Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.56/2007
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5A_56/2007 /blb

Urteil vom 6. Juni 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher,
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Urs Pfister,

gegen

Einwohnergemeinde Y.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Guido Fischer.

Verwandtenunterstützung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 9. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
A. ________, die leibliche Tochter von X.________ und M.________, bezieht
seit dem 1. Dezember 1994 materielle Hilfe von der Einwohnergemeinde
Y.________. Sie absolvierte vom 4. Februar bis 24. Februar 2003 einen
Drogenentzug in der Klinik für Suchtkranke K.________. Anschliessend trat sie
in das sozialtherapeutische Übergangsprogramm der Klinik K.________ und ab
dem 28. April 2003 zur Fortsetzung einer stationären Langzeittherapie ins
Reha-Zentrum für Drogenabhängige in L.________ über, wo sie sich bis ca. Ende
2003 aufhielt (angefochtenes Urteil, act. 2, E. 3.3.). Während der Aufwand
des Drogenentzuges bis auf einen Selbstbehalt von 10 % von der
Krankenversicherung übernommen wurde, deckte die Einwohnergemeinde die
ungedeckten Kosten der stationären Behandlung in den Kliniken K.________ und
L.________ und übernahm überdies auch weitere Auslagen und die
Krankenkassenprämien; ferner richtete sie der Tochter während der
Klinikaufenthalte ein monatliches Sackgeld aus.

B.
B.aAm 5. Januar 2004 klagte die Einwohnergemeinde Y.________ gegen X.________
und M.________ gestützt auf Art. 328/329 ZGB auf Zahlung von Fr. 78'447.40
zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 5. Januar 2004 für die der Tochter A.________
in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 geleistete
Unterstützungshilfe. Das Bezirksgericht Aarau hiess die Klage mit Urteil vom
31. August 2005 im Umfang von Fr. 78'187.30 zuzüglich Zins zu 5 % seit dem
5. Januar 2004 gut. Laut dem bezirksgerichtlichen Urteil ergibt sich die
Differenz zum eingeklagten Betrag (Fr. 78'447.40) daraus, dass die
Krankenkassenprämie für Januar 2003 nicht Fr. 235.40, sondern lediglich
Fr. 65.30 betrug und die Tochter im April 2003 lediglich 28 statt der in der
Klage angegebenen 30 Tage in der Klinik K.________ und weitere 2 Tage in
L.________ untergebracht war, weshalb das Pensionsgeld sowie der Betrag für
das Taschengeld tiefer ausfielen als angegeben.

B.b Mit Urteil vom 9. Januar 2007 hiess das Obergericht des Kantons Aargau
eine Appellation der Eltern teilweise gut, verneinte die solidarische
Haftbarkeit von M.________ und wies die gegen sie erhobene Klage ab;
demgegenüber hiess es die Klage gegen X.________ in dem vom Bezirksgericht
angegebenen Umfang gut und regelte die Kosten des Verfahrens.

C.
X.________ hat gegen das obergerichtliche Urteil beim Bundesgericht
Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Darin beantragt er zusammengefasst, das
Urteil des Obergerichts aufzuheben, soweit es ihn betrifft, und die Klage
abzuweisen.
Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet; die Einwohnergemeinde
schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht in Kraft
getreten (BGG; SR 173.110; AS 2006 1205, 1243). Das angefochtene Urteil ist
nach Inkrafttreten des Gesetzes ergangen, weshalb dieses Gesetz anzuwenden
ist (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Im vorliegenden Fall geht es um einen behaupteten Anspruch aus
Verwandtenunterstützung, mithin um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG). Das
angefochtene Urteil ist letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG); vor der
letzten kantonalen Instanz (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG) war ein Betrag von
mehr als Fr. 78'000.-- streitig, womit der erforderliche Streitwert von
mindestens Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) ohne weiteres gegeben
ist. Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit grundsätzlich zulässig.

2.
2.1 Die Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG hat nebst einem Antrag eine Begründung
zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der
angefochtene Entscheid Recht (Art. 95 f. BGG) verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG), ansonsten auf die Beschwerde nicht eingetreten wird. In der
Beschwerdeschrift ist entsprechend den altrechtlichen
Begründungsanforderungen des Art. 55 Abs. 1 lit. c OG (Botschaft vom
28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001,
S. 4207 ff., Ziff. 4.1.2.4 zu Art. 39 Entwurf, S. 4294) auf die Erwägungen
des angefochtenen Entscheids einzugehen und im Einzelnen zu zeigen, welche
Vorschriften (Botschaft, a.a.O., Ziff. 2.2.4, S. 4232) und warum sie von der
Vorinstanz verletzt worden sind (BGE 116 II 745 E. 3 S. 749).

