Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.593/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_593/2007/don

Urteil vom 15. Mai 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Marazzi,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Benno Gebistorf,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Beeli.

Gegenstand
Abänderung eines Scheidungsurteils,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer als
Appellationsinstanz nach ZPO, vom 11. September 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom Amtgericht A.________ vom 2.
Februar 2001 geschieden. Die in jenem Zusammenhang geschlossene Vereinbarung,
worin sich X.________ zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von
Fr. 1'700.-- an Y.________ bis zum Erreichen seines AHV-Alters verpflichtete,
wurde genehmigt. Am 27. April 2002 reichte X.________ beim Amtsgericht
B.________ Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils ein, welche die erste
Instanz mit Urteil vom 10. Februar 2003 abwies; eine dagegen erhobene
Appellation hiess das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 1. Dezember
2003 teilweise gut und verpflichtete X.________, vom Nettoeinkommen abhängige,
gestaffelte Unterhaltsbeiträge zu erbringen; diese betragen zur Zeit Fr. 600.--
monatlich.
A.b X.________ klagte am 11. Dezember 2006 erneut auf Abänderung des
Scheidungsurteils und beantragte dem Amtsgericht B.________ die Aufhebung
seiner Unterhaltspflicht. Die Klage wurde erstinstanzlich mit Urteil vom 18.
Juni 2007 abgewiesen.

B.
Das Obergericht des Kantons Luzern wies die dagegen gerichtete Appellation und
die Abänderungsklage mit Urteil vom 11. September 2007 ab.

C.
X.________ (Beschwerdeführer) hat beim Bundesgericht gegen das obergerichtliche
Urteil mit Eingabe vom 11. Oktober 2007 Beschwerde in Zivilsachen erhoben; er
beantragt, das angefochtene Urteil und in Gutheissung der Klage die
Unterhaltspflicht mit Wirkung ab 13. November 2006 aufzuheben. Er beruft sich
dabei auf eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs.
2 BV) und des Willkürverbotes (Art. 9 BV) sowie eine bundesrechtswidrige Umkehr
der Beweislast (Art. 8 ZGB).

Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 132 III 291 E. 1; 131 III 667 E. 1).

1.2 Die vorliegende, von der im kantonalen Verfahren unterlegenen Partei (Art.
76 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde richtet sich gegen einen
letztinstanzlichen Endentscheid (Art. 75 Abs. 1, Art. 90 BGG). Sie betrifft
eine vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG; BGE 116 II 493 E. 2a
S. 495; Urteil 5C.94/2003 vom 17. Juli 2003, E. 1, in FamPra.ch 2004 S. 129),
deren Streitwert bei Kapitalisierung (Art. 51 Abs. 4 BGG) des vorinstanzlich
noch strittigen (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG) Unterhalts den Betrag von Fr.
30'000.-- gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG erreicht. Auf die überdies
rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist demnach
einzutreten.

2.
2.1 Mit Beschwerde in Zivilsachen kann eine Rechtsverletzung im Sinne der Art.
95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen
an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist deshalb weder durch die in der
Beschwerdeschrift erhobenen Argumente noch durch die vorinstanzliche Begründung
eingeschränkt; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als den geltend
gemachten Gründen gutheissen oder auch eine Beschwerde abweisen, indem es
seinem Urteil eine andere Begründung als jene der Vorinstanz zugrunde legt (BGE
130 III 136 E. 1.4 in fine, 297 E. 3.1). Angesichts der
Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG, deren Missachtung ein
Nichteintreten auf die Beschwerde nach sich zieht (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG),
überprüft das Bundesgericht grundsätzlich nur die erhobenen Rügen; es ist nicht
verpflichtet, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden
rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr
vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1).

2.2 Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als
eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist
(Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2; 133 III 545 E. 2.2).

2.3 Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Mit dem Ausdruck der offensichtlichen Unrichtigkeit ist
Willkür gemeint (BGE 133 II 249 E. 1.2.2). Soweit es um die Frage geht, ob der
Sachverhalt willkürlich oder durch eine andere Rechtsverletzung im Sinn von
Art. 95 BGG ermittelt worden ist, sind strenge Anforderungen an die
Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt. Entsprechende Beanstandungen
sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen. Demzufolge
genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift
nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen darzulegen, inwiefern diese
Feststellungen willkürlich bzw. durch eine andere Rechtsverletzung im Sinn von
Art. 95 BGG zustande gekommen sind. Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf
einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid
abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.).

