Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.713/2007
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007


Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_713/2007

Sitzung vom 28. Februar 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Bundesrichter Marazzi,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Möckli.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokatin Claudia Stehli, Liatowitsch & Partner,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Advokat Dr. Jonas Schweighauser.

Gegenstand
Kindesrückführung,

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Zivil- und Strafrecht, vom 30. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Die Parteien lebten bis April 2006 gemeinsam in Südafrika. Sie sind nicht
verheiratet und haben den gemeinsamen Sohn A.________, geb. 2006.

Im Juni 2006 klagte die Mutter beim High Court of South Africa (Cape of Good
Hope Provincial Division) auf Regelung des väterlichen Besuchsrechts während
ihres Aufenthaltes in Kapstadt. Mit Widerklage verlangte der Vater die
Zuteilung der gemeinsamen elterlichen Sorge sowie ein fünfjähriges
Ausreiseverbot für Mutter und Kind. Dagegen erhob die Mutter am 15. September
2006 Einspruch.

Am 14. Oktober 2006 reiste die Mutter mit A.________ in die Schweiz aus. Darauf
beantragte der Vater beim südafrikanischen High Court die Feststellung, dass
das Gericht im Zeitpunkt der Ausreise das Sorgerecht im Sinn von Art. 3 des
Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler
Kindesentführung (HEntfÜ, SR 0.211.230.02) innegehabt habe. Mit Urteil vom 22.
Dezember 2006 stellte B.M. Griesel, Richter am High Court, fest, dass dieser
als eine Institution zu betrachten sei, der Sorgerechte im Sinn von Art. 3
HEntfÜ beigemessen werden könnten, und dass das Gericht vor dem Umzug von
A.________ in die Schweiz Sorgerechte im Sinn von Art. 3 i.V.m. Art. 5 lit. a
HEntfÜ erworben habe. Gegen dieses Urteil erklärte die Mutter in Südafrika
Appellation, über die bisher nicht entschieden worden ist.

B.
Mit Schreiben vom 21. Mai 2007 an das Bezirksgericht Arlesheim verlangte der
Vater die Feststellung der widerrechtlichen Verbringung von A.________ in die
Schweiz und dessen unverzügliche Rückführung nach Südafrika.

Sowohl das Bezirksgericht Arlesheim als auch das Kantonsgericht
Basel-Landschaft wiesen das Rückführungsgesuch mit Urteil vom 3. August bzw.
30. Oktober 2007 ab. Sie erwogen, dass die Mutter im Zeitpunkt der Ausreise
nach südafrikanischem Recht das alleinige Sorgerecht innegehabt habe und sich
diese Rechtslage erst mit dem Entscheid vom 22. Dezember 2006 verändert habe.
Dieser Entscheid könne jedoch nicht im Sinn einer rückwirkenden
Rechtsfortbildung die Widerrechtlichkeit des Verbringens von A.________
begründen.

C.
Gegen das Urteil des Kantonsgerichts hat der Vater am 30. November 2007
Beschwerde in Zivilsachen erhoben, im Wesentlichen mit den Begehren um dessen
Aufhebung, um Feststellung des widerrechtlichen Verbringens und um
unverzügliche Rückführung von A.________, eventualiter um Rückweisung der Sache
an die Vorinstanz. Ferner wird um unentgeltliche Rechtspflege und um Anordnung
ersucht, dass die Ausweispapiere von A.________ weiterhin beim Bezirksgericht
Arlesheim hinterlegt bleiben. Mit Vernehmlassung vom 17. Dezember 2007
schliesst die Mutter auf Abweisung der Beschwerde und verlangt für den
gegenteiligen Eventualfall, A.________ einen fachlich geeigneten Vertreter zu
bestellen.

Erwägungen:

1.
Bei Rückführungsentscheiden nach dem HEntfÜ geht es um die Regelung der
Rechtshilfe zwischen den Vertragsstaaten (BGE 120 II 222 E. 2b S. 224), die in
unmittelbarem Zusammenhang mit der Respektierung und Durchsetzung ausländischen
Zivilrechts steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 1 BGG). Angefochten ist ein
letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) und die Beschwerdefrist von
zehn Tagen ist eingehalten (Art. 100 Abs. 2 lit. c BGG). Die Beschwerde in
Zivilsachen ist somit gegeben.

In sachlicher Hinsicht kann mit ihr insbesondere die Verletzung von Völkerrecht
geltend gemacht werden, dessen Anwendung vom Bundesgericht frei geprüft wird
(Art. 95 lit. b i.V.m. Art. 106 Abs. 1 BGG). Demgegenüber können
Sachverhaltsfeststellungen nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig
und für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sind (Art. 97 Abs. 1 BGG),
wobei "offensichtlich unrichtig" mit "willkürlich" gleichzusetzen ist (BGE 133
II 249 E. 1.2.2 S. 252).

2.
Zwischen den Parteien ist umstritten, ob das Verbringen von A.________ in die
Schweiz widerrechtlich im Sinn von Art. 3 lit. a HEntfÜ war.
Der Vater leitet die Widerrechtlichkeit aus dem erwähnten südafrikanischen
Entscheid vom 22. Dezember 2006 ab. Darin hielt Richter Griesel zunächst fest,
dass das väterliche Begehren um Zuspruch eines Sorgerechts mit Blick auf das
Haager Rückführungsübereinkommen neuartig (res nova) und im südafrikanischen
Recht kein Präzedenzfall bekannt sei (Rz. 18 und 25). Sodann hielt er fest,
dass der Vater selbst über keinerlei Sorgerechte verfüge, weil das Sorgerecht
über ein aussereheliches Kind nach dem Common law ausschliesslich bei der
Mutter liege; zwar könne der Vater gemäss dem "Natural Fathers Act 86" bei
gegebenen Voraussetzungen gestützt auf eine gerichtliche Feststellung
Sorgerechte über das Kind erwerben, aber bis zu diesem Zeitpunkt verfüge er
über keinerlei Sorgerechte (Rz. 34), und Richter Griesel lehnte es auch
ausdrücklich ab, dem Vater unter einem anderen Titel - namentlich unter dem
seinerzeit noch nicht in Kraft stehenden "Children's Act 38" - irgendwelche
Sorgerechte anzuerkennen (insb. Rz. 39). Im Anschluss daran hielt Richter
Griesel fest, dass sich das Sorgerecht aber beim Gericht befinden könne, sobald
dieses mit dem Gegenstand des Sorgerechts befasst sei (Rz. 42 ff.). Für den
Übergang von Sorgerechten auf das mit diesem Thema befasste Gericht gebe es
zwar keinerlei Präzedenzfälle in Südafrika, wohl aber - nicht unumstrittene
(Rz. 43) - Präjudizien aus der englischen Rechtsprechung (Rz. 44 f.), und es
sei kein Grund ersichtlich, diese nicht auch für das südafrikanische Recht zu
übernehmen (Rz. 46). Als Zeitpunkt für den Übergang sei - wiederum anlehnend an
englische Entscheide - auf die Zustellung des Antrags auf Zuteilung von
Sorgerechten an die andere Partei abzustellen (Rz. 47 ff.), d.h. vorliegend auf
den am 15. September 2006 erhobenen Einspruch der Mutter gegen das väterliche
Widerklagebegehren um Zuspruch von Sorgerechten (Rz. 50).

Das Kantonsgericht hat erwogen, dass das südafrikanische Recht erst mit dem
erwähnten Entscheid um das Institut des gerichtlichen Sorgerechts erweitert
worden sei und dieses im Zeitpunkt der Ausreise folglich noch nicht bestanden
habe. Im Übrigen ziele das Abkommen, wie Art. 3 lit. b HEntfÜ zeige, auf den
Schutz tatsächlich ausgeübter Sorgerechtsverhältnisse, während virtuelle
Sorgerechte, wie sie vom High Court beansprucht würden, nicht darunter fielen.
Wenn schon hätte dieser konkrete materielle Anordnungen treffen müssen; Richter
Griesel gehe aber selbst davon aus, dass das Gericht vor der Ausreise kein
Sorgerecht ausgeübt habe.