2.2 Der im Urteil des Obergerichts der Beschwerdegegnerin zugesprochene
Betrag von Fr. 78'187.30 setzt sich laut der Aufstellung des Bezirksgerichts
Aarau (act. 3 S. 17 f.) einmal aus der Miete für Januar 2003, den Kosten für
den Umzug und die Instandstellung der Wohnung, der Wohnbegleitung, dem
Taschengeld der Tochter, den Auslagen für Kleidung sowie den
Krankenkassenprämien für das Jahr 2003, abzüglich eines Überschusses an
Krankenkassengutschriften zusammen. Dieser Teilbetrag beläuft sich auf
Fr. 6'017.30. Ein weiterer Teilbetrag beschlägt die Pensionsgelder der Klinik
K.________ und der Reha-Klinik L.________ und macht insgesamt Fr. 72'170.--
aus. Der Beschwerdeführer richtet sich in der Beschwerde gegen die
Pensionsgelder für die Klinik K.________ und die Reha-Klinik L.________
(Beschwerde, act. 1 S. 5 Art. 3). Er legt indes nicht dar, inwiefern die
Zusprechung des Teilbetrages von Fr. 6'017.30 gegen Art. 328 bzw. 329 ZGB
verstösst oder sonst wie Bundesrecht verletzt. Die Behandlungsbedürftigkeit
der Tochter des Beschwerdeführers im Jahr 2003, die Notwendigkeit der
Behandlung in einer Anstalt sind ebenso wenig bestritten, wie die Tatsache,
dass der Tochter während des Aufenthaltes in einer Anstalt ein Taschengeld
ausbezahlt werden muss. Nicht substanziiert bestritten sind schliesslich die
Kosten für die Miete sowie die Instandstellung der Wohnung, für die
Wohnbegleitung sowie die Auslagen für die Bekleidung und die
Krankenkassenprämien für 2003. Auch in diesem Zusammenhang wird nicht
rechtsgenüglich dargetan, inwiefern eine Zusprechung des entsprechenden
Betrages Art. 328 ZGB verletzt. Mit Bezug auf den Betrag von Fr. 6'017.30
nebst Zins erweist sich die Beschwerde als nicht den gesetzlichen
Anforderungen entsprechend begründet; darauf ist nicht einzutreten.

3.
3.1 Das Obergericht hat die Klage mit Bezug auf die von der Beschwerdegegnerin
im Rahmen der materiellen Hilfe bezahlten Pensionsgelder der Kliniken
K.________ und L.________ für das Jahr 2003 geschützt und dazu im
Wesentlichen erwogen, nach § 14 Abs. 1 des Sozialhilfe- und
Präventionsgesetzes des Kantons Aargau (SPG) übernehme die aargauische
Wohnsitzgemeinde die Kosten des Aufenthaltes drogenabhängiger Personen in
einer anerkannten Therapieeinrichtung als materielle Hilfe. Aus den
vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass die Beschwerdegegnerin bei
Erteilung der Kostengutsprache für die Therapieaufenthalte in K.________ und
L.________ die Therapiebedürftigkeit und -bereitschaft von A.________
abgeklärt habe. Von den Beklagten sei nie bestritten worden, dass die
Voraussetzungen der Behandlungsbedürftigkeit und -bereitschaft sowie die
Eignung der gewählten Anstalten erfüllt waren. Die Kliniken K.________ und
L.________ befänden sich nicht auf der Spitalliste der medizinischen
Einrichtungen für Suchtkranke und gälten daher nicht als von der
obligatorischen Krankenversicherung zugelassene Leistungserbringer im Sinne
von Art. 39 Abs. 1 KVG. Damit sei gleichzeitig auch dargetan, dass die
Beschwerdegegnerin - ausser den Kosten des Drogenentzuges - keine weiteren
Leistungen an die Therapieaufenthalte erhältlich machen konnte. Dies ändere
nichts daran, dass die Beschwerdegegnerin die entsprechenden Kosten habe
tragen müssen, nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen für eine
Kostenübernahme im Rahmen der materiellen Hilfe gegenüber A.________ erfüllt
gewesen seien. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dürften kantonale
Gerichte im Bereich der Verwandtenunterstützung auf den Bedarf abstellen, der
anhand der Kriterien für die Gewährung der Sozialhilfe berechnet worden sei
(BGE 132 III 104 E. 2.4). Da die Kosten der Therapieaufenthalte in den beiden
Kliniken als notwendige Behandlungs- und Lebensunterhaltskosten im Sinne von
§ 14 SPG gälten, sei die Beschwerdegegnerin berechtigt, deren Rückerstattung
unter dem Titel der Verwandtenunterstützung zu verlangen, ohne dass weiter
abzuklären wäre, ob im Kanton Aargau von den Krankenkassen anerkannte
Einrichtungen für die Langzeittherapie bestünden (Urteil S. 10 f., E. 3.3.1.
und 3.3.2.)
3.2 Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, das Obergericht habe
ausschliesslich kantonales Recht (§ 14 SPG) angewendet und den Sachverhalt
nicht nach den Kriterien von Art. 328 ZGB geprüft (Beschwerde S. 4 f.,
Art. 2). Auch die Vorinstanz gehe davon aus, dass keine Unterstützung nach
Art. 328 ZGB verlangen könne, wem ausreichende Sozialversicherungsleistungen
zustünden. Die Langzeittherapie der Tochter falle unter die
krankenkassenversicherten Leistungen, zumal Drogensucht als Krankheit im
Sinne von Art. 3 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) gelte. Unter diesen Umständen
seien ausreichende Sozialversicherungsleistungen erhältlich gewesen, wobei
keine Rolle spiele, ob im Kanton Aargau tatsächlich von der Krankenkasse
anerkannte Leistungserbringer vorhanden seien. Die Wahl einer nicht
anerkannten Institution führe daher zu einer Verwirkung des
Unterstützungsanspruchs (Beschwerde S. 9, Art. 4, Ziff. 1 und S. 11,
Ziff. 6).

3.3 Die Beschwerdegegnerin unterstützt in der Vernehmlassung im Wesentlichen
die Argumentation des angefochtenen Urteils und bringt insbesondere vor, das
Gesetz verlange bei der Definition des Begriffs der "Not" nicht, dass die
Therapie- und Heilungskosten nur bei Institutionen anfallen dürften, welche
ihre Leistungen "zu Lasten der obligatorischen Krankenversicherung"
erbrächten. Vielmehr gehe es darum, dass die Bedürftige dort behandelt werde,
wo ein geeignetes Behandlungsangebot bestehe (Vernehmlassung S. 6, zu 1.).
Die Beschwerdegegnerin bestreitet insbesondere, dass der Tochter keine
Wahlfreiheit habe zugestanden werden dürfen. Die Wahlfreiheit habe jedoch
ihre Grenzen und es kämen nur Institutionen in Frage, die für die Behandlung
der Sucht geeignet seien. Entscheidend sei nicht, ob die Krankenkasse zahle,
sondern ob die Therapieeinrichtung im Sinne von § 15 SPG vom Kanton bewilligt
und anerkannt sei und ob Fachleute die Anstalt als geeignet bezeichnen würden
(Vernehmlassung S. 13, zu 7.).

4.
Wie der Beschwerdeführer zu Recht bemerkt, entscheidet sich allein gestützt
auf Art. 328 bzw. 329 ZGB, ob ein Anspruch auf Verwandtenunterstützung und
ein allfälliger Rückerstattungsanspruch der Beschwerdegegnerin besteht,
welche Leistungen an die Therapie der Tochter des Beschwerdeführers erbracht
hat. Dabei kann es entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht
darauf ankommen, ob die Therapieeinrichtung im Sinne von § 15 SPG vom Kanton
bewilligt und anerkannt worden ist. Soweit das Obergericht unter Berufung auf
BGE 132 III 104 E. 2.4 davon ausgeht, dass bei der Verwandtenunterstützung
hinsichtlich der Therapiekosten auf den Bedarf abgestellt werden dürfe, der
anhand der Sozialhilfe berechnet werde (Urteil S. 10, 3.3.2.), kann ihm nicht
beigepflichtet werden. Im zitierten Urteil hat das Bundesgericht erkannt,
dass sich der zu Unterstützungszahlungen gemäss Art. 328 ZGB Verpflichtete
nicht einen höheren Bedarf des Ansprechers anrechnen lassen muss als das
Gemeinwesen, und hat damit seine frühere Rechtsprechung (BGE 81 II 427)
aufgegeben, wonach die Verwandtenunterstützung weiter gehe als die
Sozialhilfe (BGE 132 III 97 E. 2.4 S. 102 f.). Aus dem publizierten Entscheid
ergibt sich aber nicht, dass das Gemeinwesen die den Kriterien entsprechende
und gewährte Sozialhilfe ohne weiteres von den unterstützungspflichtigen
Verwandten erhältlich machen kann.

