Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.44/2007
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5A_44/2007 /bnm

Urteil vom 26. April 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X. ________ (Ehemann),
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Peter,

gegen

Y.________ (Ehefrau),
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Willy Bolliger-Kunz,

definitive Rechtsöffnung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Solothurn, Zivilkammer, vom 19. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
Y. ________ (Beschwerdegegnerin) verlangte am 22. August 2006 in der
Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes A.________ beim Richteramt A.________
für Fr. 126'420.-- nebst Zins zu 5% seit 1. Mai 2003 die definitive
Rechtsöffnung. X.________(Beschwerdeführer) beantragte die Abweisung des
Rechtsöffnungsbegehrens. Mit Urteil vom 3. Oktober 2006 erteilte die
Gerichtspräsidentin von A.________ für Fr. 122'006.25 nebst Zins zu 5% seit
dem 7. August 2006 und Zahlungsbefehlskosten die definitive Rechtsöffnung.

B.
Gegen dieses Urteil rekurrierte der Beschwerdeführer an das Obergericht des
Kantons Solothurn. Dieses wies den Rekurs am 19. Januar 2007 kostenfällig ab.

C.
Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts
sei aufzuheben und das Gesuch um Bewilligung der definitiven Rechtsöffnung
abzuweisen.

Es ist keine Vernehmlassung eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) ist am 1.
Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006, 1242). Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist
das neue Gesetz auf Beschwerdeverfahren anwendbar, wenn der angefochtene
Entscheid nach dessen Inkrafttreten ergangen ist. Der angefochtene Entscheid
datiert vom 19. Januar 2007, so dass auf das vorliegende Verfahren das BGG
anwendbar ist.

1.2 Gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG unterliegen der Beschwerde in
Zivilsachen auch Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Beim
vorliegenden Entscheid über die definitive Rechtsöffnung handelt es sich um
einen solchen Entscheid.

1.3 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig,
wenn der Streitwert mindestens 30'000 Franken beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b
BGG), es sei denn, dass ein vorliegend nicht gegebener Ausnahmegrund nach
Art. 74 Abs. 2 BGG besteht. Im zu beurteilenden Fall beträgt der Streitwert
weit mehr als 30'000 Franken, so dass dieser einem Eintreten nicht
entgegensteht.

1.4 Die Beschwerde ist nach Art. 90 BGG zulässig gegen Entscheide, die das
Verfahren abschliessen. Beim Entscheid über die definitive Rechtsöffnung
handelt es sich um einen Endentscheid im Sinne dieser Bestimmung, so dass
auch diese Voraussetzung gegeben ist. Auf die im Übrigen frist- und
formgerecht eingereichte Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich
einzutreten.

1.5 Mit der Beschwerde kann die Verletzung von eidgenössischem (Art. 95 BGG)
und ausländischem (Art. 96 BGG) Recht gerügt werden, es sei denn, beim
angefochtenen Entscheid handle es sich um eine vorsorgliche Massnahme,
wogegen nur die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte zulässig ist
(Art. 98 BGG). Vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG sind
einstweilige Verfügungen (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision
der Bundesrechtspflege, BBl 2001, 4.1.4.2, S. 4336). Die definitive wie auch
die provisorische Rechtsöffnung sind keine einstweiligen Verfügungen. Der
Rechtsöffnungsrichter befindet nicht über den Bestand der in Betreibung
gesetzten Forderung, sondern über deren Vollstreckbarkeit, auch wenn
vorfrageweise materiellrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Der
Entscheid über die definitive oder provisorische Rechtsöffnung ist daher
keine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG. Damit sind die Rügen
gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Das Bundesgericht prüft frei, ob die
behaupteten Rechtsverletzungen gegeben sind. Demgegenüber kann die
Feststellung des Sachverhalts nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.
Nach Art. 80 und Art. 81 Abs. 1 SchKG ist die definitive Rechtsöffnung zu
erteilen, wenn die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil
beruht und der Betriebene nicht durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit
Erlass des Urteils getilgt oder gestundet worden ist, oder wenn er die
Verjährung anruft.

2.1 Die Beschwerdegegnerin hat Frauenalimente für die Zeit vom 1. September
2001 bis 28. Februar 2005 von insgesamt Fr. 126'420.-- in Betreibung gesetzt.
Sie stützt ihr Rechtsöffnungsbegehren auf ein Urteil des Obergerichts
betreffend Eheschutz vom 19. Juli 2002. Darin wird der Beschwerdeführer
verpflichtet, an den Unterhalt der Beschwerdegegnerin vom 1. September 2001
bis 30. November 2001 monatlich vorauszahlbare Beiträge von Fr. 2'750.-- und
ab 1. Dezember 2001 solche von Fr. 3'030.-- pro Monat zu bezahlen. Dieses
Urteil ist mit seiner Ausfällung rechtskräftig geworden. Das Urteil stellt
demnach einen definitiven Rechtsöffnungstitel für die in Betreibung gesetzten
Unterhaltsbeiträge dar.