3.
Gemäss Art. 129 Abs. 1 ZGB kann die Rente herabgesetzt, aufgehoben oder für
eine bestimmte Zeit eingestellt werden, wenn sich die Verhältnisse dauernd und
erheblich verändert haben. Die Abänderung beruht auf gerichtlichem Ermessen
(Art. 4 ZGB; BGE 108 II 30 E. 8 S. 32). Im Beschwerdeverfahren übt das
Bundesgericht deshalb bei der Prüfung der vom kantonalen Gericht festgelegten
Unterhaltsbeiträge grosse Zurückhaltung. Es schreitet insbesondere ein, wenn
die Vorinstanz entweder Kriterien berücksichtigt hat, die nach dem Gesetz keine
Rolle spielen dürfen, oder Umstände ausser Acht gelassen hat, die für den
Unterhaltsbeitrag ausschlaggebend sein sollten. Zu einer Korrektur des
vorinstanzlichen Entscheides kommt es schliesslich, wenn der festgesetzte
Unterhaltsbeitrag auf Grund der konkreten Umstände als eindeutig unangemessen
erscheint (BGE 128 III 161 E. 2c/aa S. 162; wie hier Urteil 5C.112/2005 vom 4.
August 2005, Erw. 1, in: FamPra.ch 2006 S. 149; ausführlicher Urteil 5C.197/
2003 vom 30. April 2004, E. 2, in: FamPra.ch 2004 S. 690).

4.
Strittig ist vorliegend, welche Bedeutung der seit Januar 2006 bestehenden
Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers zukommt.

4.1 Das Obergericht hat auf den erstinstanzlichen Entscheid Bezug genommen und
festgehalten, der Beschwerdeführer habe sich mit der Eventualbegründung des
Amtsgerichtes nicht auseinandergesetzt, wonach die wirtschaftliche Entwicklung
in der Baubranche positiv verlaufe und damit der Beschwerdeführer gute
Aussichten habe, wieder eine Vollzeitanstellung als Maurer oder Polierer zu
finden. Die Ausführungen der ersten Instanz zur konjunkturellen Entwicklung und
den guten Arbeitsaussichten in der Baubranche gälten als akzeptiert und
unangefochten. Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung in der Baubranche
vermöchten die ausbezahlten Arbeitslosengelder keinen genügenden Beweis für die
Dauerhaftigkeit der Einkommensverminderung des Beschwerdeführers zu bilden,
zumal an die Dauerhaftigkeit der veränderten Verhältnisse im Abänderungsprozess
erhöhte Anforderungen zu stellen seien, da bei abermaliger Veränderung eine
Heraufsetzung nicht in Betracht komme.

4.2 Der Beschwerdeführer erhebt gegen den Schluss des Obergerichtes die
folgenden Rügen.
4.2.1 Zunächst einmal ist er nach wie vor überzeugt, dass seine
Arbeitslosigkeit nicht selbstverschuldet sei. Er erinnert, dass er sein
jahrzehntelanges Arbeitsverhältnis erst kündigte, als er erfuhr, dass sein mit
ihm "in höchstem Masse verfeindete Sohn" mit seiner Arbeitgeberin ebenfalls ein
Arbeitsverhältnis begründet hatte; nur durch seine Kündigung habe "ein derart
erzwungenes ständiges Zusammentreffen bzw. sogar Zusammenarbeiten von Vater und
Sohn" vermieden werden können. Eine Rückkehr an die frühere Arbeitsstelle sei
für ihn nicht zumutbar. Die von ihm zum Thema der angeblich selbstverschuldeten
Arbeitslosigkeit offerierten Beweise seien in Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV
nie abgenommen worden und der Schluss des Obergerichtes sei "schlechterdings
willkürlich". Zudem habe eine bundesrechtswidrige (Art. 8 ZGB) Umkehr der
Beweislast stattgefunden, und es gelte die Dispositionsmaxime.

