Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.421/2007
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5A_421/2007

Sitzung vom 13. Dezember 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Levante.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Uhlmann,

gegen

Y.________ GmbH,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Kining,
Betreibungsamt Schaffhausen, Münsterplatz 31, Postfach 217, 8201
Schaffhausen,
Beschwerdegegner.

Konkursandrohung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons
Schaffhausen, Aufsichtsbehörde über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen,
vom 17. Juli 2007 (Nr. 93/2007/11).

Sachverhalt:

A.
Das Betreibungsamt Schaffhausen stellte am 23. März 2007 in der gegen die
X.________ AG laufenden Betreibung Nr. xxxx (Gläubigerin: Y.________ GmbH)
die Konkursandrohung zu.

B.
Gegen die Konkursandrohung erhob die X.________ AG am 30. März 2007
Beschwerde beim Obergericht Schaffhausen als kantonaler Aufsichtsbehörde über
das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen und machte geltend, sie habe nie
einen Zahlungsbefehl erhalten, weshalb die Konkursandrohung nichtig sei. Mit
Entscheid vom 17. Juli 2007 wies die kantonale Aufsichtsbehörde die
Beschwerde unter Kostenfolgen (Fr. 600.--) ab.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 26. Juli 2007 beantragt die X.________ AG
dem Bundesgericht, der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde sei
aufzuheben und es sei die Nichtigkeit der Konkursandrohung festzustellen;
eventuell sei diese aufzuheben.
Das Betreibungsamt und die Aufsichtsbehörde haben auf eine Vernehmlassung
verzichtet. Die Gläubigerin als Beschwerdegegnerin schliesst sinngemäss auf
Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der
Beschwerde in Zivilsachen, welche in diesem Bereich an die Stelle der
Beschwerde in Betreibungssachen tritt (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m.
Art. 19 SchKG). Angefochten ist der Entscheid einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG). Beschwerdeentscheide der kantonalen
Aufsichtsbehörden über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss Art. 17
SchKG - wie hier die Konkursandrohung - sind Endentscheide im Sinne von
Art. 90 BGG (BGE 133 III 350 E. 1.2 S. 351). Der Entscheid der kantonalen
Aufsichtsbehörde ist unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze
anfechtbar (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die fristgerecht erhobene Beschwerde
in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG).

1.2 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann unter anderem die Verletzung von
Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Unter dieses fallen auch
verfassungsmässige Rechte des Bundes (BGE 133 III 446 E. 3.1 S. 447; 133 I
201 E. 1 S. 203).

2.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat im Wesentlichen festgehalten, dass sich
der vom Betreibungsamt Schaffhausen am 20. November 2006 erlassene
Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. xxxx gegen die Beschwerdeführerin
richte. Als Schuldnerin sei die Beschwerdeführerin mit ihrer Adresse und als
Zustelladresse sei die Privatadresse des Verwaltungsratspräsidenten der
Beschwerdeführerin, V.________ in T.________, aufgeführt. Der Zahlungsbefehl
sei auf dem Rechtshilfeweg dessen Ehefrau am 5. Dezember 2006 übergeben
worden. Die Zustellung des Zahlungsbefehls an den Verwaltungsratspräsidenten
der Beschwerdeführerin an dessen Wohnsitz und dort ersatzweise an dessen
Ehefrau sei nicht zu beanstanden. Daran ändere nichts, dass die Ehefrau in
der Folge beim Betreibungsamt gegen die Aushändigung protestierte. Gegen den
Zahlungsbefehl sei kein Rechtsvorschlag erhoben worden, so dass die
Fortsetzung der Betreibung durch die Konkursandrohung nicht zu beanstanden
sei.