5.
5.1 Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf-
und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not
geraten würden (Art. 328 Abs. 1 ZGB). Nach der Rechtsprechung befindet sich
in einer Notlage im Sinne dieser Bestimmung, wer sich das zum Lebensunterhalt
Notwendige nicht mehr aus eigener Kraft verschaffen kann (BGE 121 III 441
E. 3 S. 442). Der Unterstützungsanspruch geht in der Regel auf die
Verschaffung von Nahrung, Kleidung, Wohnung sowie ärztlicher Betreuung und
Heilmitteln bei Krankheit (BGE 106 II 287 E. 3a S. 292; 132 III 97 E. 2.2
S. 100), aber auch auf Beschaffung der Mittel, welche zur Deckung der Kosten
des Aufenthalts und der Behandlung Suchtabhängiger in einer Anstalt nötig
sind (Judith Widmer, Verhältnis der Verwandtenunterstützungspflicht zur
Sozialhilfe in Theorie und Praxis, Zürich 2001, S. 49). Im Lichte der
aufgezeigten Grundsätze kann keine Unterstützung verlangen, wem ausreichende
Sozialversicherungsleistungen zustehen (Hegnauer, Grundriss des Kindesrechts,
5. Aufl. 1999, Rz. 29.09, S. 241), liegt doch diesfalls keine Notlage vor.
Mit Bezug auf die Kosten des Aufenthalts und der Behandlung Suchtabhängiger
ist für die Beantwortung der Frage, ob eine Notlage vorliegt, nicht
massgebend, ob die für die Behandlung der Betroffenen gewählte Einrichtung
der kantonalen Sozialhilfegesetzgebung entspricht; nicht von Bedeutung ist
ferner, dass das nunmehr gegen die unterstützungspflichtigen Verwandten
klagende Gemeinwesen gestützt auf die kantonale Sozialhilfegesetzgebung die
Behandlungskosten eines nach Art. 328 ZGB Unterstützungsberechtigten getragen
hat. Eine Notlage im Sinne des Gesetzes liegt vor, wenn kein dem
Behandlungsbedürfnis des Suchtkranken entsprechendes und anerkanntes Angebot
an Behandlungsanstalten besteht, dessen Kosten vom obligatorischen
Krankenversicherer getragen werden; ebenso dürfte sie zu bejahen sein, wenn
zwar eine solche Einrichtung besteht, die entsprechenden Kosten aber vom
obligatorischen Krankenversicherer - etwa aufgrund eines Selbstbehalts des
Versicherten - nicht voll übernommen werden.

5.2 Die Beweislast dafür, dass eine Notlage vorliegt, die einen Anspruch aus
Art. 328 ZGB begründet, obliegt dem Ansprecher (BGE 60 II 266, E. 4 S. 268;
Kummer, Berner Kommentar, N. 148 zu Art. 8 ZGB; Koller, Basler Kommentar,
Zivilgesetzbuch I, 3. Aufl. 2006, N. 13 zu Art. 328/329 ZGB; Albert Banzer,
Die Verwandtenunterstützungspflicht nach Art. 328/329 ZGB, Diss. Zürich 1979,
S. 196; Widmer, a.a.O., S. 54). Klagt das Gemeinwesen, welches aufgrund
erbrachter Leistungen kraft gesetzlicher Subrogation in die Rechte des
Ansprechers eingetreten ist (Art. 329 Abs. 3 i.V.m. Art. 289 Abs. 2 ZGB),
obliegt ihm der Beweis der Notlage (vgl. Koller, a.a.O., N. 20 zu
Art. 328/329 ZGB).