Der Vater erblickt in diesen Erwägungen eine Verletzung des Haager
Rückführungsübereinkommens. Er bringt vor, in Ziff. 1.3 des Dispositivs des
südafrikanischen Entscheides vom 22. Dezember 2006 sei ausdrücklich eine
Verletzung von Art. 3 lit. a HEntfÜ festgestellt worden, und gemäss Art. 14
HEntfÜ sei das Kantonsgericht an diesen Entscheid gebunden. In Verletzung des
Übereinkommens habe es den Entscheid des High Courts einer eigenen
Interpretation unterzogen, obwohl Richter Griesel explizit festgehalten habe,
dass der High Court bereits vor dem Verbringen das Sorgerecht über A.________
erworben habe. Im Übrigen sei mit diesem Entscheid kein neues Recht geschaffen,
sondern lediglich die bestehende Rechtslage in Südafrika festgehalten worden;
dass dabei Entscheide anderer Länder hinzugezogen worden seien, sei für den
angelsächsischen Rechtsbereich üblich. Sodann habe er bereits vor
Kantonsgericht den Entscheid Girdwood vs Girdwood eingereicht, aus welchem sich
ergebe, dass im südafrikanischen Recht seit Jahrhunderten die Institution des
Gerichts als "upper Guardian" bestehe; dies sei im Rahmen von Art. 106 Abs. 1
BGG zu berücksichtigen. Wie sich aus weiteren, bereits vor Kantonsgericht
eingereichten, aber nicht berücksichtigten Entscheiden aus England, Irland,
Neuseeland und Kanada ergebe, würden auch andere angelsächsische Länder das
Institut des gerichtlichen Sorgerechts kennen.

3.
Zu prüfen ist die zwischen den Parteien strittige Frage, ob die Ausreise in die
Schweiz widerrechtlich war.

Das Verbringen eines Kindes über die Landesgrenze ist dann widerrechtlich, wenn
dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, Behörde oder sonstigen
Stelle allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in welchem das
Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen
Aufenthalt hatte (Art. 3 lit. a HEntfÜ), und dieses Recht im Zeitpunkt des
Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde
oder ausgeübt worden wäre, wenn das Verbringen oder Zurückhalten nicht
stattgefunden hätte (Art. 3 lit. b HEntfÜ). Das genannte Sorgerecht kann
insbesondere kraft Gesetzes, aufgrund einer gerichtlichen oder behördlichen
Entscheidung oder aufgrund einer nach dem Recht des betreffenden Staates
wirksamen Vereinbarung bestehen (Art. 3 Abs. 2 HEntfÜ).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, eine Sorgerechtsentscheidung dürfe nicht
materiell überprüft werden, trifft an sich zu: Gemäss Art. 16 HEntfÜ darf der
ersuchte Staat keinen Sachentscheid über das Sorgerecht treffen. Vorliegend
geht es aber nicht darum: Im südafrikanischen Entscheid vom 22. Dezember 2006
ist nicht materiell über das Sorgerecht entschieden worden und ebenso wenig
wird im vorliegenden Verfahren über diese Frage befunden (Art. 19 HEntfÜ);
vielmehr ist im Rückführungsverfahren zu prüfen, ob das Verbringen des Kindes
widerrechtlich im Sinn von Art. 3 HEntfÜ war. Dieser Entscheid steht nicht dem
Herkunftsstaat zu; vielmehr ist dieser Punkt, der eine von mehreren
Voraussetzungen für die Anordnung der Rückführung ist, von den Gerichten des
ersuchten Staates zu prüfen, wobei diese hierfür das Recht des Herkunftsstaates
und dessen gerichtliche Entscheide unmittelbar berücksichtigen können (Art. 14
HEntfÜ).