2.1 Die Beschwerdeführerin hält der Vorinstanz im Wesentlichen entgegen, dass
der Zahlungsbefehl gemäss Art. 65 SchKG nicht unmittelbar dem
Verwaltungsratspräsidenten an dessen Privatadresse zugestellt werden dürfe;
ebenso wenig sei eine Ersatzzustellung - wie gemäss Art. 64 Abs. 1 SchKG
betreffend Zustellung an natürliche Personen - an eine andere im Haushalt
angetroffene Person zulässig, zumal die Ehefrau des
Verwaltungsratspräsidenten weder Organ noch Arbeitnehmerin der
Beschwerdeführerin sei. Im Übrigen müsse der Protest der Ehefrau auf dem
Betreibungsamt als Rechtsvorschlag ausgelegt werden.

3.
3.1 Ist die Betreibung gegen eine juristische Person gerichtet, so erfolgt die
Zustellung an den Vertreter derselben; als solcher gilt u.a. für eine
Aktiengesellschaft jedes Mitglied der Verwaltung (Art. 65 Abs. 1 Ziff. 2
SchKG). Soweit die Beschwerdeführerin - eine Aktiengesellschaft - unter
Hinweis auf den Wortlaut der Bestimmung in Frage stellt, dass der
Zahlungsbefehl ihrem Verwaltungsratspräsidenten direkt ausserhalb des
Geschäftslokals zugestellt werden könne, geht sie fehl. Das Bundesgericht hat
in BGE 125 III 384 ff. nach Auseinandersetzung mit den Lehrmeinungen und
unter Hinweis auf seine Rechtsprechung (BGE 72 III 71 mit Hinweis auf BGE 44
III 21) entschieden, dass Betreibungsurkunden den in Art. 65 Abs. 1 SchKG
genannten Personen auch ausserhalb des Geschäftslokals der betriebenen
juristischen Person oder Gesellschaft zugestellt werden können, ohne dass
vorgängig die Zustellung im Geschäftslokal versucht werden muss (BGE 125 III
384 E. 2b S. 385). Diese Rechtsprechung wird in der Lehre bestätigt
(Jeanneret/Lembo, in: Commentaire Romand, Poursuite et faillite, Basel 2005,
N. 18 zu Art. 65 SchKG mit Hinweisen; Gilliéron, Poursuite pour dettes,
faillite et concordat, 4. Aufl. Basel 2005, Rz. 491). Entgegen den
Ausführungen der Beschwerdeführerin ist an dieser Rechtsprechung
festzuhalten.

3.2 Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass eine Ersatzzustellung gemäss
Art. 64 Abs. 1 SchKG - hier an die Ehefrau des Verwaltungsratspräsidenten der
Aktiengesellschaft - unzulässig sei, wenn der betreffende Vertreter einer
juristischen Person oder Gesellschaft in seiner Wohnung nicht angetroffen
werde. Der Einwand geht fehl. In der Lehre ist anerkannt, dass bei einer
direkten Zustellung der Betreibungsurkunden an die in Art. 65 Abs. 1 SchKG
genannten Personen ausserhalb des Geschäftslokals der betriebenen
juristischen Person oder Gesellschaft für die Ersatzzustellung Art. 64 SchKG
anzuwenden ist, wenn der betreffende Vertreter nicht persönlich angetroffen
wird (Jeanneret/Lembo, a.a.O.). Die kantonale Aufsichtsbehörde hat zu Recht
festgehalten, dass Art. 64 SchKG, der die Zustellung an natürliche Personen
regelt, einen allgemeinen Grundsatz enthält, der - soweit nötig - die
Bestimmungen des Art. 65 SchKG zu ergänzen hat (BGE 72 III 71 S. 72; 44 III
21 S. 23). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ändert nichts
daran, dass die Ersatzzustellung hier nicht an einen Angestellten, sondern an
die Ehefrau, welche nichts mit der Beschwerdeführerin zu tun habe, erfolgt
ist. Bereits in BGE 44 III 21 (S. 22 f.) hat das Bundesgericht für den Fall,
dass der Vertreter einer Gesellschaft in seiner Wohnung nicht angetroffen
wird, entschieden, dass eine zur Haushaltung des Schuldners gehörende
erwachsene Person die gleichen Garantien für eine Übermittlung an den
eigentlichen Schuldner bietet wie ein Angestellter. Es sind keine
Anhaltspunkte ersichtlich, welche die auf diese Überlegung gestützte Praxis
in Frage stellen würden. Vor diesem Hintergrund liegt keine Rechtsverletzung
vor, wenn die kantonale Aufsichtsbehörde zum Ergebnis gelangt ist, dass die
Zustellung des Zahlungsbefehls am 5. Dezember 2006 an den
Verwaltungsratspräsidenten der Beschwerdeführerin an dessen privatem Wohnsitz
und dort ersatzweise an dessen Ehefrau wirksam sei. Der Einwand der
Beschwerdeführerin, die kantonale Aufsichtsbehörde habe zu Unrecht
angenommen, dass sich die Konkursandrohung auf einen wirksam zugestellten
Zahlungsbefehl stütze, geht fehl und die Beschwerde erweist sich insoweit als
unbegründet.

3.3 Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, in der von der Ehefrau des
Verwaltungsratspräsidenten gegenüber dem Betreibungsamt Reiat abgegebenen
Erklärung sei ein mündlich erhobener und wirksamer Rechtsvorschlag zu
erblicken. Dazu hat sich die Vorinstanz nicht geäussert; ebenso wenig hatte
sie entsprechende Veranlassung. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer
Beschwerde an die kantonale Aufsichtsbehörde lediglich bemängelt, die
Konkursandrohung sei nichtig, weil ihr kein Zahlungsbefehl zugestellt worden
sei. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach für den Fall, dass der
Zahlungsbefehl wirksam zugestellt worden sei, in der von der Ehefrau
abgegebenen Erklärung ein Rechtsvorschlag zu erblicken sei, laufen auf den
Antrag hinaus, es sei das Betreibungsamt anzuweisen, den Rechtsvorschlag
zuzulassen. Dieser Antrag wurde im kantonalen Verfahren nicht gestellt und
ist als neues Begehren im vorliegenden Verfahren unzulässig (Art. 99 Abs. 2
BGG).

4.
Die Beschwerdeführerin wendet sich schliesslich dagegen, dass ihr die
kantonale Aufsichtsbehörde die Verfahrenskosten auferlegt hat. Gemäss
Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG können im Verfahren vor den kantonalen
Aufsichtsbehörden bei bös- oder mutwilliger Prozessführung einer Partei oder
ihrem Vertreter Bussen bis zu Fr. 1'500.-- sowie Gebühren und Auslagen
auferlegt werden. Die Vorinstanz begründet die Auferlegung der
Verfahrenskosten im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin den
Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. xxxx verschwiegen und versucht habe, mit
dem Hinweis auf eine andere Betreibung Verwirrung zu stiften. Der Einwand der
Beschwerdeführerin, der Verwaltungsratspräsident habe die Zustellung des
Zahlungsbefehls in der Betreibung Nr. xxxx nicht mehr gegenwärtig gehabt und
nach dem Protest der Ehefrau beim Betreibungsamt als "erledigt" betrachtet,
ist unbehelflich. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern die
kantonale Aufsichtsbehörde ihr Ermessen in gesetzwidriger Weise ausgeübt
habe, wenn sie erwogen hat, die Beschwerdeführerin habe durch die Behauptung,
es sei ihr nie ein Zahlungsbefehl zugestellt worden, nicht in guten Treuen
Beschwerde geführt (vgl. BGE 120 III 94 E. 2c S. 97, 103 E. 2 S. 104;
Cometta, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs,
N. 11 zu Art. 20a SchKG). Auf die insoweit nicht substantiierte Beschwerde
kann nicht eingetreten werden (Art. 42 Abs. 2 BGG).

5.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu
sprechen, da die Beschwerdegegnerin keinen entsprechenden Antrag gestellt hat
und eine Entschädigung in der Sache nicht gerechtfertigt ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen,
Aufsichtsbehörde über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 13. Dezember 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:   Der Gerichtsschreiber:

Raselli   Levante