5.3 Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze oblag der
Beschwerdegegnerin als Gemeinwesen, welches aufgrund erbrachter Leistungen in
die Rechtsstellung der Tochter des Beschwerdeführers eingetreten ist, der
Beweis dafür, dass die obligatorische Krankenversicherung der Tochter für die
Langzeitbehandlung nicht oder nicht voll aufkommt bzw. dass die angebotene
Leistung der Versicherung dem Behandlungsbedürfnis der suchtkranken Tochter
nicht entspricht.
Im kantonalen Appellationsverfahren hatten die appellierenden Eltern gerügt,
die Beschwerdegegnerin habe weder behauptet noch bewiesen, dass ihre Tochter
in eine von der Krankenkasse nicht anerkannte Institution habe eintreten
müssen, so dass die Beschwerdegegnerin den Nachweis der Notlage schuldig
geblieben sei (Urteil S. 8, Abs. 2). Das Obergericht hat nicht abgeklärt, ob
überhaupt Krankenkasseneinrichtungen für die Langzeittherapie von
Suchtkranken bestehen, die den Bedürfnissen der Drogenkranken entsprechen und
deren Kosten vom Krankenversicherer der Tochter des Beschwerdeführers
übernommen werden; die Beschwerdegegnerin hat ihrerseits in diesem
Zusammenhang keine Tatsachen vorgebracht und auch keine Beweise angetragen.
Indem das Obergericht der Beschwerdegegnerin ohne weiteres den Ersatz des
geleisteten Betrages der von der Krankenversicherung nicht übernommenen
Behandlungs- und Therapiekosten zugesprochen hat, verletzte es sowohl Art. 8
ZGB als auch die Bestimmung über die Verwandtenunterstützung (Art. 328 ZGB).
Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben, soweit es die Parteien des
vorliegenden Beschwerdeverfahrens betrifft.

5.4 Indes erübrigt es sich, die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Zwar wird das die Verwandtenunterstützung betreffende
kantonale Verfahren laut den obergerichtlichen Ausführungen von der
Untersuchungsmaxime beherrscht (angefochtenes Urteil E. 1), die grundsätzlich
auch im Appellationsverfahren kein Novenverbot kennt (Bühler/Edelmann/Killer,
Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 1998, N. 7 zu § 321
ZPO). Aber auch die Untersuchungsmaxime entbindet die Parteien nicht von
ihrer Mitwirkungspflicht (Bühler/Edelmann/Killer, a.a.O., N. 43 zu § 75 ZPO;
128 III 411 E. 3.2.1 S. 413), aufgrund derer es an der Beschwerdegegnerin
gelegen gewesen wäre, die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen zur
Bejahung einer Notlage im Sinne des Gesetzes darzutun und auch die Beweise
für die vorgebrachten Tatsachen anzutragen. Da die Beschwerdegegnerin ihrer
Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, bleibt die Notlage unbewiesen. Bei
diesem offenen Beweisergebnis ist die Klage abzuweisen, soweit sie die Kosten
der beiden Kliniken (Fr. 72'170.--) betrifft.

6.
Der Beschwerdeführer obsiegt grösstenteils, bleibt es doch lediglich im
Umfang von Fr. 6'017.30 nebst Zins beim angefochtenen Urteil, während die
Klage im Hauptpunkt (Fr. 72'170.--) abgewiesen worden ist. Da der Streit
Vermögensinteressen der Beschwerdegegnerin als Gemeinwesen betrifft, können
ihr Gerichtskosten auferlegt werden (Art. 66 Abs. 4 BGG). Angesichts des
Verfahrensausgangs rechtfertigt es sich, ihr die gesamten Verfahrenskosten
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und sie überdies zu verhalten, den
Beschwerdeführer voll zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil
des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 9. Januar
2007 wird aufgehoben, soweit es die Parteien des vorliegenden
Beschwerdeverfahrens betrifft.

2.
In Abänderung von Ziffer 1.1 des obergerichtlichen Urteils wird Ziff. 1. des
Urteils des Bezirksgerichts Aarau vom 31. August 2005 wie folgt neu gefasst:
"In teilweiser Gutheissung der Klage wird der Beklagte 1 verpflichtet, der
Klägerin Fr. 6'017.30 nebst Zins zu 5 % seit dem 5. Januar 2004 für die in
der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 für die Tochter A.________
geleistete Unterstützungshilfe zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage
abgewiesen."

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

4.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer mit Fr. 7'000.-- zu
entschädigen.

5.
Die Sache wird zur neuen Verlegung der Kosten und Entschädigungen der
kantonalen Verfahren an das Obergericht zurückgewiesen.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Juni 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: