Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.689/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_689/2007/don

Urteil vom 15. Mai 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl
Gerichtsschreiber Rapp.

Parteien
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt PD Dr. Dieter Kehl,

gegen

1. A.________,
2. B.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Heinrich Eggenberger.

Gegenstand
Fahrwegrecht,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts von Appenzell Ausserrhoden, 2.
Abteilung, vom 29. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
X.________ und Y.________ (nachfolgend Beschwerdeführer) sind die Eigentümer
des Grundstücks Nr. a, Grundbuch Z.________. Das Nachbargrundstück Nr. b steht
im Eigentum von B.________ (nachfolgend: Beschwerdegegnerin 1). Der frühere
Eigentümer dieser beiden Grundstücke errichtete am 17. März 1998 vor dem
Verkauf derselben ein Fahrwegrecht mit folgendem Wortlaut:
"Der jeweilige Eigentümer der Parz. Nr. a räumt dem jeweiligen Eigentümer der
Parz. Nr. b das Fahrwegrecht über den im beiliegenden Plan rot eingezeichneten
Weg ein. Der Plan bildet integrierenden Bestandteil dieses Vertrages."
Im Grundbuch Z.________, Grundstück Nr. b, lautet der entsprechende Eintrag
unter "Dienstbarkeiten und Grundlasten" wie folgt:
"Recht: Fahrwegrecht zL Nr. a, 17.03.1998, Bel. c"

B.
Mit Klage vom 1. Dezember 2003 beantragten die Beschwerdeführer beim
Kantonsgericht von Appenzell Ausserrhoden, es sei der Beschwerdegegnerin 1 und
ihrem Ehemann (Beschwerdegegner 2) zu verbieten, den Fahrweg auf Grundstück Nr.
a, Grundbuch Z.________, mit mehr als 1,5 m breiten Fahrzeugen zu befahren. Die
Beschwerdegegnerin 1 erhob am 5. Dezember 2003 Widerklage mit den Begehren, die
Beschwerdeführer seien zu verpflichten, die längs des Fahrwegs angelegten
Hecken, Stauden, Pfähle und andere Fahrhindernisse zu stutzen bzw. zu
entfernen, soweit sie innerhalb eines Abstandes von 30 cm ab bestehendem
Strassenrand liegen, und den auf dem Fahrweg angebrachten Sperrpfahl durch
einen im Boden eingelassenen Pfosten zu ersetzen. Mit Urteil vom 4. Juli 2006
wies das Kantonsgericht die Klage ab und hiess die Widerklage gut.

C.
Mit Eingabe vom 11. September 2006 appellierten die Beschwerdeführer beim
Obergericht von Appenzell Ausserrhoden gegen das kantonsgerichtliche Urteil.
Mit Urteil vom 29. Mai 2007 wies das Obergericht die Appellation ab.

D.
Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 21.
November 2007 beantragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht die Aufhebung
des kantonsgerichtlichen Urteils, das Aussprechen des betreffenden Fahrverbots
sowie die Abweisung der Widerklage.

Die Beschwerdegegner schliessen in ihrer Vernehmlassung vom 28. April 2008 auf
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Vorinstanz
verzichtete auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführer erheben zunächst eine Beschwerde in Zivilsachen.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in Zivilsachen,
welcher einen Endentscheid darstellt (Art. 72 Abs. 1, Art.75 Abs. 1 und Art. 90
BGG).

Vorliegend geht es um die Auslegung einer Dienstbarkeit, somit um eine
Zivilsache mit Vermögenswert. Der Streitwert bestimmt sich bei Beschwerden
gegen Endentscheide nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig
geblieben waren (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Lautet ein Begehren nicht auf
Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so setzt das Bundesgericht den Streitwert
nach Ermessen fest (Art. 51 Abs. 2 BGG). Massgebend für die Bestimmung des
Streitwerts ist das Interesse des Klägers an der Gutheissung des von ihm
geltend gemachten Anspruchs (BGE 80 II 311 E. 1 S. 315; 84 II 614 E. 1 S. 617;
95 II 14 E. 1 S. 17).

Nach Angaben des Obergerichts beträgt der Streitwert Fr. 25'000.--. Die
Beschwerdeführer machen geltend, dass der Streitwert mindestens Fr. 30'000.--
betrage, da eine befahrbare Zufahrt einen höheren Wert aufweise. Da indes
gemäss dem Rechtsbegehren der Beschwerdeführer lediglich ein Fahrverbot für
Fahrzeuge ab einer bestimmten Breite im Streit steht und es nicht darum geht,
ob das Fahrwegrecht überhaupt bestehe oder nicht, gibt es keinen Anlass, von
der Bezifferung des Streitwerts durch die Vorinstanz abzuweichen, sodass die
Streitwertgrenze für eine Beschwerde in Zivilsachen nicht erreicht wird (Art.
74 Abs. 1 lit. b BGG). Damit kann auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht
eingetreten werden.

2.
Sodann erheben die Beschwerdeführer in der gleichen Rechtsschrift mit der
ordentlichen Beschwerde eine Verfassungsbeschwerde (Art. 119 Abs. 1 BGG). Das
angefochtene Urteil erweist sich als letztinstanzlich (Art. 113 BGG).

Das Bundesgericht prüft die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten nicht
von Amtes wegen, sondern nur, soweit eine solche gerügt und begründet wird
(Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Begründungspflicht lehnt sich bei
der Verfassungsbeschwerde an die für die staatsrechtliche Beschwerde geltenden
Anforderungen an (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; Botschaft zum BGG, BBl 2001 4294).
Demnach prüft das Bundesgericht auch weiterhin nur klar und einlässlich
erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397, 439
E. 3.2 S. 444; zu Art. 90 Abs. 1 lit. b OG BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262).
Hingegen tritt es auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid
nicht ein.

Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Es kann davon nur abweichen,
wenn die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen
Rechts zustande kam (Art. 118 Abs. 2 i.V.m. 116 BGG), was in der Beschwerde
präzise geltend zu machen ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG).

3.
Das Obergericht erwog, es ergebe sich aus dem Eintrag im Grundbuch, dass das
Strässchen, welches zur Liegenschaft der Beschwerdegegnerin 1 hinführe, ohne
Einschränkungen jedwelcher Art, namentlich bezüglich Fahrzeug- oder
Fahrwegbreite befahren werden dürfe. Auch aus dem Wortlaut des
Grunddienstbarkeitsvertrages ergebe sich kein Hinweis auf eine Beschränkung der
zulässigen Fahrzeug- oder Fahrwegbreite. Die Planbeilage dieses Vertrages, aus
welcher sich gemäss Beschwerdeführer eine Beschränkung der Fahrbahnbreite
ergeben solle, entspreche nicht mehr dem aktuellen Grundbuchplan, da der
Wegverlauf im Rahmen der Erstvermessung zwischen 1918 und 1922 aufgenommen und
kartiert und bis zum Zeitpunkt der Vertragserrichtung am 17. März 1998 keine
Aktualisierung durchgeführt worden sei. Da es sich beim fraglichen Plan nicht
um einen aktuellen und vermassten Grundbuchplan handle und demgemäss davon
auszugehen sei, dass eine selbstverfertigte, unklare Skizze vorliege, liessen
sich aus diesem weder der heutige Wegverlauf noch die Wegbreite exakt
herauslesen. Ausserdem fehle ein expliziter Hinweis im Dienstbarkeitsvertrag
darauf, dass der diesem beiliegende Situationsplan die exakte Breite und den
exakten Verlauf des Fahrwegrechts festlege. Schliesslich habe der frühere
Eigentümer der beiden Liegenschaften als Zeuge ausgesagt, dass ein
unbeschränktes Fahrwegrecht bereits vor dessen Eintrag im Grundbuch praktiziert
worden sei und auch nach dem Eintrag weiterhin gelten sollte. Auf das Bestehen
dieses unbeschränkten Fahrwegrechts habe die Beschwerdegegnerin 1 als die
heutige Eigentümerin des berechtigten Grundstücks vertrauen dürfen.

4.
Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV),
indem sie geltend machen, der fragliche Plan sei im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses entgegen der Vorinstanz durchaus aktuell gewesen.
Diesbezüglich wenden sie sich sinngemäss gegen die Sachverhaltsfeststellungen
des Obergerichts. Sie legen jedoch nicht dar, inwieweit diese unter Verletzung
des Willkürverbots zustande gekommen sein sollen. Vielmehr beschränken sie sich
in diesem Zusammenhang auf rein appellatorische Kritik am vorinstanzlich
festgestellten Sachverhalt. Insoweit erweist sich die Beschwerde als
unsubstanziiert und ist auf sie nicht einzutreten.

5.
Eine Verletzung von Art. 9 BV machen die Beschwerdeführer sodann geltend, indem
sie vorbringen, es sei irrelevant, dass das Wegrecht im Plan nicht vermasst
sei; entscheidend sei ausschliesslich, dass es ausmessbar sei, was vorliegend
zutreffe, da die Wegbreite aus dem Plan exakt herauszulesen sei. Auch im
Ergebnis sei der Entscheid der Vorinstanz willkürlich, da er mit dem Grundsatz
"pacta sunt servanda" als einem der elementarsten Grundsätzen des Zivilrechts
unvereinbar sei. Insofern rügen sie Willkür in der Rechtsanwendung.

Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der
Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar
ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm
oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen
Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das
Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder
gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f.; 132 I
175 E. 1.2 S. 177; 133 II 249 nicht publizierte E. 3.2, je mit Hinweisen).

Auch diesbezüglich ist nicht ersichtlich, weshalb das Obergericht das
Willkürverbot verletzt haben soll. Soweit sich die Beschwerdeführer überhaupt
gegen die vorinstanzliche Begründung richten, beschränken sie sich darauf,
deren Unrichtigkeit zu behaupten, ohne darzulegen, weshalb die Begründung oder
das Ergebnis des Entscheids unhaltbar sein soll. Auch diesbezüglich erfüllt die
Beschwerde die Anforderungen an das aus Art. 106 Abs. 2 BGG fliessende
Rügeprinzip nicht.

6.
Zusammenfassend ist weder auf die Beschwerde in Zivilsachen noch auf die
Verfassungsbeschwerde einzutreten. Ausgangsgemäss werden die Beschwerdeführer
kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Auf die Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'800.-- werden den Beschwerdeführern in
solidarischer Verbindung auferlegt.

4.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren in solidarischer Verbindung mit Fr. 1'800.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht von Appenzell Ausserrhoden,
2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. Mai 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Rapp