2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, es stehe fest und sei stets
unbestritten geblieben, dass er am 2. Oktober 2001 vor dem Familiengericht in
Istanbul eine Scheidungsklage eingereicht habe. Die Beschwerdegegnerin
bestreite denn auch die mit Urteil vom 27. Februar 2005 ausgesprochene
Scheidung nicht, welche am 27. April 2005 in Rechtskraft erwachsen sei.
Tatsächlich hat die Vorinstanz dazu ausgeführt (E. 8), die Scheidung werde
von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten, und es würden die in der
Eheschutzverfügung (dem Rechtsöffnungstitel) festgesetzten Unterhaltsbeiträge
nur bis zum Zeitpunkt gefordert, in dem in der Türkei die Scheidung
ausgesprochen worden sei. Streitig sei einzig, ob die im schweizerischen
Eheschutzverfahren verfügten Unterhaltsbeiträge bis zur Scheidung in der
Türkei weiter zu bezahlen seien.

2.3 Der Beschwerdeführer macht dazu zunächst geltend, der türkische
Scheidungsrichter habe am 13. Dezember 2001 eine vorsorgliche Massnahme des
Inhalts verfügt, dass der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin ab
Klageeinleitung monatliche Unterhaltsbeiträge von 100 Mio. türkische Lire
(offenbar ca. Fr. 100.--) leisten müsse. Das Obergericht hatte sich mit
diesem Argument bereits in seinem Urteil vom 19. Juli 2002
(Rechtsöffnungstitel) auseinandergesetzt und ausgeführt, die Ehefrau sei zur
Verhandlung vom 13. Dezember 2001 nicht vorgeladen worden, sie sei bis heute
(dem Datum des Rechtsöffnungstitels) über das Scheidungsverfahren in der
Türkei nicht in Kenntnis gesetzt worden und habe sich daher auch nicht auf
den Prozess eingelassen; zudem habe der Ehemann damals keinen Wohnsitz in der
Türkei gehabt und schliesslich sei zweifelhaft, ob das 2. Istanbuler
Zivilgericht am 13. Dezember 2001 überhaupt einen Massnahmeentscheid gefällt
habe. Darauf und auf die weiteren vom Beschwerdeführer geschilderten Vorgänge
vor dem 19. Juli 2002 (z.B. Beizug eines türkischen Anwalts, 2. Verfügung vom
22. Januar 2002, Verlust der Arbeitsstelle, Umzug in die Türkei) usw. ist im
vorliegenden Vollstreckungsverfahren nicht mehr zurückzukommen, zumal der
Beschwerdeführer mit Grund nicht geltend macht, der Rechtsöffnungstitel sei
nichtig. Er hat gegen diesen auch keinen Revisionsentscheid erwirkt und die
seinerzeit beim Bundesgericht eingereichte staatsrechtliche Beschwerde wieder
zurückgezogen. Mit einem Revisionsgesuch wären fristgerecht neue erhebliche
Tatsachen oder Beweismittel, die sich vor dem 19. Juli 2002 ereignet haben,
oder in den Akten liegende erhebliche Tatsachen, die das Gericht aus Versehen
nicht berücksichtigt hat, einzubringen gewesen (vgl. Art. 136 ff. OG). Ebenso
wäre vorzugehen gewesen, wenn das Obergericht im Rechtsöffnungstitel - wie
behauptet - einzelne Anträge unbeurteilt gelassen hat. Eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs, des Grundsatzes von Treu und Glauben oder des
Rechtsmissbrauchsverbots wäre mit staatsrechtlicher Beschwerde gegen den
obergerichtlichen Eheschutzentscheid vom 19. Juli 2002 zu rügen gewesen. Mit
Umständen, welche sich vor dem 19. Juli 2002 ereignet haben, lässt sich der
Rechtsöffnungstitel daher nicht in Frage stellen.

2.4 Sobald die Klage eines Ehegatten auf Scheidung beim zuständigen Gericht
rechtshängig gemacht worden ist (Art. 136 ZGB), können Eheschutzmassnahmen im
Sinne von Art. 172 ff. ZGB für die Zeit nach Eintritt der Rechtshängigkeit
nicht mehr getroffen, sondern nur noch vorsorgliche Massnahmen gemäss Art.
137 Abs. 2 ZGB angeordnet werden. Anordnungen, die das Eheschutzgericht vor
Eintritt der Rechtshängigkeit der Scheidung getroffen hat, bleiben während
des Scheidungsverfahrens in Kraft, solange sie nicht durch vorsorgliche
Massnahmen im Sinne von Art. 137 Abs. 2 ZGB abgeändert werden (BGE 129 III 60
E. 2 S. 61). Die vom Obergericht mit Urteil vom 19. Juli 2002 verfügten
Unterhaltsbeiträge gelten demnach solange, bis sie durch einen
Abänderungsentscheid nach Art. 179 ZGB oder durch im Rahmen eines
Scheidungsverfahrens nach Art. 137 ZGB erlassene vorsorgliche Massnahme
abgelöst oder aufgehoben worden sind. Auch wenn sich die Verhältnisse
wesentlich ändern, fällt ein Eheschutzentscheid nicht einfach dahin, sondern
er behält seine Geltung, bis er gültig geändert worden ist. In diesem Sinne
spricht das Obergericht im angefochtenen Entscheid davon, der vorgelegte
Rechtsöffnungstitel sei als resolutiv bedingt zu betrachten und zwar bis er
durch einen neuen Eheschutz- oder einen Massnahmeentscheid gültig geändert
werde. Gegen diese rechtliche Überlegung wendet der Beschwerdeführer nichts
ein und sie entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung.

