orten eingeschätzt worden.
Ausserdem habe er auf ein Schreiben vom 3. August 2007 verwiesen, in welchem
das kantonale Steueramt Zürich bestätige, dass er "für das Steuerjahr 2002
(1.1.2002 bis 31.12.2002) mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 250'000.-
veranlagt" worden sei. Andererseits habe aber dem Audienzrichter die vom
solothurnischen Steueramt am 4. Januar 2005 eröffnete definitive Veranlagung
für die Steuerperiode 2002 vorgelegen, aus welcher hervorgehe, dass im Kanton
Solothurn nur für einen Teil (Fr. 74'335.-) des (auf Fr. 189'667.- geschätzten)
Reineinkommens des Beschwerdeführers Steuern erhoben worden seien. Die
angefochtene Verfügung erweise sich somit zumindest im Ergebnis als richtig,
was zur Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde führe.

2.2 Der Beschwerdeführer macht in der Hauptsache geltend, er sei sowohl im
Kanton Solothurn als auch im Kanton Zürich zu 100 % besteuert worden.
2.2.1 Gemäss Art. 81 Abs. 2 SchKG sowie Art. 6 lit. c des Konkordats über die
Gewährung der gegenseitigen Rechtshilfe zur Vollstreckung
öffentlich-rechtlicher Ansprüche vom 28. Oktober 1971 (AS 1972 153 ff.; das
Konkordat ist nicht mehr in der SR [a281.22] enthalten, AS 2005 1241 f.) steht
dem betriebenen Schuldner im Rechtsöffnungsverfahren unter anderem die Einrede
zu, die ausserkantonale Behörde, die den als Rechtsöffnungstitel vorgelegten
Entscheid erlassen hat, sei zu dessen Erlass nicht zuständig gewesen. In der
Bestreitung der Zuständigkeit nach Massgabe des Konkordates liegt zugleich eine
Bestreitung der Steuerhoheit nach den aus Art. 127 Abs. 3 BV folgenden Regeln
des interkantonalen Steuerrechts (BGE 115 Ia 212 E. 2b S. 215). Die
Doppelbesteuerungseinrede ist im Rechtsöffnungsverfahren allerdings nur
zulässig, wenn der Steueranspruch von einem anderen Kanton stammt als von
demjenigen, in dem die Betreibung erfolgt, und ferner, dass es sich um die
Bestreitung der Steuerhoheit des betreibenden Gemeinwesens überhaupt handelt
und nicht bloss um den Einwand, dieses habe bei der Erhebung der Steuer dem
Umfang nach die durch das Doppelbesteuerungsverbot gesetzten Schranken
überschritten. Sodann darf der Betriebene die Zuständigkeit des Gemeinwesens,
von dem der Steueranspruch stammt, in keiner Form anerkannt, d.h. sich auf das
Veranlagungsverfahren nicht eingelassen haben (a.a.O., E. 2c, S. 215 f.).
2.2.2 Nach der Aktenlage wurde der Beschwerdeführer vom Kanton Zürich für das
Steuerjahr 2002 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 250'000.- veranlagt und
im Kanton Solothurn für das selbe Jahr mit einem (auf Basis eines
satzbestimmenden Einkommens von Fr. 189'667.- ermittelten) steuerbaren
Einkommen von Fr. 74'335.-. Die Steuer beträgt Fr. 8'348.05.
Wird dem Beschwerdeführer, der zwar weder die einschlägige Verfassungsnorm noch
die einschlägige Konkordatsbestimmung erwähnt, zugutegehalten, sinngemäss deren
Verletzung gerügt zu haben, bleibt unklar, ob er die Steuerhoheit des Kantons
Solothurn überhaupt oder nur dem Umfang nach bestreitet. Zwar beansprucht er
auf der einen Seite, nur durch einen Kanton besteuert zu werden, doch verlangt
er zum andern, "die Aufteilung der Steuerrechnung der Kantone Solothurn und
Zürich ... genau zu definieren". Insoweit ist fraglich, ob die Einrede
überhaupt zulässig ist.
Aber selbst wenn von der Zulässigkeit der Einrede auszugehen und damit die
(materielle) Frage zu prüfen wäre, ob die Steuerbehörden des Kantons Solothurn,
dessen Steuerveranlagung in Betreibung gesetzt wurde, zur Veranlagung des
Beschwerdeführeres zuständig waren, hülfe dies dem Beschwerdeführer nicht: In
der Beschwerde wird lediglich ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich in
B.________ ordnungsgemäss abgemeldet und in Zürich fristgemäss angemeldet, ohne
dass irgendwelche Ausführungen gemacht werden, wo er im fraglichen Zeitpunkt
seinen (steuerlichen) Wohnsitz, d.h. den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen
hatte. Abgesehen davon, dass die polizeiliche Ab- und Anmeldung lediglich
Indizien sind, finden sich auch diesbezüglich keine näheren Angaben.

Unter diesen Umständen kann auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung
nicht eingetreten werden.

3.
Nach dem Ausgeführten kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, und der
Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine
Parteientschädigung an den Kanton Solothurn entfällt, da er in seinem amtlichen
Wirkungskreis obsiegt hat (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. April 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Schett