Wie bereits erwähnt, ist das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes nach dem
Wortlaut von Art. 3 lit. a HEntfÜ nur dann widerrechtlich, wenn das Sorgerecht
verletzt wurde, das einer Person oder Behörde unmittelbar vor dem Verbringen
des Kindes zustand. Massgeblich ist also die Sorgerechtslage, wie sie beim
Verbringen bestanden hat; dieser Status quo ante soll wiederhergestellt werden,
weshalb ein Verbringen kurz vor einer erwarteten Entscheidung keinen
Rückführungsanspruch zu begründen vermag (Staudinger/Pirrung, Kommentar zum
Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., Berlin 1994, Vorbem. zu Art. 19 EG BGB, N.
643; Bach/Gildenast, Internationale Kindesentführung, Bielefeld 1999, N. 53 und
54) und insbesondere auch ein nachträgliches Missbilligen durch einen
Gerichtsentscheid nicht von Art. 3 HEntfÜ erfasst wird (Zürcher,
Kindesentführung und Kindesrechte, Diss. Zürich 2005, S. 81; Siehr, Münchener
Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Art. 21 EG BGB Anh. II, N. 27; ders.,
Entführung eines "Mündels des Gerichts" (ward of court) nach Deutschland, in:
IPRax 2005, S. 528). Darauf wird zurückzukommen sein.

Das im anglo-amerikanischen Rechtsbereich entwickelte Institut des "Ward of
Court", wonach das mit dem Sorgerecht befasste Gericht selbst zu dessen Inhaber
wird, ist dem kontinentaleuropäischen Rechtsdenken fremd; ein "Ruhen" des
Sorgerechts bei einer Behörde würde jedenfalls voraussetzen, dass dieses den
Eltern entzogen worden ist. Dennoch sind solche Rechtserscheinungen unter
Vorbehalt von Art. 20 HEntfÜ grundsätzlich hinzunehmen (Staudinger/Pirrung,
a.a.O., N. 642, wo das Institut des "Ward of Court" ausdrücklich erwähnt wird;
ebenso bei Bach/Gildenast, a.a.O., N. 51; Siehr, a.a.O., N. 28; vgl. sodann
Siehr, IPRax 2005, S. 526), weil sich der Umfang des Sorgerechts nach dem
nationalen Recht des Herkunftsstaates bemisst (Siehr, a.a.O., N. 28 f.; Bach/
Gildenast, a.a.O., N. 60).

Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die Rechtsfigur des "Ward of
Court" oder eines analogen Institutes dem südafrikanischen Recht bislang
unbekannt war und es zum ersten Mal mit dem (im Übrigen noch nicht
rechtskräftigen) Entscheid von Richter Griesel in Erscheinung getreten ist. Der
Vater behauptet zwar in seiner Beschwerde erneut eine seit Jahrhunderten
bestehende Rechtserscheinung, wonach in Südafrika das Gericht bei
Sorgerechtsverfahren als "upper Guardian" über Minderjährige auftrete. Aus dem
von ihm ins Recht gelegten Entscheid im Scheidungsverfahren Girdwood vs
Girdwood aus dem Jahr 1994 ergibt sich aber einzig, dass der High Court in
seiner Funktion als "upper guardian of all dependent and minor children" das
Recht hat, "to establish what was in the best interests of the children, and to
make corresponding orders to ensure that such interests were effectively served
and safeguarded"; das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass sich der
High Court für zuständig erklärt hat, im Rahmen eines Scheidungsverfahrens die
erforderlichen Kindesschutzmassnahmen zu treffen. Demgegenüber lässt sich dem
vorgelegten Entscheid Girdwood vs Girdwood ein gerichtliches Sorgerecht, wie es
vorliegend zur Debatte steht, nicht im Ansatz entnehmen. Ohnehin hätte sich
Richter Griesel - sollten die durch nichts belegten Behauptungen des Vaters
zutreffen - im vorliegenden Fall ganz konkret auf die Funktion des "upper
Guardian" berufen und gestützt darauf auch tatsächlich ein Sorgerecht in
Anspruch nehmen bzw. ausüben müssen, damit die Voraussetzung von Art. 3 lit. b
HEntfÜ erfüllt wäre und von einer widerrechtlichen Verletzung im Sinn von Art.
3 HEntfÜ überhaupt die Rede sein könnte.

