Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.515/2007
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5A_515/2007/bnm

Urteil vom 14. Januar 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Schett.

X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Kessler,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Galligani,

Provisorische Rechtsöffnung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern,
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als Rekursinstanz, vom
10. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Y.________ (Beschwerdegegner) betrieb X.________ (Beschwerdeführer) mit
Zahlungsbefehl Nr. 1 des Betreibungsamtes A.________ vom 13. April 2006 für
den Betrag von Fr. 52'929.05 aufgrund des Verlustscheins Nr. 2 vom 16. Januar
2004. Der Beschwerdeführer erhob Rechtsvorschlag.

A.b Mit Gesuch vom 30. März 2007 ersuchte der Beschwerdegegner um Gewährung
der provisorischen Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 52'929.05 nebst
Kosten. Der Beschwerdeführer reichte keine Stellungnahme ein. Mit
unbegründetem Entscheid vom 20. April 2007 gewährte der Amtsgerichtspräsident
III von Luzern-Stadt in der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes A.________
für den Betrag von Fr. 52'929.05 die provisorische Rechtsöffnung. Mit Eingabe
vom 3. Mai 2007 verlangte der Beschwerdeführer eine begründete Ausfertigung.
Gleichzeitig erklärte er, der aufgelegte Pfändungsverlustschein sei
möglicherweise nichtig, weil er erst nach Konkurseröffnung über den Schuldner
ausgestellt worden sei. Der begründete Entscheid wurde dem Beklagten am
9. Mai 2007 zugestellt.

B.
Der vom Beschwerdeführer bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des
Obergerichts des Kantons Luzern eingereichte Rekurs hatte keinen Erfolg. Mit
Entscheid vom 10. Juli 2007 wurde das Rechtsmittel abgewiesen. Das
Obergericht hat zwar befunden, der (nichtige) Pfändungsverlustschein vom 16.
Januar 2004 habe nicht als Rechtsöffnungstitel dienen können, weil am
5. Dezember 2003 der Konkurs eröffnet worden und im Frühjahr 2004 noch nicht
abgeschlossen gewesen sei. Das Obergericht hat jedoch die vom
Beschwerdegegner ins Recht gelegte Schuldanerkennung vom 20. September 2001
über Fr. 62'000.-- als gültigen Rechtsöffnungstitel über die in Betreibung
gesetzte Forderung angesehen.

C.
Der Beschwerdeführer hat mit Eingabe vom 14. September 2007 die Sache an das
Bundesgericht weitergezogen. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei
aufzuheben und die provisorische Rechtsöffnung sei zu verweigern. Das
Obergericht beantragt in seiner Vernehmlassung unter Hinweis auf den
angefochtenen Entscheid, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Der Beschwerdegegner schliesst auf Abweisung der Beschwerde
und Bestätigung des Entscheids des Obergerichts vom 10. Juli 2007.
Mit Präsidialverfügung vom 17. Oktober 2007 wurde der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen
(Art. 75 Abs. 1 BGG) kantonalen Entscheid, der das Rechtsöffnungsverfahren
abschliesst, mithin um einen Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG. Gemäss
Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen auch
Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, also auch der
angefochtene Rechtsöffnungsentscheid. Der erforderliche Streitwert von Fr.
30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) ist vorliegend gegeben, womit dem
Eintreten auf die Beschwerde grundsätzlich nichts entgegensteht.

1.2 Beim angefochtenen Rechtsöffnungsentscheid handelt es sich nicht um eine
vorsorgliche Massnahme im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 133 III 399 E. 1.5). Mit
der Beschwerde in Zivilsachen kann somit eine Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht überprüft die behauptete
Verletzung dieses Rechts mit freier Kognition, währenddem es seinem
Beschwerdeentscheid den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zu
Grunde zu legen hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts
kann nur gerügt werden, wenn die für den Verfahrensausgang entscheidenden
Feststellungen offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (Art. 9 BV) sind
(BGE 133 II 249 E. 1.2.2) oder auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinn von
Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann.

1.3 Die Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG hat nebst einem Antrag eine
Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird,
inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG), ansonsten auf die Beschwerde nicht eingetreten wird (Art. 108 Abs. 1
lit. b BGG). Das bedeutet, dass in der Beschwerdeschrift entsprechend den
altrechtlichen Begründungsanforderungen des Art. 55 Abs. 1 lit. c OG
(Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001,
4.1.2.4, BBl. 2001, S. 4294) auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids
einzugehen und im Einzelnen zu zeigen ist, inwiefern der angefochtene
Entscheid Bundesrecht verletzt. Die Gesetzesartikel brauchen allerdings nicht
ausdrücklich genannt zu werden, falls aus den Vorbringen hervorgeht, gegen
welche Regeln des Bundesrechts die Vorinstanz verstossen haben soll (BGE 116
II 745 E. 3 S. 749).
Wird eine Sachverhaltsfeststellung beanstandet, muss in der Beschwerdeschrift
dargelegt werden, inwiefern diese Feststellung willkürlich oder durch eine
andere Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 zustande gekommen ist (vgl. BGE
133 II 249 E. 1.2.2 und 1.4.3 S. 255). In der Beschwerde in Zivilsachen
dürfen überdies keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden, es
sei denn, erst der Entscheid der Vorinstanz habe dazu Anlass gegeben (Art. 99
BGG). Wird ein Novum vorgetragen, ist in der Beschwerde darzutun, inwiefern
die erwähnte Voraussetzung erfüllt ist (BGE 133 III 393 E. 3).

2.
2.1 Die Vorinstanz hat befunden, gemäss der zwingenden Vorschrift von Art. 206
SchKG sei ein Pfändungsverlustschein, der nach Eröffnung des Konkurses über
den Schuldner ausgestellt worden sei, nichtig (BGE 93 III 55 E. 1). Mit Bezug
auf die im Rekursverfahren aufgelegte Schuldanerkennung des Beschwerdegegners
vom 24. September 2001 über Fr. 62'000.-- hat die Vorinstanz erwogen,
Art. 267 SchKG regle das Schicksal der Forderungen, die vor der
Konkurseröffnung entstanden, für die aber kein Verlustschein ausgestellt
worden sei. Unerheblich sei dabei, ob eine Forderung nicht angemeldet oder
eine angemeldete Forderung im Kollokationsplan abgewiesen oder vom Gläubiger
zurückgezogen worden sei. Die Nichtaufnahme einer angemeldeten Forderung im
Kollokationsplan habe nämlich nicht den Untergang derselben zu Folge, da im
Kollokationsplan nur entschieden werde, ob und in welchem Rang die
angemeldete Forderung am konkreten Konkursverfahren teilnehme. Forderungen,
für welche kein Verlustschein ausgestellt worden sei, unterlägen einzig zwei
Beschränkungen: Zum einen sei die Forderung unverzinslich und zum anderen
könne der Schuldner bei einer erneuten Betreibung die Einrede des fehlenden
neuen Vermögens erheben (Matthias Staehelin, in: Kommentar zum Bundesgesetz
über Schuldbetreibung und Konkurs, Hrsg. Staehelin/Bauer/Staehelin, SchKG
III, Basel 1998, N. 1, 3 und 6 zu Art. 267 SchKG).
Die Vorinstanz fährt fort, aufgrund der Akten ergebe sich, dass der
Beschwerdeführer am 24. September 2001 eine Schuldanerkennung über Fr.
62'000.-- unterzeichnet habe, dass gestützt darauf am 20. Januar 2003 eine
Lohnpfändung verfügt worden sei und dass die Forderung am 24. Januar 2004
nach Abzug der geleisteten Lohnpfändungsquoten noch Fr. 52'929.05 betragen
habe. Somit liege ein gültiger Rechtsöffnungstitel über die in Betreibung
gesetzte Forderung vor. Der Beschwerdeführer wende ein, er habe die
angebliche Forderung des Klägers im Konkursverfahren vehement bestritten.
Sein Einwand sei aber unbehelflich; denn er vermöge nicht gemäss Art. 82 Abs.
2 SchKG glaubhaft zu machen, dass die Forderung des Beschwerdegegners nicht
bestehen solle. Es stehe auch fest, dass sich der Beschwerdeführer im Jahre
2003 nicht einmal gegen eine Lohnpfändung aufgrund der vorliegenden
Schuldanerkennung widersetzt habe. Von einer Entkräftung der
Schuldanerkennung könne somit keine Rede sein.

2.2
2.2.1 Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, das Obergericht habe die
Rechtsöffnung mit einer vom Beschwerdegegner neu aufgelegten
Schuldanerkennung begründet. Dabei habe sie das rechtliche Gehör des
Beschwerdeführers verletzt, da dieser zu keinem Moment aufgefordert worden
sei, zu der neu eingereichten Urkunde Stellung zu nehmen. Nach Art. 84 Abs. 2
SchKG müsse der Richter sofort nach Eingang des Rechtsöffnungsgesuches dem
Betriebenen Gelegenheit zur Stellungnahme geben, was nicht befolgt worden
sei. Das Obergericht habe sodann Art. 82 Abs. 2 SchKG missachtet, weil dem
Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen worden sei, Einwendungen glaubhaft
zu machen.
Der Beschwerdegegner hat in seinem Gesuch vom 30. März 2007 die Rechtsöffnung
gestützt auf den Verlustschein verlangt, aber auch die Schuldanerkennung (vom
24. September 2001) erwähnt. Der Beschwerdeführer liess sich im
Rechtsöffnungsverfahren nicht vernehmen. Ob die Rüge der Gehörsverletzung
bereits daran scheitert, kann offen bleiben. In der Rekursantwort an das
Obergericht führte der Beschwerdegegner nämlich unter anderem aus, das
Klagebegehren stütze sich auch auf die bereits in der Klageschrift erwähnte
Schuldanerkennung, die als Grundlage für die provisorische Rechtsöffnung
genüge (Kantonale Akten, amtl. Beleg S. 5). Die Rechtsantwort wurde dem
Beschwerdeführer zugestellt (Vermerk der Obergerichtskanzlei auf S. 1), ohne
dass dieser, inzwischen anwaltlich vertreten, sich dazu vernehmen liess. Wenn
nicht bereits im Rechtsöffnungsverfahren, so hätte der Beschwerdeführer
jedenfalls bei dieser Gelegenheit Anlass gehabt zu reagieren. Dieser
behauptet nicht etwa, dass dazu keine Möglichkeit bestanden habe. Unter
diesen Umständen kann er sich nicht über eine Gehörsverletzung beschweren und
ebensowenig über eine Missachtung von Art. 82 und 84 SchKG.

2.2.2 Als Nächstes bringt der Beschwerdeführer vor, das Obergericht habe
übersehen, dass er weder des Schreibens noch des Lesens kundig und überhaupt
in jeder Hinsicht unbeholfen sei. Auf diese unzulässigen Noven kann nicht
eingetreten werden, denn es wird nicht dargelegt, dass erst der Entscheid der
Vorinstanz Anlass zu diesen Vorbringen gegeben hat (E. 1.3 hiervor).

2.2.3 Ferner wirft der Beschwerdeführer dem Obergericht eine Aktenwidrigkeit
vor, weil dieses mit Bezug auf das Argument, er habe sich nicht einmal gegen
die Lohnpfändung zur Wehr gesetzt, die Tatsache ausser Acht gelassen habe,
dass der Beschwerdeführer noch im Jahre 2003 die Eröffnung des Konkurses
beantragt habe. Ob es Sinn gemacht hätte, sich gegen die Lohnpfändung zu
wehren oder nicht, ist irrelevant, geht es doch hier um die Schuldanerkennung
entkräftende und glaubhaft zu machende Einwände.

2.2.4 Der Beschwerdeführer bringt als Einwendungen, welche eine
Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 2 SchKG entkräften sollen, vor,
er habe dem Beschwerdegegner ein Schriftstück unterschrieben, weil ihn dieser
darum gebeten habe. Er habe niemals Geld vom Beschwerdegegner erhalten und
schulde ihm nichts. Er sei der Meinung gewesen, dem Beschwerdegegner einen
Gefallen zu tun, doch sei er von diesem absichtlich getäuscht worden. All
diese Argumente können nicht entgegengenommen werden, denn der
Beschwerdeführer legt auch hier nicht dar, dass erst der Entscheid der
Vorinstanz Anlass zu diesen Noven gegeben hat (Art. 99 BGG).

3.
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe ihm sämtliche
Kosten überbunden. Hätte der Rechtsöffnungsrichter den Pfändungsverlustschein
als nichtigen Rechtsöffnungstitel erkannt, wäre das Verfahren durch Abweisung
des Rechtsöffnungsbegehrens beendet gewesen. Der Beschwerdeführer sei
deswegen gezwungen worden zu rekurrieren; die Kosten hätten ihm höchstens
teilweise überbunden werden dürfen.
Der Beschwerdeführer nennt keine Bestimmung des kantonalen Prozessrechts,
welche verletzt worden sein soll. Wie in E. 2.2.1 hiervor ausgeführt wurde,
hat der Beschwerdegegner in seinem Rechtsöffnungsbegehren und in der
Rekursantwort nebst dem Pfändungsverlustschein auch die Schuldanerkennung
erwähnt. Der Rechtsöffnungsrichter hat (fälschlicherweise) jenen gemäss Art.
149 Abs. 2 SchKG zur Grundlage seines Entscheids gemacht. Die Vorinstanz hat
den Fehler behoben. Sie hat die Schuldanerkennung als zulässiges Novum nach §
262 ZPO/LU anerkannt, gemäss Art. 82 Abs. 2 SchKG überprüft und gestützt
darauf den Rechtsvorschlag beseitigt. Die Prozesskosten werden nach § 119
Abs. 1 ZPO/LU der unterliegenden Partei auferlegt, soweit das Gesetz nichts
anderes bestimmt. Weshalb in einem kontradiktorischen Verfahren bei
vollständigem Obsiegen anders hätte entschieden werden müssen, wird vom
Beschwerdeführer nicht hinreichend dargelegt, weshalb darauf nicht
eingetreten werden kann (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 286 E.1.4).

4.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird damit kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern,
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als Rekursinstanz, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 14. Januar 2008

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Schett