Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.481/2007
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5A_481/2007 /blb

Urteil vom 6. November 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Möckli.

Bank X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Andreas Edelmann,

gegen

1.Y.________,
2.Z.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Markus Leimbacher.

Rechtsöffnung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid
des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, vom
25. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Die Bank X.________ betrieb Y.________ und Z.________ für den Betrag von
Fr. 967'672.45 nebst Zins und Kosten auf Grundpfandverwertung (...). Als
Forderungsurkunde nannte sie den ihr sicherungsübereigneten, auf zwei
Grundstücken lastenden Namenschuldbrief im 1. Rang über Fr. 985'000.--.
Nachdem die Schuldner Rechtsvorschlag erhoben hatten, verlangte die Bank beim
Gerichtspräsidium Brugg die Rechtsöffnung. Am 14. März 2007 gewährte dieses
für Fr. 2'323.35 die definitive und für Fr. 916'394.60 die provisorische
Rechtsöffnung, jedoch nur für die Forderung gestützt auf die
Darlehensverträge, nicht aber für das Pfandrecht mit der Begründung,
Y.________ und Z.________ seien im Schuldbrief nicht als Schuldner
aufgeführt.
Mit kantonaler Beschwerde machte die Bank geltend, es sei Rechtsöffnung auch
für das Grundpfandrecht zu erteilen. Mit Entscheid vom 25. Juli 2007 wies das
Obergericht des Kantons Aargau die Beschwerde ab.

B.
Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat die Bank am 5. September 2007
Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und um
Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung für das Pfandrecht in der Höhe von
Fr. 918'717.95. Es wurde keine Vernehmlassung eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gegen kantonal letztinstanzliche Rechtsöffnungsentscheide steht die
Beschwerde in Zivilsachen offen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 75 Abs. 1 und
Art. 90 BGG; BGE 133 III 399 E. 1), sofern der Streitwert - wie vorliegend -
den Betrag von Fr. 30'000.-- übersteigt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG).
Rechtsöffnungsentscheide stellen im Übrigen keine vorsorglichen Massnahmen im
Sinn von Art. 98 BGG, sondern materielle Entscheide dar (BGE 133 III 399
E. 1.5 S. 400), weshalb alle Rügen im Sinn von Art. 95 BGG zulässig und frei
überprüfbar sind (Art. 106 Abs. 1 BGG).

2.
Das Obergericht hat erwogen, die Bank habe Betreibung auf
Grundpfandverwertung eingeleitet und als Rechtsöffnungstitel den
sicherungsübereigneten Namenschuldbrief im 1. Rang angerufen. Der dort
aufgeführte Schuldner stimme nicht mit den Betriebenen überein und es liege
auch keine schriftliche Schuldübernahmeerklärung für die Schuldbriefforderung
vor, weshalb richtigerweise auch für die Grundpfandforderung keine
Rechtsöffnung hätte gewährt werden dürfen. Diesbezüglich hätten indes
Y.________ und Z.________ Beschwerde führen müssen. Weil sich das
Grundpfandrecht aber auf die Grundpfandforderung und nicht auf die
Grundforderung beziehe bzw. zwischen Grundpfandforderung und Grundpfandrecht
eine strenge Einheit bestehe, sei jedoch die Rechtsöffnung für das
Grundpfandrecht zu Recht verweigert worden und könne sie auch in appellatorio
nicht erteilt werden.
Die Bank sieht in diesen Erwägungen Bundesrecht verletzt. Sie macht geltend,
indem die Gegenpartei auf ein Rechtsmittel verzichtet habe, sei die
Rechtsöffnung für die Forderung in Rechtskraft erwachsen. Da Rechtsöffnung
immer in einer bestimmten Betreibung erteilt werde, sei diese rechtskräftig
nicht für die Grund-, sondern für die Grundpfandforderung erteilt worden. Ob
die rechtliche Begründung hierfür zutreffend sei, könne nicht massgeblich
sein; vielmehr hätte das Obergericht als Folge der Rechtskraft des
erstinstanzlichen Entscheides bezüglich der Grundpfandforderung die Frage,
was für eine Art von Rechtsöffnungstitel hierfür erforderlich sei, gar nicht
mehr aufwerfen dürfen, sondern zwingend auch für das Grundpfandrecht die
Rechtsöffnung erteilen müssen.

3.
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Es prüft mit anderen Worten, ob der angefochtene Entscheid angesichts der
vorgetragenen Beanstandungen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG) vor Bundesrecht
standhält, und es ist dabei insbesondere nicht an die materiellen Erwägungen
im angefochtenen Entscheid gebunden.
Wird als Sicherheit für eine - beispielsweise im Rahmen eines Darlehens
bestehende - Grundforderung ein Schuldbrief übereignet, so wird der Empfänger
Gläubiger der Grundpfandforderung und des Grundpfandrechts sowie Eigentümer
des Grundpfandtitels (Staehelin, Basler Kommentar, N. 15 zu Art. 855 ZGB);
dabei wird das Grundverhältnis nicht noviert, weil die Sicherungsabrede einen
Novationsausschluss gemäss Art. 855 Abs. 2 ZGB beinhaltet (Staehelin, a.a.O.,
N. 11 zu Art. 855 ZGB; Stücheli, Die Rechtsöffnung, Diss. Zürich 2000,
S. 378). Der Fiduziar ist dann gleichzeitig Gläubiger der parallel
bestehenden Forderung aus dem Grundverhältnis und der Grundpfandforderung
(BGE 119 III 105 E. 2a S. 107; Leemann, Berner Kommentar, N. 12 zu Art. 855
ZGB; Staehelin, a.a.O., N. 11 zu Art. 855 ZGB), und er hat - unter Vorbehalt
des Beneficium excussionis realis (BGE 106 III 6; Staehelin, a.a.O., N. 23 zu
Art. 855 ZGB; Stücheli, a.a.O., S. 379) - die Wahl, für die Grundforderung
die Betreibung auf Pfändung einzuleiten und als Rechtsöffnungstitel den
gegengezeichneten Darlehensvertrag vorzulegen, oder für die
Grundpfandforderung und das Grundpfandrecht die Betreibung auf
Grundpfandverwertung anzuheben. Im letzteren Fall kann er als
Rechtsöffnungstitel für die Grundpfandforderung und das Grundpfandrecht den
Schuldbrief einreichen; wurde dieser nicht durch den Schuldner selbst
unterzeichnet, ist er doch eine öffentliche Urkunde (Fritzsche/Walder,
Schuldbetreibung und Konkurs nach Schweizerischem Recht, Band I, Zürich 1984,
§ 20, Rz. 2), weshalb er gegenüber dem in der Skriptur bezeichneten Schuldner
- soweit dieser aufgeführt ist, was nur bei den bis 31. Dezember 1996
errichteten Schuldbriefen durchwegs der Fall ist - als Rechtsöffnungstitel im
Sinn von Art. 82 Abs. 1 SchKG gilt (Staehelin, a.a.O., N. 6 zu Art. 856 ZGB;
Stücheli, a.a.O., S. 380 f.; Vollenweider, Die Sicherungsübereignung von
Schuldbriefen als Sicherungsmittel der Bank, Diss. Freiburg 1994, S. 144).
Stimmt der im Schuldbrief bezeichnete Schuldner nicht mit dem
Rechtsöffnungsgegner überein, weil ein späterer Schuldnerwechsel im Papier
nicht nachgetragen worden ist, so gebricht es an der notwendigen Identität
zwischen dem Betriebenen mit dem Verpflichteten und der Schuldbrief allein
ist als Rechtsöffnungstitel für die Grundpfandforderung ungenügend. Diesfalls
gilt er aber im Sinn einer zusammengesetzten Urkunde gemeinsam mit der
gegengezeichneten Sicherungsvereinbarung als Rechtsöffnungstitel, sofern
darin die persönliche Schuldpflicht aus dem sicherungsübereigneten
Schuldbrief anerkannt worden ist (Stücheli, a.a.O., S. 381; Vollenweider,
a.a.O., S. 149). Gleiches gilt für Schuldbriefe, die nach dem 1. Januar 1997
errichtet worden sind und den Schuldner nicht aufführen; hat kein