Indes trifft für beide Voraussetzungen (bestehendes Sorgerecht und tatsächliche
Ausübung) genau das Gegenteil zu: Mit Bezug auf das gerichtliche Sorgerecht hat
Richter Griesel ausdrücklich festgehalten, dass es in Südafrika keine
Präzendenzfälle gebe (res nova), dass aber nichts dagegen spreche, Präjudizien
englischer Gerichte auch für den Staat Südafrika zu übernehmen. Handelt es sich
aber somit für das nationale Recht Südafrikas um eine Rechtsfortbildung oder
Rechtsschöpfung, kann das Sorgerecht vor dieser Bildung bzw. Schöpfung neuen
Rechts noch nicht im Sinn von Art. 3 lit. a HEntfÜ (im Zeitpunkt des
Verbringens) beim Gericht geruht haben, umso weniger als infolge des hängigen
Appellationsverfahrens offen ist, ob das Institut des "Ward of Court" oder eine
analoge Rechtsfigur in Südafrika überhaupt eingeführt wird. Noch weniger könnte
ein solches Sorgerecht im Sinn von Art. 3 lit. b HEntfÜ tatsächlich ausgeübt
worden sein, lassen sich doch tatsächliche Verhältnisse begriffslogisch nicht
rückwirkend schaffen. Damit gebricht es aber in jedem Fall an der zweiten
Voraussetzung der Widerrechtlichkeit.

Die Tatsache, dass das Haager Übereinkommen für die Widerrechtlichkeit strikt
auf den Zeitpunkt des Verbringens abstellt (vgl. auch die vorstehend zitierte
einhellige Lehre, wonach spätere Entscheide unbeachtlich sein müssen), steht im
Zusammenhang mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, der Rechtssicherheit
und des Vertrauensschutzes: Die rechtsunterworfenen Parteien müssen objektiv
wissen bzw. in Erfahrung bringen können, welches Recht zu einem bestimmten
Zeitpunkt gilt und ob sie mit ihren Handlungen allenfalls dagegen verstossen.
Am 15. Oktober 2006 durfte die Mutter als alleinige Sorgerechtsinhaberin im
Vertrauen auf die damalige Rechtslage gutgläubig aus Südafrika ausreisen und
musste nicht damit rechnen, dass sie - aufgrund einer rückwirkenden
Rechtsschöpfung, die im Übrigen appelliert und damit in Schwebe ist - ein
behördliches Sorgerecht verletzen würde. Im Übrigen hätte es dem Vater frei
gestanden, vom High Court den Erlass vorsorglicher Massnahmen zu verlangen,
etwa die Zuteilung der gemeinsamen Sorge während der Dauer des Hauptprozesses
oder doch wenigstens eine Ausreisesperre (non-removal clause), die Hinterlegung
des Passes von A.________ oder eine ähnliche Vorkehrung.

Zusammenfassend ergibt sich, dass der High Court im Zeitpunkt des Verbringens
kein (alleiniges oder geteiltes) Sorgerecht im Sinn von Art. 3 lit. a HEntfÜ
haben konnte und dass er es in diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht tatsächlich im
Sinn von Art. 3 lit. b HEntfÜ ausübte. Ist aber das Verbringen von A.________
demzufolge nicht widerrechtlich im Sinn von Art. 3 HEntfÜ, so mangelt es an
einer notwendigen Voraussetzung zur Begründung des Rückführungsanspruches nach
Art. 12 Abs. 1 HEntfÜ. Das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft, mit welchem das Begehren um Rückführung von A.________
abgewiesen wurde, ist nach dem Gesagten konform mit dem Haager
Rückführungsübereinkommen, und die dagegen gerichtete Beschwerde des Vaters ist
abzuweisen.

4.
Mit Bezug auf die Auferlegung der kantonalen Kosten rügt der Beschwerdeführer
eine Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV. Seine diesbezüglichen Ausführungen
richten sich ausschliesslich gegen die obergerichtlichen
Sachverhaltsfeststellungen, die nur auf Willkür hin überprüft werden können
(dazu oben, E. 1). Er kritisiert, dass das Obergericht von einem Einkommen von
ZAR 414'604.-- pro Jahr (Fr. 5'758.40 pro Monat) ausgegangen ist; davon seien
noch Steuern von ZAR 100'665.60 und Sozialleistungen von ZAR 62'190.--
abzuziehen, weshalb es ZAR 251'748.40 pro Jahr (Fr. 3'496.50 pro Monat) betrage
und somit unterhalb seines Existenzminimums von Fr. 4'120.-- liege.
Als Beweismittel legt er einzig eine - von offensichtlich mehreren - Seiten
einer in Afrikaans abgefassten Steuerveranlagung vor, die ein Einkommen
(Inkomste) von ZAR 414'604.-- und Abzüge (Aftrekkings) von ZAR 62'190.-- sowie
einen Nettosteuerbetrag von ZAR 94'221.67 ausweist. Aus diesem Blatt ist aber
weder ersichtlich, dass es sich beim Betrag von ZAR 62'190.-- um
Sozialversicherungsabzüge handelt (die Beschwerdegegnerin macht geltend, es
handle sich um allgemeine Steuerabzüge), noch ist damit belegt, dass der
fällige Steuerbetrag effektiv bezahlt worden ist, wie dies erforderlich wäre,
damit er in der Bedarfsberechnung berücksichtigt werden könnte. Bereits vor
diesem Hintergrund hat das Kantonsgericht keine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung getroffen, wenn es von einem anrechenbaren Einkommen
von ZAR 414'604.-- pro Jahr bzw. von Fr. 5'758.40 pro Monat ausgegangen ist.

Bei diesem Resultat würden sich weitere Ausführungen zur Bedarfsberechnung
erübrigen. Der Vollständigkeit halber sei aber zu den Ausgabenpositionen
bemerkt, dass die Notwendigkeit eines Autos und der verschiedenen
Versicherungen weder behauptet noch belegt ist, worauf bereits das Obergericht
hingewiesen hat. Der anrechenbare Überschuss beträgt mithin sogar deutlich mehr
als die vorinstanzlich angenommenen Fr. 1'685.80.

Im Übrigen sei festgehalten, dass der Beschwerdeführer weder Lohnausweise,
Buchhaltungsunterlagen oder andere Belege für seine Einkünfte (welche die
Beschwerdegegnerin auf Fr. 9'000.-- pro Monat beziffert) zu den Akten noch je
über seine Vermögensverhältnisse Auskunft gegeben hat (die Beschwerdegegnerin
verweist u.a. auf das Miteigentum an einer Liegenschaft in Bettys Bay). Sodann
ist bereits darauf hingewiesen worden, dass offensichtlich nur eine von
mehreren Seiten der Steuerveranlagung eingereicht worden ist und sich die
Angaben zum Vermögen offenkundig auf einer Folgeseite befinden müssen. Auch
angesichts dieser Weigerung, im Rahmen der Mitwirkungspflicht über die
Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend Auskunft zu geben und
Unterlagen einzureichen, kann von einer Verletzung des verfassungsmässigen
Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege keine Rede sein (BGE 120 Ia 179 E. 3a
S. 181 f).

Der angefochtene Entscheid hält in jeder Hinsicht vor Art. 29 Abs. 3 BV stand.

5.
Grundsätzlich ist das Rückführungsverfahren auch auf Bundesebene kostenlos
(Art. 26 Abs. 2 HEntfÜ). Südafrika hat indes einen Vorbehalt angebracht, wonach
die Verfahrens- und Parteikosten nur im Rahmen des Systems der unentgeltlichen
Rechtspflege übernommen werden (Art. 26 Abs. 3 i.V.m. Art. 42 HEntfÜ). Die
Schweiz wendet diesfalls das Prinzip der Gegenseitigkeit an (Art. 21 Abs. 1
lit. b des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, SR 0.111).
Aufgrund der Ausführungen in E. 4 kann der Beschwerdeführer nicht als
prozessarm gelten, weshalb er auch für das bundesgerichtliche Verfahren kosten-
und entschädigungspflichtig wird (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch der Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Februar 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Raselli Möckli