2.5 Den Eintritt der Resolutivbedingung hat der Schuldner im
Rechtsöffnungsverfahren durch Urkunden liquide nachzuweisen. Auch diesen
Grundsatz bestreitet der Beschwerdeführer an sich nicht. Dies bedeutet, dass
er einen späteren schweizerischen Eheschutz- oder Massnahmeentscheid oder
einen entsprechenden ausländischen Entscheid vorzulegen hat, welch Letzterer
in der Schweiz anerkannt werden kann. Die Voraussetzungen der Anerkennung und
Vollstreckung ausländischer Entscheidungen sind im Bundesgesetz über das
Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) geregelt. Ausländische
Entscheidungen oder Massnahmen über die ehelichen Rechte und Pflichten werden
in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat des Wohnsitzes oder des
gewöhnlichen Aufenthalts eines der Ehegatten ergangen sind (Art. 50 IPRG).
Weiter müssen die allgemeinen Anerkennungsbestimmungen nach den Art. 25 - 27
IPRG erfüllt sein. Insbesondere wird eine im Ausland ergangene Entscheidung
nach Art. 27 Abs. 1 lit. a IPRG nicht anerkannt, wenn eine Partei nachweist,
dass sie weder nach dem Recht an ihrem Wohnsitz noch nach dem am gewöhnlichen
Aufenthalt gehörig geladen wurde, es sei denn, sie habe sich vorbehaltlos auf
das Verfahren eingelassen.

2.6 Im vorliegenden Fall wird keine Abänderung des als Rechtsöffnungstitel
dienenden obergerichtlichen Entscheides über Eheschutzmassnahmen vom 19. Juli
2002 durch eine spätere Verfügung einer schweizerischen Instanz behauptet.
Ebenso wenig beruft sich der Beschwerdeführer auf einen entsprechenden
späteren Entscheid im Ausland, der in der Schweiz anerkannt werden kann. Er
beruft sich vielmehr auf den Entscheid des Istanbuler Zivilgerichts vom
13. Dezember 2001, der wie ausgeführt vor dem Rechtsöffnungstitel ergangen
(E. 2.3 hiervor) ist und daher im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich ist.
Kaum verständlich, weil zeitlich unmöglich, ist das Argument des
Beschwerdeführers, der Rechtsöffnungstitel vom 19. Juli 2002 sei durch den
früheren Entscheid des türkischen Scheidungsrichters vom 13. Dezember 2001
aufgehoben und die Forderung gemäss Art. 81 SchKG getilgt worden. Es hilft
ihm auch nichts, wenn er ausführt, die kantonalen Gerichte hätten weitere
Unterlagen von Amtes wegen einholen müssen. Es liegt im
Rechtsöffnungsverfahren vielmehr an ihm, die von ihm verlangte Einwendung
liquide darzutun. Ebenso wenig ist beachtlich, dass der Beschwerdeführer
bereits früher veränderte Verhältnisse geltend gemacht haben will. Erst ein
gültiger Entscheid, welcher den Rechtsöffnungstitel aufhebt oder abändert,
vermöchte die Rechtslage zu ändern. Schliesslich ersetzt auch die angebliche
Teilnahme der Beschwerdegegnerin bzw. ihres Anwalts am Prozess in der Türkei
keinen gültigen Massnahmeentscheid. Es bleibt demnach dabei, dass der
Rechtsöffnungstitel im Zeitraum, für den Unterhaltsbeiträge verlangt werden,
weder aufgehoben noch abgeändert worden ist.

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Beschwerdegegnerin habe die ihr vom
türkischen Richter zugesprochenen Unterhaltsbeiträge entgegen genommen. Er
macht damit Teiltilgung geltend. Er führt dazu indessen lediglich aus, er
habe diese Teiltilgung im Verfahren betreffend Vernachlässigung der
Unterhaltspflichten belegt, und er beantragt den Beizug dieser Akten. Wie
ausgeführt, hat der Beschwerdeführer im Verfahren der definitiven
Rechtsöffnung sofort und liquid die Tilgung durch Urkunden zu beweisen, was
er nicht getan hat. Die Rüge ist daher unbegründet.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen insgesamt unbegründet und abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens
trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Parteikosten sind keine zu sprechen, da keine Vernehmlassung eingeholt worden
ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. April 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:   Der Gerichtsschreiber: