Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.527/2007
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5A_527/2007/bnm

Urteil vom 17. Dezember 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Rapp.

X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Ueli Grüter,

gegen

Bank Z.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Kreiliger,

Definitive Rechtsöffnung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern,
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, vom 9. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
X. ________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) wurde vom Kriminalgericht des
Kantons Luzern am 4. November 2005 wegen mehrfacher (teils qualifizierter)
Veruntreuung und Urkundenfälschung verurteilt. Ziff. 4 des Urteilsdispositivs
lautete wie folgt:
"Von der Anerkennung der Zivilforderung der Bank Z.________ im Betrag von Fr.
320'000.-- durch X.________ wird Vormerk genommen."
Der Beschwerdeführer hat innert der gesetzlichen Frist keine Begründung des
ihm im Dispositiv eröffneten Urteils verlangt. Es ist am 25. November 2005 in
Rechtskraft erwachsen.

B.
Mit Zahlungsbefehl vom 29. August 2006 betrieb die Bank Z.________
(nachfolgend: Beschwerdegegnerin) den Beschwerdeführer für den Betrag von Fr.
320'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 1. Dezember 2005. Dagegen erhob der
Beschwerdeführer am 5. September 2006 Rechtsvorschlag.

C.
Mit Entscheid vom 30. Januar 2007 erteilte der Amtsgerichtspräsident III von
Luzern-Stadt der Beschwerdegegnerin für Fr. 320'000.-- nebst Zins zu 5 % seit
27. Januar 2006 die definitive Rechtsöffnung. Gegen diesen Entscheid erhob
der Beschwerdeführer am 23. Februar 2007 Rekurs bei der Schuldbetreibungs-
und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern und beantragte die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Abweisung des
Rechtsöffnungsgesuchs der Beschwerdegegnerin.

D.
Mit Entscheid vom 9. Juli 2007 wies das Obergericht den Rekurs ab und
bestätigte den Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten.

E.
Mit Beschwerde vom 14. September 2007 beantragt der Beschwerdeführer dem
Bundesgericht die Aufhebung des Entscheids des Obergerichts und die Abweisung
des Rechtsöffnungsgesuchs der Beschwerdegegnerin. Mit Verfügung vom 1.
Oktober 2007 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung
zuerkannt.

Eine Vernehmlassung wurde ausschliesslich zum Gesuch um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung eingeholt.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein letztinstanzlicher Entscheid in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen mit einem Streitwert von über Fr. 30'000.-- (Art. 72 Abs. 2
lit. a i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 75 Abs. 1 BGG), welcher einen
Endentscheid nach Art. 90 BGG darstellt.

Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 BGG erhoben
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs.
1 BGG). Es kann jedoch die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2
BGG).

2.
Das Obergericht erwog, der Beschwerdeführer sei vom Untersuchungsrichter zur
Forderung befragt worden und habe dazu Stellung genommen. Die Forderung sei
Gegenstand des kriminalgerichtlichen Verfahrens gewesen, an welchem die
Beschwerdegegnerin als Privatklägerin aufgetreten sei und ihre Zivilforderung
adhäsionsweise geltend gemacht habe. Die Formulierung in Ziff. 4 des Urteils
des Kriminalgerichts entspreche einem Erledigungsentscheid, wie er nach einem
Vergleich zwischen den Parteien üblich sei. Der Beschwerdeführer habe seine
früheren Ausführungen ausdrücklich erneuert, indem er die Anerkennung der
Forderung der Beschwerdegegnerin in voller Höhe bestätigt und spezifiziert
Stellung zum weiteren Vorgehen im Anschluss an das kriminalgerichtliche
Verfahren genommen habe. Einen Willensmangel oder dergleichen habe er nicht
erwähnt, obwohl er dazu Gelegenheit gehabt hätte. Da das Kriminalgericht
mangels Anerkennung durch den Beschwerdeführer über die betreffende Forderung
hätte entscheiden müssen, liege eine einem Urteil gleichgestellte
gerichtliche Schuldanerkennung vor. Die fragliche Forderung sei Gegenstand
des Gerichtsverfahrens und damit Bestandteil des kriminalgerichtlichen
Urteils geworden, welches die Beschwerdegegnerin zur definitiven
Rechtsöffnung berechtige. Da die Höhe der Forderungssumme aus dem
Befragungsprotokoll des Kriminalgerichts hervorgehe und im Übrigen nie
bestritten worden sei, sei der Urteilsspruch als vollstreckbar zu betrachten.

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, im Urteil, welches lediglich im
Dispositiv vorliege, werde nur von der Anerkennung der Zivilforderung der
Migrosbank "Vormerk" genommen; es werde jedoch nicht festgestellt, dass er
die streitige Forderung "vor Gericht" anerkannt habe. Da keine klare
Zusprechung des Betrages an die Beschwerdegegnerin vorliege, sei das Urteil
nicht vollstreckbar.

Nach Art. 80 Abs. 2 Ziff.1 SchKG kann der Gläubiger beim Richter die
Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen, wenn die
Forderung auf einem gerichtlichen Vergleich oder einer gerichtlichen
Schuldanerkennung beruht. Für eine gerichtliche Schuldanerkennung ist
vorausgesetzt, dass das Urteil des betreffenden Gerichts ein
Rechtsöffnungstitel wäre (Staehelin, Basler Kommentar, N. 26 zu Art. 80
SchKG). Aus dem Rechtsöffnungstitel muss somit hervorgehen, dass der
Schuldner zur Zahlung oder Sicherstellung einer Geldleistung verpflichtet ist
(Staehelin, a.a.O., N. 38 zu Art. 80 SchKG).

In Ziff. 4 des Urteils des Kriminalgerichts wird ausdrücklich festgehalten,
dass der Beschwerdeführer Schuldner und die Beschwerdegegnerin Gläubigerin
der Forderung ist, dass deren Höhe Fr. 320'000.-- beträgt und dass der Grund
für die Zahlungsverpflichtung in der Anerkennung einer Zivilforderung
besteht. Dass im betreffenden Urteilsdispositiv nicht auch ausdrücklich
erwähnt wird, die Forderung sei "vor Gericht" anerkannt worden, schadet der
Vollstreckbarkeit nicht. Insofern ist nicht ersichtlich, weshalb kein
vollstreckbarer Rechtsöffnungstitel vorliegen soll.

4.
Sodann führt der Beschwerdeführer an, dass er - wenn er überhaupt eine
Schuldanerkennung abgegeben habe - diese nicht gegenüber der
Beschwerdegegnerin und nicht gegenüber dem Gericht, sondern im Rahmen einer
Einvernahme durch die Untersuchungsbehörde gegenüber dieser erklärt habe. Er
beruft sich in diesem Zusammenhang auf eine von Staehelin vertretene
Auffassung, wonach eine in einer Strafuntersuchung abgegebene Erklärung, dass
der Angeschuldigte einen bestimmten Betrag schulde, sich üblicherweise nicht
an den Gläubiger richte und darum weder zur definitiven noch zur
provisorischen Rechtsöffnung berechtige (Staehelin, Basler Kommentar, N. 28
zu Art. 80 SchKG). Der Beschwerdeführer nimmt dabei auf einen in der
Kommentierung von Staehelin zitierten kantonalen Entscheid Bezug, in welchem
eine von einem Angeschuldigten in einer Strafuntersuchung abgegebene
Erklärung, dass er dem Kläger einen bestimmten Betrag schulde, deshalb nicht
als definitiver Rechtsöffnungstitel qualifiziert wurde, weil die Forderung im
Zeitpunkt dieser Erklärung noch gar nicht Gegenstand eines selbständigen oder
eines in Verbindung mit dem Strafverfahren geführten Zivilprozesses gewesen
und der Kläger in diesem Verfahrensstadium noch nicht als Partei aufgetreten
sei (Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission vom 27. Oktober
1958, in: Entscheidungen des Obergerichtes des Kantons Luzern und seiner
Kommissionen, Band X, S. 466 Nr. 600, sowie in: SJZ 1961, S. 224 Nr. 88).

Indes bestreitet der Beschwerdeführer die Feststellungen des Obergerichts
nicht, wonach die Forderung Bestandteil des Urteils des Kriminalgerichts
gebildet habe, da sie Gegenstand des Verfahrens vor dem Kriminalgericht
gewesen sei, an welchem die Beschwerdegegnerin zur adhäsionsweise
Geltendmachung ihrer Zivilforderung als Privatklägerin aufgetreten sei, und
da er die Anerkennung der Forderung der Beschwerdegegnerin in voller Höhe
bestätigt habe. So macht er denn auch nicht geltend, er habe die
Schuldanerkennung in einem Zeitpunkt abgegeben, in welchem die
Beschwerdegegnerin noch gar nicht Prozesspartei und die Erklärung insoweit
gar nicht an sie gerichtet gewesen sei. Im Übrigen ergibt sich aus der vom
Beschwerdeführer zitierten Entscheidung auch nicht etwa, dass die
"Anerkennung" Teil eines rechtskräftigen Dispositivs gebildet hätte. Somit
ist auch der Hinweis auf die Kommentierung sowie den kantonalen Entscheid
unbehelflich.

5.
Weiter wendet der Beschwerdeführer ein, er habe die fragliche
Schuldanerkennung nach einer zweistündigen Einvernahme und unter dem Druck
des Amtsstatthalters abgegeben, damit das Strafurteil milder ausfallen würde.
Ausserdem habe er nicht die Möglichkeit gehabt, seine Aussage zu überdenken
und mit seinem Rechtsbeistand zu besprechen. Er habe die zivil- und
strafrechtlich nicht belegte Forderung - zumindest ihrem Umfang nach - nicht
anerkennen wollen, was auch aus dem Umstand hervorgehe, dass er sich
ausdrücklich gegen Zahlungen aus beschlagnahmten Vermögenswerten bereits
während des Strafverfahrens geäussert habe.

Mit diesen Vorbringen nimmt der Beschwerdeführer ausschliesslich zu seiner
vor der Untersuchungsbehörde abgegebenen Anerkennung Stellung. Er relativiert
diese und macht sinngemäss Willensmängel geltend. Damit kann er im
Rechtsöffnungsverfahren nicht gehört werden. Hätte er die im
Urteilsdispositiv festgestellte Anerkennung der Forderung in Frage stellen
wollen, hätte er das Urteil des Kriminalgerichts anfechten müssen.

6.
Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, es sei absolut willkürlich,
einen "Vergleich zwischen den Parteien" anzunehmen; auch Ziff. 4 des
Dispositivs des Kriminalgerichtsurteils deute nicht darauf hin.

Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz keinen
Vergleich zwischen den Parteien angenommen, sondern lediglich darauf
hingewiesen, dass die Formulierung der betreffenden Passage des Urteils des
Kriminalgerichts einem Erledigungsentscheid entspreche, wie er nach einem
Vergleich zwischen den Parteien üblich sei. Die Willkürrüge erweist sich
damit als offensichtlich unbegründet.

7.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf
sie eingetreten werden kann. Damit wird der Beschwerdeführer kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern,
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Dezember 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Rapp