Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.720/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_720/2007/bnm

Urteil 24. April 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl,
Gerichtsschreiber Levante.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Z.________ GmbH,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Vögele,

Gegenstand
Kollokation,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, III.
Zivilkammer, vom 29. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Im Konkurs über die Y.________ AG legte das Konkursamt A.________ am 26. April
2000 den Kollokationsplan auf. Mit Verfügung Nr. 2/b vom gleichen Tag
anerkannte es die von der Z.________ GmbH angemeldete Forderung (für "getätigte
und bezahlte Aufwendungen") im Umfang von Fr. 175'228.85 als Forderung der 3.
Klasse im Kollokationsplan. Gemäss den Angaben des Konkursamtes gelangen im
betreffenden Konkursverfahren die Gläubiger der 3. Klasse vollständig zu
Verlust.

Mit Leitschein des Vermittleramtes A.________ vom 9. Juni 2000 (nach
Vermittlungsbegehren vom 17. Mai 2000) reichte X.________, ehemaliger
Verwaltungsrat der Konkursitin und Gläubiger einer in der 3. Klasse
kollozierten Forderung von Fr. 10'000.--, am 9. August 2000 beim Kreisgericht
St. Gallen Kollokationsklage gemäss Art. 250 Abs. 2 SchKG gegen die Z.________
GmbH ein und verlangte die Nichtzulassung von deren Forderung im
Kollokationsplan. Mit Entscheid vom 22. November 2006 hiess das Kreisgericht
die Klage teilweise gut und liess die von der Z.________ GmbH eingegebene und
anerkannte Forderung von Fr. 175'228.85 im Umfang von Fr. 138'750.80 nicht zu,
so dass die Forderung im Kollokationsplan mit Fr. 36'478.05 zuzulassen ist.

B.
Gegen das Urteil des Kreisgerichts erhob die Z.________ GmbH Berufung. Mit
Entscheid vom 29. Oktober 2007 hob das Kantonsgericht St. Gallen (III. Kammer)
in Gutheissung der Berufung den erstinstanzlichen Entscheid auf und trat auf
die Kollokationsklage von X.________ infolge Klageverspätung nicht ein.

C.
X.________ (Beschwerdeführer) erhebt mit Eingabe vom 3. Dezember 2007
(Postaufgabe) Beschwerde in Zivilsachen, eventualiter subsidiäre
Verfassungsbeschwerde. Er beantragt dem Bundesgericht, es sei der angefochtene
Entscheid aufzuheben und es sei auf die kantonale Berufung der Z.________ GmbH
(Beschwerdegegnerin) nicht einzutreten und das Urteil des Kreisgerichts nicht
aufzuheben (Hauptbegehren). Eventualiter sei die Vorinstanz anzuweisen, auf
seine Klage einzutreten und über die kantonale Berufung der Beschwerdegegnerin
neu zu entscheiden.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 133 III 439 E. 2 S. 441).

2.
2.1 Angefochten ist ein Entscheid der letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs.
1 BGG) über Ansprüche des Bundeszivilrechts betreffende Kollokationsklage im
Konkurs, welcher der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt (Art. 72 Abs. 2 lit.
a BGG).

2.2 Zur Beschwerde in Zivilsachen ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG berechtigt, wer
vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur
Teilnahme erhalten hat (lit. a), und ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Das
anzufechtende Urteil muss die Rechtsstellung des Beschwerdeführers
beeinträchtigen (materielle Beschwer), d.h. für ihn rechtlich nachteilige
Wirkungen zeitigen und er deshalb an einer Abänderung interessiert ist (BGE 120
II 5 E. 2a S. 7; vgl. Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in
Zivilsachen, Zürich 1992, Ziff. 42 f.).

2.3 Vorliegend ist nach den Angaben des Konkursamtes keine Konkursdividende zu
erwarten. Wenn die mutmasslich auf eine strittige Forderung entfallende
Konkursdividende null Prozent beträgt, kann mit der Kollokationsklage im
laufenden Konkurs kein geldwerter Prozessgewinn erzielt werden. Daher stellt
sich vor allem im Konkurs juristischer Personen die Frage nach dem
erforderlichen rechtlich geschützten Interesse des Klägers an der Behandlung
der Kollokationsklage (vgl. Brunner/Reutter, Kollokations- und
Widerspruchsklagen nach SchKG, 2. Aufl., Bern 2002, S. 47; Hierholzer, in:
Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 54 a.E. zu
Art. 250; Stöckli, Komplizierter Streit, IWIR 1998, S. 148; Bauer, in:
Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Ergänzungsband,
N. 31 zu Art. 250; Braconi, La collocation des créances en droit international
suisse de la faillite, Diss. Zürich 2005, S. 130 und Fn 100).
2.3.1 Die Beschwerdegegnerin als kollozierte Mitgläubigerin hat offenbar die
Absicht, gestützt auf eine bereits verfügte Abtretung gemäss Art. 260 SchKG
gegen den Beschwerdeführer (als früheren Verwaltungsrat der Gemeinschuldnerin)
aktienrechtliche Verantwortlichkeitsansprüche in mehrfacher Millionenhöhe
einzuklagen. Dazu muss die Beschwerdegegnerin als Abtretungsgläubigerin aber
Konkursgläubigerin sein und bleiben (BGE 109 III 27 E. 1a S. 29). Nach Verzicht
der Geltendmachung der Ansprüche durch die Konkursverwaltung ist nur ein
kollozierter Gläubiger zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsklage befugt
(Art. 757 Abs. 2 OR; vgl. BGE 122 III 195 E. 9b S. 202). Der Beschwerdeführer
hat im kantonalen Verfahren sein Interesse an der Kollokationsklage und an der
Wegweisung der Beschwerdegegnerin aus dem Kollokationsplan bzw. aus der
Gläubigerstellung damit begründet, die Geltendmachung von aktienrechtlichen
Verantwortlichkeitsansprüchen zu verhindern. Ob dieses ausserhalb eines
unmittelbaren Prozesserfolgs liegende Interesse des Beschwerdeführers an der
Kollokationsklage vorliegend schutzwürdig ist, braucht - wie sich aus dem
Folgenden ergibt - nicht abschliessend beurteilt zu werden.
2.3.2 In seinem Hauptbegehren verlangt der Beschwerdeführer, dass auf die
kantonale Berufung der Beschwerdegegnerin nicht einzutreten und das Urteil des
Kreisgerichts nicht aufzuheben sei. Das Kreisgericht hat allerdings die Klage
des Beschwerdeführers nur teilweise gutgeheissen. Soweit seine Klage abgewiesen
wurde, blieb die umstrittene Forderung kolloziert. Damit wurde die
Beschwerdegegnerin als Konkursgläubigerin anerkannt und kann sie
Verantwortlichkeitsansprüche geltend machen. Dies hat der Beschwerdeführer
akzeptiert, denn er hat das Urteil des Kreisgerichts mit kantonaler Berufung
nicht angefochten. Das auf Berufung der Beschwerdegegnerin hin ergangene Urteil
des Kantonsgerichts hat indessen in Bezug auf das rechtliche Interesse des
Beschwerdeführers nichts geändert und für ihn keine weiteren, rechtlich
nachteiligen Wirkungen. Mit dem Nichteintreten auf die Kollokationsklage wegen
Verspätung verbleibt die Beschwerdegegnerin in Bezug auf die umstrittene
Forderung gleichfalls (und zwar wie ursprünglich) kolloziert und kann sie die
Verantwortlichkeitsansprüche geltend machen. Es ist nicht ersichtlich,
inwiefern der angefochtene Entscheid die Rechtsstellung des Beschwerdeführers
zusätzlich beeinträchtigt und welches Interesse der Beschwerdeführer an der
verlangten Aufhebung des angefochtenen Entscheides hat.
2.3.3 Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf das Eventualbegehren des
Beschwerdeführers, wonach die Vorinstanz anzuweisen sei, auf seine Klage
einzutreten und über die kantonale Berufung der Beschwerdegegnerin neu zu
entscheiden. Das Eintreten auf die Klage und die Behandlung der Berufung der
Beschwerdegegnerin kann - im Falle der Abweisung der Berufung oder bei einem
Nichteintreten auf die Berufung durch das Kantonsgericht - nur zum Ergebnis
haben, dass die Beschwerdegegnerin in Bezug auf die umstrittene Forderung
(entsprechend dem erstinstanzlichen, vom Beschwerdeführer nicht angefochtenen
Urteil) kolloziert bleibt und die Verantwortlichkeitsansprüche geltend machen
kann. Auch insoweit fehlt es an einem Interesse des Beschwerdeführers an der
verlangten Aufhebung des angefochtenen Entscheides.

2.4 Aus Sicht der Konkursmasse Y.________ AG ergibt sich kein anderes Bild. Das
Bundesgericht hat wohl anerkannt, dass die Führung einer Kollokationsklage ohne
persönliches Interesse des klagenden Gläubigers denkbar ist, solange nur ein
Interesse der Masse an der Klage besteht (BGE 115 III 68 E. 3 S. 71, betreffend
die Wegweisungsklage eines bereits vollständig befriedigten Gläubigers).

Mit dem angefochtenen Urteil wird die Beschwerdegegnerin mit Bezug auf die
angefochtene Forderung nicht mit Fr. 36'478.05 (Urteil des Kreisgerichts),
sondern mit Fr. 175'228.85 kolloziert. Wenn die Beschwerdegegnerin entsprechend
ihrer Ankündigung vorgeht und tatsächlich die ihr gemäss Art. 260 SchKG
abgetretenen Verantwortlichkeitsansprüche in mehrfacher Millionenhöhe mit
Erfolg einklagt, ist dies im Interesse der Masse, denn im vorliegenden Konkurs
geht die Konkursverwaltung von einer Dividende von null Prozent aus. Dass der
Verwertungserlös in erster Linie dem das Risiko der Prozessführung
übernehmenden Konkursgläubiger zukommt, ist die Besonderheit der Verwertungsart
nach Art. 260 SchKG (BGE 113 III 20 E. 3 S. 22). Die Masse hingegen kann
möglicherweise vom Überschuss profitieren und sämtliche Gläubiger befriedigen
(vgl. Art. 260 Abs. 2 SchKG). Es ist nicht ersichtlich, welches Interesse die
Konkursmasse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides haben soll. Auch
vor diesem Hintergrund lässt sich nicht erkennen, inwiefern das angefochtene
Urteil rechtlich nachteilige Wirkungen zeitigen soll.

2.5 Nach dem Dargelegten fehlt es an rechtlich nachteiligen Wirkungen (einer
materiellen Beschwer) durch den angefochtenen Entscheid, auf die sich der
Beschwerdeführer berufen könnte, und damit an einer Voraussetzung, um auf die
Beschwerde in Zivilsachen einzutreten (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Ebenso wenig
ist der Beschwerdeführer zur Verfassungsbeschwerde berechtigt, welche in
gleicher Weise eine - hier nicht gegebene - Beeinträchtigung in der
Rechtsstellung und damit ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung
des angefochtenen Entscheides voraussetzt (Art. 115 lit. b BGG). Eine
Verletzung von verfassungsmässigen Verfahrensrechten, welche unabhängig von
einer materiellen Beschwer, sondern allein aufgrund der Parteistellung im
kantonalen Verfahren zur Begründung des Beschwerderechts genügen würde, macht
der Beschwerdeführer nicht geltend. Die Rüge einer Verletzung der
Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV), weil das Kantonsgericht trotz seiner
Vorbringen das Interesse der Beschwerdegegnerin an einer höher kollozierten
Forderung nicht begründet habe, ist vor dem Hintergrund der vorinstanzlichen
Erwägungen nicht hinreichend substantiiert (vgl. Art. 106 Abs. 2, Art. 116
BGG).

3.
Aus diesen Gründen kann auf die Beschwerde in Zivilsachen und die eventuell
erhobene Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine
Parteientschädigung ist nicht zu sprechen, da keine Beschwerdeantwort eingeholt
wurde und der Beschwerdegegnerin keine Kosten entstanden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen und die Verfassungsbeschwerde wird nicht
eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, III.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. April 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Levante