Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.763/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_763/2007

Urteil vom 18. Februar 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Schett.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guolf Töndury.

Gegenstand
Abänderung des Scheidungsurteils,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht,
2. Kammer, vom 1. November 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Mit Urteil des Bezirksgerichts Zurzach vom 19. März 1997 bzw. des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 18. Februar 1999 wurde die Ehe von
Y.________ (geb. 24. Oktober 1942) und X.________ (geb. 27. Februar 1937)
geschieden. Y.________ (im Folgenden: Beschwerdegegner) wurde verpflichtet,
X.________ (im Folgenden: Beschwerdeführerin) gestützt auf Art. 151 Abs. 1 aZGB
monatlich eine unbefristete Unterhaltsersatzrente von Fr. 3'116.-- zu bezahlen.
Infolge Eintritts der Beschwerdeführerin ins AHV-Alter reduzierte sich der
Unterhaltsbeitrag ab dem 1. März 1999 auf Fr. 2'166.--.
A.b Mit Klage vom 31. August 2004 beantragte der Beschwerdegegner beim
Bezirksgericht Baden, Dispositiv Ziff. 2./5. lit. a und b des Urteils des
Obergerichts vom 18. Februar 1999 seien vollumfänglich aufzuheben; demgemäss
sei die der Beschwerdeführerin zugesprochene Unterhaltsrente spätestens ab
September 2004 vollumfänglich aufzuheben. Grund für das Abänderungsbegehren war
der Umstand, dass der Arbeitgeber des Beschwerdegegners diesem das
Arbeitsverhältnis, das die Basis für die Festsetzung der Unterhaltsbeiträge
gemäss Scheidungsurteil des Obergerichts vom 18. Februar 1999 bildete, auf Ende
Juli 2004 gekündigt hatte. Mit Urteil vom 6. Juli 2006 wurde der
Beschwerdegegner verpflichtet, der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 151
Abs. 1 aZGB ab 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 monatlich vorschüssig eine
indexierte Rente von Fr. 1'150.-- und ab 1. Januar 2006 eine Rente von Fr.
1'160.-- zu bezahlen.
A.c Beide Parteien reichten dagegen beim Obergericht des Kantons Aargau
Appellation ein. In teilweiser Gutheissung der Appellation der
Beschwerdeführerin sowie derjenigen des Beschwerdegegners wurde dieser mit
Urteil vom 1. November 2007 verpflichtet, der Beschwerdeführerin vom 1.
September 2004 bis 31. Oktober 2007 eine indexierte Rente von Fr. 1'350.-- und
ab 1. November 2007 eine solche von Fr. 500.-- zu bezahlen. Im Übrigen wurden
die Rechtsmittel abgewiesen.

B.
Mit Eingabe vom 20. Dezember 2007 hat die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht
Beschwerde eingereicht und beantragt, die Ziff. 1-4 des Urteils des
Obergerichts vom 1. November 2007 seien aufzuheben und die Klage des
Beschwerdegegners sei abzuweisen.
Mit Verfügung vom 22. Januar 2008 trat der Instruktionsrichter auf das Gesuch
des Beschwerdegegners um Entzug der aufschiebenden Wirkung nicht ein, weil der
Beschwerde von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zukommt. Es wurden
keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdegegner hatte der Beschwerdeführerin seit dem 1. März 1999 einen
monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'166.-- zu bezahlen. Gemäss dem
angefochtenen Urteil beträgt die Unterhaltspflicht seit dem 1. November 2007
Fr. 500.--, womit die Beschwerdeführerin nicht einverstanden ist. Damit wird
der von Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG verlangte Streitwert von Fr. 30'000.-- bei
Weitem überschritten. Die gegen ein letztinstanzliches Urteil (Art. 90 BGG)
eingereichte Beschwerde ist demnach zulässig.

2.
2.1 Die Abänderungsklage bezweckt keine Revision des Scheidungsurteils, sondern
die Anpassung der rechtskräftig festgelegten Unterhaltsrente an Veränderungen,
die nicht schon im Scheidungsurteil zum Voraus berücksichtigt worden sind. Das
ist gemeint, wenn die Rechtsprechung über den Gesetzestext hinaus eine
unvorhersehbare Veränderung der Verhältnisse fordert. Es kommt mit anderen
Worten nicht entscheidend auf die Vorhersehbarkeit der Veränderung an, sondern
ausschliesslich darauf, ob die Rente mit Blick auf diese vorhersehbare
Veränderung festgelegt worden ist (BGE 131 III 189 E 2.7.4 S. 199 mit
Hinweisen). Als vorhersehbar haben künftige Veränderungen zu gelten, die sich
mit Bestimmtheit oder grosser Wahrscheinlichkeit verwirklichen werden (BGE 120
II 4 E. 5d S. 5). Es muss eine Prognose mit genügender Sicherheit gestellt
werden können (BGE 118 II 229 E. 3a S. 232).

2.2 Im angefochtenen Urteil wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin mache
geltend, die Veränderung der Verhältnisse sei im Zeitpunkt der Ehescheidung
vorhersehbar gewesen, da der Beschwerdegegner auf seine mögliche Entlassung im
Rahmen der Scheidung hingewiesen habe, womit es an einer Voraussetzung für die
Abänderung der Unterhaltsrente fehle. Indessen sei weder den Erwägungen des
Urteils des Bezirksgerichts Zurzach vom 19. März 1997 noch denjenigen des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 18. Februar 1999 ein Hinweis darauf zu
entnehmen, dass bei der Festlegung der Unterhaltsbeiträge einer möglichen
zukünftigen Entlassung des Klägers Rechnung getragen worden wäre. Da die
Möglichkeit einer Entlassung und einer zukünftigen Einkommensverminderung des
Beschwerdegegners bei der Festlegung der Rente nicht berücksichtigt worden sei,
sei es unerheblich, ob im Rahmen des Scheidungsverfahrens von einer nicht
auszuschliessenden Entlassung die Rede gewesen sei oder ob diese sogar
vorhersehbar gewesen sei.

Im Weiteren sei im Zeitpunkt der Scheidung zwar festgestanden, dass die
Pensionierung des Beschwerdegegners in den nächsten Jahren bevorstehe. Dieser
Umstand sei aber bei der Festsetzung der Rente nicht berücksichtigt worden.
Vielmehr sei von einem stets unveränderlichen Einkommen von Fr. 11'930.--
ausgegangen worden. Der Beschwerdegegner habe damals darauf hingewiesen, dass
er noch nicht wisse, wann er pensioniert werde, ihm die Höhe seiner AHV-Rente
nicht bekannt sei und er auch keine Kenntnis über die Höhe seiner Altersrente
aus der beruflichen Vorsorge habe. Schliesslich kenne er auch seine
dannzumaligen Vermögenswerte nicht, da diese vom Verkauf des Hauses in
Schneisingen abhingen.
2.3
2.3.1 Die Beschwerdeführerin trägt als Erstes vor, sie habe darauf hingewiesen,
dass über die frühzeitige Pensionierung des Beschwerdegegners bei Erreichen des
Alters 55 bereits im Scheidungsverfahren umfassend die Rede gewesen sei, und
dass die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses durch den Beschwerdegegner im Alter
62 daher nicht unvorhersehbar im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
zu Art. 153 aZGB betrachtet werden könne. Im Urteil des Obergerichts werde
nicht bestritten, dass bei den Vergleichsverhandlungen zum Ehescheidungsurteil
des Obergerichts im Jahre 1998 umfassend über die vorzeitige Pensionierung des
Klägers gesprochen worden sei. Es sei auch davon gesprochen worden, dass die
Pensionierung ab Alter 55 eine reale Möglichkeit sei. Dies habe auch in die
Erwägungen des Obergerichts im Scheidungsurteil (S. 17-20) Eingang gefunden.
Auf diese Vorbringen kann nicht eingetreten werden. Im angefochtenen Urteil ist
nicht von einer vorzeitigen Pensionierung die Rede, sondern von einer Auflösung
des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber des Beschwerdegegners. Gemäss
Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen nur soweit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. In der Beschwerde ist
darzutun, inwiefern die erwähnte Voraussetzung für eine nachträgliche
Geltendmachung von Noven erfüllt sein soll (BGE 133 III 393 E. 3). Da die
Beschwerdeführerin dies nicht dartut, erweisen sich ihre Einwendungen als
unzulässig. Nicht gehört werden kann auch der Einwand, der Rückzug des
Beschwerdegegners von seiner Arbeitsstelle im Alter 62 habe nicht zu einer
Einkommenseinbusse geführt, die sich schlechter präsentiere als diejenige bei
Austritt aus der Aktivitätszeit, die bekannt gewesen sei; denn gemäss den für
das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz war die
Entlassung des Beschwerdegegners und nicht die Aufgabe der Erwerbstätigkeit
Grund für die Einkommenseinbusse und für die Abänderungsklage. Was die
Pensionierung anbelangt, hat das Obergericht in Erwägung 10 einlässlich
begründet, dass diese im Ehescheidungsurteil nicht berücksichtigt worden sei.
Dass und inwiefern diese tatsächliche Feststellung willkürlich sein könnte,
legt die Beschwerdeführerin nicht hinlänglich begründet dar, so dass darauf
nicht eingetreten werden kann. Im Übrigen hat das Obergericht dargelegt, warum
eine Anknüpfung an das frühere Einkommen nicht möglich sei und dem
Beschwerdegegner kein höheres hypothetisches Einkommen angerechnet werden
könne, was die Beschwerdeführerin gar nicht erst als Verstoss gegen das
Willkürverbot rügt.
Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden.

3.
Damit wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine
Parteientschädigung an den Beschwerdegegner entfällt, da er nicht zu einer
Vernehmlassung eingeladen wurde.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Februar 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Schett