Schuldnerwechsel stattgefunden, kann der Gläubiger als Alternative beim
Grundbuchamt eine beglaubigte Kopie des Errichtungsaktes besorgen, in dem das
Schuldbekenntnis enthalten ist (Staehelin, a.a.O., N. 7 zu Art. 858 ZGB).
Wie die Bank selbst festhält, hat sie vorliegend die Grundpfandforderung
geltend gemacht; etwas anderes könnte im Verfahren auf Grundpfandverwertung
auch gar nicht in Betreibung gesetzt werden. Sodann anerkennt sie, jedenfalls
sinngemäss, dass hierfür der Darlehensvertrag nicht als Rechtsöffnungstitel
in Frage kommt, sondern zufolge der Verkörperung der Grundpfandforderung im
Schuldbrief einzig dieser selbst, allenfalls in Verbindung mit einer - nach
expliziter Sachverhaltsfeststellung nicht vorliegenden - schriftlichen
Schuldübernahmeerklärung für die Grundpfandforderung in einem anderen
Dokument. Die Bank macht geltend, dies alles sei aber insofern belanglos, als
ihr mangels Anfechtung des erstinstanzlichen Entscheides durch die
Gegenpartei für die im Schuldbrief inkorporierte Grundpfandforderung
rechtskräftig Rechtsöffnung erteilt worden sei und ihr als notwendige Folge
davon in zweiter Instanz auch für das Grundpfandrecht Rechtsöffnung erteilt
werden müsse. Dieser Standpunkt ist mit materiellem Bundesrecht unvereinbar:
Beim Schuldbrief bilden die Grundpfandforderung und das Grundpfandrecht eine
strikte Einheit; sie werden durch den Grundbucheintrag und die Verbriefung in
einem Wertpapier in identischem Betrag erzeugt und sind fortan untrennbar
verbunden; keines der beiden Elemente kann ohne das andere oder in ungleicher
Höhe bestehen; vielmehr bilden sie eine notwendige Schicksalsgemeinschaft
(vgl. BGE 64 II 284 E. 2a S. 286; Urteil 5C.36/2006, E. 3.3; Staehelin,
a.a.O., N. 5 zu Art. 842 ZGB; Guhl, Vom Schuldbrief, in: ZBJV 1956,
S. 10 ff.). Zufolge dieser materiell-bundesrechtlichen Ausgestaltung des
Schuldbriefes und des Umstandes, dass der Schuldbrief notwendiger und
hinreichender Rechtsöffnungstitel für die Grundpfandforderung und das
Grundpfandrecht bildet, ist von vornherein ausgeschlossen, dass die
Rechtsöffnung für das eine Element vorab in Rechtskraft erwachsen könnte und
gestützt hierauf für das andere Element in zweiter Instanz aus rein
prozessualen Gründen die Rechtsöffnung erteilt werden müsste. Es wäre daher
wohl angezeigt gewesen, dass das Obergericht aus seinen zutreffenden
Erwägungen die Konsequenzen gezogen und den erstinstanzlichen Entscheid von
Amtes wegen kassiert hätte. Jedenfalls hat es aber nach dem Gesagten und vor
dem Hintergrund, dass das Vorliegen eines gültigen Rechtsöffnungstitels von
Amtes wegen zu prüfen ist, kein Bundesrecht verletzt, wenn es die
Rechtsöffnung für das Grundpfandrecht verweigert hat, nachdem für die
Grundpfandforderung unbestrittenermassen nie ein tauglicher
Rechtsöffnungstitel vorgelegt worden war.

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde in Zivilsachen abzuweisen
und die Gerichtsgebühr der Bank aufzuerlegen ist (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der
Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 7'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. November 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: