Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.609/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_609/2007 / aka

Urteil vom 16. Juni 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Schett.

Parteien
A. X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Schroff,

gegen

B. X.________, p. A. Rechtsanwalt Jürg Schlatter,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Schlatter.
.

Gegenstand
vorsorgliche Massnahmen im Eheschutzverfahren,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 3.
September 2007.

Sachverhalt:
-
B. X.________ und A. X.________ lernten sich am 16. Juni 2006 kennen und
heirateten knapp drei Monate später. Die Ehefrau brachte aus erster Ehe drei
Töchter mit Jahrgang 1994, 1997 und 1999 in die neue Beziehung mit. Zudem
betreute sie ein weiteres Kind, bis die Amtsvormundschaft D.________ ihr den
Pflegevertrag am 27. Dezember 2006 mit sofortiger Wirkung kündigte. Der Ehemann
ist gegenüber drei Kindern aus zwei vorangegangenen Ehen unterhaltspflichtig.
Am 1. Dezember 2006 trennten sich die Parteien. Die Ehefrau war damals
schwanger. Der Ehemann bestreitet seine Vaterschaft.
-
Am 11. Dezember 2006 leitete B. X.________ beim Bezirksgericht Bischofszell ein
Eheschutzverfahren ein. Mit Verfügung vom 4. Mai 2007 nahm das
Gerichtspräsidium vom Getrenntleben der Parteien Vormerk, wies die beiden
ehelichen Wohnungen B. X.________ sowie ihren drei Kindern zur alleinigen
Nutzung zu und verpflichtete A. X.________ zu einem monatlichen
Unterhaltsbeitrag von Fr. 160.-- zuzüglich allfälliger Kinderzulagen ab 7.
Dezember 2006. Dagegen erhob B. X.________ Rekurs an das Obergericht des
Kantons Thurgau, welches ihren Unterhaltsanspruch mit Entscheid vom 3.
September 2007 antragsgemäss auf monatlich Fr. 910.-- erhöhte. Am 5. Juli 2007
gebar B. X.________ die Tochter C.________.
-
A. X.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) ist mit Beschwerde in Zivilsachen
vom 22. Oktober 2007 an das Bundesgericht gelangt. Er beantragt die Aufhebung
des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung
an die Vorinstanz. Eventualiter habe das Bundesgericht die Elternrechte und
-pflichten bezüglich C. X.________, wie Obhut, Besuchsrecht und Unterhalt, nach
Ermessen zu regeln. Zudem sei B. X.________ (nachfolgend: Beschwerdegegnerin)
anzuhalten, über ihre finanziellen Verhältnisse Auskunft zu geben. Beide
Parteien stellen das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Verfügung vom
13. November 2007 gewährte der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung der
Beschwerde die aufschiebende Wirkung für die bis und mit September 2007
geschuldeten Unterhaltsbeiträge. Auf Ersuchen des Beschwerdeführers und mit dem
Einverständnis der Beschwerdegegnerin sistierte der Präsident der II.
zivilrechtlichen Abteilung das Verfahren vom 6. Dezember 2007 bis zum 28. April
2008.

Erwägungen:
-
- Angefochten ist der im Rahmen eines Eheschutzverfahrens festgelegte
Unterhaltsbeitrag, mithin eine Zivilsache mit Vermögenswert (Art. 72 Abs. 1,
Art. 74 Abs. 1 BGG). Entgegen Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG geht der Streitwert
aus dem angefochtenen Entscheid nicht hervor. Im vorinstanzlichen Verfahren war
die Unterhaltshöhe von Fr. 750.-- strittig. Angesichts der unbeschränkten Dauer
der Unterhaltsverpflichtung ist die gesetzliche Streitwertgrenze als erreicht
zu betrachten (Art. 51 Abs. 4 BGG, Art. 74 Abs. 1 lit. B BGG). Damit ist die
Beschwerde in Zivilsachen gegen den letztinstanzlich ergangenen Entscheid
gegeben, ohne dass eine Prüfung der aufgeworfenen Rechtsfragen als solche von
grundsätzlicher Bedeutung notwendig ist (Art. 75 Abs. 1, Art. 74 Abs. 2 lit. a
BGG).
- Eheschutzentscheide gelten nach der Rechtsprechung als vorsorgliche
Massnahmen, womit einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend
gemacht werden kann (Art. 98 BGG; BGE 133 III 393 E. 5). Dabei hat der
Beschwerdeführer klar und einlässlich darzulegen, weshalb der angefochtene
Entscheid verfassungswidrig, insbesondere willkürlich (Art. 9 BV) sein soll.
Macht er die Verletzung des Willkürverbotes geltend, muss er anhand der
vorinstanzlichen Begründung dartun, weshalb der Entscheid an einem
qualifizierten Mangel leidet und zudem im Ergebnis unhaltbar ist. Auf rein
appellatorische Kritik tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 133 III 393 E.
6). Zudem muss sich seine Begründung aus der Rechtsschrift direkt ergeben,
womit Verweise auf kantonale Eingaben nicht zulässig sind (BGE 133 II 396 E.
3.2 S. 400).
- Neue Tatsachen und Beweise sind nur zulässig, soweit der angefochtene
Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat
darzutun, inwiefern die erwähnte Voraussetzung erfüllt sein soll (BGE 133 III
393 E. 3).
-
Die Vorinstanz legte den monatlichen Unterhaltsbeitrag des Beschwerdeführers an
die Beschwerdegegnerin auf Fr. 910.-- fest. Davon könne ein allfälliger
Unterhaltsbeitrag an die am 5. Juli 2007 geborene Tochter C.________ in Abzug
gebracht werden. In Änderung des erstinstanzlichen Entscheides strich die
Vorinstanz den Unterhaltsbetrag von Fr. 650.-- an eine der geschiedenen
Ehefrauen aus dem Notbedarf des Beschwerdeführers, da eine solche Verpflichtung
nicht bestehe. Dadurch erhöhte sich der Unterhaltsbetrag entsprechend von Fr.
160.-- auf Fr. 910.--. Angesichts des Alters der vier Töchter der
Beschwerdegegnerin und der damit verbundenen Betreuungsaufgaben sei ihr eine
ausserhäusliche Tätigkeit nicht zuzumuten. Zudem wäre der Fehlbetrag in deren
Notbedarf erst ab einem Einkommen von über Fr. 1'000.-- gedeckt. Die vom
Beschwerdeführer geltend gemachten veränderten Verhältnisse seien nicht
substantiiert worden.
- Nach Ansicht des Beschwerdeführers gründet der angefochtene Entscheid auf
Spekulationen statt auf Abnahme der offerierten Beweise. Er sieht sein
rechtliches Gehör verletzt und wirft der Vorinstanz vor, die Bestimmungen von
Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB und Art. 170 ZGB nicht angewendet zu haben. Konkret
fehle es an der Abklärung des tatsächlichen Einkommens der Beschwerdegegnerin.
- Mit diesen Vorbringen genügt der Beschwerdeführer seiner Begründungspflicht
keineswegs (E.1.2). Insbesondere setzt er sich mit den von der Vorinstanz als
unsubstantiiert qualifizierten Ausführungen zur Einkommenssituation der
Beschwerdegegnerin nicht auseinander. Er wiederholt mehr oder minder seine im
kantonalen Verfahren vorgetragenen Behauptungen und führt nicht aus, welche
Beweisofferten er gemacht haben will. Daraus folgt, dass der Vorinstanz weder
die Verletzung des rechtlichen Gehörs noch eine unhaltbare Anwendung von
Bundesrecht vorzuwerfen ist.
-
Nicht Gegenstand des vorliegenden wie des vorinstanzlichen Verfahrens bilden
die Rechtsfolgen, die sich aus der Geburt von C.________ ergeben. Die
Vorinstanz hat bei der Festlegung des persönlichen Unterhalts an die
Beschwerdegegnerin einem allfälligen Kinderunterhaltsbeitrag bereits Rechnung
getragen (E. 2). Hingegen musste sie nicht selber einen solchen Betrag sowie
die Obhut und das Besuchsrecht festlegen, zumal im Zeitpunkt des angefochtenen
Entscheides vor dem Richteramt Dorneck-Thierstein bereits eine diesbezügliches
Verfahren hängig war. Inwieweit Art. 176 Abs. 3 ZGB sowie Art. 273 und Art. 276
ZGB dadurch verletzt sein sollen, ist nicht nachvollziehbar. Die
diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers erweisen sich teils als neu
und gehen im Übrigen an der Sache vorbei. Daher ist auch auf seinen
Eventualantrag nicht einzutreten.
-
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde insgesamt nicht einzutreten, womit die
Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Ihr war von vornherein kein Erfolg beschieden, da sie sich in unzulässigen
Vorbringen und Anträgen erschöpft. Das Gesuch des Beschwerdeführers um
unentgeltlliche Rechtspflege ist daher abzuweisen. Hingegen sind die
diesbezüglichen Voraussetzungen bei der Beschwerdegegnerin erfüllt (Art. 64
Abs. 1 und 2 BGG). Sie hat sich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung vernehmen
lassen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:
-
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.
-
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
-
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 300.-- zu entschädigen.
-
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
wird abgewiesen.
-
Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
wird gutgeheissen und Rechtanwalt Jürg Schlatter wird ihr als Rechtsbeistand
bestellt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Parteientschädigung wird
Rechtsanwalt Schlatter aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 300.-- entschädigt.
-
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Juni 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Schett