Soweit man in den Ausführungen des Beschwerdeführers überhaupt eine Rüge
erblicken will, ist sie unbehelflich. Das Obergericht hat nämlich ausdrücklich
offen gelassen, ob dem Beschwerdeführer eine Weiterführung seines
Arbeitsverhältnisses bei der Firma Z.________ zugemutet werden könne; wie
bereits erwähnt (vorne, E. 4.1) hat es vielmehr entscheidend auf die
unbestrittene positive konjunkturelle Entwicklung und die guten
Arbeitsaussichten in der Baubranche abgestellt. Geht aber die Rüge am
Lösungsansatz der Vorinstanz gänzlich vorbei, ist sie von vornherein
ungeeignet, deren Schluss in Frage zu stellen. Auf sie ist gesamthaft nicht
einzutreten.
4.2.2 Der Beschwerdeführer ist sodann der Auffassung, dass die eingetretene
Einkommensverminderung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, was nach der
Doktrin zur Gutheissung des Herabsetzungsbegehrens führen müsste. Die erzielten
Zwischenverdienste, die eingeleitete Umschulung zum Autofahrlehrer und die
erhaltenen Arbeitslosengelder belegten seine erfolglosen Arbeitsbemühungen
hinreichend und würden die vorinstanzlichen Annahmen betreffend konjunkturelle
Entwicklung und Arbeitsaussichten in der Baubranche widerlegen. Hinzu komme,
dass die erstinstanzliche Internet-Recherche betreffend offene Stellen sich
offenbar auf die gesamte Schweiz bezogen habe.

Die Diskussion der vorinstanzlichen Annahmen betreffend konjunkturelle
Entwicklung und Arbeitsaussichten in der Baubranche ist unstatthaft. Das
Obergericht hat nämlich verbindlich festgestellt, dass die einschlägigen
sachverhaltsmässigen Ausführungen des erstinstanzlichen Richters nicht
diskutiert wurden und als akzeptiert zu gelten hätten. Folglich ist hier davon
auszugehen, dass die heutigen Einwendungen vor der letzten kantonalen Instanz
gar nicht erhoben wurden. Ist dem so, sind sie aber nicht letztinstanzlich
(Art. 75 Abs. 1 BGG; zum Grundsatz der sogenannten materiellen Erschöpfung des
kantonalen Instanzenzuges siehe BGE 133 III 585 E. 3.5; 118 Ia 110 E. 3 S.
111).

Zudem diskutiert der Beschwerdeführer die prozessual bedingte Weigerung des
Obergerichts, die erstinstanzlichen Annahmen betreffend konjunkturelle
Entwicklung und Arbeitsaussichten in der Baubranche wieder aufzurollen, in
keiner Art und Weise. Er begnügt sich vielmehr, die erstinstanzliche
Beweiswürdigung unmittelbar in Abrede zu stellen, was schon deshalb unzulässig
ist, weil nur letztinstanzliche Entscheide ans Bundesgericht weitergezogen
werden können (Art. 75 Abs. 1 BGG).
4.2.3 Der Beschwerdeführer behauptet schliesslich, es sei unerfindlich,
inwiefern eine derartige reale Möglichkeit der Einkommenssteigerung vorhanden
sei. Diese Einwendung kann unter keinen Umständen als hinreichende Begründung
einer Rüge vor Bundesgericht gelten, zumal der Beschwerdeführer gar nicht sagt,
um was es sich für eine Rüge handeln soll bzw. welche Rechtsnorm dadurch
verletzt würde (siehe dazu BGE 126 III 10 E. 2b S. 12). Darauf ist nicht
einzutreten.

5.
Auf die Beschwerde ist folglich gesamthaft nicht einzutreten, unter
Kostenfolgen zu Lasten des unterliegenden Beschwerdeführers (Art. 66 Abs. 1
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet, wurde doch die
Beschwerdegegnerin nicht zur Vernehmlassung eingeladen (Art. 68 Abs. 1 und 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II.
Kammer als Appellationsinstanz nach ZPO, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. Mai 2008
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Zbinden