Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.451/2007
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5A_451/2007/bnm

Urteil vom 4. Februar 2008
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Levante.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

1.Einwohnergemeinde A.________,
2.Kanton Bern,
vertreten durch die Steuerverwaltung des Kantons Bern,
3.Betreibungs- und Konkursamt Bern-Mittelland,
Beschwerdegegner.

Pfändung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern,
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 31. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Das Betreibungs- und Konkursamt Bern-Mittelland vollzog in den gegen
X.________ laufenden Betreibungen der Gruppe Nr. ... (Betreibungen Nrn. 1 und
2 der Gläubigerin Finanzverwaltung A.________, und Betreibung Nr. 3 des
Gläubigers Kanton Bern, vertreten durch die Steuerverwaltung des Kantons) am
26. Juni 2007 die Pfändung (Pfändungsurkunde vom 10. Juli 2007). X.________
gelangte mit Eingaben vom 4. Juni 2007 (Nr. ABS 4), 12. Juni 2007 (Nr. ABS 5)
und 5. Juli 2007 (Nr. ABS 6) an das Obergericht des Kantons Bern,
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, und beschwerte sich im
Wesentlichen über eine Verletzung der Pfändungsvorschriften. Mit Entscheid
vom 31. Juli 2007 vereinigte die Aufsichtsbehörde die den Vollzug in
derselben Pfändungsgruppe betreffenden Beschwerden und wies diese ab, soweit
darauf eingetreten wurde.

B.
X.________ führt mit Eingabe vom 23. August 2007 (Postaufgabe) Beschwerde in
Zivilsachen und beantragt dem Bundesgericht im Wesentlichen, den Entscheid
der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 31. Juli 2007 aufzuheben.

Das Betreibungs- und Konkursamt Bern-Mittelland schliesst auf Abweisung der
Beschwerde. Die Einwohnergemeinde A.________ (Gläubigerin und
Beschwerdegegnerin 1) beantragt sinngemäss die Abweisung der Beschwerde; der
Kanton Bern (Gläubiger und Beschwerdegegner 2) und die kantonale
Aufsichtsbehörde haben sich nicht vernehmen lassen.

Mit Präsidialverfügung vom 1. Oktober 2007 wurde der Beschwerde aufschiebende
Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
1.1 Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der
Beschwerde in Zivilsachen, welche in diesem Bereich an die Stelle der
Beschwerde in Betreibungssachen tritt (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art.
19 SchKG). Angefochten ist der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz
(Art. 75 Abs. 1 BGG). Beschwerdeentscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden
über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss Art. 17 SchKG - wie hier
betreffend das Pfändungsverfahren - sind Endentscheide im Sinne von Art. 90
BGG (BGE 133 III 350 E. 1.2 S. 351). Der Entscheid der kantonalen
Aufsichtsbehörde ist unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze
anfechtbar (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die fristgerecht erhobene Beschwerde
in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG).

1.2 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann unter anderem die Verletzung von
Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Unter dieses fallen auch
verfassungsmässige Rechte des Bundes (BGE 133 III 446 E. 3.1 S. 447; 133 I
201 E. 1 S. 203).

2.
Der Beschwerdeführer beanstandet - neben Rügen in der Sache - in formeller
Hinsicht, dass ihm die Aufsichtsbehörde die Vernehmlassungen des Betreibungs-
und Konkursamtes zu seinen Beschwerden nicht zugestellt und er keine
Gelegenheit erhalten habe, dazu Stellung zu nehmen. Er wirft der kantonalen
Aufsichtsbehörde eine Missachtung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör
(Art. 29 Abs. 2 BV) vor.

2.1 Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass im Verfahren Nr. ABS 6
keine Vernehmlassung eingeholt worden ist. In den Verfahren Nr. ABS 4 und 5
hat das Betreibungs- und Konkursamt Vernehmlassungen mit Datum vom 26. Juni
2007 eingereicht und Antrag auf kostenfällige Abweisung der Beschwerden
gestellt. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Aufsichtsbehörde die
erwähnten Vernehmlassungen dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht hat.
Die Vorinstanz hat zu den Vorbringen des Beschwerdeführers keine Stellung
bezogen.

2.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Anspruch auf rechtliches
Gehör ergibt sich, unter Vorbehalt von hier nicht in Betracht fallenden
Ausnahmen zum Schutz von überwiegenden Geheimhaltungsinteressen, aus Art. 29
Abs. 2 BV der Anspruch der Verfahrenspartei, in alle für den Entscheid
wesentlichen Akten Einsicht zu nehmen und sich dazu zu äussern (vgl. BGE 129
I 85 E. 4.1 S. 88; 133 III 98 E. 2.1 und 2.2 S. 99, 100 E. 4.4-4.6 S.
103 f.).
2.3 Vorliegend steht fest, dass das Betreibungs- und Konkursamt in den
Verfahren Nrn. ABS 4 und 5 der Aufsichtsbehörde Vernehmlassungen eingereicht
hat, mit welchen in detaillierter Weise die tatsächliche und rechtliche Lage
des Gegenstandes des Beschwerdeverfahrens erörtert wird und eine
Antragsstellung verbunden ist. Wenn die Aufsichtsbehörde über die Beschwerden
entschieden hat, ohne dem Beschwerdeführer zuvor Kenntnis von den beiden
Vernehmlassungen zu geben, ist dies mit Art. 29 Abs. 2 BV unvereinbar.

2.4 Im weiteren Verfahren Nr. ABS 6 (betreffend Pfändungsankündigung in
Betreibung Nr. 3) hat die Aufsichtsbehörde zwar keine Vernehmlassung des
Betreibungs- und Konkursamtes eingeholt. Die im Verfahren Nr. ABS 5
eingereichte Vernehmlassung betrifft jedoch den gleichen Gegenstand - die
Zulässigkeit der Fortsetzung der Betreibung Nr. 3 - und es wird hierzu
Stellung bezogen. Wenn die Aufsichtsbehörde die betreffende Vernehmlassung
dem Beschwerdeführer nicht zugestellt hat, ist Art. 29 Abs. 2 BV auch im
Verfahren Nr. ABS 6 verletzt worden. Die Rüge, dass die Aufsichtsbehörde in
allen drei (vereinigten) Beschwerdeverfahren unter Verletzung von durch die
Bundesverfassung gewährten Verfahrensrechten entschieden habe, ist begründet.

3.
Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde gutzuheissen, ohne dass die in der
Sache selbst erhobenen Rügen zu prüfen wären, und der angefochtene Entscheid
ist aufzuheben.

Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Beschwerdegegnerin 1 aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem (ohne anwaltliche
Vertretung handelnden) Beschwerdeführer ist kein Aufwand erwachsen, der die
Zusprechung einer Parteientschädigung zu rechtfertigen vermöchte (vgl. BGE
113 Ib 353 E. 6b S. 356 f. mit Hinweisen; 125 II 518 E. 5b S. 519 f.).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird gutgeheissen und der Entscheid des
Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und
Konkurssachen, vom 31. Juli 2007 wird aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdegegnerin 1 auferlegt.

3.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Februar 2008

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Levante